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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2023, RV/1100176/2020

Abzugsfähigkeit von Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten sowie des ÖAAB-Mitgliedsbeitrages als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 den Alleinverdienerabsetzbetrag sowie den Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind geltend und beantragte ua. die Berücksichtigung von Gewerkschaftsbeiträgen bzw. Beiträgen zu Berufsverbänden und Interessensvertretungen (30,00 €) sowie von Kosten für Arbeitsmittel (252,00 €), Familienheimfahrten (3.672,00 €) und doppelte Haushaltsführung (6.291,67 €) als Werbungskosten.

2. Auf Ersuchen des Finanzamtes, ergänzende Angaben im Zusammenhang mit den geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung zu machen und im Einzelnen angeführte Unterlagen und Nachweise vorzulegen, übermittelte der Beschwerdeführer ua. Kontoauszüge betreffend die Kosten der Wohnung in ***A***, Meldebescheinigungen für seine Lebensgefährtin und seinen Sohn, eine Sorgeerklärung für den Sohn, den Einkommensteuerbescheid seiner Lebensgefährtin für das Jahr 2016, einen Ausdruck aus einem Routenplaner, eine Auflistung der Familienheimfahrten sowie einen Zahlungsbeleg betreffend den ÖAAB-Mitgliedsbeitrag.

3. Im Einkommensteuerbescheid 2016 versagte das Finanzamt die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und des Kinderfreibetrages, weil der Kinderabsetzbetrag nicht für mehr als sechs Monate zugestanden sei. Die Kosten für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten ließ das Finanzamt mit der Begründung, dass eine tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz erst ab einer Entfernung von mehr als 80 Kilometer und einer Fahrzeit von mehr als einer Stunde unzumutbar sei, außer Ansatz. Ohne nähere Begründung wurde der ÖAAB-Mitgliedsbeitrag (30,00 €) in Abzug gebracht, gleichzeitig wurden aber die im Lohnausweis berücksichtigten Gewerkschaftsbeiträge (373,80 €) dem Einkommen wieder hinzugerechnet.

4. In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und des Kinderfreibetrages für den am ***tt.mm*** 2015 geborenen Sohn sowie der Kosten für die Familienheimfahrten und die doppelte Haushaltsführung, wobei auf die bereits vorgelegten Unterlagen verwiesen wurde.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung gab das Finanzamt der Beschwerde insoweit teilweise Folge, als der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Kinderfreibetrag berücksichtigt wurden. Im Übrigen folgte das Finanzamt der Beschwerde nicht. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) sei beruflich veranlasst und damit steuerlich zu berücksichtigen, wenn dem Abgabepflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden könne. Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes sei keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte des Abgabepflichtigen oder der Abgabepflichtige selbst aus einer aktiven Erwerbstätigkeit am Familienwohnsitz steuerlich relevante, ortsgebundene Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 in Höhe von mehr als 6.000,00 € jährlich erziele oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung seien. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers habe im Jahr weniger als 6.000,00 € verdient. Die Mitübersiedlung der Familie an den Beschäftigungsort sei somit zumutbar und seien daher keine Kosten für eine doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten zu berücksichtigen. Die geltend gemachten Gewerkschaftsbeiträge könnten mangels Nachweis nicht in Abzug gebracht werden.

6. Mit Vorlageantrag beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und ersuchte um Korrektur hinsichtlich der Gewerkschaftsbeiträge sowie um Berücksichtigung der Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten. Nach den Lohnsteuerrichtlinien (Rz 345) könne eine Verlegung des Familienwohnsitzes auch aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sein. Auch wenn seine Partnerin weniger als 6.000,00 € verdient habe, sei es ihr nicht möglich gewesen, zu ihm nach ***A*** zu ziehen. Sie müsse im Zuge ihrer Tätigkeit vor Ort recherchieren und habe nach der Geburt ihres Kindes nicht ihrer vollen Beschäftigung nachgehen können.

