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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 08.03.2023, RV/2100067/2022

Verspätet eingebrachte Beschwerde - Zeitpunkt der Einbringung in Databox

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0047. Mit Erkenntnis v. , Ra 2023/13/0048 (miterledigt 0047), wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/2100640/2023 erledigt.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zwangsstrafe, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit dem als "Erinnerung" bezeichneten Schreiben vom teilte das Finanzamt der Beschwerdeführerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit, sie habe offenbar übersehen, die zu erstattende Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des § 5 des Bundesgesetzes über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG) vorzunehmen. Die belangte Behörde forderte in diesem Schreiben zur Nachholung der Meldung bis längstens auf. Für den Fall, dass der Aufforderung nicht Folge geleistet werde, drohte die belangte Behörde die Festsetzung einer Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 Euro an.

Da es die Beschwerdeführerin verabsäumt habe, innerhalb der festgelegten Nachfrist die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer durchzuführen, setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom die mit Erinnerung vom angedrohte Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 Euro fest. In der Begründung wurde ausgeführt, Zwangsstrafen bezweckten bei einem objektiven Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Anordnungen den Abgabenpflichtigen zur Befolgung selbiger zu verhalten und die durch Gesetz oder Behörde auferlegte Verpflichtung zu erfüllen. Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne des § 5 WiEReG diene dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. § 16 WiEReG sehe vor, dass die Abgabenbehörde die Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen könne, wenn diese nicht oder nicht vollständig erstattet werde. Da diese Meldung von der Beschwerdeführerin nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet worden sei, werde eine Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 Euro festgesetzt.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor, aufgrund eines Irrtums des Finanzamtes sei der FinanzOnline-Zugangscode für die Beschwerdeführerin auf einen nicht berechtigten Teilnehmer eingerichtet worden. Sohin sei keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt. Die Zustellung sei nicht in den Verfügungsbereich des Empfängers erfolgt. Zudem befinde sich die Beschwerdeführerin bereits über die selbe Thematik in einem laufenden Verfahren mit der Finanzbehörde und dieses Verfahren sei noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die Finanzbehörde habe außerdem gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Bescheidbeschwerde sei zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig sei oder nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Die Beschwerdefrist betrage einen Monat ab Bekanntwerden (Zustellung) des Bescheides. Der Bescheid sei am elektronisch in die Databox in FinanzOnline zugestellt worden. Elektronisch zugestellte Dokumente gälten gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt seien. Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt seien, sei bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang habe. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer komme es nicht an. Irrelevant sei auch das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung. Auf elektronisch zugestellten Schriftstücken sei am Dokumentende die Amtssignatur als Signaturblock abgedruckt; darin werde der Zeitpunkt der elektronischen Signatur (Zeitstempel) angegeben. Es sei nicht der Zeitpunkt des Einbringens des Schriftstückes in die Databox. Das Einbringen des Schriftstückes könne nicht vor diesem Zeitpunkt liegen. Wann das Einbringen des Schriftstückes in die Databox tatsächlich erfolgt sei, hänge von mehreren technischen Faktoren ab. In der Regel sei aber davon auszugehen, dass dies innerhalb einer Stunde ab Erstellung der Amtssignatur erfolge. Der Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe sei der Beschwerdeführerin über FinanzOnline zugestellt worden und trage den Zeitstempel ", 06:01:02." Der Bescheid sei nachweislich am um 06:01:04 Uhr elektronisch zugestellt worden. Die Zustellung gelte somit mit diesem Zeitpunkt als bewirkt, auch wenn das Schriftstück von der Beschwerdeführerin erst am gelesen worden sei. Da die Beschwerde gegen den Bescheid vom erst am und somit verspätet eingebracht worden sei, sei die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor, die in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführten Begründungen seien unrichtig. Aufgrund groben Verschuldens des Finanzamtes sei der Bescheid in eine fremde elektronische Databox zugestellt worden, obwohl bekannt gewesen sei, dass der Geschäftsführer keinen Zugang zu der Databox gehabt habe. Die Zugangscodes seien von der ehemaligen Geschäftsführerin auf ihren Namen eingerichtet worden und seien nach ihrem Ausscheiden aus der Geschäftsführung verloren gegangen. Unabhängig davon habe der aktuelle Geschäftsführer einen Antrag auf Ausstellung eines Zugangscodes gestellt. Grob fahrlässig sei dieser Zugang neuerlich auf die ehemalige Geschäftsführerin ausgestellt und ihr eigenhändig zugestellt worden. Am habe die Beschwerdeführerin einen Berichtigungsantrag für den FinanzOnline-Zugang gestellt, dem mit Schreiben vom entsprochen worden sei. Im Wissen dieser Tatsachen hätte die Finanzbehörde den Bescheid vom per Postzustellung mit Zustellnachweis an die Firmenadresse zustellen müssen. Der Bescheid sei nachweislich nicht in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers, dem Geschäftsführer, gelangt. Die Beschwerdevorentscheidung vom sei per Postzustellung am richtig zugestellt worden.

