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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.03.2023, RV/5200031/2020

Festsetzung einer Verwaltungsabgabe wegen des Vorwurfs der Nichterfüllung von Verpflichtungen aus einer zollrechtlichen Entscheidung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, vertreten durch ***V.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Zollamtes ***ZA**** (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***0000***, betreffend die Festsetzung einer Verwaltungsabgabe, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach einem entsprechenden Vorhalt zur Wahrung des rechtlichen Gehörs setzte das Zollamt mit dem angefochtenen Bescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf.), einer Spedition, gemäß Art. 42 Unionszollkodex (UZK) iVm § 41 und § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) sowie § 30 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Zollrechts (ZollR-DV 2004) eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von 148,59 Euro wegen "Nichterfüllung von Verpflichtungen aus einer zollrechtlichen Entscheidung (Art. 23 Abs. 1 ZK)" fest.
Dem Zollamt sei im vorliegenden Fall ein erhöhter Verwaltungsaufwand entstanden, da aufgrund einer nachträglichen Kontrolle der Anschlussverfahren für das dritte Quartal 2019 beim Versandschein T1 MRN ***19DE1*** vom eine Fehlmenge von 724 Cll. und beim Versandschein T1 MRN ***19DE2*** vom eine Fehlmenge von 118 Cll. festgestellt worden sei.
Die Eingabe des Entladevermerkes "A2" bei den angeführten Versandscheinen sei daher unrichtig gewesen.

Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. ***1111***, als unbegründet abgewiesen.
Das Zollamt führte zur Begründung im Wesentlichen Folgendes an:
"Die ***Bf.*** ist Inhaberin einer Bewilligung in Bezug auf den Status eines Zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren (Artikel 233 Absatz 4 Buchstabe b Zollkodex; GZ: ***2222***). Im Zuge dieser Bewilligung hat die ***Bf.*** unter anderen die Auflage, sofern die Bestimmungszollstelle nicht selbst Kontrollen gemäß Art. 308 Abs. 1 ZK-IA durchführt, die Waren zu kontrollieren und der Bestimmungszollstelle die Ergebnisse der Kontrollen sowie etwaige Unregelmäßigkeiten spätestens am dritten Tag nach Erhalt der Entladeerlaubnis mitzuteilen.
Mit Versandanmeldung T1
***19DE1*** vom wurde eine Sendung "Bolzen und Schrauben" mit 749 Packungen/Packstücke und einer Rohmasse von 14.428,68 kg angewiesen. Am wurde von der ***Bf.*** als zugelassener Empfänger zu diesem Versandschein eine "KONFORM" Meldung (TR204; 749 PK mit 14.428,68 kg) abgegeben.
In weiterer Folge wurde am für eine Sendung Schrauben und Bolzen eine Importverzollung MRN
***19AT1*** mit 25 PK (=Packung/Packstück) und einer Rohmasse von 14.428,68 kg abgegeben. Als Vorpapier wurde obiger Versandschein angegeben.
Im Zuge einer nachträglichen Kontrolle wurde vom Zollamt
***ZA**** diese Differenz bei der Anzahl der PK zwischen TR204-Meldung und Angabe in der Importverzollung festgestellt. Somit fehlen 724 PK bzw. war die Sendung in nur 25 PK verpackt und die "KONFORM" Meldung wurde zu Unrecht abgegeben. Eine entsprechende Meldung mit richtig gestellter PK-Menge erfolgte nachträglich in Papierform vom Zollamt ***ZA**** an die Abgangszollstelle.
Laut Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdewerberin waren im Speditionsprogramm 25 Paletten erfasst und diese wurden automatisch bei der Abfertigung in das Zollprogramm eZoll übernommen. Dieser Angabe in der Beschwerdeschrift widersprechen jedoch die vorliegenden Unterlagen, da mit der Anmeldung MRN
***19AT1*** 25 PK (=Packung/Packstück) und nicht 25 PX (=Palette oder OE = Palette, ISO T11; oder eine andere Codierung für die unterschiedlichen Paletten-Arten) angemeldet wurden.
Mit Versandanmeldung T1
***19DE2*** vom wurde eine Sendung mit Batterien und Fahrradteilen mit 119 CT (=Kartons) und einer Rohmasse von 2.202,70 kg angewiesen. Am wurde von der ***Bf.*** als zugelassener Empfänger zu diesem Versandschein eine "KONFORM" Meldung (119 CT mit 2.202,70 kg) abgegeben.
In weiterer Folge wurde am für eine Sendung mit diversen Waren (38 Positionen) eine Importverzollung MRN
***19AT2*** mit 1 PK (=Packung/Packstück) und einer Rohmasse von 2.202,70 kg abgegeben. Diese Verzollung weist als Vorpapier obigen Versandschein auf.
Laut Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdewerberin war im Speditionsprogramm 1 Container erfasst und dies wurde automatisch bei der Abfertigung in das Zollprogramm eZoll übernommen. Entgegen der Parteiangabe wurden mit der Anmeldung MRN
***19AT2*** jedoch 1 PK (= Packung/Packstück) und nicht 1 ME (=Container, Metall oder OU = Container, Außen- oder eine andere Codierung für die jeweiligen Container) angemeldet. Laut den sonstigen zu dieser Anmeldung bereits vorliegenden Unterlagen insbesondere der "PACKING LIST" des Versenders, erscheint für das Zollamt ***ZA**** die Angaben in der Importanmeldung im Feld 6 und Feld 31 unrichtig und die "KONFORM" Meldung (TR204) als korrekt, da es unwahrscheinlich ist, dass 119 Karton in ein Packstück umgepackt wurden und bei der Bestimmungsstelle in Österreich somit nur 1 PK ankam.
[…]
Die Beschwerdeführerin hatte als zugelassene Empfängerin unter anderem die Verpflichtung
die Waren zu kontrollieren und der Bestimmungszollstelle die Ergebnisse dieser Kontrollensowie etwaige Unregelmäßigkeiten mitzuteilen (TR204). Im konkreten Fall ist die ***Bf.*** dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Daher hat die Beschwerdewerberindurch die unrichtige "KONFORM" Meldung zu T1 ***19DE1***, ohne dadurch den Tatbestand eines Finanzvergehens erfüllt zu haben, Verpflichtungen nicht erfüllt, einen erhöhten Verwaltungsaufwand verursacht und somit den Tatbestand des § 41ZollR-DG erfüllt."

