Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2023, RV/5100729/2022

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zur Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

A. Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021, Ersuchen um Ergänzung

Im Rahmen der am eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 wurden durch den Beschwerdeführer - unter anderem - Begräbniskosten in Höhe von EUR 6.872,82 als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt geltend gemacht.

Mittels Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Beschwerdeführer durch das Finanzamt zur Übermittlung weiterer Unterlagen/Informationen betreffend die geltend gemachten Begräbniskosten aufgefordert.

Mit Eingabe vom wurden durch den Beschwerdeführer die einzelnen Rechnungen, aus denen sich der geltend gemachte Gesamtbetrag von EUR 6.872,82 zusammensetzt, sowie die diesbezüglichen Zahlungsnachweise an das belangte Finanzamt übermittelt. Eine Verlassenschaftsabhandlung wurde - trotz expliziter Anforderung durch das belangte Finanzamt - nicht mitgeschickt.


B. Einkommensteuerbescheid 2021, Beschwerde, Ersuchen um Ergänzung

Im Rahmen des am ergangenen Einkommensteuerbescheides 2021 wurden die vom Beschwerdeführer in der Erklärung vom als außergewöhnliche Belastung angesetzten Begräbniskosten zur Gänze nicht anerkannt.

Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

Gem. § 549 ABGB gehören Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten. Ist kein ausreichender Nachlass zur Deckung der Begräbniskosten vorhanden, so haften die hierfür zum Unterhalt des Verstorbenen Verpflichteten. Finden die Begräbniskosten in den vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, kommt die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. Da von Ihnen keine Verlassenschaftsabhandlung vorgelegt wurde, konnten die beantragten Begräbniskosten nicht anerkannt werden.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

Bei Übermittlung der Arbeitnehmerveranlagung 2021 ist ein Fehler passiert. Die Verlassenschaftsabhandlung meiner verstorbenen Gattin ist nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, bzw. nicht mitgeliefert worden. Im Anhang übermittle ich Ihnen die gewünschten Dokumente, woraus ersichtlich ist, dass meine Tochter ***Tochter*** als Alleinerbin eingesetzt wurde. (Seite 2 Punkt II). Auf Grund dieser Tatsache ersuche ich Sie, die Begräbniskosten in der Höhe von Euro 6.872,82, die von mir alleine bezahlt wurden, anzuerkennen und den Einkommensteuerbescheid neu zu berechnen. Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen.

Der Beschwerde beigeschlossen waren der Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Traun vom sowie ein Erlagschein, auf dem die Überweisung der Gebühren des Gerichtskommissärs durch den Beschwerdeführer ersichtlich ist. Aus dem Einantwortungsbeschluss geht hervor, dass Frau ***Tochter*** über Antrag der Erben ermächtigt wird, über den gesamten Nachlass zu verfügen.

Mittels Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Höhe der Nachlassaktiva bekannt zu geben und diese entsprechend zu belegen.

Mit Eingabe vom wurde durch den Beschwerdeführer schließlich das von einem Notar gefertigte Protokoll über die Tagsatzung betreffend die Abgabe der Erbantrittserklärung und Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung übermittelt. Dieses Protokoll enthält eine Vermögenserklärung (Gegenüberstellung Aktiva/Passiva - siehe die verkürzte Darstellung im Anschluss):

A) AKTIVA


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Nr
R
Posten
Betrag
1)
[…]
0,00 €
2)
[…]
0,00 €
3)
Guthaben auf dem Girokonto […]
2.059,46 €
4)
KFZ […] - bewertet laut Angaben der Parteien
9.000,00 €
5)
[…]
0,00 €
Summe Aktiva
11.059,46 €

B) PASSIVA


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Nr
R
Posten
Betrag
1)
Bestattung
3.725,42 €
2)
Grabstein
800,00 €
Summe Passiva
4.525,42 €

Bei Gegenüberstellung der obig angeführten Aktiva und Passiva ergibt sich somit eine reine Verlassenschaft in Höhe von EUR 6.534,04.

Zusätzlich wurde zwischen den Erben vereinbart, dass Frau ***Tochter*** über den gesamten Nachlass verfügungsberechtigt sein soll:

Die Aufteilung des Nachlasses wird von den Erben außergerichtlich vorgenommen werden. Die Erben vereinbaren, dass die erbl. Tochter ***Tochter***, geb. ***GebDat***, über den gesamten Nachlass verfügungsberechtigt sein soll. Diese verpflichtet sich die Realisierung des Verlassenschaftsvermögens, die Begleichung der Passiva und Verfahrenskosten, und nach Abzug der Passiva und Verfahrenskosten, die Aufteilung an den übrigen Erben im Verhältnis der Erbquoten vorzunehmen.

C. Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Begräbniskosten nicht berücksichtigt werden konnten, da diese Kosten aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu tragen seien.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde mit Eingabe vom ein Vorlageantrag eingebracht. In diesem wurde wie folgt ausgeführt:

Mit Befremden muss ich feststellen, dass meine sämtlichen Unterlagen die ich vorgelegt habe, einfach ignoriert werden, wo ersichtlich ist, das meine Tochter als allein Erbin eingesetzt ist. Ich würde Sie bitten, die Unterlagen noch einmal zu prüfen und sich das noch einmal ansehen. Ich habe weder was geerbt noch habe ich nicht einmal einen Führerschein. Ich bin eigentlich nur für die Kosten fürs Begräbnis aufgekommen, nur um meine Tochter nicht zu belasten.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Gattin des Beschwerdeführers ist im Jänner 2021 verstorben. Die Kosten für das Begräbnis bzw. die Abhandlung der Verlassenschaft betrugen EUR 6.872,82 und wurden zur Gänze vom Beschwerdeführer getragen. Dieser hat die Berücksichtigung dieser Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt im Rahmen der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 beantragt.

