Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2023, RV/4100101/2020

Übergabsvertrag auf den Todesfall, Übernahme eines Gewerbebetriebes oder eines Gebäudes (Frühstückspension) nach dem Tod des Vaters, Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten, Abzug der Fremdkapitalzinsen als Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 1 EStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***, den Richter *** sowie die fachkundigen Laienrichter *** und *** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Ingrid Huber, Feldweg 7, 9241 Wernberg,

über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2018 und Einkommensteuervorauszahlungen 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin

ZU RECHT ERKANNT:

I. Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer 2018 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

BESCHLOSSEN:

III. Der Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer-Vorauszahlungen 2020 wird gemäß § 256 Abs. 3 iVm § 264 Abs. 4 lit. d und § 278 Abs. 1 lit. b BAO als gegenstandslos erklärt.

IV. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Zuge einer im Jahr 2016 durchgeführten Außenprüfung (im Folgenden: AP) für die Jahre 2014 und 2015 stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: Bf) nach dem Tod seines Vaters ***1*** im Jänner 2014 aufgrund eines Übergabsvertrages auf den Todesfall (datiert mit ) Miteigentumsanteile samt Wohnungseigentum an der Liegenschaft EZ ***2***, KG ***3***, ***4***, - 757/1.000 Anteile an Wohnung Top 1 (EG und OG der Liegenschaft ***5***, ***6***, Marktgemeinde ***7***) -erworben habe. Bis zum Ableben des Vaters seien auf der betreffenden Liegenschaft eine Frühstückspension betrieben und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt worden.

Nach dem Tod seines Vaters im Jänner 2014 habe der Bf das Gebäude zusammen mit dem betrieblichen Darlehen seines Vaters iHv rund 240.000,- Euro übernommen.

Mit erließ das Finanzamt die nunmehr in Beschwer gezogenen Bescheide betreffend ESt 2018 und ESt-Vorauszahlungen 2020, in denen die als Werbungskosten geltend gemachten Fremdkapitalzinsen aus der Rückzahlung des vom Vater übernommenen Darlehens gekürzt wurden. Begründend wurde auf die gesonderte Bescheidbegründung zu den Beschwerdevorentscheidungen zur ESt 2016 und 2017 vom verwiesen.

Gegen den ESt-Bescheid 2018 und den ESt-Vorauszahlungsbescheid 2020 erhob der Bf am Beschwerde und beantragte, die Fremdfinanzierungskosten in ungekürzter Höhe zu berücksichtigen, da sie ausschließlich der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Mieteinnahmen dienten bzw betreffend ESt 2020 die Herabsetzung auf Null. Als Begründung verwies der auf die Begründung im aufrechten Rechtsmittelverfahren gegen die Festsetzung der ESt 2014 bis 2017. Hinsichtlich der ESt 2020 führte er aus, dass er gegen den für die Vorauszahlung maßgeblichen Bescheid 2018 vom , ebenfalls Beschwerde erhoben hat. Zeige die Beschwerde Aussicht auf Erfolg, würde sich demnach eine Gutschrift für 2018 und folglich keine Vorauszahlung für 2020 ergeben.

Die Beschwerde vom wies die belangte Behörde mittels Beschwerdevorentscheidungen vom (analog der Vorjahre) ab. Hinsichtlich der Begründung für die Abweisung der Beschwerde für das Jahr 2018 verwies sie auf die gesonderte Bescheidbegründung zu den Beschwerdevorentscheidungen 2016 und 2017 vom . Bzgl des Streitjahres 2020 führte das Finanzamt aus, dass gegen den der ESt-Vorauszahlung 2020 zugrunde liegenden ESt-Bescheid 2018 Beschwerde erhoben wurde, die es eben mit der erwähnten Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen hat. Da der ESt-Bescheid 2018 somit keine Änderung erfahre, weshalb die ggst Beschwerde eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des ESt-Vorauszahlungsbescheides für das Jahr 2020 und die Folgejahre nicht aufzuzeigen vermöge.

In dem gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom erhobenen Vorlageantrag verwies der Bf auf die bisherigen Ausführungen zu den offenen Rechtsmittelverfahren der Jahre 2014 bis 2017 bzw darauf, dass sich der ESt-Bescheid 2018, der dem ESt-Vorauszahlungsbescheid zugrunde liege, noch im Rechtsmittelverfahren befinde.

In der mündlichen Senatsverhandlung am wurde die Sachlage erörtert. Die stV hat dabei einen Auszug aus dem Anlageverzeichnis vorgelegt, der dokumentiert, dass als Zubau rund 150.000 Euro aktiviert wurden.

Da das Jahr 2020 bereits veranlagt ist, zog die stV den Vorlageantrag betreffend ESt-VZ 2020 zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Übergabsvertrag auf den Todesfall vom haben die Eltern des Bf im Ablebensfall des erstversterbenden Elternteils das Wohnungseigentum an den Wohnungen 1 und 3 der Liegenschaft ***5***, ***4***, auf den Bf übertragen.

Als Gegenleistung für die Schenkung hat sich der Bf gem Pkt VIII. "Gegenleistungen" ua zur Übernahme der zum jeweiligen Übergabszeitpunkt aushaftenden Verbindlichkeiten, welche auf den Übergabsobjekten sichergestellt sind, verpflichtet.

Mit dem Ableben des Vaters am hat der Bf das Gebäude übernommen.

Mit der Übernahme der Wohnung verbunden war die Übernahme eines aushaftenden betrieblichen Darlehens (Bankschulden an der Frühstückspension) seines Vaters iHv 240.000,- Euro. Der Bf hat eine Umschuldung vorgenommen und das übernommene Darlehen iHv 240.000,- Euro gemeinsam mit anderen privaten Schulden auf ein neu eröffnetes Darlehenskonto, lautend auf den Bf und MMag. ***13***, übertragen. Die Vertragssumme hat sich auf insgesamt 527.143 Euro belaufen.