Im Wissen, dass der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom die Umsatzsteueridentifikationsnummer begrenzt worden sei und diese trotz mehrmaliger Bitten bis zum heutigen Tag nicht wieder freigegeben worden sei, habe die Finanzbehörde nahezu die Höchststrafe verfügt. Aufgrund dieser Tat sei der Beschwerdeführerin durch die Finanzbehörde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vollkommen entzogen worden. Es hätten keine Umsätze getätigt werden können. Sohin sei diese Bemessungsgrundlage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin auf null Euro Umsatz gesetzt worden. Entsprechende Meldungen an die zuständige Finanzbehörde seien getätigt worden.
Es sei auch unrichtig, dass die Beschwerdeführerin säumig sei, vielmehr vertrete sie eine andere Rechtsmeinung und seien diese laufenden Verfahren noch nicht abgeschlossen. Ungeachtet dessen habe die Beschwerdeführerin immer freiwillig und transparent - vor allem in die Firmenunterlagen der irischen Mutter-Unternehmung - Einsicht gewährt und somit § 16 WiEReG entsprochen. Die in Irland uneingeschränkt für die Öffentlichkeit zugänglichen Auszüge aus dem irischen "WE-Register" enthielten die von der Europäischen Union vorgegebenen Mindestinformationen und entsprächen somit den Standards der Vorgaben für übergeordnete ausländische Rechtsträger.
Die Behörde habe es unterlassen, "dem Beschwerdeführer eine Möglichkeit der Meldung in Papierform zu ermöglichen." Die Behörde müsse "gewährleisten, dass die Meldung nach § 16 WiEReG, wenn keine entsprechenden digitalen Voraussetzungen bzw. keine entsprechenden finanziellen Möglichkeiten, sich Dritter (Steuerberater usw.) zu bedienen vorhanden" seien, in Papierform erfolgen könnten.
Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und eine Entscheidung durch den Senat sowie die Ladung von drei näher bekannten Bediensteten des Finanzamtes zur Verhandlung als Zeugen.

Die Beschwerdeführerin (Subjektidentifikationsnummer - SID: ***1***), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist seit ohne Unterbrechung Teilnehmerin von FinanzOnline und nimmt an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teil (Teilnehmeridentifikationsnummer - TID: ***2***). Der nunmehr angefochtene Bescheid vom ist am , 06:01:04 Uhr in der FinanzOnlineDatabox des Teilnehmers mit der TID: ***2***, also der Beschwerdeführerin, eingelangt. Die der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Zugangscodes waren nicht gesperrt.
Die beim Finanzamt eingelangte Beschwerde vom wurde am bei der Post aufgegeben.

