Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2023, RV/3100603/2019

Besteuerung eines Ruhegenusses eines ursprünglich in Italien unselbständig erwerbstätigen Arztes.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Zinell & Madritsch Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungs GmbH, Fanny Wibmer-Pedit Straße 3, 9900 Lienz über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz (nunmehr Finanzamt Österreich, Postfach 260, 1000 Wien) vom betreffend Einkommensteuer 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers ***Bf1***, künftig (Bf) genannt, gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge elektronisch übermittelten Beschwerdeaktes der belangten Behörde, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Der (Bf) hatte seinen Wohnsitz beginnend mit bis zum in Österreich. Am brachte der (Bf) durch seinen steuerlichen Vertreter die Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 bei der belangten Behörde ein. Darin gab er an, eine ausländische Pension zu beziehen. Unter der Kennzahl 453 erklärte er ausländische Bezüge (Pensionsbezug der italienischen INPS) in der Höhe von € 51.287,--.

Die belangte Behörde führte die Veranlagung durch und erließ am den Einkommensteuerbescheid 2016. Darin setzte sie den Betrag von € 36.689,93 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug) fest. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Pensionsbezug der italienischen INPS gemäß Artikel 18 des DBA zwischen Österreich und Italien der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat unterliege. Eine Anrechnung der in Italien (abkommenswidrig) einbehaltenen Steuer sei nicht möglich. Die Berücksichtigung der italienischen Pensionsbezüge basiere auf der übermittelten Jahresbescheinigung CUD 2017 für das Jahr 2016.

Die Pensionseinkünfte seien ab Begründung des Hauptwohnsitzes in Österreich am aliquot der Besteuerung unterzogen worden.

Mit Schriftsatz vom erhob der (Bf) durch seinen steuerlichen Vertreter das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO. Darin beantragte er die Einkommensteuer für das Jahr 2016 mit € 0,-- festzusetzen. In der Begründung der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:

Der Pensionsbezug in Italien unterliege gemäß Artikel 19 des DBA Italien der Besteuerung in diesem Staat. Der (Bf) habe Pensionseinkünfte wie aus dem Register der Pensionsbezieher (Certificate d'iscrizione di Pensione) ersichtlich, aus einem von Italien errichteten Fond (I.N.P.D.A.P - Istituto nazionale die prevedenza per i dipedenti dell'amministrazione PUBBLICA) für natürliche Personen, welche für den Staat Italien oder eine der Gebietskörperschaften Leistungen erbracht hätten bezogen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. In der dazu separat ergangenen Begründung wiederholte sie eingangs den umfassenden bis dato zurückgelegten Verfahrenslauf und führte anschließend zur Rechtslage begründend aus wie folgt:

Dem (Bf) sei grundsätzlich zuzustimmen, dass Art 19 des DBA Italien, dem Kassenstaat Italien das Besteuerungsrecht zuteile, dies deshalb, da Gehälter, Löhne, Ruhebezüge und ähnliche Vergütungen ausschließlich im Kassenstaat besteuert werden dürfen.

Der Wortlaut überlasse dem Kassenstaat die Festlegung der Art und Weise der Besteuerung. Die Verteilungsnorm selbst vermeide bereits eine Doppelbesteuerung. Der Ansässigkeitsstaat sei nicht besteuerungsberechtigt. Somit sei auch die Anwendung des Methodenartikels zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung nicht mehr erforderlich.

Zu beachten sei in diesem Zusammenhang allerdings die Erwerbsklausel des Art 19 Abs 4 des anzuwendenden DBA. Danach seien Löhne, Gehälter, Ruhebezüge und ähnliche Vergütungen welche für Dienstleistungen gezahlt würden, die "im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit eines Vertragsstaates oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht wurden", unter die Erwerbsklausel des Art 19 Abs 4 DBA Italien zu subsumieren.

Betätige sich daher ein Staat oder eine Gebietskörperschaft in gewerblicher Art und Weise, seien dafür die Regelungen der Art 15, 16 oder 18 des DBA Italien anzuwenden.

Das DBA mit Italien verweise bei der Erwerbsklausel dem OECD-MA 1993 folgend nicht auf die Geschäftstätigkeit eines Staates, sondern auf die kaufmännische oder gewerbliche Tätigkeit ("trade or business") eines Vertragsstaates oder einer seiner Gebietskörperschaften. Die Betätigung eines italienischen Krankenhauses sei demnach als gewerblich anzusehen. Aus diesem Grunde sei Art 18 DBA und nicht Art 19 DBA Italien zur Anwendung zu bringen.