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. fristgerecht die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages gilt die Beschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Das Zollamt legte in der Folge die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor.
Darin heißt es (auszugsweise):
" […]
1) Unzulässigkeit der Abgeltung eines erhöhten Verwaltungsaufwandes
[…]
2) Keine Pflichtverletzung der Bfin
Die Beschwerdeführerin hatte als zugelassene Empfängerin unter anderen die Verpflichtung die Waren zu kontrollieren und der Bestimmungszollstelle die Ergebnisse dieser Kontrollen sowie etwaige Unregelmäßigkeiten mitzuteilen (TR204). Im konkreten Fall ist die Bfin dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Daher hat die Bfin durch die unrichtige "KONFORM" Meldung zu den oa. Versandverfahren, ohne dadurch den Tatbestand eines Finanzvergehens erfüllt zu haben, Verpflichtungen nicht erfüllt, einen erhöhten Verwaltungsaufwand verursacht und somit den Tatbestand des § 41ZollR-DG erfüllt.
[…]"

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung legte das Zollamt die der Bf. erteilte Bewilligung in Bezug auf den Status eines zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren vom , Zl. ***2222***, vor und führte ergänzend aus, dass eine Unregelmäßigkeit darin zu erblicken sei, dass die Bf. in ihren Aufschreibungen als zugelassene Empfängerin eine unrichtige Packstückanzahl und eine unrichtige Art der Packstücke übernommen habe und sich dadurch in der nachfolgenden Importzollanmeldung in Feld 6 eine Unrichtigkeit ergeben habe. Dadurch habe sich für das Zollamt ein erhöhter Ermittlungs- und Verwaltungsaufwand ergeben. Entweder sei die Kontrollergebnisnachricht "TR204" oder die "IM500" unrichtig gewesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der beschwerdeführenden Gesellschaft (Beschwerdeführerin, Bf.), einer Spedition, war vom Zollamt eine Bewilligung vom "in Bezug auf den Status eines zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren nach Art. 233 Abs. 4 Buchstabe b UZK" erteilt worden. Zudem war der Bf. eine Bewilligung vom "zur Gestellung und Abfertigung von Waren an zugelassenen Warenorten gemäß Art. 139 UZK" erteilt worden.

