Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.03.2023, RV/3100621/2015

Ausscheiden eines auf fremden Grund und Boden errichteten Zubaus aus dem Betriebsvermögen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend die Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2010 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der Bescheid vom mit dem der Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2010 vom gem. § 299 BAO abgewiesen wurde, wird aufgehoben.

Der Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 vom wird gem. § 299 BAO aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit und ermittelt den Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG 1988.

Bis zum Streitjahr 2010 übte der Beschwerdeführer seine selbständige Tätigkeit in Räumlichkeiten im privaten Wohnhaus sowie in Räumlichkeiten, die vom Beschwerdeführer als Zubau an das private Wohnhaus, welches im Alleineigentum seiner Gattin gestanden hatte, errichtet wurden. Das Eigentum an der Liegenschaft wurde laut Tz 1 BP-Bericht von den Eltern der Gattin an sie übertragen und bestand zugunsten der Eltern seitdem ein Wohnrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot. Die Baukosten für den Zubau (lt. TZ 1 BP-Bericht ein Vorbereitungsraum und Kellerräumlichkeit) betreffend die betrieblich genutzten Räumlichkeiten wurden vom Beschwerdeführer in den Jahren 1998 und 1999 in Höhe von 109.679,68 € als Gebäude aktiviert und auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben.

Im Streitjahr 2010 ist der Beschwerdeführer aus dem ehelichen Wohnhaus ausgezogen und hat auch die betriebliche Tätigkeit nach ***1*** verlegt, nachdem seine Gattin, von der er im Jahr 2013 geschieden wurde, als Alleineigentümerin des Wohnhauses und damit auch des Zubaus die Fortführung der betrieblichen Tätigkeit im Wohnhaus untersagt hat. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2010 wurde vom Beschwerdeführer der mit Ende des Jahres 2010 bestehende Restbuchwert betreffend die betrieblich genutzten Räumlichkeiten in Höhe von 83.621,64 € gewinnmindernd ausgebucht.

Im Rahmen des laufenden Scheidungsverfahrens wurden vom Beschwerdeführer und seiner Gattin im Jahr 2012 ein Sachverständigengutachten zur Bewertung des Wohnhauses (u.a. "Bewertung der getätigten Investitionen am Wohnhaus…") in Auftrag gegeben, zum Zweck der "Vermögensauseinandersetzung im Scheidungsverfahren".

Unter Punkt 4.02 Anbau SO, 1998" wurde dazu im Gutachten vom ausgeführt:

"Dieser Bauteil wurde 1998 angebaut und besteht aus KG und EG. Der Keller springt über das Erdgeschoss an der Südwest-Seite hervor und hat ein Außenmaß von 6,75/7,99 m. Der Keller ist mit einem Lager ausgestattet und die Außenwände sind aus Stahlbeton. Der Keller ist beheizbar ausgestattet mit Heizkörper und an der Außenseite wärmegedämmt. Der Boden ist mit einem Klinkerbelag auf einem schwimmenden Estrich verlegt. Das Erdgeschoss ist gemauert und darüber eine Stahlbetonplatte. Die Außenwände sind mit einem Wärmeschutz versehen. Im Erdgeschoss befinden sich ein Gang mit der Abgangsstiege sowie ein Lager/Vorbereitungsraum, welcher derzeit als Schlafzimmer genutzt ist. Dem Anbau vorgelagert ist eine Terrasse".

Unter Punkt des Gutachtens wurde für den Anbau SO, 1998 (Ordination EG, Lagerraum KG) ein Sachzeitwert von 51.618 € ermittelt.

2. Im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung die Jahre 2003 bis 2011 umfassend, welche aus Anlass der Anzeige der Gattin an die Abgabenbehörde vom wegen Abgabenhinterziehung durch den Ehegatten (ein Teil der vom Beschwerdeführer erzielten Umsätze wurden nicht erklärt) vorgenommen wurde, kam es für die Jahre 2007 bis 2011 zu Umsatz- bzw. Gewinnhinzuschätzungen in unterschiedlicher Höhe.

Darüberhinaus wurde in der TZ 3 des BP-Berichtes nachstehende Feststellung getroffen:

"Tz. 3 Buchwertabschreibung Gebäude

Im Jahr 2010 wurde der Anbau an der Adresse Adresse mit dem Restbuchwert in Höhe von 83.621,64 € abgeschrieben und mit 0,00 € entnommen.

Im Zuge der Betriebsprüfung wird der Teilwert dieses Gebäudeteiles in Höhe des Buchwertes (83.621,64 €) geschätzt und mit diesem Wert entnommen.