Auf den beschwerdegegenständlichen Fall abgeleitet habe das zur Folge, dass die italienische Pension in Österreich zum Tarif zu versteuern sei. Eine Anrechnung bereits in Italien abgeführter Steuern sei ausgeschlossen, da Italien die Besteuerung abkommenswidrig vorgenommen habe.

Mit Schriftsatz vom beantragte der (Bf) durch seinen steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Im zitierten Schriftsatz ergänzte er das bisherige Beschwerdegehren im Wesentlichen wie folgt:

Der Pensionsbezug des (Bf) in Italien unterliege, gemäß Artikel 19 des DBA zwischen Österreich und Italien, der Besteuerung in diesem Staat und die Steuern seien dem entsprechend in Bezug auf den Beschwerdezeitraum 2016 in Italien abgeführt worden.

Wie aus dem Register der Pensionsbezieher zu ersehen sei, beziehe der (Bf) Pensionseinkünfte aus einem von Italien errichteten Fond (I.N.P.D.A.P - Istituto nazionale die prevedenza per i dipedenti dell'amministrazione PUBBLICA). Dieser Fond sei für natürliche Personen gedacht, welche für den Staat Italien oder die Gebietskörperschaft Leistungen erbracht hätten. Es handle sich dabei um Leistungen, welche nicht gewerblich seien.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt festgestellt:

Der (Bf) hatte seinen Hauptwohnsitz in der Zeit vom bis einschließlich in Österreich in ***Bf1-Adr***. Während der Zeit seiner aktiven Erbstätigkeit war der (Bf) als angestellter Arzt in einem Krankenhaus in Italien tätig. Im Beschwerdezeitraum hat der (Bf) eine ausländische Pension aus seiner früheren beruflichen Tätigkeit als angestellter Arzt bezogen. Diese wurde von der INPS (Instituto Nazionale della Previdenza Sociale) in der Höhe von € 51.287,-- an ihn ausbezahlt.

In seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 erklärte der (Bf) seine ausländische Pension aus nichtselbständiger Arbeit unter Progressionsvorbehalt unter den Kennzahlen 453 und 493.

Strittig ist, ob dem Kassenstaat Italien gemäß Art 19 Abs 1 DBA das alleinige Besteuerungsrecht zukommt, oder ob die Erwerbsklausel gemäß Art 19 Abs 4 DBA als lex specialis greift und der Ruhebezug daher gemäß Artikel 18 DBA Italien nur im Ansässigkeitsstaat Österreich einer Besteuerung zuzuführen ist.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen betreffend den inländischen Wohnsitz des (Bf) ergeben sich aus dem Auszug des Melderegisters. Daraus ist ersichtlich ist, dass der (Bf) in der Zeit vom bis an der Adresse ***Bf1-Adr*** polizeilich gemeldet war.

Die Feststellungen in Bezug auf die Höhe der im Jahr 2016 an den (Bf) ausbezahlten Pension ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2016 und aus der übermittelten Jahresbescheinigung CUD 2017 für das Jahr 2016.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Das Einkommensteuergesetz (EStG 1988 idgF) ist das Ertragssteuerrecht der natürlichen Personen.

In § 1 leg cit wird die persönliche Steuerpflicht geregelt. Einkommensteuerpflichtig sind nach dem EStG nur natürliche Personen, und zwar von der Geburt bis zum Tod (vgl hierzu (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz (23. Lieferung 2023), RZ 3 zu § 1)

Unbeschränkt steuerpflichtig sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Welteinkommens- oder Universalitätsprinzip).

Die unbeschränkte Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob ein einkommensteuerpflichtiger Tatbestand erfüllt wird (Wohnsitzprinzip); Ist eine Person unbeschränkt steuerpflichtig, dann erfasst die Steuerpflicht alle steuerbaren Einkünfte iS des § 2 (Welteinkommen, Totalitätsprinzip), und zwar unabhängig davon, ob sie auch im Ausland besteuert werden (vgl hierzu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz (23. Lieferung 2023), RZ 6 zu § 1).

Die Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt werden nicht im Einkommensteuerrecht (EStG), sondern in der Verfahrensordnung der BAO näher definiert. § 26 Abs 1 BAO lautet wie folgt:

Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Eine Wohnung iSd § 26 Abs 1 sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (zB ; , 95/13/0150; , 2002/15/0102; , 2007/15/0292; , 2011/15/0133; , Ra 2015/15/0066; , Ra 2019/15/0145; , Ra 2021/13/0080) (vgl hierzu Ritz, BAO7, RZ 1 zu § 26).