7. Im Vorlagebericht beantragte das Finanzamt hinsichtlich der Beschwerdepunkte Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung unter Hinweis auf die geringfügigen Einkünfte der Partnerin und die Zumutbarkeit der Verlagerung des - erst mit der Schwangerschaft der Lebensgefährtin vom Arbeitsort wegverlegten - Familienwohnsitzes die Abweisung der Beschwerde. Ergänzend wurde angemerkt, es sei nicht nachgewiesen worden, dass der Beschwerdeführer in ***K*** gemeldet (gewesen) sei. Auch könne die vorgelegte Auflistung der Familienheimfahrten nicht als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch im Sinne der Rechtsprechung angesehen werden.

II. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist als technisch-kaufmännischer Sachbearbeiter bei einem Unternehmen in ***B*** angestellt. Im Streitjahr wohnte er in einer Mietwohnung in ***A***, ***X-Straße***, wo er auch mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Im Jahr 2022 hat er seinen Wohnsitz nach ***B*** verlegt. Seine als (freiberufliche) Historikerin tätige Lebensgefährtin und ihr am ***tt.mm*** 2015 geborener gemeinsamer Sohn, für den die Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben haben, sind in ***K***, ***Y-Straße***, wohnhaft und dort mit alleiniger Wohnung gemeldet. Im Streitjahr erzielte sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 970,00 € bzw. ein zu versteuerndes Einkommen von -913,00 €, im Jahr 2015 ein solches in Höhe von 3.222,00 €. Die einfache Fahrtstrecke zwischen der (seit dem Jahr 2015 gemeinsamen) Wohnung in ***K*** und dem Arbeitsort in ***B*** beträgt laut Routenplaner 65,2 Kilometer, die Fahrzeit 1 Stunde und 6 Minuten.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 hat der Beschwerdeführer die für die Wohnung in ***A*** angefallenen Miet- und Betriebskosten in Höhe von insgesamt 6.291,67 € sowie Kosten für an 51 Wochenenden durchgeführte Fahrten zwischen ***K*** und ***B*** (laut Auflistung der Fahrten insgesamt 7.155 km) in Höhe von 3.672,00 € (306,00 € x 12 Monate) als Werbungskosten geltend gemacht. Weiters hat er ua. die Berücksichtigung des Mitgliedsbeitrages zum ÖABB in Höhe von 30,00 € unter dem Titel "Gewerkschaftsbeiträge und sonstige Beiträge zu Berufsverbänden und Interessensvertretungen" als Werbungskosten beantragt.

III. Beweismittel und Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht geht der insoweit übereinstimmenden Auffassung der Verfahrensparteien folgend davon aus, dass der Beschwerdeführer im Streitjahr aufgrund der dort mit dem gemeinsamen Sohn wohnhaften Lebensgefährtin die stärkeren persönlichen Beziehungen zu ***K*** hatte und sich dort daher der gemeinsame Familienwohnsitz befand. Wenngleich sich diesbezügliche konkrete Feststellungen den vorgelegten Akten nicht entnehmen lassen (die im Vorlagebericht angeführte polizeiliche Meldung allein ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend), sah sich das Bundesfinanzgericht diesbezüglich daher nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst.

Zum Nachweis der Entfernung und der Fahrzeit hat der Beschwerdeführer auf Vorhalt des Finanzamtes vom eine Abfrage aus einem Routenplaner (Google Maps) vorgelegt, in der die Fahrtstrecke zwischen ***K*** und ***A*** mit 69,6 km bzw. für eine alternative Route mit 71,0 km und die Fahrzeit mit 1 Stunde 21 Minuten bzw. 1 Stunde 20 Minuten angegeben ist. In einer Abfrage des Finanzamtes vom ist die Fahrtstrecke zwischen der Wohnadresse in ***K*** und der (vom Arbeitsort weiter entfernten) Wohnadresse in ***A*** mit 65,7 km, die Fahrzeit mit 1 Stunde 8 Minuten und für eine alternative Route (70,4 km) mit 1 Stunde 11 Minuten angegeben. Nachdem maßgeblich aber nicht die Entfernung bzw. die Fahrzeit zwischen den beiden Wohnorten ist, sondern jene zwischen Familienwohnsitz und Arbeitsort des Beschwerdeführers, kann diesen Abfragen keine bzw. nur eine bedingte Aussagekraft beigemessen werden. Eine aktuelle Abfrage (Google Maps) weist für die Strecke zwischen (Familien)Wohnort und Arbeitsort eine Distanz von 65,2 km und eine Fahrzeit von 1 Stunde 12 Minuten (beim aktuellen Verkehrsaufkommen) bzw. 1 Stunde 6 Minuten (ohne Verkehr) aus. Bei Umfahrung der bekannten Staustrecke zwischen ***D*** und ***B*** über ***E*** und die A 14 ist eine Fahrtstrecke von 68,7 km mit einer Fahrzeit von 1 Stunde 11 Minuten bzw. 1 Stunde 6 Minuten (ohne Verkehr) angegeben und geht das Bundesfinanzgericht mangels anderer zeitnah erstellter Beweismittel von einer Fahrtstrecke von 65,2 km (bzw. 68,7 km) und einer Fahrzeit von 1 Stunde und 6 Minuten aus.

