Gebührenpflicht bei Beitritt zum Pachtvertrag durch einen weiteren Pächter
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die zwei Haftungsbescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühren, ErfNr. ***123***, StNr. ***xxx*** und StNr. ***yyy***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die beiden angefochtenen Bescheide bleiben aufrecht.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Durch eine Betriebsprüfung, durchgeführt vom Finanzamt Hollabrunn/Korneuburg/Tulln, wurde ein nicht vergebührter Pachtvertrag vom dem Finanzamt bekannt. Mit diesem Vertrag verpachtete die Beschwerdeführerin, im Folgenden kurz Bf. genannt, ein Gastgewerbeunternehmen an Herrn ***1*** für die Dauer von 10 Jahren. Dieser verpflichtete sich vertraglich die Rechtsgeschäftsgebühr zu bezahlen. Am trat Frau ***2*** dem Pachtvertrag bei.
Für dieses Rechtsgeschäft wurde mit Bescheid vom die Gebühr an den Pächter ***1*** in Höhe von 1.176 Euro festgesetzt. Für den Eintritt von Frau ***2*** in das Pachtverhältnis wurde ebenfalls mit Bescheid vom eine Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von 588 Euro festgesetzt. Mangels Einbringungsmöglichkeiten wurden am zwei Haftungsbescheide an die Verpächterin, die Bf., erlassen.
Gegen beide Bescheide wurde Beschwerde mit der Begründung eingebracht, dass das Pachtverhältnis mit dem Pächterpaar nur bis August 2017 angedauert habe und die Gebühr dementsprechend zu reduzieren sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit der Begründung, dass gemäß § 17 GebG der Inhalt der Urkunde maßgebend sei, abgewiesen.
Mit Vorlageantrag vom wurde beantragt, die Gebühr zumindest betreffend Frau ***2*** aufzuheben. Es handle sich nicht um zwei Verträge, sondern um den gleichen Vertrag, der infolge der Abwesenheit von Frau ***2*** zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses erst später von ihr unterzeichnet worden sei.
In der Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht wurde die Rechtsansicht vertreten, dass es sich gegenständlich um einen Beitritt zum Pachtvertrag handle und damit ein neuer Bestandvertrag zustande gekommen sei. Aus dem ursprünglichen Pachtvertrag gehe nicht hervor, dass mehrere Pächter für das Gastgewerbeunternehmen vorgesehen gewesen wären. Es handle sich bei dem "Nachtrag" nicht nur um eine zusätzliche Unterschrift, sondern sei ein neuer Pachtvertrag entstanden, der erneut eine Rechtsgeschäftsgebühr auslöse.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Pachtvertrag vom lautet auszugsweise:
"PACHTVERTRAG
welcher am heutigen Tag zwischen der Firma ***Bf*** in ***Bf-Adr***, ….. als Verpächter einerseits, im folgenden kurz "Bestandgeber" genannt, und Herrn ***1***, ….. als Pächter andererseits, im folgenden kurz "Bestandnehmer" genannt, abgeschlossen wurde wie folgt: ….
…..
Das Bestandverhältnis beginnt mit und endet am . …..
…..
Die Finanzamtsvergebührung bei einer angenommenen Bruttopacht von EUR 980.- beträgt EUR 1.058,40 und trägt der Pächter.
….."
Unter dem Vertragstext befinden sich die Unterschriften des Geschäftsführers der Verpächterin, der Bf., und des Pächters, Herrn ***1***, und die Angabe "Stockerau, ".
Anschließend an diese Vereinbarung wurde auf derselben Seite noch folgender Text angebracht:
"Stockerau
Frau ***2*** geb. …. tritt in den vorgenannten Pachtvertrag ein. Die Pacht wird zu ungeteilter Hand bezahlt."
Unterschrieben wurde diese Vereinbarung vom Geschäftsführer der Bf. und von Frau ***2***.
Das Pachtverhältnis hat bis August 2017 gedauert.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Vertragsinhalt ergeben sich aus dem vorgelegten Pachtvertrag.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig vor dem Bundesfinanzgericht ist, ob die vorzeitige Beendigung des Bestandverhältnisses bei der Gebührenvorschreibung von Relevanz ist und ob bzgl. der Vereinbarung mit Frau ***2*** die Gebührenvorschreibung zu Recht erfolgt ist.
Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend (§ 17 Abs. 1 erster Satz GebG 1957).
Die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung heben die entstandene Gebührenschuld nicht auf (§ 17 Abs. 5 GebG 1957).
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG 1957 entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften - zB bei Bestandverträgen - im Zeitpunkt der Unterzeichnung.
Bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften sind die Unterzeichner der Urkunde, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist, zur Entrichtung der Gebühren verpflichtet (§ 28 Abs. 1 Z 1 lit a GebG 1957). Trifft die Verpflichtung zur Gebührenentrichtung zwei oder mehrere Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet (§ 28 Abs. 6 GebG 1957).
Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält unterliegt nach § 33 TP 5 GebG 1957 einer Gebühr von 1%.
Nach § 17 Abs. 1 erster Satz GebG 1957 unterliegt das Rechtsgeschäft so, wie es beurkundet ist, der Gebühr (). Grundsätzlich ist jede Urkunde, die eine Rechtsgebühr auslöst, für sich nach Maßgabe ihres Inhaltes zu vergebühren (; ).
Andere, nicht aus der Urkunde oder aus Schriften, auf die in der Urkunde Bezug genommen ist, hervorgehende Tatsachen oder Abreden sind für die gebührenrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. So sind auch die Beweggründe, die zur Errichtung einer Schrift, zum Abschluss des Rechtsgeschäftes, zu einer bestimmten Art oder Formulierung geführt haben, belanglos (vgl. ).
Maßgeblich ist also nur der beurkundete Inhalt des Rechtsgeschäftes, unmaßgeblich hingegen, ob das Rechtsgeschäft in weiterer Folge aufrechterhalten und ob oder wie es ausgeführt wird (vgl. ; ). Eine Aufhebung eines bereits zustande gekommenen (abgeschlossenen) Rechtsgeschäftes vermag die bereits entstandene Gebührenschuld nach § 17 Abs. 5 GebG 1957 nicht aufzuheben. Der Beschwerde war in dieser Hinsicht daher nicht zu folgen und kann die Höhe der Bemessungsgrundlage durch eine vorzeitige Beendigung des Bestandvertrages keine Änderung erfahren.
Tritt unter Bezugnahme auf den bisherigen Bestandvertrag neben den bisherigen Pächter ein weiterer Pächter hinzu, so wird damit erstmalig ein Bestandverhältnis zwischen dem Verpächter und dem (hinzutretenden) Pächter begründet. Die Änderungsvereinbarung ist gebührenrechtlich als neuer Bestandvertrag zu beurteilen (-K/03; -K/04: beide Entscheidungen zitiert in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, § 33 TP 5 Rz 25; vgl. , ; -I/09). Mit diesem Rechtsgeschäft wird erstmals eine Rechtsbeziehung der Verpächterin mit der Beitretenden begründet. Frau ***2*** ist als neue Pächterin dem Bestandvertrag (zusätzlich zu Herrn ***1***) beigetreten und hatte solidarisch, zur ungeteilten Hand sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen (vgl. ).
Ein Nachtrag oder eine Zusatzvereinbarung zum Bestandvertrag iSd § 21 GebG 1957 ist darin nicht zu sehen, weil die Parteien, die diese Vereinbarung geschlossen haben, nicht dieselben waren, die Vertragspartner des ursprünglichen Rechtsgeschäftes waren.
Aus dem ursprünglichen Pachtvertrag vom geht nicht hervor, dass mehrere Pächter für das Gastgewerbeunternehmen vorgesehen gewesen wären. Es handelt sich bei der Vereinbarung vom nicht nur um eine zusätzliche Unterschrift zum ursprünglichen Vertrag, sondern ist damit ein neuer Pachtvertrag zustandegekommen, der erneut eine Rechtsgeschäftsgebühr auslöst.
Gegenstand der Rechtsgeschäftsgebühr ist nicht die Urkunde an sich, sondern das in ihr beurkundete Rechtsgeschäft. Voraussetzung für die Gebührenpflicht ist dabei allerdings, dass darüber zu Beweiszwecken eine Schrift, eine Urkunde errichtet wurde. Dazu müssen die Rechtsgeschäfte nicht auf einem jeweils eigenen Papier beurkundet sein, sie können auch in einer Urkunde erfasst sein (§ 19 Abs. 2 erster Satz GebG 1957).
Demzufolge ist das Finanzamt im Gebührenbescheid, StNr. ***xxx***, zu Recht davon ausgegangen, dass der gegenständliche Nachtrag zum Pachtvertrag als gebührenpflichtiges (neues) Rechtsgeschäft der Rechtsgebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG unterliegt und kommt der Beschwerde hinsichtlich der Festsetzung der Gebühr für das Rechtsgeschäft zwischen den Vertragsparteien, Bf. und Frau ***2***, keine Berechtigung zu.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das gegenständliche Erkenntnis in seiner rechtlichen Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes nicht von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war eine (ordentliche) Revision nicht zuzulassen.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | -K/03 -K/04 -I/09 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100625.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at