Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2023, RV/7103763/2022

Begräbniskosten und Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** u Recht erkannt:


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I.
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der elektronisch übermittelten Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) neben Krankheitskosten in Höhe von € 1.909,16, Kurkosten (nach Abzug einer anteiligen Haushaltsersparnis für Verpflegung in Höhe von € 5,23 pro Tag) in Höhe von € 711,66 noch Begräbniskosten samt Blumen (30 Stück Rosen) in Höhe von insgesamt € 3.194,20 für ihre verstorbene Mutter als außergewöhnliche Belastungen.

Nach einem durchgeführten Vorhalteverfahren (Vorhalt vom ) legte die Bf. ua. die Kopie einer Rechnung 21000343 der A. GmbH, Bestattungen vor. Daraus geht hervor, dass die Begräbniskosten € 3.128,20 betragen haben. Nicht ersichtlich auf der Rechnung ist, wer der Besteller und Zahler des Begräbnisses ist. Weiters legte die Bf. die Rechnung vom für 30 Stück Rosen in Höhe von € 66,00 vor. Aus dieser Rechnung geht nicht hervor, wer die Rosen bezahlt hat. Die Rechnung enthält den handschriftlichen Vermerk "Beisetzung".

Aus dem ebenfalls vorgelegten Einantwortungsbeschluss geht hervor, dass die Bf. und ihr Bruder je die bedingte Erbantrittserklärung abgegeben haben. Die Gerichtsgebühren des öffentlichen Notars haben € 1.488,00 betragen.

Mit Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2021 datiert vom wurden die Krankheitskosten und Kurkosten in Höhe von € 2.620,82 nicht anerkannt, da die Aufwendungen niedriger als der für die Bf. gültige Selbstbehalt in Höhe von € 2.661,53 sind. Die Begräbniskosten wurden mit der Begründung nicht anerkannt, dass die Kosten aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu tragen seien.

Mit Eingabe vom erhob die Bf. gegen die Nichtberücksichtigung der Begräbniskosten Beschwerde. Dazu legte die Bf. das Protokoll vom der Verlassenschaftsabhandlung (Inventar) vor. Daraus geht hervor, dass der Aktivwert des Nachlasses € 22.002,34 betragen habe. Nach Abzug der Passiva (in Höhe von € 21.780,45) hat sich somit ein reiner Nachlass in Höhe von € 221,89 ergeben.

Begründend führte die Bf. im Wesentlichen aus, dass mit dem angeführten Guthaben aus einer Lebensversicherung in Höhe von € 18.935,04 direkt der Kredit in Höhe von € 18.826,73 abgedeckt worden sei und sie als Erbin nicht entscheiden habe können, zuerst damit die Begräbniskosten zu bezahlen. Zudem habe sie auch nicht über die Kaution in Höhe von € 1.410,00 verfügen können, da die Hausverwaltung die angeführte Kaution als Ersatz für 3 Monatsmieten einbehalten habe. Tatsächlich habe sie die restlich angeführten Aktiva in Höhe von insgesamt € 1.657,30 erhalten.

Sie beantrage daher die Berücksichtigung der Begräbniskosten in Höhe von € 3.128,20 samt Blumen für die Beisetzung in Höhe von € 66,00, gesamt sohin € 3.194.20. Von diesem Betrag hat die Bf. die Notariatskosten in Höhe von € 92,30 abgezogen und hat damit Begräbniskosten in Höhe von € 3.101,90 als außergewöhnliche Belastung beantragt.

Weiters hielt die Bf. fest, dass die gegenständliche Belastung außergewöhnlich sei, zwangsläufig sei und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt habe. Sie habe seit bis laufend Krankengeld bezogen. Die Begräbniskosten seien nicht durch den Nachlass gedeckt und hätten aus Eigenem getragen werden müssen. Das Begräbnis sei nicht überteuert gewesen und für ein Urnenbegräbnis ein verhältnismäßig günstiges Begräbnis.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:

"Gemäß § 549 ABGB gehören Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten. Nachlasspassiva findet hierbei keine Berücksichtigung. Finden die Begräbniskosten in der vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, kommt die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. Insoweit fehlt es an der Zwangsläufigkeit."

Mit Eingabe (FinanzOnline) vom stellte die Bf. einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich die oa Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde mit Hinweis auf die VwGH Judikatur.

Im Zuge des Verfahrens vor dem BFG wurde die Bf. mit Schreiben vom gebeten bekanntzugeben, wer die Begräbniskosten tatsächlich bezahlt hat und ob sie und ihr Bruder sich die Kosten geteilt hätten. Weiters wurde um Vorlage des diesbezüglichen Zahlungsnachweises (Überweisungsbeleges) ersucht.

Mit Schreiben vom übermittelte die Bf. einen Buchungsbeleg vom , aus dem zwar der Empfänger (A. GmbH, Bestattungen) hervorgeht. Nicht ersichtlich ist jedoch, wer die Rechnung beglichen hat.

Ergänzend führte die Bf. aus, dass ihr Bruder das Grab und andere Dinge wie zB. die Wohnungsräumung bezahlt habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Beschwerdeausführungen zusammengefasst, ist strittig, ob die Ausgaben für das Begräbnis der Mutter abzüglich der Notariatskosten und die Ausgaben für die 30 Stück Rosen in Höhe von insgesamt € 3.101,90 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können.

Die Bestimmung des § 34 EStG 1988 lautet wie folgt (auszugsweise):

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs.4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr austatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindungmit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro 6%.

