Rückforderung der Familienbeihilfe - keine Haushaltszugehörigkeit bei der Bf. (beim Kindesvater haushaltszugehörig)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 10.2022-11.2022, SVNR: 4309120770, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ am folgenden Bescheid an die Beschwerdeführerin (Bf.):
Rückforderungsbescheid Einzahlung
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für das Kind
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Art der Beihilfe Zeitraum
[Nachname] ***Vorneme*** … 1108 FB Okt. 2022 - Nov. 2022 KG Okt. 2022 - Nov. 2022
Der Rückforderungsbetrag beträgt …
Rückforderungsbetrag gesamt: € 711,60
Sie sind verpflichtet, diesen Betrag
- nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3
Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen. …
Begründung
Zu [Nachname] ***Vorneme*** …:
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat eine Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Die Bf. brachte mit folgender Begründung Beschwerde ein:
***Vorneme*** wohnt wieder bei der Kindesmutter seit dem .
In der (Anschrift wie Bf.).
Habe an den Kindesvater … für den Monat 10.2022 und 11.2022 die Kinderbeihilfe überwiesen.
Bitte Sie um Bearbeitung.
Schicke hiermit die Unterlagen und die Beweise.
Beigelegt waren der Beschwerde eine Bestätigung vom und eine Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister (dazu vgl. unten).
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat eine Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Ihre Tochter ***Vorneme*** hat im Beschwerdezeitraum nicht bei Ihnen, sondern bei Ihrem Vater gelebt. Die Weitergabe der Familienbeihilfe gilt als Einkommensverwendung und berechtigt nicht zum Bezug dieser.
Die Bf. brachte den Vorlageantrag ein wie folgt:
Meine Tochter ***Vorneme*** … wollte bei ihrem Vater leben.
Sie war 2 Monate Okt./Nov. bei ihrem Vater angemeldet.
Ich habe für diese 2 Monate die Familienbeihilfe dem Kindesvater … überwiesen; siehe Kontoauszüge (Bf.).
***Vorneme*** wollte wieder zurück und ist seit wieder bei mir (Mutter) (Bf.) als Hauptwohnsitz gemeldet (Anschrift der Bf.).
Dem Vorlageantrag waren zwei Kontoauszüge und abermals die Bestätigung vom beigelegt (dazu vgl. unten).
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Das Finanzamt wurde am mittels eines Systemeingangs "Subjektdatenänderung GDV" darüber informiert, dass sich die Adresse des Kindes ***Vorneme*** … geändert habe und sie somit nicht mehr dem Haushalt der Beschwerdeführerin (Bf.) angehöre (Dok.6).
ZMR-Abfragen bei der Bf. (Dok.7) und dem Kind (Dok.8) zeigen, dass die Bf. bereits am aus der Wohnung, welche sie zuvor gemeinsam mit dem Kind bewohnt hatte, ausgezogen war.
Mit Rückforderungsbescheid vom (Dok.1) wurden daraufhin Familienbeihilfe (samt Erhöhungsbetrag) und Kinderabsetzbeträge betreffend das Kind ***Vorneme*** für den Zeitraum Oktober bis November 2022 zurückgefordert, da es nicht mehr bei der Bf. haushaltszugehörig gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom (Dok.2), in welcher die Bf. angab die Familienbeihilfe für die Monate Oktober und November 2022 an den Kindesvater weitergeleitet zu haben. Eine diesbezügliche Bestätigung wurde vorgelegt.
Zusätzlich brachte die Bf. am einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ***Vorneme*** ab ein, da wieder ein gemeinsamer Wohnsitz vorliege (Dok.5).
Mit Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.3) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da die Weitergabe der Familienbeihilfe an den Vater sie nicht zum Bezug dieser berechtige.
Im Vorlageantrag vom (Dok.4) wiederholte die Bf. ihre Ausführung bezüglich Weitergabe der Familienbeihilfe an den Kindesvater und ersuchte um Aussetzung der Einhebung des strittigen Betrages.
Beweismittel:
insbesondere
Beschwerde vom (Dok.2)
Vorlageantrag vom (Dok.4)
ZMR-Abfrage Bf. vom (Dok.7)
ZMR-Abfrage ***Vorneme*** vom (Dok.8)
Stellungnahme:
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Geschäftszahl 2008/15/0329).
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Im gegenständlichen Fall steht fest, dass sich das Kind ***Vorneme*** im Zeitraum bis nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Bf., sondern mit dem Kindesvater befand. Belegt wird dies durch ZMR-Abfragen (Dok.7 und 8) sowie durch Aussagen in der Beschwerde (Dok.2) und im Vorlageantrag (Dok.4).
Da die Bf. somit für die Monate Oktober bis November 2022 die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ersucht das Finanzamt um Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die von der Bf. vorgelegte Bestätigung vom lautet:
An das Finanzamt / Kinderbeihilfe
Hiermit bestätige ich ***Kindesvater*** dass ich die Kinderbeihilfe von [Vor- und Nachname der Bf.] für den und erhalten habe.