Die vom Finanzamt mit Ergänzungsersuchens vom im Zusammenhang mit den Fahrten nach ***K*** und zurück angeforderte Nachweise (bei Verwendung des eigenen Kraftfahrzeuges Kopie des Zulassungsscheines, lückenloses Fahrtenbuch, Service- und Reparaturbelege, Tankrechnungen) hat der Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Die vorgelegte Auflistung, in welcher 51 jeweils am Wochenende durchgeführte Fahrten zwischen ***B*** und ***K*** und wieder zurück, der jeweilige Kilometerstand zu Beginn und am Ende sowie die gefahrenen Kilometer (im Regelfall 70 km, in einigen Fällen 71 bzw. 72 km) angeführt sind, vermag diese nicht zu belegen. Nicht nur, dass der Beschwerdeführer demnach nur einmal eine ganze Woche in ***K*** verbracht hätte und ansonsten jedes Wochenende, somit auch im Urlaub zwischen ***K*** und ***A*** gependelt wäre, kann der Auflistung schon deshalb keine Beweiskraft beigemessen werden, weil in der für das Jahr 2015 vorgelegten Auflistung ein Tacho-Anfangstand () von 164.022 km und ein Endstand () von 175.788 km angegeben wurde, in der für das Jahr 2016 vorgelegten Auflistung aber wiederum ein Anfangstand () von 164.979 km und ein Endstand () von 176.471 km ausgewiesen ist.

Im Übrigen ergibt sich der Sachverhalt aus den aktenkundigen Unterlagen (Eingaben der Verfahrensparteien samt Beilagen, Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, Abfragen aus dem Abgabeninformationssystem).

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nicht abgezogen werden dürfen bei den einzelnen Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 für Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei den Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeitsort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen Berufstätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

Aufwendungen für eine Wohnung sind im Hinblick auf das für Aufwendungen für den Haushalt und für die Lebensführung bestehende gesetzliche Abzugsverbot, selbst wenn sie der Wohnsitznahme am Beschäftigungsort dient, grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig (vgl. ). Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, gelten nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als beruflich veranlasst und können daher als Kosten der doppelten Haushaltsführung steuerlich berücksichtigt werden (vgl. ua. , , und , mwN). Ob eine solche Unzumutbarkeit vorliegt, ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. , und , mwN).

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung (vgl. , mwN) als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben (vgl. , mwN, und , mwN), muss sich aber aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben (vgl. , mwN). Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen dabei nicht aus (vgl. , und , mwN). Eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt daher nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, weg verlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. , und , mwN).

Aufwendungen für Familienheimfahrten vom am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz zum Familienwohnsitz sind unter denselben Voraussetzungen Werbungskosten, unter denen eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst gilt (vgl. ).

Familienwohnsitz in diesem Sinne ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehepartner oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. , mwN, und , mwN).

Daraus ergibt sich, dass Lebensgefährten, die keinen gemeinsamen Hausstand unterhalten, der den gemeinsamen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen bildet, keinen gemeinsamen Familienwohnsitz haben (vgl. ). Wie oben festgestellt, war davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn in ***K*** einen solchen gemeinsamen Hausstand unterhalten hat, zumal sich andernfalls die Frage der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung bzw. einer täglichen Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsort im Streitjahr nicht gestellt hätte.