Bei Gegenüberstellung der Nachlassaktiva (EUR 11.059,46) und der Nachlasspassiva (EUR 4.525,42) ergibt sich eine reine Verlassenschaft von EUR 6.534,04. In den Nachlasspassiva sind ausschließlich die Kosten für das Begräbnis (EUR 3.725,42) sowie die Kosten für den Grabstein (EUR 800,00) enthalten.

Gemäß einer außergerichtlichen Vereinbarung der Erben soll die Tochter der Erblasserin über den gesamten Nachlass verfügungsberechtigt sein. Diese hat sich außerdem zur Realisierung des Verlassenschaftsvermögens, zur Begleichung der Passiva und Verfahrenskosten und nach Abzug der Passiva und Verfahrenskosten zur Aufteilung an den übrigen Erben im Verhältnis der Erbquoten verpflichtet. Tatsächlich wurden allerdings sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Begräbnis bzw. der Abhandlung der Verlassenschaft - wie oben ausgeführt - vom Beschwerdeführer getragen.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Parteienvorbringen sowie den vorgelegten Unterlagen (Erlagscheine, Rechnungen). Die Höhe der Nachlassaktiva, der Nachlasspassiva sowie der reinen Verlassenschaft ergeben sich aus dem - bedenkenlos als richtig angesehenen - notariell gefertigten Protokoll, ebenso wie die außergerichtliche Vereinbarung der Erben über die alleinige Verfügungsberechtigung der erblichen Tochter über den gesamten Nachlass und die damit verbundenen Verpflichtungen.

Strittig ist demnach lediglich die Abzugsfähigkeit der vom Beschwerdeführer getragenen Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 EStG 1988.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

A. Rechtliche Grundlagen

§ 34 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung lautet auszugsweise:

§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro6%.

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro8%.

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%.

mehr als 36 400 Euro 12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

  1. wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht

  2. wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt

  3. für jedes Kind (§ 106).

B. Erwägungen

Gemäß § 549 ABGB gehören die dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig aus den Aktiva des Nachlasses zu tragen. Ist überhaupt kein Nachlass vorhanden oder reicht er nicht aus, um die angemessenen Begräbniskosten zu decken, dann haften die nach dem Gesetz zum Unterhalt des Verstorbenen verpflichteten Personen ( mwN).

Die Begräbniskosten werden vom Gesetz daher so behandelt, als ob sie von der Erblasserin selbst zu tragen wären. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten; d.h. die Kosten des Begräbnisses sind von der Verlassenschaft zu tragen, der Besteller der Leistung hat ein Regressrecht (§ 1042 ABGB) gegen die Verlassenschaft. Das bedeutet, dass derjenige, der die Begräbniskosten tatsächlich getragen hat, aber nicht Erbe ist oder dem der Nachlass nicht an Zahlungs statt überlassen wurde, die Rückerstattung von demjenigen, dem die Nachlassaktiva zugekommen sind, verlangen kann und somit - soweit entsprechende Nachlassaktiva vorhanden sind - nicht endgültig belastet ist ( mwN).

Da Begräbniskosten - wie oben ausgeführt - die Erbschaft belasten, vermindern sie das erblasserische Vermögen bereits bevor dieses auf den/die Erben übergeht. Erst wenn diese Kosten abgegolten sind, dürfen andere Nachlassgläubiger befriedigt werden bzw. geht das verbleibende Nachlassvermögen auf den/die Erben über (wiederum unter Verweis auf -K/09). Dies ergibt sich auch aus dem notariell gefertigten Protokoll, aus dem ohne Zweifel hervorgeht, dass die erbliche Tochter, Frau ***Tochter***, erst nach erfolgter Realisierung des Nachlassvermögens und nach Begleichung der Passiva und Verfahrenskosten die Aufteilung des verbleibenden Betrages an den übrigen Erben im Verhältnis der Erbquoten vorzunehmen hat.

Wie aus dem notariell gefertigten Protokoll ersichtlich ist, betragen die Nachlassaktiva EUR 11.059,46. Die gegenübergestellten Nachlasspassiva in Höhe von EUR 4.525,42 bestehen ausschließlich aus Kosten, die mit dem Begräbnis der Erblasserin in Verbindung stehen. Es ergibt sich somit, dass die verbleibende "reine Verlassenschaft" in Höhe von EUR 6.534,04 zur Abdeckung der verbleibenden Begräbniskosten von EUR 2.347,40 (EUR 6.872,82 minus EUR 4.525,42) ausreichend gewesen wäre.

Wenn der Beschwerdeführer nunmehr geltend macht, dass er - abweichend von der dargestellten Norm des § 549 ABGB und abweichend von der Vereinbarung im notariell gefertigten Protokoll - sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Begräbnis und der Abhandlung der Verlassenschaft selbst getragen hat, so ist diesbezüglich auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach diese Kosten vorrangig aus den Nachlassaktiva zu befriedigen gewesen wären.

Im gegenständlichen Fall wären die Nachlassaktiva bzw. die reine Verlassenschaft - wie dargestellt - zur Abdeckung der verbleibenden Begräbniskosten gänzlich ausreichend gewesen. Der Beschwerdeführer hätte somit die volle Rückerstattung der Kosten von demjenigen, dem die Nachlassaktiva zugekommen sind, verlangen können. Unterlässt er dies, so liegt ein Verhalten vor, zu dem er sich aus freien Stücken entschlossen hat, was nach ständiger Rechtsprechung des VwGH dazu führt, dass die Kosten mangels Zwangsläufigkeit nicht abzugsfähig sind (vgl. und die dort angeführte Rechtsprechung des VwGH).

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im gegenständlichen Fall zu klärenden Rechtsfragen sind durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

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