Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.03.2023, RV/7103278/2021

Aufhebung wegen res iudicata

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch ***1***, ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2005 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis

Dieses Erkenntnis wirkt gegenüber allen, denen Einkünfte zugerechnet werden bzw. für die die Zurechnung von Einkünften begehrt wurde (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung einer Ausfertigung dieses Erkenntnisses an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom erließ die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO betreffend das Jahr 2005. Damit erfolgte die Abänderung des bisherigen (und erstmaligen) Feststellungsbescheides vom .

[...]

Mit Bescheid vom erließ die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin einen weiteren Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO betreffend das Jahr 2005.

[...]

Mit Entscheidung vom ***3***, ***4***, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde vom Folge und sprach die Aufhebung des Feststellungsbescheides gemäß § 188 BAO für 2005 (Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO) vom aus.

Mit Eingabe über FinanzOnline vom beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung der Beschwerdefrist bis .

Mit Schreiben vom (eingebracht mit Eingabe über FinanzOnline vom ) wurde der Feststellungsbescheid 2005 vom bekämpft.

In der Beschwerde wurde ua die ersatzlose Aufhebung des Feststellungsbescheides
vom beantragt.

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid über die Feststellung der Einkünfte betreffend das Jahr 2005 vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom erließ die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO betreffend das Jahr 2005. Damit erfolgte die Abänderung des bisherigen (und erstmaligen) Feststellungsbescheides vom .

[...]

Mit Entscheidung vom ***3***, ***4***, sprach das Bundesfinanzgericht eine Stattgabe der Beschwerde vom und die Aufhebung des Feststellungsbescheides gemäß § 188 BAO für 2005 (Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO) vom aus.

Die Zustellung dieser Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes erfolgte lediglich an die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde. Die Entscheidung enthielt keinen Hinweis nach § 101 Abs. 3 BAO.

Mit Bescheid vom erließ die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin einen weiteren Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO betreffend das Jahr 2005.

[...]

Mit Schreiben vom (eingebracht mit Eingabe über FinanzOnline vom ) bekämpfte die Beschwerdeführerin den Feststellungsbescheid 2005 vom .

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf den mit dem Vorlagebericht vorgelegten Unterlagen, der Einsichtnahme in den elektronischen Steuerakt der Beschwerdeführerin sowie der Einsichtnahme in den BFG-Akt zur Geschäftszahl ***4***.

Die Feststellung, dass die Entscheidung ***4*** keinen Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO enthält, beruht insbesondere auf der Einsichtnahme in die Urschrift der genannten Entscheidung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Wird in derselben Sache neuerlich bescheidmäßig abgesprochen, dann verdrängt der jüngere Bescheid den älteren. Nach stRsp des VwGH derogiert nämlich dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen, bei Identität der Sache, tritt der spätere Bescheid zur Gänze an die Stelle des früheren ( mHa ; ; ; ).

Die Erlassung eines neuen Bescheides in derselben Sache ist rechtswidrig und hat zu dessen Aufhebung zu führen (vgl mHa ).

Es ist nämlich auch im Abgabenverfahren davon auszugehen, dass in derselben Sache nur einmal abzusprechen ist (, mHa zum Grundsatz "ne bis in idem", ua auf VwGH17.10.1974, 1818/73; , ).

Aus der Sachverhaltsdarstellung ist ersichtlich, dass die belangte Behörde zum Feststellungsverfahren 2005 betreffend die Beschwerdeführerin bereits Bescheide erlassen hat, nämlich den Bescheid vom sowie den diesen Bescheid gemäß § 295 Abs 1 BAO abändernden Bescheid vom .

Die mit Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom ***3***, GZ. ***4***, ausgesprochene Aufhebung des Feststellungsbescheides gemäß § 188 BAO für 2005 (Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO) vom ist mangels ordnungsgemäßer Zustellung nicht rechtswirksam geworden.

In wird diesbezüglich ausgeführt:
"Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass eine Abänderung nach § 295 Abs. 1 BAO auch schon vor Rechtskraft der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides erfolgen kann. Erforderlich ist aber, dass diese Entscheidung betreffend den Grundlagenbescheid wirksam wurde. Nach dem Akteninhalt wurde die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , mit welchem der Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für 2005 vom betreffend die W KG aufgehoben worden war, nur dem Finanzamt und der W KG zugestellt; dass ein Hinweis nach § 101 Abs. 3 BAO aufgenommen worden wäre, ist dem Akteninhalt nicht entnehmbar. Damit hätte aber diese Entscheidung, mit der das Bundesfinanzgericht mit Rechtskraftwirkung für alle am Feststellungsverfahren Beteiligten aussprechen wollte, dass dieser Feststellungsbescheid aufgehoben wird, im Hinblick auf das durch die Einheitlichkeit der Feststellung geprägte Wesen eines Bescheides nach § 188 BAO keine Rechtswirksamkeit erlangt (vgl. z.B. , mwN)."

Damit steht aber fest, dass der Feststellungsbescheid 2005 vom nicht rechtswirksam aufgehoben wurde. Die Erlassung des neuen Feststellungsbescheides 2005 vom in derselben Sache erweist sich somit als rechtswidrig und hat - wegen res iudicata - zu dessen Aufhebung zu führen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall beruht die Entscheidung auf der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass mangels Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Revision unzulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103278.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at