Begründet hat das Finanzamt die Nichtanerkennung der strittigen Aufwendungen im Wesentlichen mit der Zumutbarkeit des täglichen Pendelns zwischen Wohn- und Arbeitsort und mit der aufgrund des geringen Einkommens der Lebensgefährtin zumutbaren Verlegung des Familienwohnsitzes.

Ausgehend von der Sachverhaltsannahme des Finanzamtes hat der Beschwerdeführer seinen in der Nähe des Beschäftigungsortes gelegenen primären (Familien)Wohnsitz anlässlich der Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin bzw. der Geburt des gemeinsamen Sohnes an deren Wohnort verlegt. Losgelöst von der Frage, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes bei der gegebenen Sachlage privat veranlasst war und damit im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Annahme einer beruflichen Veranlassung der Führung eines doppelten Hausstandes entgegenstand, vermag das Bundesfinanzgericht im Hinblick auf die nicht als ortsgebunden anzusehende freiberufliche Tätigkeit der Lebensgefährtin (die nicht näher konkretisierte Notwendigkeit von Recherchen im Stadtarchiv vermag daran nichts zu ändern) sowie dem im Verhältnis zum Einkommen des Beschwerdeführers vernachlässigbar geringen Einkommen keinen Grund für eine - auch vom Beschwerdeführer nicht konkret dargelegte - Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung des Beschwerdeführers zu erkennen und fehlt es daher aus Sicht des Beschwerdeführers an der beruflichen Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Aufwendungen.

Aber auch wenn man von einer Unzumutbarkeit einer solchen Wohnsitzverlegung ausgehen wollte, wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, da auch ein arbeitstägliches Pendeln zwischen Wohn- und Arbeitsort nicht als unzumutbar angesehen werden kann.

Mit der Frage der Zumutbarkeit einer täglichen Rückkehr vom Arbeitsort an den Familienwohnsitz und der daraus resultierenden Frage der steuerlichen Anerkennung von Kosten für eine doppelte Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in einer Reihe von Erkenntnissen auseinandergesetzt (vgl. ua. , , , , , , und ).

Im Erkenntnis vom , Ra 2019/13/0101, hielt der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf das Erkenntnis vom , 2009/13/0132, fest, die Unzumutbarkeit einer täglichen Rückkehr orientiere sich nach der Rechtsprechung bei der doppelten Haushaltsführung an einer Kilometerzahl von etwa 80 km und Fahrzeiten von mehr als einer Stunde. Bei kürzeren Fahrtzeiten könne auch eine höhere Kilometerzahl erforderlich sein (Hinweis auf ). Je nach Verfügbarkeit einer Autobahn könne man sich daher an Strecken zwischen 80 und 100 Kilometern als Grenze für die Zumutbarkeit einer täglichen Rückkehr orientieren.

Dass eine Fahrzeit von einer Stunde für eine Wegstrecke die absolute Grenze, ab deren Überschreiten jedenfalls eine Unzumutbarkeit vorliegt, darstellt, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht. Im Erkenntnis vom , 2009/13/0132, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit allerdings auch auf entsprechende Bestimmungen im Studienförderungsgesetz und im Arbeitslosenversicherungsgesetz Bezug genommen. Nach § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz sei "eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel (...) jedenfalls nicht mehr als zumutbar anzusehen", die dazu in der Folge ergangene Verordnung sehe für Entfernungen über 80 km von einer Zumutbarkeitsprüfung ab und orientiere sich für Entfernungen bis zu 80 km am Maßstab einer Fahrzeit unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel von nicht mehr als einer Stunde für die Zurücklegung der Distanz (nur) zwischen den jeweiligen Gemeinden (§§ 1 und 2 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001). Die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) in der für das damalige Streitjahr maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 gehe - nicht für in Ausbildung befindliche Personen, sondern für Arbeitnehmer - von einer Begrenzung der zumutbaren täglichen Wegzeit mit insgesamt nicht wesentlich mehr als zwei Stunden aus.

