TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2023, RV/6100001/2023

Rückzahlung des Vorschusses auf Rehabilitationsgeld im Wege der Legalzession nach § 23 Abs 6 AlVG

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/6100001/2023-RS1
Im Falle der Rückzahlung des Vorschusses auf Rehabilitationsgeld im Wege der Legalzession nach § 23 Abs 6 AlVG ist diese Zahlung gemäß § 16 Abs 2 EStG 1988 als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Vorschuss ist dabei steuerpflichtig zu behandeln (vgl ).
RV/6100001/2023-RS2
Gemäß § 33 Abs 5 EStG 1988 stehen der Arbeitnehmer- und Verkehrsabsetzbetrag nur bei einem bestehenden Dienstverhältnis zu. Beim Bezug von Arbeitslosengeld bzw Rehabilitationsgeld besteht regelmäßig kein aktives Dienstverhältnis, weshalb der Verkehrsabsetzbetrag nicht zusteht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in Folge: kurz Bf) reichte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 am elektronisch beim Finanzamt Österreich ein.

Am erließ die Abgabenbehörde erklärungsgemäß den Einkommensteuerbescheid 2021.

Mit Bescheid vom wurde das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2021 gem. § 303 BAO wiederaufgenommen und ein neuer Einkommensteuerbescheid erlassen.

Mit Bescheid vom wurde wiederum das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2021 gem. § 303 BAO wiederaufgenommen und mit Bescheid vom die Einkommensteuer iHv € 3.316,- festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass das Finanzamt nachträglich Informationen zu Lohnzettelangaben oder Transferleistungen erhalten habe.

In weiterer Folge brachte die Bf eine "Beschwerde von der Steuernummer ***BF1StNr1***" am fristgerecht ein und brachte vor, dass sie keine doppelte Auszahlung erhalten habe, da der Betrag an das AMS erstattet worden sei. Der Beschwerde war eine Rehabilitationsgeldbestätigung der ÖGK vom beigelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid vom insoweit abgeändert, dass die zu Unrecht vorgenommene Hochrechnung der Einkünfte berichtigt wurde. Das Beschwerdebegehren wurde jedoch abgewiesen.

Am brachte die Bf fristgerecht den Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht ein und führte ergänzend aus, dass ihr aufgrund eines gerichtlichen Urteils eine vorübergehende Invalidität ab bescheinigt worden sei. Seit diesem Zeitpunkt bestehe daher Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung. Es werde daher beantragt, die einbehaltenen Leistungen laut Beilage als Werbungskosten zu berücksichtigen. Dem Vorlageantrag waren ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom und Bestätigungen der ÖGK hinsichtlich der Nachzahlungen des Rehabilitationsgeldes beigelegt.

Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf aufgetragen, die Beschwerde vom zu verbessern und anzugeben, gegen welchen Bescheid sich die Beschwerde richtet.

Mit Schriftsatz vom brachte die Bf vor, sie habe ihre Beschwerde "bezüglich ihrer Arbeitnehmerveranlagung vom für das Jahr 2021" beim Finanzamt eingebracht. Ferner führte die Bf zusammengefasst aus, sie habe im Jahr 2019 aufgrund ihrer Krankheit Rehabilitationsgeld beantragt. Das Gericht in ***Ort*** habe ihr am dieses rückwirkend mit zugesprochen. Das bis dahin bezogene Arbeitslosengeld sei daher von der ÖGK direkt an das AMS zurückbezahlt worden. Der Eingabe waren eine Kontoübersicht der Bf, Bestätigungen der ÖGK, eine Bezugsbestätigung des Arbeitsmarktservices ***Ort*** und die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich beigelegt.

Die Eingabe der Bf wurde dem Finanzamt Österreich zur Kenntnis und einer allfälligen Stellungnahme übermittelt. Das Finanzamt äußerte sich nicht dazu.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf erhielt vom - , - , - Vorschuss auf Rehabilitationsgeld iHv € 33,19 täglich und vom - iHv € 34,32 täglich vom Arbeitsmarktservice ausbezahlt (Bezugsbestätigung AMS vom ).

Die Bf hatte bereits im Jahr 2019 Rehabilitationsgeld beantragt, welches ihr am rückwirkend zugesprochen wurde. Die ÖGK erstellte daraufhin einen Lohnzettel und übermittelte diesen dem Finanzamt Österreich am . Das gesamte Rehabilitationsgeld iHv € 14.222,86 wurde im Jahr 2021 steuerpflichtig behandelt (Lohnzettel Kennzahl 245). Lohnsteuer wurde im Jahr 2021 iHv € 1.028,75 abgeführt (Lohnzettel).

Die Leistungen des Arbeitsmarktservice (Vorschuss auf Rehabilitationsgeld), welche die Bf vom - iHv € 10.122,95 und vom - iHv € 2.917,20 erhielt (gesamt € 13.040,15), wurden von der ÖGK direkt mit dem Arbeitsmarktservice im April 2021 gegenverrechnet (Bestätigungen der ÖGK, Bestätigung AMS vom ).