Am wurde über Antrag der ***L-GmbH*** bei der deutschen Abgangsstelle Zollamt Hamburg ein Container Nr. ***Cont1*** Bolzen und Schrauben mit Versandanmeldung T1 MRN ***19DE1*** in das externe Unionsversandverfahren (UVV) zur Beförderung zu der in Österreich gelegenen Bestimmungsstelle Zollstelle ***ZS*** überführt. Die Frist für die (Wieder-) Gestellung wurde mit festgelegt.
Die von der Versandanmeldung umfassten Waren (749 Packungen/Packstücke mit einer Rohmasse von 14.428,68 kg) wurden im Unionsversandverfahren nach dem NCTS (New Computerized Transit System) zu dem für die Bf. zugelassenen Warenort "***WO***" befördert.
Am übermittelte die Bf. der Zollbehörde im elektronischen Zollabfertigungssystem e-zoll eine elektronische Ankunftsanzeige TR200 und in weiterer Folge - nach Erhalt der Entladeerlaubnis TR203 - einen Entladevermerk TR204 mit dem Code "A2" ("als konform angesehen").
Die in der elektronischen Nachricht TR204 vom enthaltenen Angaben über die Containernummer, die Rohmasse sowie die Anzahl der Packstücke entsprechen den Angaben in der Versandanmeldung vom . Eine "Fehlmenge" ist nicht feststellbar.
Noch am selben Tag beantragte die Bf. mit der Zollanmeldung MRN ***19AT1*** als direkte Vertreterin des in Österreich ansässigen Warenempfängers die Überführung der in Rede stehenden Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr, wobei sie in Feld 40 ("Vorpapiere") der Anmeldung die MRN (movement reference number) des vorangegangenen Unionsversandverfahrens anführte, allerdings in Feld 6 der Anmeldung ("Packs. insges.") "25" anstatt "749" eintrug. Die in der Zollanmeldung angegebene Rohmasse sowie die Containernummer entsprechen den Angaben der Versandanmeldung vom . Eine "Fehlmenge" ist nicht feststellbar. In der Folge wurden die Waren der Bf. antragsgemäß zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen.
Aus dem im Akt befindlichen Konnossement (bill of lading) Nr. ***BL1*** vom geht hervor, dass im Container Nr. ***Cont1*** 25 Paletten mit insgesamt 749 Kartons Schrauben und Bolzen enthalten waren.

Am wurde über Antrag der ***L-GmbH*** bei der deutschen Abgangsstelle Zollamt Hamburg Fahrradteile mit Versandanmeldung T1 MRN ***19DE2*** in das externe Unionsversandverfahren (UVV) zur Beförderung zu der in Österreich gelegenen Bestimmungsstelle Zollstelle ***ZS*** überführt. Die Frist für die (Wieder-) Gestellung wurde mit festgelegt.
Die von der Versandanmeldung umfassten Waren (119 Kartons mit einer Rohmasse von 2.202,70 kg) wurden im Unionsversandverfahren nach dem NCTS (New Computerized Transit System) zu dem für die Bf. zugelassenen Warenort "***WO***" befördert.
Am übermittelte die Bf. der Zollbehörde im elektronischen Zollabfertigungssystem e-zoll eine elektronische Ankunftsanzeige TR200 und in weiterer Folge - nach Erhalt der Entladeerlaubnis TR203 - einen Entladevermerk TR204 mit dem Code "A2" ("als konform angesehen").
Die in der elektronischen Nachricht TR204 vom enthaltenen Angaben über die Containernummer, die Rohmasse sowie die Anzahl der Packstücke entsprechen den Angaben in der Versandanmeldung vom . Eine "Fehlmenge" ist nicht feststellbar.
Noch am selben Tag beantragte die Bf. mit der Zollanmeldung MRN ***19AT2*** als indirekte Vertreterin des in Österreich ansässigen Warenempfängers die Überführung der in Rede stehenden Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr, wobei sie in Feld 40 ("Vorpapiere") der Anmeldung die MRN des vorangegangenen Unionsversandverfahrens anführte, allerdings in Feld 6 der Anmeldung ("Packs. insges.") "1" anstatt "119" eintrug. Die in der Zollanmeldung angegebene Rohmasse sowie die Containernummer ***Cont2*** entsprechen den Angaben in der Versandanmeldung vom . Eine "Fehlmenge" ist nicht feststellbar. In der Folge wurden die Waren der Bf. antragsgemäß zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen.
Aus dem im Akt befindlichen Konnossement (bill of lading) Nr. ***BL2*** vom geht hervor, dass im Container Nr. ***Cont2*** insgesamt 119 Kartons Fahrradteile mit einer Rohmasse von 2.202,70 kg enthalten waren.