Dafür sind im Streitjahr 2018 laut den vorgelegten Abrechnungen insgesamt 12.140,10 Euro an Zinsen und Darlehensgebühren angefallen.

2. Beweiswürdigung

Der Übergabsvertrag ist ebenso aktenkundig wie die Darlehensabrechnung der Bausparkasse. Beides ist unstrittig.

  • Das vom Bf übernommene aushaftende Darlehen iHv 240.000 Euro wurde ursprünglich zum Teil dazu verwendet, einen Zubau an das übernommene Gebäude zu machen. Die stV hat dazu in der mündlichen Senatsverhandlung am einen Auszug aus dem Anlageverzeichnis vorgelegt, der dokumentiert, dass als Zubau rund 150.000 Euro aktiviert wurden. In Hinblick darauf, dass dieser Teil des Kredites zwischenzeitig zumindest teilweise von den Eltern des Bf zurückgezahlt wurde, erachtete es der erkennende Senat als glaubhaft, dass rund 100.000 Euro des übernommenen Kredites von 240.000 Euro für die Errichtung des übernommenen Zubaus investiert wurde.

3. Rechtslage

Das Bundesgesetz vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988) idF BGBl I 2015/118, lautet auszugsweise:

"§ 16.

(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:

1. Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Abzuziehen sind auch Renten und dauernde Lasten sowie Abfindungen derselben, wenn die Renten und dauernden Lasten zum Erwerb einer Einkunftsquelle gedient haben. Ein Abzug ist jedoch nur insoweit zulässig, als die Summe der verausgabten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung (§ 29 Z 1) übersteigt.

[…]"

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung betreffend ESt 2018)

Abzug Fremdkapitalzinsen

Nach st Rsp (für alle: mwN) ist für die Abzugsfähigkeit von Zinsen oder Spesen als Betriebsausgaben bzw Werbungskosten ausschließlich die Verwendung der Geldmittel maßgeblich, die durch die Schuldaufnahme verfügbar gemacht wurden. Ob ein Kredit oder Darlehen eine berufliche oder eine private Verbindlichkeit darstellt, hängt davon ab, wozu die damit verfügbar gewordenen finanziellen Mittel dienen. Dienen sie der Finanzierung der Aufwendungen, die der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, so liegt eine Privatverbindlichkeit vor. Dienen sie hingegen beruflichen Zwecken, so ist die Verbindlichkeit als berufliche bzw Betriebsschuld anzusehen (vgl ; , 97/15/0164).

Entscheidend ist demnach der Schuldgrund. Nur dann, wenn die Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die den Beruf betreffen, stellt sie eine berufliche bzw Betriebsschuld dar (vgl ; , 93/15/0051). Werden Fremdmittel und nicht bloß vorhandene Eigenmittel dem Beruf für berufsfremde Zwecke entzogen, so ist der Fremdmittelaufwand nicht beruflich veranlasst (vgl ; , 2000/15/0057).

Im Rahmen der mündlichen Senatsverhandlung konnte der Bf nachweisen, dass ein Teil des von seinem Vater aufgenommenen Geldes für den Um- bzw Zubau des Gebäudes ***15*** ***14*** diente. Dazu legte er einen Auszug aus dem Anlageverzeichnis vor, demzufolge rund 150.000,- Euro investiert wurden. Diese Verbindlichkeiten wurden vom Vater des Bf zum Teil bereits zurückgezahlt, sodass es das BFG - wie in der Beweiswürdigung dargestellt - als erwiesen annimmt, dass die Darlehensverbindlichkeiten im Umfang von 100.000,- Euro iZm der übernommenen und vermieteten Liegenschaft stehen.

Da die beantragten Zinsen mit der Gesamtverbindlichkeit von rund 500.000,- Euro im Zusammenhang stehen, kann im Streitjahr 2018 ein Fünftel der angefallenen Zinsen als Werbungskosten in Abzug gebracht werden.


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Zinsen gesamt
Zinsen BFG (Werbungskosten-Erhöhung)
2018
12.140,10
2.428,02

Daraus ergeben sich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in folgender Höhe:


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Einkünfte ohne Abzug Fremdmittelzinsen
Abzugsfähige Fremdmittelzinsen
Einkünfte V + V lt. BFG
2018
8.362,14
-2.428,02
5.934,12

Die Berechnung der ESt ergibt sich aus dem beiliegenden Berechnungsblatt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

4.2. Zu Spruchpunkt III. (Gegenstandsloserklärung ESt-Vorauszahlungen 2020)

Gem § 256 Abs 1 iVm § 264 Abs 4 lit d BAO können Vorlageanträge bis zur Bekanntgabe (§ 97) der Entscheidung über die Beschwerde zurückgenommen werden. Die Zurücknahme ist schriftlich oder mündlich zu erklären.

Nach § 256 Abs 3 iVm § 264 Abs 4 lit d BAO ist ein Vorlageantrag im Fall der Zurücknahme
(Abs 1) mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

Der Bf hat in der mündlichen Senatsverhandlung vom den Vorlageantrag gegen die ESt-Vorauszahlungen 2020 zurückgenommen. Die Beschwerde war daher gem § 256 Abs 3 iVm § 264 Abs 4 lit d BAO als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

4.3 Zu Spruchpunkt II. und IV. (Revision Erkenntnis und Revision Beschluss)

ERKENNTNIS:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur zur steuerlichen Geltendmachung von nachträglichen Betriebsausgaben sowie zur Mitwirkungsverpflichtung des Bf, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

BESCHLUSS:

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at