Das Kind [Nachname] ***Vorneme*** wohnt seit dem wieder bei der Kindesmutter
[Vor- und Nachname der Bf.] in der [Anschrift der Bf.].
[Unterschriften: ***Kindesvater*** und Bf.]
Die auf den Namen der Bf. lautenden Kontoauszüge der Monate Oktober und November 2022 weisen u.a. folgende Überweisungen aus:
Familienbeihilfe [Nachname] ***Vorneme*** - ***Kindesvater*** 11.10. 355,80-
Kinderbeihilfe [Nachname] ***Vorneme*** - ***Kindesvater*** 08.11. 355,80-
[Anmerkung: Die Summe dieser Beträge (€ 711,60) entspricht dem Rückforderungsbetrag.]
Die vorgelegte Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister Hauptwohnsitz beinhaltet Folgendes:
Familienname. …
Vorname: ***Vorneme***
Geburtsdatum: … .11.2008
Wohnsitzqualität: Hauptwohnsitz
Straße: [Anschrift wie Bf.]
Postleitzahl: - "-
Ortsgemeinde: - " -
gemeldet seit:
Die Bf., Mutter des im Rückforderungsbescheid angeführten Kindes, bezog im beschwerdegegenständlichen Zeitraum (Okt. 2022 - Nov. 2022) die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für das Kind.
Sie war Antragsteller der Familienbeihilfe, die Antragstellung war zu einem Zeitpunkt erfolgt als sie im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Kind lebte.
Vom 6. September bis wohnte die Bf. nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind ***Vorneme***. Dieser Umstand wurde dem Finanzamt nicht zeitgerecht mitgeteilt. Im Zeitraum bis wohnte die Tochter ***Vorneme*** nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Bf., sondern mit dem Kindesvater.
Überwiesen wurden betreffend die Tochter der Bf. die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag auf das Bankkonto der Bf.
2. Beweiswürdigung
Diese Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf der Aktenlage und sind unstrittig.
Weiterer Ausführungen betreffend die Würdigung der Beweise bedarf es daher nicht.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
§ 2a. FLAG 1967 bestimmt:
Abs. 1: Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
Abs. 2: In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.
Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, so ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ebenfalls § 26 FLAG 1967 anzuwenden.
Das Gesetz räumt den Anspruch auf Familienbeihilfe primär demjenigen ein, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass das im Spruch des Rückforderungsbescheides angeführte Kind im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht dem Haushalt der Bf., sondern dem Haushalt des Kindesvaters angehörte.
Nach bzw. auf Grund der Auflösung des gemeinsamen Haushaltes im Laufe des September 2022 hatte die Bf. daher ab Oktober 2022 keinen Anspruch mehr auf Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag; Anspruch auf Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag entstand erst wieder ab Dezember 2022.
Die Bf. hatte es verabsäumt, bei Beendigung des gemeinsamen Haushaltes diesen Umstand dem Finanzamt mitzuteilen.
Die Bf. vermeint, sie sei auf Grund des Umstandes, dass sie die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag nachweislich an den Kindesvater überwies, nicht zur Rückzahlung der Familienleistungen verpflichtet.
Damit verkennt die Bf. die mit der Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 geschaffene Rechtslage:
Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutete. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist nur, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich. Demnach entbindet auch die Weiterleitung bzw. Weitergabe der zu Unrecht bezogenen Beträge nicht von der zwingenden Rückzahlungsverpflichtung (vgl. dazu insbesondere , und auch ; ; ).
Die Antwort auf die Frage, welcher Elternteil Anspruch auf die Familienbeihilfe hat, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 und 5 FLAG: bei welchem Elternteil die Kinder haushaltszugehörig sind ().
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bf. in den Monaten Oktober und November 2022 keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe für ihre Tochter ***Vorneme*** hat, weil sie in diesen Monaten gemäß § 2 Abs. 2 und 5 FLAG 1967 nicht bei ihr haushaltszugehörig war.
Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967, die insofern auch für Kinderabsetzbeträge gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gilt, erfolgte daher zu Recht.
Der Sachbearbeiter sieht sich auf Grund des Vorbringen in der Beschwerde und im Vorlageantrag, insb. der aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlichen Mitwirkung des Kindesvaters, zu folgender Bemerkung veranlasst:
Sollte die Bf. der Meinung sein, dass sie infolge der Kombination: Überweisung auf das Konto des Kindesvaters und Rückzahlung der Beträge an das Finanzamt übervorteilt ist/wäre, worauf ihr Vorbringen samt Mitwirkung des Kindesvaters hindeuten mag, besteht (nur) die Möglichkeit, sich diesbezüglich mit dem Kindesvater, allenfalls auch auf gerichtlichem Weg, auseinanderzusetzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall, der eindeutigen Gesetzeslage und der zitierten Judikatur nicht gegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100517.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at