2. Rechtslage

Gemäß Art. 42 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom , (Unionszollkodex - UZK) sieht jeder Mitgliedstaat Sanktionen für Zollzuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Werden verwaltungsrechtliche Sanktionen verhängt, so können sie gemäß Art. 42 Abs. 2 UZK unter anderem in einer oder beiden folgenden Formen erfolgen:

a) als eine von den Zollbehörden auferlegte finanzielle Belastung, gegebenenfalls auch an Stelle oder zur Abwendung einer strafrechtlichen Sanktion,

b) als Widerruf, Aussetzung oder Änderung einer dem Beteiligten erteilten Bewilligung.

Zu Art. 42 UZK normiert § 41 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG, BGBl. Nr. 659/1994 idF. BGBl. I Nr. 163/2015):

"Wer zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert oder eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung begeht, ohne dabei den Tatbestand eines Finanzvergehens zu erfüllen, hat zur Abgeltung des dadurch entstehenden erhöhten Verwaltungsaufwandes eine pauschalierte Verwaltungsabgabe zu leisten. Die Höhe dieser Verwaltungsabgabe sowie die hiervon betroffenen Zollzuwiderhandlungen sind mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen fest zu legen."

Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigung bestimmt § 30 ZollR-DV 2004 (Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Zollrechts, BGBl. II Nr. 184/2004) Folgendes:

"(1) Der Verwaltungsabgabe nach § 41 ZollR-DG unterliegt, sofern dadurch kein Tatbestand eines Finanzvergehens erfüllt wird
1. die Verletzung der Gestellungspflicht;
2. die Nichterfüllung von Verpflichtungen aus einer zollrechtlichen Entscheidung (Art. 23 Abs. 1 Zollkodex);
3. die Erklärung unrichtiger oder unvollständiger Angaben in der Zollanmeldung, in der Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung, in der summarischen Eingangs- oder Ausgangsanmeldung, sowie in der Wiederausfuhranmeldung;
4. die Überschreitung einer Frist in den besonderen Verfahren.

(2) Die Höhe der Verwaltungsabgabe beträgt ein Vielfaches des nach § 101 Abs. 2 ZollR-DG für Beamte der Verwendungsgruppe A 2 bestimmten Personalkostenersatzes für Amtshandlungen außerhalb der Nachtzeit, und zwar in den Fällen des

(…)

3. Abs. 1 Z 4 das Zweifache,

(…)."

§ 98 Abs. 1 ZollR-DG lautet auszugsweise:

"An Nebenansprüchen sind im Verfahren der Zollbehörden zu erheben

1. Kosten, und zwar:

5. Verwaltungsabgaben nach Maßgabe des § 41."

3. Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

Der unter Punkt 1. angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der Verfahrensparteien in der mündlichen Verhandlung. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Mit der Bestimmung des Art. 42 UZK wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Mitgliedstaaten - neben der in Art. 52 UZK vorgesehenen Untersagung einer Gebührenerhebung für bestimmte Handlungen, die während der offiziellen Öffnungszeiten der Zollstellen durchgeführt werden - bei Zollzuwiderhandlungen Sanktionen vorzusehen haben. Denn es muss ein angemessenes Niveau wirksamer, abschreckender und verhältnismäßiger Sanktionen im ganzen Binnenmarkt gewährleistet sein (23. Erwägungsgrund zum UZK).

