Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 07.03.2023, RV/5100338/2022

Frage der Zulässigkeit einer Berichtigung nach § 293 BAO (Vorliegen eines Programmfehlers)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Susanne Haim, den richterlichen Beisitzer Mag. Günter Narat und die fachkundigen Laienrichter Mag. Stefan Raab und Leopold Pichlbauer im Beisein der Schriftführerin Daniela Peter über die Beschwerde vom der Beschwerdeführerin ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, vertreten durch die Pölzleithner Wirtschaftstreuhand KG Steuerberatungsgesellschaft, Stadtplatz 22, 4690 Schwanenstadt, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Körperschaftsteuer 2019 nach der am über Antrag der Partei (§ 274 Abs 1 Z 1 BAO) in Linz abgehaltenen öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Von der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge kurz BF) wurde am die Körperschaftsteuererklärung 2019 elektronisch bei der belangten Behörde eingereicht.

Die belangte Behörde hat am den Körperschaftsteuerbescheid 2019 erlassen. Im Körperschaftsteuerbescheid 2019 vom wurde ein Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 (= 75 % des Gewinnes) berücksichtigt, obwohl der noch offene Verlustabzug nur noch € 625.307,82 betragen hätte und dieser Betrag von der BF auch unter der KZ 619 eingetragen worden war.

Seitens der belangten Behörde wurde in weiterer Folge die Abteilung "Verfahrensbetreuung Direktbearbeitung" im Bundesministerium für Finanzen kontaktiert, welche der belangten Behörde mitgeteilt hat, dass ein Programmfehler vorgelegen sei.

Am wurde der Körperschaftsteuerbescheid 2019 von der belangten Behörde gem. § 293 BAO berichtigt.

Am wurde von der BF eine Beschwerde gegen den gem. § 293 BAO berichtigten Körperschaftsteuerbescheid 2019 bei der belangten Behörde eingebracht. Laut dem Vorbringen der BF in der Beschwerde (der Schriftsatz ist mit datiert) handle es sich nicht um einen Programmfehler. Seitens der steuerlichen Vertretung der BF sei am mit der zuständigen Sachbearbeiterin der belangten Behörde Kontakt aufgenommen worden. Diese habe der steuerlichen Vertretung der BF mitgeteilt, dass der in der Körperschaftsteuererklärung eingetragene Verlustabzug nicht korrekt sei, denn die Verlustvorträge würden gesamt € 1.120.614,05 betragen und somit sei ein Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 zu berücksichtigen. Aus dem Körperschaftsteuerbescheid 2019 vom sei der klare Wille der belangten Behörde zu entnehmen, den Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 bei der Berechnung der Körperschaftsteuer 2019 zu berücksichtigen.

Vorgebracht wurde weiters, dass die von der Finanzverwaltung verwendete Software nicht die automatisierte Veränderung einer vom Steuerpflichtigen eingebrachten Erklärung vorsehe. Vielmehr müsse die Veränderung (nach Durchführung einer Prüfung des Verlustvortrages) durch ein Organ der Finanzverwaltung erfolgt sein.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Mit der von der Behörde unveränderten Übernahme des erklärten Verlustabzuges in Höhe von € 625.307,82 und der anschließenden Freigabe zur EDV-mäßigen Verarbeitung zur Bescheiderstellung sei der für die Bescheiderstellung maßgebende und mit der beschwerdeführenden GmbH übereinstimmende Bescheidwille zustande gekommen. Dieser sei jedoch von der tatsächlichen Ausgestaltung des Bescheides nach EDV-Verarbeitung auseinandergeklafft.

Mit Schreiben vom wurde von der BF ein Vorlageantrag bei der belangten Behörde eingebracht. Ergänzend vorgebracht wurde, dass die in der Beschwerdevorentscheidung vorgebrachte Begründung, dass der erklärte Verlustabzug in Höhe von € 625.307,82 unverändert übernommen und aufgrund der EDV-mäßigen Verarbeitung und ohne Zutun der Sachbearbeiterin der Körperschaftsteuerbescheid 2019 mit einem Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 ergangen sei, eine reine Schutzbehauptung der Finanzverwaltung darstelle. In der angesprochenen telefonischen Kontaktaufnahme vom mit der Sachbearbeiterin der belangten Behörde habe diese bestätigt, dass der von der BF unter der KZ erklärte Verlustabzug in Höhe von € 625.307,82 von ihr derart geändert worden sei, dass der Körperschaftsteuerbescheid 2019 mit einem Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 ergangen sei.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Seitens des Bundesfinanzgerichtes wurden am Abfragen aus der Datenbank der Finanzverwaltung (IT-Verfahren Direktbearbeitung) betreffend den Erstbescheid Körperschaftsteuer 2019 vom und den Berichtigungsbescheid gem. § 293 BAO vom getätigt, welche zusammen mit dem von der belangten Behörde vorgelegten Email an die Verfahrensbetreuung vom der BF zur Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnisnahme übermittelt wurden.