Nach Ansicht der Abgabenbehörde konnte der Abgabepflichtige nicht im Rahmen eines Prekariums, also einer unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung, über diese Gebäude verfügen.Das erste entscheidende Kriterium für das Vorliegen eines Prekariums ist die freie Widerrufbarkeit. Das zweite essentielle Merkmal des Prekariums ist die Unentgeltlichkeit der Überlassung. Unentgeltlich ist eine Leistung nur dann, wenn sie auf keine Gegenleistung bezogen und freiwillig erbracht wird. Allerdings ist nicht jeder Aufwand des Entlehners als Entgelt anzusehen. §981 ABGB ordnet für Leihverträge an, welche Kosten der Entlehner zu tragen hat. Nicht zu diesen Kosten gehört hingegen jener Aufwand, der schon aus der Bereitstellung der Sache entsteht(SWl Heft Nr. 1/2005; Koziol/Bydlinkski/Bollenberger, Kommentar zum ABGB zu § 974).

Unbestritten ist, dass der Gebäudeteil im wirtschaftlichen Eigentum des Abgabepflichtigen stand und mit den Anschaffungskosten aktiviert wurde. Für die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen ist nicht das zivilrechtliche Eigentum, sondern das wirtschaftliche Eigentum maßgebend. Das im zivilrechtlichen Eigentum des einen Ehegatten stehende Gebäude(teil) ist insoweit dem anderen zuzurechnen, als dieser auf eigene Kosten umfangreiche Investitionen durchführt und fremdübliche Nutzungsvereinbarungen fehlen ( 0622/75; 1804/69; ).Die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen endet durch (entgeltliche oder unentgeltliche) Betriebsübertragung, Betriebsaufgabe, weiters durch Veräußerung,Zerstörung, Diebstahl, Unterschlagung oder durch Entnahme eines einzelnen Wirtschaftsgutes und zwar unabhängig davon, ob der Buchwert ausgebucht wird.

Im gegenständlichen Fall ist der Gebäudeteil daher durch eine Entnahme vom Betriebsvermögen auszuscheiden. Die Entnahme erfolgt mit dem Teilwert, der durch die Abgabenbehörde im Schätzungswege ermittelt wurde."

Im Zuge der Betriebsprüfung wurde des weiteren über Initiative des steuerlichen Vertreters ein Rechtsmittelverzicht angeboten und in weiterer Folge auch abgegeben.

3. Von der Abgabenbehörde wurden sodann entsprechende Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer erlassen, welche in Rechtskraft erwuchsen (Ausfertigungsdatum des Einkommensteuerbescheides 2010: ).

4. In weiterer Folge wurde mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom der Antrag gestellt, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 gem. § 299 BAO aufzuheben.

Begründend wurde dazu vorgebracht, dass in den Einkünften aus selbständiger Arbeit ein Betrag von 83.621,64 € enthalten sei, der sich auf die Tz. 3 des Berichtes beziehe. Darin sei sinngemäß ausgeführt worden, dass der Teilwert einer auf einen "Anbau" bezogenen "Entnahme" mit dessen Buchwert (83.621,64 €) zu schätzen sei.

Das Grundstück samt Gebäude und daher auch des Anbaus sei im Alleineigentum der Ehegattin gestanden. Über die Nutzung des Gebäudeteiles sei keine Vertragsurkunde errichtet worden und sei auch kein Nutzungsentgelt zu bezahlen gewesen; ebensowenig sei eine Regelung für den Fall der Beendigung der Nutzung getroffen worden.

Die Ehe sei mit geschieden worden und habe der Beschwerdeführer anlässlich der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft im Jahre 2010 - mangels anderslautender vertraglicher Vereinbarungen - die betrieblich genutzten Räumlichkeiten entschädigungslos aufgeben müssen, weshalb von einem Prekarium auszugehen sei. Dieses stelle eine Sonderform der Leihe dar, bei der der Verleiher - im Unterschied zur normalen Leihe - die Sache jederzeit nach Willkür zurückfordern könne. Es handle sich daher um eine widerrufbare Einräumung eines Rechts, aus der sich kein Rechtsanspruch ableiten lasse (vergl. § 974 ABGB).

Da gem. § 974 ABGB kein wahrer Vertrag, sondern eine unverbindliche Bittleihe (Precarium) entstehe, wenn weder die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches bestimmt sei, und der Verleiher die entlehnte Sache nach Willkür zurückfordern könne, und die Abgabenbehörde - mangels Rechtsanspruch (es habe auch kein Bereicherungsanspruch des Antragstellers gegenüber der geschiedenen Gattin bestanden) - keinen Entnahmetatbestand annehmen hätte dürfen, erweise sich der Spruch des Einkommensteuerbescheides 2010 als rechtswidrig.

