Werbungskosten eines Polizisten iZm der Aufnahmeprüfung zu einem Einsatzkommando
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reichte am die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2020 elektronisch beim Finanzamt ein. Darin machte er unter anderem Aus-, Fortbildungs- bzw. Umschulungskosten von EUR 3.812,- als Werbungskosten geltend. Über Ersuchen des Finanzamtes um Stellungnahme vom gab er im Schreiben vom unter Vorlage der angesprochenen Belege an, er sei bei der Bundespolizei im Exekutiven Außendienst beschäftigt und habe sich im Jahr 2020 zum Einsatzkommando Cobra beworben. Um sich auf die Aufnahmeprüfung bzw. das Auswahlverfahren vorzubereiten, habe er Kosten für die Mitgliedschaft in einem Schützenverein und den Erwerb von Munition und Schusswaffe aufgewendet.
Mit Einkommensteuerbescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 2020 ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten für ein Einkommen von EUR 30.825,93 mit EUR -99,00 fest und begründete dies zusammengefasst damit, dass die Aufwendungen für Munition, Laser und Zielträger der Privatsphäre zuzuordnen seien.
In seiner Beschwerde vom beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung der Fortbildungskosten in Höhe von EUR 4.026,10 als Werbungskosten. Er habe insbesondere für den Schieß-Leistungstest im Rahmen des Auswahlverfahrens zum Einsatzkommando Cobra trainiert. Sein Dienstgeber ermögliche ihm das notwendige Training nicht, weshalb er dem Sportschützenverein Innsbruck, der einen Schießplatz betreibe, beigetreten. Da die Dienstwaffe nicht außerhalb des Dienstes verwendet werden durfte, habe er eine Waffe sowie eine größere Menge an Munition und Zielträgern angeschafft. Das intensive Training habe sich bezahlt gemacht, da er das Auswahlverfahren erfolgreich absolviert habe.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und wiederholte die Begründung des Erstbescheides. Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte weiter vor, eine private Veranlassung der geltend gemachten Kosten werde durch den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Anfallen der Aufwendungen und dem Auswahlverfahren zum Einsatzkommando Cobra widerlegt. Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der Beschwerdeführer war im Streitjahr 2020 als Polizist im Exekutiven Außendienst beschäftigt. Er bewarb sich im Jahr 2020 zum Einsatzkommando Cobra, absolvierte das Auswahlverfahren für die Übernahme erfolgreich und ist seit 2021 beim Einsatzkommando Cobra tätig.
Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 2020 eine Pistole Glock 19x samt Zubehör und einer großen Menge an Munition und wendete dafür insgesamt EUR 4.016,10 auf. Diese Umstände sind zwischen den Parteien unstrittig und durch die vorgelegten Rechnungen sowie die glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers belegt.
Der Beschwerdeführer gab dazu weiter an, dass er zum Training für das Auswahlverfahren eine seiner Dienstwaffe (Glock 17) vergleichbare Waffe mit demselben Schussverhalten erworben habe, da mit der Dienstwaffe nur Dienstmunition verwendet werden dürfe und diese vom Dienstgeber nicht für Übungszwecke und nicht in der notwendigen Menge zur Verfügung gestellt werde. Er habe tatsächlich etwa 20.000 Schuss Munition zum Training verwendet, was der Grundstein für sein gutes Schießergebnis und insgesamt seinen Erfolg im Auswahlverfahren gewesen sei. Er sei 2020 dem Sportschützenverein Innsbruck beigetreten, da dieser als einzige Institution einen Schießparcours betreibe, auf dem die beim Auswahlverfahren vorkommenden Szenarien (Schießen aus verschiedenen Distanzen und in verschiedenen Situationen) trainiert werden können. Er habe niemals an Schießwettbewerben teilgenommen.
Das Finanzamt verwies auf Ausführungen auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres zur Aufnahmeprüfung für das Einsatzkommando Cobra, aus denen nicht hervorgehe, dass der Bewerber eine gewisse Anzahl von Schießübungen oder getätigten Schüssen nachweisen müsse. Die Berufserfahrung des Beschwerdeführers als Polizist "wird für den Schießparcours dienlich sein". Es werde nicht angezweifelt, dass private Schießübungen von Vorteil gewesen sein könnten, diese seien aber "keine unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme".
