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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2023, RV/2100789/2022

1) Gesamtbetrag der Einkünfte unterliegt der ESt (auch solche Einkünfte sind zu berücksichtigen, die für sich allein noch nicht zur Steuerpflicht führen) 2) Frage des Vorliegens einer Pensionszusatzversicherung nach §108b EStG 1988 (hier: kein Nachweis erbracht)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 bis 2021 sowie Einkommensteuervorauszahlung 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte in den Streitjahren ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Das Finanzamt ermittelte den Gesamtbetrag der Einkünfte in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden wie folgt (jeweils in €):


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2019
2020
2021
PVA
32.224,32
32.544,18
32.859,96
B Immo GmbH
2.520,00
2.520,00
2.520,00
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug

8.060,00

6.241,80

6.429,04
Pauschbetrag für Werbungskosten

- 132,00

- 132,00

- 132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
42.672,32
41.173,98
41.677,00

Die Einkünfte der PVA sowie der B wurden auf Grund der Lohnzettel jeweils für den Zeitraum 1.1. bis 31.12. bezogen.

In der Begründung wurde bezüglich der "Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug" jeweils ausgeführt: "Aufgrund einer Kontrollmitteilung wurde dem Finanzamt bekannt, dass Sie im Ausland Pensionseinkünfte bezogen haben, die Sie in Ihrer Steuererklärung nicht bekanntgegeben haben. Ihre Pensionseinkünfte von der X*-Vers. Deutschland werden in Österreich der vollen Versteuerung unterzogen."

Die Einkommensteuer wurde für die Streitjahre mit folgenden Beträgen festgesetzt:
2019: € 3.845,- / 2020: € 3.069,- / 2021: € 3.212,-.

Im Vorauszahlungsbescheid 2022 wurden die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2022 und die Folgejahre jeweils mit € 3.340,- festgesetzt.

Die dagegen erhobene Beschwerde begründet der Bf. wie folgt:

"Geringfügige Bezüge - B Immo GmbH:

Gemäß Beilage 1 (Informationsblatt der Pensionsversicherungsanstalt) begründet ein monatliches Erwerbseinkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze keine Besteuerung. Da das monatliche (12x) Erwerbseinkommen über die B Immo GmbH € 210,- beträgt, fällt es nicht unter die steuerpflichtigen Bezüge.

Pensionszusatzversicherung nach Muster § 108b Einkommensteuergesetz 1988 idgF:

Nach Auskunft der Fachabteilungen der X-Vers. (X-Vers. Company) in E sowie im Rahmen meiner Einstellungsgespräche handelt es sich bei gegenständlichem Pensionsvertrag um eine Pensionszusatzversicherung als Rentenversicherung die den Kriterien des § 108b EStG 1988 vollinhaltlich und zur Gänze entspricht und somit nicht als steuerpflichtiges Entgelt zu werten ist."

Die Steuer möge daher unter Berücksichtigung der nicht steuerpflichtigen geringfügigen Zahlungen der B sowie der nicht steuerpflichtigen Leistungen aus der Pensionszusatzversicherung gemäß § 108b EStG 1988 neu berechnet werden.

Die Begründung der abweisenden Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2019 bis 2021 lautete folgendermaßen:

"Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Absatz 1 Einkommensteuergesetz 1988 zu veranlagen, wenn er im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen hat.

Da dies in Ihrem Fall gegeben ist (Lohnzettel Pension und Lohnzettel B) war Ihre Beschwerde abzuweisen."

Die Abweisung der Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid begründete das Finanzamt wie folgt:

"Ihre Beschwerde war abzuweisen, da - wie in den Vorjahren - mit einer Nachforderung zu rechnen ist."

Im Vorlageantrag ergänzte der Bf. sein Vorbringen wie folgt:

"Zu den geringfügigen Bezügen - B Immo GmbHwurde mir vom Steuerberater, der PV und vom AMS Graz West auf meine oftmaligen Fragen versichert, dass ein monatliches Erwerbseinkommen € 210,- x 12, also unter der Geringfügigkeitsgrenze, keine - auch nicht nachträgliche - Besteuerung auslöst."

