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Aufschiebende Wirkung – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.03.2023, AW/7100009/2023

Nichtstattgabe Antrag aufschiebende Wirkung

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Revisionssache ***BF**, vertreten durch Fidi Unger Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 16, 1010 Wien, über den Antrag des Antragstellers vom , der außerordentlichen Revision vom gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ RV/7100077/2013, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss:

1. Gemäß § 30 Abs 2 VwGG wird dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben.

2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 30a Abs 3 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs 2 Z 1 VwGG) oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs 2 VfGG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7100077/2013, wurde die als Beschwerde zu behandelnde Berufung vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2002, Einkommensteuer 2002, Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer 2002 sowie Umsatzsteuer 2002 insoweit entschieden, als die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahmsbescheide richtete, als unbegründet abgewiesen wurde und soweit sie sich gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer richtete, die Bescheide (teilweise stattgebend) abgeändert wurden. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer vor dem Bundesfinanzgericht außerordentliche Revision.

Mit Antrag vom beantragte der Revisionswerber, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und brachte hierzu vor, dass ein Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für ihn mit einem unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG verbunden sei.

Wörtlich: "Der Revisionswerber hat weder die Liquidität noch ein entsprechendes Vermögen, um die verfahrensgegenständlich festgesetzten Abgaben und Steuern bezahlen zu können. Es liegt auch in der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derart hohe Beträge und von Großteils der Bevölkerung nicht kurzfristig aufgebracht werden können."

Dem Revisionswerber stünden Mittel zur "nochmaligen Abfuhr" der Einkommen- und Umsatzsteuer nicht mehr zur Verfügung. In Bezug auf das Konto Karin habe der Revisionswerber "die Beträge im Wesentlichen zurückbezahlt" und habe auf jene Teilbeträge, die noch auf dem Konto lägen, keinen Zugang.

Schließlich sei die Kreditwürdigkeit des Revisionswerbers aufgrund eines "Rundschreibens des Finanzamtes an nahezu sämtliche Kreditinstitute Österreichs" schwer beschädigt worden, wodurch eine Finanzierung der verfahrensgegenständlichen Abgaben durch Aufnahme eines Kredits unmöglich geworden sei.

Umgekehrt sei im gegenständlichen Fall kein zwingendes öffentliches Interesse erkennbar, das der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehe. Es sei weder von einem Nachteil für die Öffentlichkeit noch für die Abgabenbehörde auszugehen, wenn das angefochtene Erkenntnis so lange nicht vollzogen werde, bis über die gegenständliche Revision entschieden würde.

Eine Interessensabwägung falle zugunsten des Revisionswerbers aus, da bei vorzeitigem Vollzug des Erkenntnisses aufgrund der hohen Beträge ein Familienmitglied für die noch nicht rechtskräftigen Abgaben und Steuern durch den Verkauf einer Immobilie aufkommen würde müssen. Sollte die Revisionsentscheidung somit nicht abgewartet werden und die hohen Beträge durch den Verkauf einer Immobilie eines Familienangehörigen aufgebracht werden, in weiterer Folge jedoch, wie vom Revisionswerber erwartet, die Revision zugunsten des Revisionswerbers erfolgreich sein, wäre ein erheblicher Schaden für den Revisionswerber bzw das Familienmitglied bereits entstanden und nicht mehr rückgängig zu machen.

Im Antrag verweist der Antragsteller somit darauf, dass er weder über die erforderliche Liquidität noch über ein entsprechendes Vermögen verfüge. Eine detaillierte Aufstellung bzw zahlenmäßige Angaben über die bezogenen Einkünfte und vorliegenden Vermögensverhältnisse erfolgten nicht. Es ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zahlreiche Vermögenswerte des Antragstellers im In- und Ausland sowie sehr hohe Einkünfte des seiner Person umfassend thematisiert wurden.

Gemäß § 30 Abs 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht bis zur Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Das Verwaltungsgericht ist dabei sowohl bei einer ordentlichen Revision als auch im Falle einer außerordentlichen Revision bis zur Vorlage der Revision an den VwGH zur Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision (oder einen Antrag auf Erlassung einstweiliger Anordnungen) zuständig und zur Entscheidung verpflichtet (vgl ).

Ein Antragsteller hat, unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen, im Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG gelegen wäre (vgl etwa ; , AW 2012/03/0011). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus der Verpflichtung zu einer Geldleistung bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu konkretisieren (vgl bereits VwSlg 10.381/A).

Die Dartuung eines diesbezüglichen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils erfordert die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (dazu etwa ). Erforderlich ist, dass der Antragsteller in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (). Im (vorliegenden) Fall der Auferlegung von Geldleistungen ist es notwendig, die im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie Vermögensverhältnisse (unter Einschluss der Schulden nach Art und Ausmaß) konkret, tunlichst ziffernmäßig, anzugeben. Weiter ist anzugeben, welcher Vermögensschaden durch welche Maßnahme droht und inwiefern dieser Schaden im Hinblick auf die sonstigen Vermögensumstände des Antragstellers unverhältnismäßig ist (vgl etwa ; , Ra 2022/08/0015; , Ra 2022/08/0009).

Im gegenständlichen Fall behauptet der Antragsteller zwar das Vorliegen eines unverhältnismäßigen Nachteils, konkrete (zahlenmäßige) Angaben zu seinen gesamten wirtschaftlichen Verhältnissen (im Zeitpunkt der Antragstellung bezogene Einkünfte sowie bestehende Vermögensverhältnisse unter Einschluss der Schulden nach Art und Ausmaß) tat er in seinem Antrag jedoch nicht dar. Der vom Verwaltungsgerichtshof statuierten strengen Konkretisierungspflicht tat er damit nicht genüge. Die im Aufschiebungsantrag vorgebrachten Angaben erwiesen sich in dieser Hinsicht nicht als ausreichend, um die gebotene Interessensabwägung vornehmen zu können.

Der vorliegende Antrag war sohin von Seiten des Bundesfinanzgerichts (bereits) mangels Konkretisierung nicht stattgebend zu erledigen.

Rechtsbelehrung und Hinweise

Gegen Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 3 VwGG ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs. 2 Z 1 VwGG) oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 2 VfGG) nicht zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof kann ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß § 30 Abs. 2 VwGG von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 30 Abs. 2 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise








ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:AW.7100009.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at