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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2023, RV/5100120/2022

Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung durch einen Sozialhilfeverband

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100120/2022-RS1
Die Ermächtigung nach § 153 Abs 2 AußStrG bewirkt nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung des Nachlasses und berechtigt daher nicht zur Antragstellung nach § 41 Abs 2 Z 1 EStG 1988 (). Einen Antrag nach § 41 Abs 2 Z 1 EStG 1988 kann somit nur der Steuerpflichtige selbst, ein in der BAO vorgesehener Vertreter oder der Gesamtrechtsnachfolger stellen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, über die Beschwerde vom gegen die Zurückweisungsbescheide des ***FA*** betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 - 2020, allesamt vom , für die Verlassenschaft nach ***N.N.***, Steuernummer ***2***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in Folge kurz Bf) reichte am mit dem Formular L1 die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2018-2020 für die Verlassenschaft nach ***N.N.*** ein. Den Erklärungen war ein Beschluss des Bezirksgerichtes ***x*** vom beigelegt.

Die Eingaben wurden mit Bescheid vom vom Finanzamt Österreich zurückgewiesen, da im gegenständlichen Fall die Veranlagung von einem Einzelrechtsnachfolger beantragt worden sei, der über keine Vollmacht der Verstorbenen über den Tod hinaus verfüge. Mangels Legitimation im Sinne des § 19 Abs. 1 BAO sei der Antrag daher zurückzuweisen.

Mit rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom , eingebracht am , brachte der Bf zusammengefasst vor, dass durch den rechtskräftigen Beschluss des Bezirksgerichtes ***x*** dem Beschwerdeführer jedenfalls ein Anteil von 80 % aus den Guthaben der Arbeitnehmerveranlagungen zustehe. Es bestehe eine Bindungswirkung für die Finanzbehörde an diesen Beschluss.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer weder als Vertreter der Verlassenschaft noch als Gesamtrechtsnachfolger im gegenständlichen Verlassenschaftsverfahren bestellt worden sei. Eine Abgabenerklärung könne jedoch nur ein Vertreter der Verlassenschaft bzw. ein Gesamtrechtsnachfolger einreichen.

Mit Eingabe vom , eingebracht am , wurde der Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht gestellt.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die am ***Datum***.2021 verstorbene ***1*** war im Zeitraum vom bis zu ihrem Tode im Seniorenheim ***x*** untergebracht.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***x*** vom wurde der Beschwerdeführer ermächtigt, für die Verstorbene die Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2018-2020 beim Finanzamt durchzuführen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***x*** vom wurde der Bruder der Verstorbenen gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG ermächtigt das Verlassenschaftsvermögen zu übernehmen. 80% des Guthabens aus den Arbeitnehmerveranlagungen wurden dem Bf zugesprochen. Gemäß § 153 AußStrG ist die Abhandlung mangels den Wert von € 5.000 übersteigenden Aktiven unterblieben.

Der Beschwerdeführer beantragte am wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist, die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für die Verstorbene.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Beschlüssen des Bezirksgerichtes ***x***. Hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit dieser Urkunden hat das Bundesfinanzgericht keine Bedenken.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 19 Abs 1 BAO gehen bei einer Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.

Gemäß § 41 Abs 2 Z 1 EStG 1988 hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt wird.
Einen solchen Antrag kann somit nur der Steuerpflichtige selbst, ein in der BAO vorgesehener Vertreter oder der Gesamtrechtsnachfolger stellen.

Gemäß § 153 AußStrG unterbleibt die Abhandlung, wenn Aktiven der Verlassenschaft nicht vorhanden sind oder den Wert von 5 000 Euro nicht übersteigen, sofern kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wird.

Kommt es nicht zur Einantwortung eines Erben liegt keine Gesamtrechtsnachfolge des Erben, sondern nur Einzelrechtsnachfolge vor (vgl. , zu einer Vorgängerbestimmung). Auch die Ermächtigung gemäß § 153 Abs 2 AußerStrG führt zu keiner Gesamtrechtnachfolge (vgl. Winkler in Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 13; Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußerStreitG I2, § 153 Rn 9). Nach herrschender Lehre und Judikatur bleibt in Fällen des § 153 AußStrG der ruhende Nachlass bestehen, auch wenn eine Ermächtigung im Sinne des Abs. 2 leg. cit. erteilt wurde (vgl. ; , 6 Ob 716/85 zur Vorgängerbestimmung; Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 9; Obermaier, ÖJZ 2008, 127; jeweils mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem ähnlich gelagerten Fall ausgesprochen, dass - im Revisionsfall - der Sozialhilfeverband nicht gesetzlicher Vertreter des ruhenden Nachlasses ist. Auch die Ermächtigung nach § 153 Abs. 2 AußStrG bewirkt nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung des Nachlasses und berechtigt daher nicht zur Antragstellung nach § 41 Abs. 2 Z 1 ESt 1988 (; so auch ; ).

Insofern konnte dem Beschwerdebegehren kein Erfolg beschieden sein und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, da dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall keine Antragslegitimation zukommt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Lösung der Rechtsfrage hat sich das Bundesfinanzgericht an der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () orientiert. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 153 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100120.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at