In seinem Vorlagebericht an das BFG führte das Finanzamt ua. aus:

Ad 1) Gemäß § 41 Abs. Z 2 EStG ist eine Pflichtveranlagung durchzuführen, wenn im Kalenderjahr gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen werden. Dabei handelt es sich jedenfalls um Einkünfte, von denen grundsätzlich ein Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist. Dementsprechend liegen derartige Einkünfte auch dann vor, wenn tatsächlich, wie im Falle der geringfügigen Einkünfte, keine Lohnsteuer anfällt.

Ad 2) Im Lauf des Rechtsmittelverfahrens wurde vom Bf. weder glaubhaft gemacht, dass es sich bei der X-Vers.-Rente um ein Pensionsvorsorgeprodukt im Sinne des § 108b EStG 1988 handelt noch wurde den Beitragsleistungen der Umfang der Pensionsleistungen gegenübergestellt. Dem Akteninhalt selbst ist eine diesbezügliche Pensionsvorsorge ebenfalls nicht zu entnehmen.

Der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2022 leitete sich gemäß § 45 Abs. 1 EStG vom letztveranlagten und angefochtenen Jahresbescheid 2021 ab und teilt insoweit dessen Schicksal."

Mit Vorhalt vom ersuchte das BFG den Bf. um Vorlage des Pensions(versicherungs)vertrages sowie um den Nachweis, dass für die Beiträge eine Prämie nach § 108a EStG in Anspruch genommen wurde. Des Weiteren wurden Unterlagen abverlangt, aus denen allfällig geleistete Einmalzahlungen und/oder laufende Prämien, der Endwert der Ansparphase (Summe aller Einzahlungen und/oder Prämien), der Beginn der Rentenzahlungen, die Höhe der laufenden Rentenzahlungen sowie der Beginn des (Versicherung- bzw. Pensions-)Vertrages hervorgehen. Als Frist für die Antwort bzw. Vorlage der oa. Unterlagen wurde der gesetzt. Die Zustellung des Vorhaltes erfolgte laut Zustellnachweis am .

Der Vorhalt blieb seitens des Bf. unbeantwortet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1) Der Bf. wendet sich gegen die steuerliche Erfassung der Bezüge von der B Immo GmbH iHv. jährlich € 2.520,-. Dieses würden unter die Geringfügigkeitsgrenze fallen und seien daher nicht zu besteuern.

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, welches der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Nach § 2 Abs. 2 EStG ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich allfälliger Verluste und nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sowie des Freibetrages nach § 105.

Einkünfte werden nicht gesondert, sondern nach Zusammenrechnung mit ihrem Gesamtbetrag als Einkommen besteuert (Jakom/Laudacher EStG, 2021, § 2 Rz 5).

Auf Grund der in § 33 EStG geregelten Tarifstufen sowie diverser Absetzbeträge bleibt für ausschließlich nichtselbständig Erwerbstätige in den Streitjahren ein Basiseinkommen von mindestens € 12.600,- steuerfrei.

Von diesem steuerfreien Basiseinkommen ist die sozialversicherungsrechtliche Geringfügigkeitsgrenze zu unterscheiden. Diese betrug in den hier zu beurteilenden Jahren € 446,81 (2019) bis € 475,86.

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

Diese Regelung dient dazu, den korrekten aus dem Gesamteinkommen abgeleiteten Progressionssteuersatz zur Anwendung zu bringen, da die Anwendung des Tarifs auf die Gesamtbezüge idR. eine höhere Einkommensteuerbelastung zur Folge hat als bei getrenntem Lohnsteuerabzug. In die Veranlagung sind sohin auch Dienstverhältnisse einzubeziehen, deren Bezüge (für sich) noch zu keinem Steuerabzug führen (Doralt, EStG-Kommentar20, § 41 Tz 17; Jakom/Peyerl EStG, 2021, § 41 Rz 10; jeweils mit weiteren Hinweisen).

Gegebenenfalls kommt es dadurch erstmals zu einer Steuerbelastung ().

Eine Veranlagung erfolgt daher auch dann, wenn eines dieser lohnsteuerpflichtigen Dienstverhältnisse - für sich allein betrachtet - zu keiner Lohnsteuerschuld führt, zB wegen geringfügiger Beschäftigung (Doralt, aaO, § 41 Tz 17).

Der Bf. hat in den zu beurteilenden Jahren unstrittig gleichzeitig aus mehreren Quellen nichtselbständige Einkünfte erzielt.