Der EuGH hat im Urteil vom in der Rechtssache C-655/18, Schenker EOOD, im Zusammenhang mit der Verhängung von Sanktionen gem. Art. 42 UZK, Folgendes ausgeführt (Randnrn. 41 bis 43):

"(41) Nach Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 952/2013 müssen die von den Mitgliedstaaten für Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(42) Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Union auf dem Gebiet der Sanktionen bei Nichtbeachtung der Voraussetzungen, die eine nach dem Unionsrecht geschaffene Regelung vorsieht, befugt sind, die Sanktionen zu wählen, die ihnen sachgerecht erscheinen. Sie sind allerdings verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Befugnis das Unionsrecht und seine allgemeinen Grundsätze, also auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu beachten (Urteil vom , Chmielewski, C-255/14, EU:C:2015:475, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

(43) Insbesondere dürfen die nach den nationalen Rechtsvorschriften zulässigen administrativen oder repressiven Maßnahmen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der mit diesen Rechtsvorschriften in legitimer Weise verfolgten Ziele erforderlich ist und im Verhältnis zu diesen Zielen nicht unangemessen sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Euro-Team und Spirál-Gép, C 497/15 und C 498/15, EU:C:2017:229, Rn. 40 und 58 sowie die dort angeführte Rechtsprechung)."

§ 41 ZollR-DG definiert als Schuldner der Verwaltungsabgabe eine Person, die "zollrechtliche Aufsichts- oder Erhebungsmaßnahmen behindert oder eine sonstige zollrechtliche Pflichtverletzung begeht, ohne dabei den Tatbestand eines Finanzvergehens zu erfüllen."

Eine Sanktion iSd zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung zielt u.a. erkennbar darauf ab, eine general- und spezialpräventive Wirkung zu entfalten, um die Wirtschaftsbeteiligten im Allgemeinen und den von der Verhängung einer Sanktion betroffenen Personen im Besonderen zu einer genauen Beachtung der zollrechtlichen Vorschriften anzuhalten, indem sie Verstöße dagegen an bestimmte finanzielle Konsequenzen knüpft ().

In Punkt 9. der Arbeitsrichtlinie des BMF ZK-0420, BMF-010313/0193-III/10/2018 vom , wird als Schuldner der Verwaltungsabgabe derjenige angesehen, dem die Zollzuwiderhandlung "zuzuordnen" sei. Dies sei im Fall des § 30 Abs. 1 Z. 2 ZollR-DV 2004 (Nichterfüllung von Verpflichtungen aus zollrechtlichen Entscheidungen) der Inhaber der zollrechtlichen Entscheidung (Art. 23 Abs. 1 UZK).

Im Beschwerdefall setzte das Zollamt die Verwaltungsabgabe gegenüber der Bf. wegen Nichterfüllung von Verpflichtungen aus einer zollrechtlichen Entscheidung fest.
Der Begründung des angefochtenen Bescheides sind folgende Feststellungen zu entnehmen:
"Im vorliegenden Fall entstand dem ***ZA*** ein erhöhter Verwaltungsaufwand, da aufgrund einer durch das ***ZA*** nachträglich durchgeführten Kontrolle der Anschlussverfahren für das 3. Quartal 2019 beim Versandschein T1, MRN ***19DE1*** vom eine Fehlmenge von 724 Cll. und beim Versandschein T1, MRN ***19DE2*** vom eine Fehlmenge von 118 Cll. festgestellt wurde. Die Eingabe des Entladevermerkes "A2" bei o.a. Versandschein war daher unrichtig."