Folgende Lohnzetteldaten wurden im Jahr 2021 dem Finanzamt übermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ÖGK
§ 69 Abs 2
14.222,86
ÖGK
§ 69 Abs 2
931,63
ÖGK
§ 69 Abs 2
931,63
ÖGK
§ 69 Abs 2
14.222,86
ÖGK
§ 69 Abs 2
962,68
ÖGK
§ 69 Abs 2
962,68
ÖGK
§ 69 Abs 2
962,68
ÖGK
§ 69 Abs 2
931,63
ÖGK
§ 69 Abs 2
962,68
ÖGK
§ 69 Abs 2
931,63
ÖGK
§ 69 Abs 2
962,68
AMS
§ 3 Abs 2
2.917,20

Die Bf hat nur gegen den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2021 Beschwerde erhoben; der Wiederaufnahmebescheid blieb unangefochten.

2. Beweiswürdigung

Zunächst ist auf die bei den einzelnen Feststellungen in Klammern angeführten Beweismittel zu verweisen, die im jeweiligen Zusammenhang widerspruchsfrei waren. An der Echtheit und Richtigkeit der diesbezüglichen Urkunden hat das Bundesfinanzgericht keine Zweifel.

Die Feststellung, dass der Bf rückwirkend das Rehabilitationsgeld zugesprochen worden war, ergibt sich aus den glaubhaften Ausführungen der Bf in Zusammenschau mit den vorgelegten Urkunden der ÖGK und des Arbeitsmarktservice.

Dass das gesamte Rehabilitationsgeld im Jahr 2021 steuerpflichtig behandelt wurde, ergibt sich aus dem von der ÖGK übermittelten Lohnzettel, weshalb diese Feststellung bedenkenlos getroffen werden konnte.

Die Höhe der Rückzahlung (Vorschuss auf Rehabilitationsgeld) an das Arbeitsmarktservice ergibt sich zweifelsfrei aus den Bestätigungen der ÖGK und des AMS.

Die Feststellung, dass nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 Beschwerde erhoben wurde, war aufgrund des eigenen glaubwürdigen Vorbringens der Bf zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 sind Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gemäß § 3 Abs 1 Z 5 lit a EStG 1988 sind das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen von der Einkommensteuer befreit.

Gemäß § 16 Abs 2 EStG 1988 zählt zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurden. Steht ein Arbeitnehmer in einem aufrechten Dienstverhältnis zu jenem Arbeitgeber, dem er Arbeitslohn zu erstatten (rückzuzahlen) hat, so hat der Arbeitgeber die Erstattung (Rückzahlung) beim laufenden Arbeitslohn als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Gemäß § 33 Abs 5 EStG 1988 stehen der Arbeitnehmer- und Verkehrsabsetzbetrag nur bei einem bestehenden Dienstverhältnis zu.

Gemäß § 69 Abs 2 EStG 1988 sind bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c und e, bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG und bei Auszahlung von Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG 20% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausgezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an ihr Finanzamt zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebentel gesondert als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen.

Hat eine regionale Geschäftsstelle nach § 23 Abs 6 AlVG 1977 […] Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe oder eine sonstige Leistung nach diesem Bundesgesetz gewährt, so geht ein Anspruch des Arbeitslosen auf eine Leistung gemäß Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1 Z 2 leg cit oder auf Rehabilitationsgeld für denselben Zeitraum auf den Bund zugunsten der Gebarung Arbeitsmarktpolitik in der Höhe der von der regionalen Geschäftsstelle gewährten Leistung, mit Ausnahme der Krankenversicherungsbeiträge, über, sobald die regionale Geschäftsstelle beim Träger der Sozialversicherung den Übergang des Anspruches geltend macht (Legalzession). Der Übergang des Anspruches wird nur bis zur Höhe der nachzuzahlenden Beträge wirksam und ist vorrangig zu befriedigen.

Nach der höchstgerichtlichen Judikatur gilt nach § 23 Abs. 8 AlVG 1977 der Vorschuss für den Fall, dass Rehabilitationsgeld nicht zuerkannt wird, als Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Wird hingegen Rehabilitationsgeld zuerkannt, ist die Leistung des Arbeitsmarktservice gemäß § 23 Abs. 1 AlVG 1977 als steuerpflichtiger Vorschuss auf die beantragte Leistung zu beurteilen. Dessen Rückzahlung (im Wege der Legalzession nach § 23 Abs. 6 AlVG 1977) ist gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen ().

Im gegenständlichen Fall war daher das gesamte Rehabilitationsgeld im Jahr 2021 steuerpflichtig zu behandeln. Da es sich jedoch bei der Rückzahlung dieser Gelder um eine Erstattung bzw Rückzahlung von Einnahmen handelt, sind diese als Werbungskosten gemäß § 16 Abs 2 EStG 1988 im Zeitpunkt der Rückzahlung zu berücksichtigen.
Es sind daher die im Jahr 2021 bezogenen Leistungen des AMS iHv € 2.917,20 als steuerpflichtig zu behandeln und ein Siebentel davon ist als sonstiger Bezug zu erfassen. Die Rückzahlung des Vorschusses auf Rehabilitationsgeld im Wege der Legalzession iHv € 13.040,15 ist als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Beim Bezug von Arbeitslosengeld bzw Rehabilitationsgeld besteht jedoch regelmäßig kein aktives Dienstverhältnis, weshalb der Verkehrsabsetzbetrag im gegenständlichen Fall nicht zusteht.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten höchstgerichtlichen Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100001.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at