Die mehrfache Besteuerung von Einkommen durch verschiedene Staaten kann durch Doppelbesteuerungsabkommen oder - soweit solche nicht bestehen - nach § 48 BAO vermieden bzw entschärft werden (vgl hierzu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz (23. Lieferung 2023), RZ 7 zu § 1).

Eine Doppelbesteuerung im Bereich der Einkommensteuer kann auf Grund einer Kollision von unbeschränkter Steuerpflicht im Wohnsitzstaat und beschränkter Steuerpflicht im Quellenstaat oder auf Grund eines Doppelwohnsitzes und der damit verbundenen unbeschränkten Steuerpflicht in zwei Staaten entstehen (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz (23. Lieferung 2023), RZ 45 zu § 1).

Instrumente zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im ESt-Bereich sind die auf Grund von § 48 BAO ergangene Verordnung des BMF betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerungen BGBl II 2002/474 (siehe dazu Jirousek, ÖStZ 2003, 29) und individuelle Anträge nach § 48 BAO (gebührenfrei, vgl E , 86/15/0077, 1988, 189; ebenso Doralt, RdW 1984, 324; nunmehr offenkundig in § 14 TP 6 Abs 5 Z 4 GebG klargestellt) und vor allem zwischenstaatliche Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz (23. Lieferung 2023), RZ 46 zu § 1).

In den Doppelbesteuerungsabkommen wird die Doppelbelastung entweder nach der Befreiungsmethode (idR mit Progressionsvorbehalt) oder nach der Anrechnungsmethode vermieden (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz (23. Lieferung 2023), RZ 47 zu § 1).

Als Wohnsitzstaat in den DBA gilt der Staat, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, dh über eine ständige Wohnstätte verfügt (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz (23. Lieferung 2023), RZ 54 zu § 1).

Der (Bf) unterliegt als natürliche Person dem Regime des Einkommensteuergesetzes. Er hatte laut Auszug aus dem Melderegister und unbestrittenem Sachverhalt in der Zeit vom bis zum seinen Wohnsitz in ***Adresse*** und war im Streitjahr somit in Österreich ansässig. Er unterliegt im Jahr 2016, beginnend mit der Begründung des Wohnsitzes im Inland, der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Die unbeschränkte Steuerpflicht erfasst das Welteinkommen.

Auf den vorliegenden Sachverhalt findet das DBA der Republik Österreich mit der Republik Italien (BGBl 125/1985 idF BGBl 129/1990) Anwendung. Das DBA Italien lautet auszugsweise wie folgt:

Artikel 1 Persönlicher Geltungsbereich

Dieses Abkommen gilt für Personen, die in einem Vertragstaat oder in beiden Vertragstaaten ansässig sind.

Artikel 2 Unter das Abkommen fallende Steuern

(1) Dieses Abkommen gilt, ohne Rücksicht auf die Art der Erhebung, für Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, die für Rechnung eines der beiden Vertragstaaten oder seiner Gebietskörperschaften erhoben werden.

(2) Zu den zur Zeit bestehenden Steuern, für die das Abkommen gilt, gehören a) in Italien: 1. die Einkommensteuer von natürlichen Personen (L'imposta sul reddito delle persone fisiche); 2. die Körperschaftsteuer (L'imposta sul reddito delle persone giuridiche); 3. die lokale Einkommensteuer (L'imposta locale sui redditi); auch wenn sie durch Abzug an der Quelle erhoben werden (im folgenden als "italienische Steuer" bezeichnet); b) in Österreich:

  • 1. die Einkommensteuer

  • (……..)

Artikel 18 Ruhegehälter

Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 3 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

Artikel 19 Öffentliche Funktionen

(1) a) Vergütungen, ausgenommen Ruhegehälter, die von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden. b) Diese Vergütungen dürfen jedoch nur im anderen Vertragstaat besteuert werden, wenn die Dienste in diesem Staat erbracht werden und der Empfänger eine in diesem Staat ansässige Person ist, die i) ein Staatsangehöriger dieses Staates ist oder ii) nicht ausschließlich wegen der Dienstleistung in diesem Staat ansässig geworden ist.

(2) Absatz 1 ist auch auf Vergütungen anzuwenden, die an das Personal a) der Österreichischen Handelsdelegationen in Italien und b) der Vertretungen oder Einrichtungen der Italienischen Staatsbahnen (FF. SS.), der Post- und Telegraphenverwaltung (PP. TT.), des Staatlichen Italienischen Fremdenverkehrsamtes (ENIT) und der Italienischen Handelsdelegation (ICE) in Österreich gezahlt werden.

(3) a) Ruhegehälter, die von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden. b) Diese Ruhegehälter dürfen jedoch nur im anderen Vertragstaat besteuert werden, wenn der Ruhegenußempfänger ein Staatsangehöriger dieses Staates ist und dort ansässig ist.