5. Der Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2010 vom wurde von der Abgabenbehörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Zuge der durchgeführten Betriebsprüfung geklärt worden sei, wozu auf die Tz 3 des Betriebsprüfungsberichtes hingewiesen werde. Es sei ein gültiger Rechtsmittelverzicht gemäß § 255 BAO abgegeben worden und es seien keine neuen Tatsachen hervorgekommen, die eine andere Beurteilung der Sachlage zulassen würden.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der steuerliche Vertreter mit Eingabe vom Beschwerde und führte darin begründend aus, dass hinsichtlich der bis zum Jahr 2010 betrieblich genutzten Räumlichkeiten kein Entnahmetatbestand vorliege; es sei von einem Prekarium (einer Bittleihe gem. § 974 ABGB) auszugehen, weil der Beschwerdeführer anlässlich der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft das "Gebäude mangels anderer Vereinbarungen - entschädigungslos" habe aufgeben müssen. Zudem sei hinsichtlich der Behauptung in Tz. 3 des Betriebsprüfungsberichtes, dass - weil die gesamten Baukosten vom Beschwerdeführer getragen worden seien - keine Unentgeltlichkeit gegeben gewesen sei, klarzustellen, dass Gegenstand des Prekariums nicht das Gebäude selbst, sondern das unbebaute Grundstück gewesen sei. Für die Benützung des (unbebauten) Grundstückes sei aber kein Entgelt zu leisten gewesen. Im Übrigen habe das Finanzamt nicht in Zweifel gezogen, dass die gesamten Baukosten durch den Betrieb des Beschwerdeführers veranlasst gewesen seien und dass der Abgabepflichtige für den frustrierten Aufwand - mangels Rechtsanspruch - keine Entschädigung erhalten habe.

7. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wurde begründend im wesentlichen ausgeführt, dass nach Auffassung der Abgabenbehörde kein Prekarium vorliege, da die gesamten Baukosten vom Abgabepflichtigen getragen worden seien und somit keine Unentgeltlichkeit gegeben sei, was aber Wesensmerkmal eines Prekariums sei.

Die Räumlichkeiten seien im wirtschaftlichen Eigentum des Abgabepflichtigen gestanden und sei für die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen nicht das zivilrechtliche Eigentum, sondern das wirtschaftliche Eigentum maßgebend. Das im zivilrechtlichen Eigentum des einen Ehegatten stehende Gebäude(teil) sei insoweit dem anderen zuzurechnen, als dieser auf eigene Kosten umfangreiche Investitionen durchführt und fremdübliche Nutzungsvereinbarungen fehlen (; ; ).

Weiters wurde unter Bezugnahme auf ein Schreiben der den Beschwerdeführer im Rahmen des Scheidungsverfahrens vertretenden Rechtsanwälte vom vorgebracht, dass diesem Schreiben zu entnehmen sei, dass der Beschwerdeführer eine Ablöse für seine Gebäudeinvestitionen gefordert habe, die letztlich zu einer Gegenverrechnung mit den von der Gattin des Beschwerdeführers aufgelisteten Forderungen im Rahmen des Scheidungsvergleiches geführt habe.

Mit Eingabe vom wurde sodann ein Vorlageantrag eingebracht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Im gegenständlichen Verfahren ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer auf der Liegenschaft seiner geschiedenen Gattin einen Zubau errichtet hat, welcher in weiterer Folge von ihm mit den Anschaffungskosten aktiviert und betrieblich genutzt wurde.

Anlässlich einer Befragung der geschiedenen Gattin des Beschwerdeführers am wurde von dieser angegeben, dass es zwischen ihr und dem Beschwerdeführer keinerlei schriftliche bzw. mündliche Vereinbarungen Absprachen in Bezug auf den Zubau gegeben habe.

Weiters steht fest, dass ihm die weitere Nutzung der Räumlichkeiten von der nunmehr geschiedenen Ehegattin im Jahr 2010 untersagt wurde und er deshalb seinen Betrieb an einen anderen Standort verlegen musste.

2. Aufwendungen für Zu- und Umbauten an gemieteten Liegenschaften, die von einem Mieter in der Regel nicht zugunsten des Eigentümers, sondern zum eigenen geschäftlichen Vorteil vorgenommen werden, sind einkommensteuerlich ein beim Mieter selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut. Nichts anderes gelten kann, wenn der Unternehmer die Liegenschaft, auf der er Um- und Zubauten vorgenommen hat, nicht aufgrund eines Mietverhältnisses, sondern unentgeltlich zur Nutzung überlassen erhalten hat.

Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern erfolgt nach Maßgabe des wirtschaftlichen Eigentums. Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen auseinander, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter vor der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann (vgl. die bei Ritz, BAO-Kommentar2, § 24 Tz 3 zitierte hg. Rechtsprechung).