Aufgrund der Ausführungen der belangten Behörde und aufgrund der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungen stand fest, dass die Beschwerdeführerin Teilnehmerin von Finanzonline war und ist und an der elektronischen Zustellung teilnimmt. Der Beschwerdeführerin wurden am die entsprechenden Zugangscodes ausgehändigt. Aufgrund einer von der belangten Behörde beigebrachten, von der für IT-Angelegenheiten zuständigen Abteilung des Bundesministeriums für Finanzen erstellten Databox-Protokolldatei stand zum einen fest, dass die Beschwerdeführerin ohne Unterbrechung seit einen aufrechten Zugang zu FinanzOnline hatte, zum anderen, dass der angefochtene Bescheid am in der Databox der Beschwerdeführerin eingelangt ist. Es war auszuschließen, dass der Bescheid vom einer anderen Teilnehmerin oder einem anderen Teilnehmer (zum Beispiel der ehemaligen Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin) übermittelt worden ist. Aufgrund der Angaben in der genannten Protokolldatei und aufgrund der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Abfragen stand fest, dass der Bescheid in die Databox des Teilnehmers mit der Identifikationsnummer ***2*** eingelangt ist; diese Nummer ist der Beschwerdeführerin zugeordnet. Jeder Teilnehmerin oder jedem Teilnehmer ist in Finanzonline eine eigene Nummer zugeordnet; über diese ist die Teilnehmerin/der Teilnehmer eindeutig identifizierbar. Auch der chronologische Ablauf (Zeitpunkt der elektronischen Signatur des angefochtenen Bescheides: , 06:01:02 Uhr; Einlangen in Databox: , 06:01:04 Uhr) spricht für die Richtigkeit der im Auszug der Databox-Protokolldatei angeführten Daten.
Ebenso hat die für IT-Angelegenheiten zuständige Abteilung des Bundesministeriums für Finanzen mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin seit ohne Unterbrechung Teilnehmerin an FinanzOnline gewesen sei; dies konnte durch vom Bundesfinanzgericht durchgeführte Abfragen bestätigt werden. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin nie behauptet, dass der Zugang zu FinanzOnline gesperrt gewesen sei.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Für den Beginn der Beschwerdefrist ist gemäß § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist (Ritz/Koran, BAO7 § 245 Tz 4).

Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO erfolgt die Bekanntgabe bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung. Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen.

Der Zeitpunkt, in dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu welcher der Empfänger Zugang hat ().

Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, nach dem Ausscheiden der ehemaligen Geschäftsführerin aus der Geschäftsführung sei der Zugangscode verloren gegangen, ist festzuhalten, dass es im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs. 3 der FinanzOnline-Verordnung 2006, wonach die Parteien, die an FinanzOnline teilnehmen, die Zugangskennungen sorgfältig zu verwahren haben, für die Wirksamkeit der Zustellung nicht maßgebend ist, ob beim Wechsel der Geschäftsführung die Zugangskennungen verloren gegangen sind ().

Der angefochtene Bescheid ist am in die Databox der Beschwerdeführerin eingelangt und somit an diesem Tag wirksam zugestellt worden. Die einmonatige Beschwerdefrist begann daher am zu laufen und endete am . Die Beschwerde vom (Postaufgabe am ) wurde somit nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebracht.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b). Da die Beschwerde nach Ablauf der Beschwerdefrist und somit nicht fristgerecht eingebracht worden ist, war die Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen.

Zu dem Antrag der Beschwerdeführerin, zur Verhandlung näher genannte Zeugen zu laden, ist festzuhalten, dass Beweisanträge neben dem Beweismittel auch das Beweisthema anzugeben haben. Diesen Anforderungen hat der Antrag der Beschwerdeführerin nicht entsprochen, weil

dieser keine Tatsachen und Punkte, die durch die genannten Zeugen geklärt werden sollten, enthielt. Mangels eines Beweisthemas lag ein ordnungsgemäßer Beweisantrag nicht vor (VwGH 2003/16/0034).

Ist der Senat zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig, so obliegt gemäß § 272 Abs. 4 BAO dem Berichterstatter (unter anderen) die Erlassung von Zurückweisungen. Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO kann ungeachtet eines Antrages von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften; nach diesen war die Beschwerde zurückzuweisen. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100067.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAC-33263