(4) Auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, finden die Artikel 15, 16 und 18 Anwendung.

Art 18 DBA Italien regelt, dass Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen welche für eine früher ausgeübte unselbständige Erwerbstätigkeit zur Auszahlung gelangen, einzig im Ansässigkeitsstaat der Person besteuert werden dürfen. Art 18 stellt in diesem Zusammenhang die lex gerneralis dar.

Anwendungsvoraussetzung des Art 18 OECD-MA ist, dass eine Zahlung in Form von Ruhegehältern oder ähnlichen Vergütungen geleistet wird. Empfänger dieser Zahlung muss eine ansässige Person sein (vgl hierzu Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen1, Anwendungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen Art 18). Wo die für das Ruhegehalt notwendige unselbständige Arbeit ausgeübt wird, ist irrelevant.

Eine nach dem Wortsinn durchgeführte Auslegung des Begriffs zeigt auf den ersten Blick, dass er aus zwei Wörtern, einerseits "Ruhe" und andererseits "Gehalt", besteht. Ein entscheidendes Kriterium des Begriffs "Ruhe" ist, dass die Zahlung nach dem Übertritt in den Ruhestand gezahlt wird.

Die vorher ausgeübte unselbständige Tätigkeit muss beendet worden sein. Der Ruhegehaltsempfänger ist idR ident mit dem vorherigen Empfänger der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit. (vgl hierzu Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen1, Anwendungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen Art 18)

Sowohl Art 18 als auch Art 19 OECD-MA behandeln die Zuteilung des Besteuerungsrechtes von Ruhegehältern und ähnlichen Vergütungen. Sollten beide Artikel gleichermaßen zur Anwendung gelangen, so geht Art 19 dem Art 18 OECD-MA vor. (vgl hierzu Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen1, IV 1. Abgrenzung, Art 19 ).

Beiden Verteilungsnormen ist gemeinsam, dass sie die Verteilung der Besteuerungsrechte an "Ruhegehältern und ähnlichen Vergütungen" regeln. Vergütungsempfänger ist beide Male eine natürliche Person, was in Art 19 (2) lit a OECD-MA auch explizit zum Ausdruck kommt. (vgl hierzu Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen1, IV 1. Abgrenzung, Art 19,2. Absatz).

Sowohl Art 18 als auch Art 19 (2) OECD-MA greifen für Vergütungen, die im weitesten Sinne vom früheren Arbeitgeber gezahlt werden. Dies geht daraus hervor, dass die Vergütungen "für frühere unselbständige Arbeit" bzw "für geleistete Dienste" gezahlt werden. Es unterscheiden sich die Verteilungsnormen allerdings durch die Person des Auftraggebers.

Während der Arbeitgeber bei Art 18 OECD-MA aus der Privatwirtschaft stammt, ist der Auftraggeber im weitesten Sinne im Anwendungsbereich des Art 19 (2) der Vertragsstaat oder eine seiner Gebietskörperschaften. Die Dienste müssten im Anwendungsbereich des Art 18 für den Arbeitgeber und im Anwendungsbereich des Art 19 für den Staat oder eine seiner Gebietskörperschaften erbracht werden.

Werden Ruhegehälter für Dienstleistungen gezahlt, die "im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit eines Vertragsstaates oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht wurden", so greift nach Art 19 (3) OECD-MA eine Ausnahmeregelung, die Erwerbsklausel, und Abs 2 des Art 19 OECD-MA findet keine Anwendung.

Betätigen sich daher ein Staat oder seine Gebietskörperschaften in gewerblicher Weise, kommen für dafür bezahlte Ruhegehälter die allgemeinen Regeln der Art 15, 16, 17 oder 18 OECD-MA zur Anwendung.Art 19 (3) OECD-MA ist insoweit lex specialis zu Art 19 (2) OECD-MA (und zu Art 19 [1]) und kommt nur zur Anwendung, wenn bereits die Voraussetzungen des Art 19 (2) (oder [1]) OECD-MA erfüllt sind. Grundgedanke ist, dass ein sich privatwirtschaftlich betätigender Staat die (Ruhe-)Gehälter seiner (ehemaligen) Dienstnehmer nicht aus staatlichen Mitteln finanzieren muss, sondern im Wege seiner privatwirtschaftlichen Betätigung erwirtschaftet. Um Wettbewerbsneutralität zu wahren, ist die Besteuerung nach den gleichen Grundsätzen wie bei privatwirtschaftlich tätigen Unternehmen erforderlich (vgl hierzu Domes. Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen1, Art 19 IV.8. Die Erwerbsklausel des Artikels 19 (3) OECD-MA).