Die von der B GmbH zugeflossenen Bezüge hätten auf Grund ihrer Höhe von jeweils € 2.520,- für sich allein betrachtet noch nicht zu einer Belastung mit Einkommensteuer geführt (da sie weniger als das oa. "Basiseinkommen" von € 12.600,- betragen).

Der Einkommensteuer ist aber - wie oben dargelegt - der innerhalb eines Jahres erzielte Gesamtbetrag aller Einkünfte zugrunde zu legen. In diesen Gesamtbetrag sind natürlich auch "geringfügige Einkünfte" (also solche, die für sich allein noch keine Besteuerung auslösen würden) miteinzubeziehen.

Eine andere Beurteilung wäre auch nicht sachgerecht: Es soll jeweils der Gesamtbetrag der Einkünfte bzw. das Gesamteinkommen eines Abgabepflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden, und zwar unabhängig davon, ob dieses aus einer einzigen Quelle oder etwa aus mehreren Dienstverhältnissen (von denen einzelne oder auch mehrere zu geringfügigen Einkünften führen) resultiert.

Der Bf. verweist in seiner Beschwerde auf ein Informationsblatt der PVA. Die behauptete Steuerfreiheit von (zusätzlich erzielten) "geringfügigen Einkünften" ergibt sich daraus jedoch nicht. In dieser Information wird lediglich erläutert, dass die vorzeitige Alters-, Korridor- oder Schwerarbeitspension wegfällt, wenn eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, aus der ein monatliches Erwerbseinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erzielt wird.

Der Beschwerde war daher in diesem Punkt nicht zu folgen.

2) Der Bf. macht weiters geltend, die Zahlungen der X*-Vers. seien nicht steuerpflichtig, da es sich beim zugrunde liegenden Vertrag um einen solchen im Sinne des § 108b EStG handle.

Das BFG hat den Bf. mit Vorhalt vom um Vorlage entsprechender Nachweise ersucht (s. oben) und dafür eine Frist bis eingeräumt. Der Bf. hat darauf nicht geantwortet bzw. bislang keine Unterlagen vorgelegt.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den betreffenden Zahlungen um solche aus einer Pensionszusatzversicherung nach § 108b EStG 1988 handelt bzw. dass diese (noch) nicht der Steuerpflicht unterliegen würden.

Die Zahlungen stammen im Beschwerdefall von der deutschen Zweigniederlassung der X*-Vers. in F.

In diesem Zusammenhang ist auf die erhöhte Mitwirkungspflicht des Bf. hinzuweisen:

Nach der Rechtsprechung liegt eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei (eine in den Hintergrund tretende amtswegige Ermittlungspflicht) ua dann vor, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben; die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht ist in dem Maße höher, als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten geringer sind (; ). Diesfalls bestehe somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (vgl. zB Loukota, Internationale Steuerfälle, Tz 429 ff; ; ).

Da der Bf. weder im abgabenbehördlichen Verfahren noch vor dem BFG (trotz eines entsprechenden Ersuchens) Nachweise für sein Vorbringen der mangelnden Steuerpflicht vorgelegt hat, konnte der Beschwerde auch in diesem Punkt nicht stattgegeben werden.

3) Was die auch gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2022 gerichtete Beschwerde anlangt, ist auf § 45 Abs. 1 EStG zu verweisen: Demnach ist die Einkommensteuerschuld des letztveranlagten Jahres - wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt - um 4% zu erhöhen.

Im bekämpften Vorauszahlungsbescheid hat das Finanzamt die Vorauszahlung mit einem Betrag von € 3.340,- festgesetzt. Wie in der Begründung dieses Bescheides ausgeführt, entspricht dies einer Erhöhung der Festsetzung des letztveranlagten Jahres 2021 (€ 3.212,-) um 4%. Da diese Vorgangsweise (insbesondere die Ermittlung der Höhe der Vorauszahlung) dem Gesetz entspricht, liegt eine Rechtswidrigkeit des Vorauszahlungsbescheides für 2022 (ebenfalls) nicht vor.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt laut VwGH nicht vor, wenn die vom BFG anzuwendenden Normen klar und eindeutig sind (zB , mwN).

Das BFG konnte sich in der vorliegenden Entscheidung auf die oben angeführten, bezüglich der Streitfragen eindeutigen Gesetzesbestimmungen stützen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100789.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at