Damit hat das Finanzamt aber keine Umstände aufgezeigt, die auf eine persönliche Vorliebe des Beschwerdeführers zum Schießsport oder darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer die Schießübungen im Rahmen seiner privaten Lebensführung betrieben hätte. Das Vorbringen erschöpft sich in Mutmaßungen - das Finanzamt hat keine Ermittlungsergebnisse dazu vorgelegt, in welchem Umfang der Beschwerdeführer sich während seiner Tätigkeit als Polizist die notwendige Schießfertigkeit tatsächlich aneignen konnte bzw. angeeignet hat. Auch der Umstand, dass auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres der Nachweis einer gewissen Anzahl von Schießübungen nicht als Auswahlkriterium angeführt ist, spricht keineswegs für deren private Veranlassung. Bei der Aufnahmeprüfung steht offensichtlich das Schießkönnen der Bewerber im Vordergrund, dies unabhängig davon, wie und in welchem Rahmen der einzelne Bewerber sich dieses angeeignet hat.
In der Gesamtbetrachtung zeigt sich das Bild eines Polizisten, der während sich während eines (einzigen) Jahres mit großem Einsatz und tatsächlich erfolgreich auf die Aufnahmeprüfung zu einer Sondereinheit vorbereitet hat. Es ist glaubwürdig, dass die Schießübungen und der damit verbundene finanzielle Aufwand notwendig für die (angestrebte) Aufnahme ins Einsatzkommando Cobra und damit beruflich veranlasst waren. Eine private Veranlassung ist nicht erkennbar.
Das vom Finanzamt angezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes () ist nicht geeignet, den Standpunkt des Finanzamtes zu stützen: Strittig war in diesem Fall, ob die Kosten für den Besuch eines "NLP Practitioner" Kurses Werbungskosten eines Sparkassenangestellten sind. Der VwGH sprach dazu aus, dass dann, wenn Bildungsmaßnahmen einen Zusammenhang mit der privaten Lebensführung nahelegen, weil sie beispielsweise soziale Fähigkeiten vermitteln oder der Persönlichkeitsentwicklung dienen, deren berufliche Veranlassung nur angenommen werden darf, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Eignet sich ein Polizist in Hinblick auf seine Bewerbung für ein Einsatzkommando besondere Schießfertigkeiten an, liegt kein Zusammenhang mit der privaten Lebensführung nahe - ganz im Gegensatz zu einem "NLP Practitioner" Kurs, dessen in Aussicht gestellter Nutzen es war, "durch bewusste Kommunikation mit geringerem Aufwand die persönlichen Lebensziele zu erreichen".
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1988). Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988).
Werden in berufsspezifischer Weise jene Fähigkeiten geübt und trainiert, die für die Berufsausübung erforderlich sind, dann sind die daraus entstehenden Aufwendungen zur Gänze Werbungskosten ( zu Aufwendungen einer Tänzerin für Training in einem Fitnessstudio, das jenes Maß überschritten hat, das ohne Bezug auf eine bestimmte Berufstätigkeit zur Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit üblicherweise absolviert wird). Auf Sachverhaltsebene steht fest, dass der Beschwerdeführer genau jene Fähigkeiten (das Schießen mit der Dienstwaffe) trainiert hat, die in seiner beruflichen Tätigkeit - zunächst im Auswahlverfahren für das Einsatzkommando Cobra und in der Folge bei seinen Einsätzen als Mitglied dieser Einheit - von vorrangiger Wichtigkeit sind. Eine private Motivation für das Schießtraining konnte nicht festgestellt werden. Daher sind die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von EUR 4.016,10 zur Gänze als Werbungskosten abzugsfähig.
[...]
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dieses Erkenntnis beruht ausschließlich auf der Würdigung von Sachverhaltselementen im Einzelfall, weshalb mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Revision nicht zulässig ist.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100596.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at