In dem zur Bestimmung des § 9 Abs. 2 AlVG ergangenen Erkenntnis vom , 2012/08/0076, hat der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich ausgeführt, dass die gesetzliche Regelung geringfügige Überschreitungen der jedenfalls zumutbaren Wegzeit zulasse, da erst bei einer wesentlich längeren Wegzeit besondere Umstände vorliegen müssten, um dennoch die Zumutbarkeit der Beschäftigung annehmen zu können und, wie im Erkenntnis vom , 2009/08/0028, mwN, ausgesprochen, im Zusammenhang mit einer Vollzeitbeschäftigung eine Überschreitung der jedenfalls zumutbaren Wegzeit um etwa 15% noch nicht das Vorliegen besonderer Umstände erfordere.

Wie eingangs festgestellt, liegt die Fahrtstrecke im Beschwerdefall bedeutend unter der nach der Rechtsprechung als Richtwert heranzuziehenden Wegstrecke von 80 km. Auch kann von einer wesentlichen Überschreitung der jedenfalls zumutbaren Wegzeit im Hinblick auf die angegebenen Zeiten nicht ausgegangen und dem Finanzamt somit nicht entgegengetreten werden, wenn es von der Zumutbarkeit einer täglichen Rückkehr an den Wohnort in ***K*** ausgegangen ist, zumal der Beschwerdeführer ungeachtet auch der Ausführungen des Finanzamtes im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht keine für eine Unzumutbarkeit sprechenden Umstände ins Treffen geführt hat und auch nicht behauptet hat, dass und aus welchen Gründen eine Durchführung der Fahrten zu Zeiten mit wenig Verkehr nicht möglich wäre. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, dass die Fahrzeiten aufgrund des von Jahr zu Jahr ständig steigenden Verkehrsaufkommens generell zunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es aber Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die - grundsätzlich nie durch die Erwerbstätigkeit veranlasste - Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. , mwN). Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen, denen nach dem ersten Anschein eine nicht berufliche Veranlassung zugrunde liegt, ist vom Steuerpflichtigen darzustellen (vgl. , mwN).

Abgesehen davon, dass die berufliche Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung nicht dargelegt wurde, hat der Beschwerdeführer im Übrigen auch die laut Auflistung getätigten Fahrten zwischen ***A*** bzw. ***B*** und ***K***, wie bereits ausgeführt, nicht belegt.

Aus den dargelegten Gründen kann dem Finanzamt somit nicht entgegengetreten werden, wenn es die berufliche Veranlassung der in Rede stehenden Aufwendungen verneint hat und konnte der Beschwerde insoweit daher kein Erfolg beschieden sein.

2. Gewerkschaftsbeiträge, ÖAAB-Mitgliedsbeitrag

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 sind "Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen" in angemessener, statutenmäßig festgesetzter Höhe als Werbungskosten abzugsfähig, sofern die Berufsverbände und Interessenvertretungen sich nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich oder überwiegend mit der Wahrnehmung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder befassen. Bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen handelt es sich um Zusammenschlüsse von Personen, die denselben Beruf oder doch artverwandte, durch eine natürliche Interessengemeinschaft verbundene Berufe ausüben (vgl. ). Beim ÖAAB handelt es sich weder um einen Zusammenschluss von Personen, die denselben Beruf oder doch einen artverwandten Beruf ausüben, noch um eine Institution, die darauf ausgerichtet ist, speziell berufliche Interessen ihrer Mitglieder zu fördern, sondern vielmehr um eine politische Gesinnungsgemeinschaft und kann der geleistete Mitgliedsbeitrag daher nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden (vgl. ).

Nicht einsichtig ist für das Bundesfinanzgericht hingegen, weshalb die im Lohnausweis angeführten, vom Arbeitgeber in Abzug gebrachten Gewerkschaftsbeiträge nicht zu berücksichtigen sein sollten. Insoweit war der Beschwerde daher über das Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung hinaus teilweise Folge zu geben.

V. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Kosten für die doppelte Haushaltsführung wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Gleiches gilt hinsichtlich des Mitgliedsbeitrages zum ÖAAB. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG liegt somit nicht vor und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100176.2020

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