Das Zollamt ist daher in sachverhaltsmäßiger Hinsicht vom Vorliegen von Fehlmengen (724 Cll. bzw. 118 Cll. und der dadurch bedingten Übermittlung unrichtiger Entladevermerke ausgegangen.
Die Behörde hat sich damit bei der Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes in der Bescheidbegründung in Widerspruch zu den in den Verwaltungsakten enthaltenen Tatsachen gesetzt, weil die in den angesprochenen Unionsversandverfahren beförderten Waren nach deren Ankunft an dem für die Bf. zugelassenen Warenort hinsichtlich Menge und Gewicht den Angaben in den Versandanmeldungen entsprachen und somit tatsächlich keine Fehlmengen festgestellt werden konnten.
Die der Zollbehörde im elektronischen Zollabfertigungssystem e-zoll nach Erhalt der Entladeerlaubnis übermittelten Entladevermerke erweisen sich entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid somit als richtig.
So führt etwa auch die Behörde in der Beschwerdevorentscheidung - die Versandanmeldung T1 MRN ***19DE2*** betreffend - an, dass auch für das Zollamt die Angaben in der Importanmeldung in Feld 6 sowie Feld 31 als unrichtig und die "KONFORM" Meldung TR204 als korrekt erscheine, da es unwahrscheinlich sei, dass 119 Kartons in ein Packstück umgepackt worden seien und bei der Bestimmungsstelle in Österreich nur ein Packstück angekommen sei.

Auch in den vom angefochtenen Bescheid angesprochenen "Anschlussverfahren" sind tatsächlich keine Fehlmengen zu den vorangegangenen Unionsversandverfahren festgestellt worden. Dies ergibt sich bereits aus den mit den Versandanmeldungen übereinstimmenden Gewichtsangaben.

Aufgrund der vorliegenden Beweislage sieht es das Bundesfinanzgericht daher als erwiesen an, dass zum einen die in der elektronischen Nachricht TR204 vom enthaltenen Angaben über die Containernummer, die Rohmasse sowie die Anzahl der Packstücke den Angaben in der Versandanmeldung vom , T1 MRN ***19DE1***, entsprachen und dass zum anderen auch die in der elektronischen Nachricht TR204 vom enthaltenen Angaben über die Containernummer, die Rohmasse sowie die Anzahl der Packstücke den Angaben in der Versandanmeldung vom , T1 MRN ***19DE2***, entsprachen.

Die der Bf. vorgeworfene Nichterfüllung von Verpflichtungen im Sinne des § 30 Abs. 1 Z. 2 ZollR-DV 2004 im Zusammenhang mit der Bewilligung vom "in Bezug auf den Status eines zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren nach Art. 233 Abs. 4 Buchstabe b UZK" - als für den Beschwerdefall maßgebliche zollrechtliche Entscheidung (Art. 23 Abs. 1 Zollkodex) liegt daher nicht vor.

Ob in nachfolgenden Anmeldungen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr abweichende Packstückangaben zu den vorangegangenen Versandanmeldungen den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Z. 3 ZollR-DV 2004 erfüllen, kann für den Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil derartige Sachverhaltsannahmen nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides waren.
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes darf jedoch nicht zu einer Entscheidung führen, die nicht "Sache" (also Gegenstand des Verfahrens) vor der Abgabenbehörde war (vgl. die bei Ritz, BAO6, § 279 Tz 11 ff, angeführte hg. Rechtsprechung). "Sache" ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz bildete.
Dem Verwaltungsgericht ist es somit ganz allgemein untersagt, erstmals einen anderen Sachverhalt anzunehmen.
So ist es dem Bundesfinanzgericht auch verwehrt, unter den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Z. 3 ZollR-DV 2004 fallende Erklärungen unrichtiger oder unvollständiger Angaben in Einfuhrzollanmeldungen erstmals seiner Entscheidung zugrunde zu legen, wenn die Zollbehörde im Abgabenverfahren in sachverhaltsmäßiger Hinsicht vom Vorliegen von Fehlmengen und der dadurch bedingten Übermittlung unrichtiger Entladevermerke im Rahmen von Unionsversandverfahren ausgegangen ist.

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt ().
Im gegenständlichen Beschwerdefall war im Rahmen der Beweiswürdigung festzustellen, ob die Bf. Verpflichtungen aus der ihr erteilten Bewilligung vom "in Bezug auf den Status eines zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren nach Art. 233 Abs. 4 Buchstabe b UZK" nicht erfüllt hat. Hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere zur Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes im Rahmen des § 279 Abs. 1 BAO, orientiert sich das Erkenntnis an der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Weder die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht.
Die Revision ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 41 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 30 ZollR-DV 2004, Durchführung des Zollrechts, BGBl. II Nr. 184/2004
Art. 42 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5200031.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at