Angelpunkt der Bestimmung ist die Auslegung des Begriffs "Geschäftstätigkeit". Art 3 (1) lit h OECD-MA besagt, dass der Ausdruck "Geschäftstätigkeit" auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit einschließt. In überwiegenden Teilen der Literatur und der österreichischen Verwaltungspraxis wird vertreten, dass für die Interpretation des Begriffs "Geschäftstätigkeit" ein Rückgriff auf nationales Recht vorzunehmen sei. Der Rückgriff auf nationales Recht in Österreich würde wohl eine Auslegung anhand des Begriffs des Betriebes gewerblicher Art (BgA) nahelegen.

Dabei wäre nach der hA auf den in § 2 KStG entwickelten Begriff und nicht auf den des UStG zurückzugreifen. Ob nach dem nationalen Recht eines Staates eine bestimmte Tätigkeit von Art 19 (3) OECD-MA erfasst ist oder nicht, hängt auch vom ideologischen Vorverständnis eines Staates ab, nämlich davon, welche Aufgaben von dem jeweiligen Staat wahrgenommen werden sollen.

Bisher wurden beispielsweise die ÖBB (vor dem Bundesbahnstrukturgesetz 2003), die Oesterreichische Nationalbanksowie der Bayrische Rundfunk als gewerblich tätige Körperschaften öffentlichen Rechts erachtet, deren Ruhegehälter aufgrund Art 19 (3) OECD-MA nach der Bestimmung des Art 18 OECD-MA besteuert werden. Im Anwendungsbereich des DBA Deutschland wurden durch das BMF ein Spielcasino, ein privat geführtes Personenbeförderungsunternehmen im Zusammenhang mit Krankentransporten sowie die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Spitäler als BgA eingestuft und somit als gewerblich tätig iSd Art 19 (3) OECD-MA erachtet (vgl hierzu Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen1, IV.8. Die Erwerbsklausel des Art 19 (3) OECD-MA).

Als Betriebe gewerblicher Art fallen unter Art 19 Abs 3 wenn sie von einem Vertragsstaat/Gebietskörperschaft betrieben werden u. a. die Patientenbehandlung in Krankenhäusern (…..) (vgl hierzu Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung Kommentar2, RZ 171 zu Art 19).

Den obigen Ausführungen folgend handelt es sich bei Spitälern und Krankenhäusern, welche von einem Vertragsstaat oder einer Gebietskörperschaft betrieben werden um Betriebe gewerblicher Art. Soweit sich Vertragsstaaten oder Gebietskörperschaften gewerblich betätigen, sollen sie sich Behinderungen wie alle übrigen Arbeitnehmer gefallen lassen müssen. Die Arbeitnehmer sollen insoweit wie alle übrigen Arbeitnehmer steuerlich behandelt werden (vgl hierzu Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung Kommentar2, RZ 168 zu Art 19).

Es kommt in diesem Zusammenhang die Erwerbsklausel des Art 19 Abs 4 DBA Italien zur Anwendung.

Der (Bf) war während der Zeit seiner aktiven Berufstätigkeit als angestellter Arzt in einem Krankenhaus in Italien tätig. Der Betrieb von Krankenhäusern ist den obigen Ausführungen folgend als (gewerbliche) privatwirtschaftliche Tätigkeit (Betrieb gewerblicher Art) eines Staates oder einer Gebietskörperschaft zu sehen.

Im Streitjahr 2016 hatte der (Bf) seine berufliche Tätigkeit bereits eingestellt und bezog einen Ruhegenuss, welcher auf seiner ursprünglichen unselbständigen Erwerbstätigkeit herrührt.

Auf den vorliegenden Sachverhalt bezogen hat dies zur Konsequenz, dass der an den (Bf) zur Auszahlung gelangte Ruhegenuss nach den Regelungen der Art 15, 16 und 18 DBA Italien einer Besteuerung in Österreich zu unterwerfen ist. Eine Anrechnung der in Italien zu Unrecht erhobenen Steuer kann nicht erfolgen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt dem gegenständlichen Erkenntnis nicht zu Grunde. Die zu beurteilende Rechtsfrage wurde unter Auslegung der Bestimmungen der Art 15, 16, 18 und 19 DBA Italien entschieden.

Aus diesem Grund war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 DBA I (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Italien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 125/1985
Art. 16 DBA I (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Italien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 125/1985
Art. 18 DBA I (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Italien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 125/1985
§ 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 19 Abs. 4 DBA I (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Italien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 125/1985
Verweise







Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100603.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at