Für die Frage, ob ein vom Nutzungsberechtigten getragener Aufwand zu einem in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehenden und damit in der Bilanz zu aktivierenden Wirtschaftsgut geführt hat, ist nicht von Bedeutung, ob es sich bei diesem Wirtschaftsgut bürgerlich-rechtlich um eine selbständige Sache oder um einen - selbständigen oder unselbständigen - Bestandteil einer solchen handelt. Investitionen des Nutzungsberechtigten, die er im eigenen Interesse getätigt hat, sind im allgemeinen diesem als dessen wirtschaftliches Eigentum zuzurechnen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 293 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Der Umstand, ob für die vom Nutzungsberechtigten getätigten Investitionen eine Ablöse vorgesehen ist, ist für deren Beurteilung als Wirtschaftsgut nicht von entscheidender Bedeutung (), findet aber im Zusammenhang mit der Frage, wie lange dem Nutzungsberechtigten die Nutzung eingeräumt ist, Berücksichtigung bei der Bemessung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer iSd § 7 EStG (vgl. ).

Bauliche Investitionen stellen sohin, auch wenn nur ein unentgeltliches Nutzungsrecht am Grundstück eingeräumt wurde und nicht ein gesichertes Nutzungsrecht, wie es bei Miet- oder Pachtverhältnissen besteht, beim Nutzungsberechtigten zu erfassende Wirtschaftsgüter dar, auch wenn sich die Nutzungsberechtigung nicht aus einem Mietverhältnis bzw einem Pachtverhältnis ergibt (JAKOM, Marschner EStG § 4 Rz 173, Mieterinvestitionen, ).

Die Aktivierung der Baukosten für die im Rahmen eines Zu- bzw. Anbau errichteten, betrieblich genutzten Räumlichkeiten erfolgte vom Beschwerdeführer sohin zu Recht.

3. Von der Abgabenbehörde wurde in weiterer Folge aus den ins Treffen geführten Gründen die Auffassung vertreten, dass der Beschwerdeführer die als Zubau zum Wohnhaus errichteten Räumlichkeiten "entnommen" habe und insoweit eine Entnahme bewirkt hat.

In JAKOM, Laudacher EStG, § 6 RZ 114, wird die Auffassung vertreten, dass Entnahmen vorliegen, wenn Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen ausscheiden und in das Privatvermögen überführt bzw. zu betriebsfremden Zwecken zugeführt werden; insbesondere bedarf eine Entnahme auch eines Entnahmewillens, der durch das nach außen in Erscheinung tretend Verhalten konkretisiert sein muss (). Dabei erfolgt die Entnahme im Zeitpunkt der Nutzungsänderung (vgl. zur privaten Nutzung eines Zubaus).

Aufgrund des streitgegenständlichen Sachverhaltes ergibt sich nach Auffassung des Gerichtes, dass der Beschwerdeführer keinen Entnahmewillen hatte, zumal er nach eigenen Angaben den Betrieb im privaten Wohnhaus weiterführen wollte. Darüberhinaus konnte aber auch aus rechtlichen Gründen kein "Entnahmewillen" des Beschwerdeführers vorliegen, da der Zubau im zivilrechtlichen Eigentum der geschiedenen Gattin des Beschwerdeführers gestanden hatte. Insoweit liegt keine "Entnahme" des Zubaus (in das Privatvermögen) durch den Beschwerdeführer vor.

Der Einkommensteuerbescheid erweist sich sohin schon aus diesem Grund als rechtswidrig, weshalb dem Aufhebungsantrag des Beschwerdeführers Folge zu geben und der Einkommensteuerbescheid gem. § 299 BAO zu beheben ist.

4. Zu prüfen wäre in weiterer Folge allenfalls, ob und wenn ja, wann und in welcher Höhe dem Beschwerdeführer die Investitionskosten für den Zubau (zum Teil) im Rahmen der Scheidung durch die Gattin abgegolten wurden und ihm damit ein vermögenswerter Vorteil zugeflossen ist.

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass der Beschwerdeführer den Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt hat, die Ehe erst im Jahr 2013 geschieden und erst im Zuge der Scheidung über die wechselseitigen Abfindungsansprüche der Ehegatten (und damit auch über einen allfälligen Abfindungsanspruch des Beschwerdeführers bezüglich des von ihm errichteten Zubaus) endgültig Einigung erzielt worden sein wird. Im Jahr 2012 war diesbezüglich jedenfalls noch keine Einigung erzielt (vgl. das in der Beschwerdevorentscheidung zitierte Schreiben des Rechtsanwaltes vom ).

5. Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Parteien" und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung von "öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. ). Dabei wird sowohl vom Verwaltungsgerichtshof als auch von der Verwaltungspraxis regelmäßig betont, dass dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen ist (vgl. ).

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der Streitfall unter Zugrundelegung der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, ist die Revision nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 255 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100621.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at