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro 8%.

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%.

mehr als 36 400 Euro 12%."

Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (vgl , mwN). Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung bilden keine außergewöhnliche Belastung Aufwendungen, die freiwillig geleistet wurden oder die auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt worden oder sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (zB ).

Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen in der dort näher geregelten Weise zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Eine Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 liegt auch nur dann vor, wenn Ausgaben getätigt werden, die zu einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr, somit zu einer Vermögensverminderung führen (vgl ; , mwN). Davon kann ua nicht gesprochen werden, soweit eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen steht und im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet (vgl ; , mwN).

Schon das Fehlen einer einzigen dieser Voraussetzungen schließt die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung aus und die Abgabenbehörde ist davon enthoben, zu prüfen, ob auch die anderen Voraussetzungen zutreffen oder nicht (vgl. ; ).

Die Kosten für ein ortsübliches und den Lebensverhältnissen sowie dem Vermögen des Verstorbenen angemessenes Begräbnis gehören nach § 549 ABGB zu den auf einer Verlassenschaft haftenden Lasten. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten; dh die Kosten des Begräbnisses sind von der Verlassenschaft zu tragen.

Durchschnittliche Begräbniskosten einschließlich der Kosten der Errichtung eines durchschnittlichen Grabmals (Grabstein mit Grabeinfassung) können daher nur insoweit mit Erfolg als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, als diese (als bevorrechtete Nachlassverbindlichkeiten) nicht in den (um die Verfahrenskosten gekürzten) Nachlassaktiva Deckung finden; es genügt gegebenenfalls nicht, dass der Reinnachlass überschuldet ist (vgl Jakom/Peyerl EStG, 2020, § 34 Rz 90 Stichwort: "Begräbniskosten"; Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm 78 Stichwort: "Begräbniskosten" (Stand , rdb.at); Ryda/Langheinrich, FJ 2017, 137; siehe zB auch ;; ; ;, mwN).

Finden sie in den vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, kommt eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht, da es insoweit an der in § 34 EStG 1988 genannten Zwangsläufigkeit fehlt (vgl dazu sowie , 2008/15/0009).

Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass entsprechende Kosten für das Begräbnis für die Mutter der Bf. angefallen sind. Strittig ist aber, ob diese Ausgaben als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können.

Begräbniskosten einschließlich der Errichtung eines Grabmals sind daher insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie aus dem zu Verkehrswerten angesetzten Nachlassvermögen gedeckt werden können ().

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe anzuführen sind ().

Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer außergewöhnlichen Belastung obliegt in erster Linie der Partei (; ). Aufwendungen eines Steuerpflichtigen können grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung steuerliche Berücksichtigung finden, wenn diese nachweislich im Veranlagungsjahr erbracht worden sind.

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die Bf. hat es im vorliegenden Fall unterlassen, den Nachweis dafür zu erbringen, wer die Aufwendungen für die Begräbniskosten tatsächlich getragen hat. Weder aus der vorgelegten Rechnung des Bestattungsinstitutes noch aus dem von der Bf. übermittelten Buchungsbeleg geht hervor, wer die Kosten bezahlt hat bzw. von welchem Kontoinhaber diese überwiesen wurden.

Sowohl die belangte Behörde (Vorhalt vom ) als auch das BFG (Vorhalt vom ) haben die Bf. aufgefordert den entsprechenden Nachweis (mittels Zahlungsbeleg bzw. Überweisungsbeleg) zu erbringen.

Da grundsätzlich ein Vorhalt zur Beibringung von Beweisen ausreichend ist (), sind sowohl die belangte Behörde als auch das BFG ihren Ermittlungspflichten ausreichend nachgekommen. Hingegen hat es die Bf verabsäumt, ihrer Pflicht nachzukommen, die außergewöhnliche Belastung durch die Tragung der Begräbniskosten aus dem eigenen Einkommen nachvollziehbar und eindeutig nachzuweisen.

Mit ihrem Vorbringen, ihr Bruder habe "das Grab und andere Dinge wie zB Wohnungsräumung bezahlt", hat die Bf. weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass sie diejenige gewesen ist, die die Begräbniskosten alleine bezahlt hat.

Auf der Rechnung für die 30 Stück Rosen steht der Vermerk "Beisetzung". Deshalb sind die Ausgaben für die 30 Stück Rosen auch Begräbniskosten bei denen die Bf. weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht hat, dass sie diejenige gewesen ist, die die Rosen bezahlt hat.

Nach dieser Sach- und Beweislage ist als erwiesen anzusehen und festzustellen, dass die Begräbniskosten und die Ausgaben für die Rosen das Einkommen der Bf. nicht außergewöhnlich belastet haben.

Daher war das Begehren der Bf. abzuweisen.

Nur der Vollständigkeit halber ist bezüglich der Krankheitskosten und Kurkosten in Höhe von insgesamt € 2.620,82 auszuführen, dass durch Krankheit verursachte Aufwendungen außergewöhnlich sind (), sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig ().

Da diese Kosten aber den nach § 34 Abs 4 EStG zu berechnenden Selbstbehalt in Höhe von € 2.661,53 (laut Einkommensteuerbescheid 2021 vom ) nicht übersteigen, beeinträchtigen sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf nicht wesentlich.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht hinsichtlich dieser Kosten das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung verneint.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Entscheidung der dort genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, ist die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103763.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at