Mit Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom wurde das Bundesministerium für Finanzen aufgefordert, bekannt zu geben, ob im gegenständlichen Fall tatsächlich ein Programmfehler vorgelegen sei oder ob der Verlustabzug von der belangten Behörde - wie in der Beschwerde behauptet - korrigiert worden sei und gegebenenfalls eine diesbezügliche Bestätigung des Bundesrechenzentrums vorzulegen.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom wurde dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen Programmfehler gehandelt habe und es programmtechnisch nicht möglich sei, ohne den Daten der Korrekturspalte eine Änderung im Bescheid zu erwirken.

Mit Email des Bundesministeriums für Finanzen vom wurde dem Bundesfinanzgericht ein Schreiben der Bundesrechenzentrum GmbH vom übermittelt. In diesem Schreiben wurde seitens der Bundesrechenzentrum GmbH ausgeführt, dass es sich beim gegenständlichen Programmfehler im Verfahren der BF um einen Rechenfehler handle, der daraus resultiere, dass beim Programmieren für die Berechnung des Feldes "abgezogene Verluste" (Verlustabzug) falsche Zahlenfelder miteinander verknüpft worden seien. Weiters sei es in der Direktbearbeitung nicht möglich, dass die belangte Behörde Änderungen gegenüber der eingereichten Erklärung vornehme, ohne dass dies in der Korrekturspalte ersichtlich sei.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurden den Parteien das Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom und das entsprechende Antwortschreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom sowie die Bestätigung der Bundesrechenzentrum GmbH vom zur Kenntnisnahme und Abgabe einer allfälligen Stellungnahme übermittelt.

Mit Schreiben vom übermittelte die BF eine Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass von entscheidender Bedeutung für das Rechtsmittelverfahren die Stellungnahme der Sachbearbeiterin der belangten Behörde sei, die im März 2021 fernmündlich die Richtigkeit des Körperschaftsteuerbescheides 2019 bestätigt habe. Es werde daher angeregt, einerseits das Zugriffsjournal für den Steuerakt der BF für März 2021 beizubringen und andererseits die zuständige Sachbearbeiterin als Zeugin vorzuladen. Im Zuge der mündlichen Stellungnahme durch die Sachbearbeiterin sei es zu einer Prüfung der Verlustvorträge und zu einer Bestätigung der Richtigkeit des ursprünglichen Steuerbescheides gekommen.

Am fand die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht, Außenstelle Linz statt. Seitens der BF wurde in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgebracht, dass § 293 BAO grundsätzlich die Möglichkeit vorsehe, dass Fehler (Programmfehler) durch automatisierte Datenverarbeitung korrigierbar seien. Im konkreten Fall handle es sich jedoch um keinen Anwendungsfall eines Programmfehlers. Im Gespräch mit der Sachbearbeiterin der belangten Behörde vom habe die belangte Behörde dem Steuerberater eine mündliche Bescheidbegründung gegeben, die klar erkennbar den Willen der belangten Behörde wiedergegeben habe. Der §293 BAO sei nur anzuwenden, wenn es sich um Schreib- Rechen und Ausfertigungsfehler handle, nicht jedoch wenn durch eine Willensbildung der belangten Behörde ein falsches Ergebnis erzielt werde. Es sei unerheblich, ob die Sachbearbeiterin eine Veränderung manuell vorgenommen habe. Entscheidend sei, dass der Wille der belangten Behörde dem Steuerberater dezidiert mitgeteilt worden sei. Die Frage des Steuerberaters, warum der von der BF erklärte Verlustvortrag nicht übernommen worden sei, bedürfe einer Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt und somit einer eigenen Willensbildung. Somit sei klar, dass das von der belangten Behörde gewollte Ergebnis im Bescheid zum Ausdruck gekommen sei. Der §293 BAO sei aber nur dann anzuwenden, wenn es zu einer Divergenz gekommen sei. Eine Divergenz liege aber nur dann vor, wenn zwischen dem Willen der belangten Behörde und der Bescheiderstellung ein Widerspruch sei. Die BF stelle daher den Beweisantrag, die Sachbearbeiterin, mit der am das besagte Telefonat geführt worden sei, als Zeugin der belangten Behörde zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass der Bescheid vom dem Bescheidwillen der belangten Behörde entsprechend erlassen wurde. Einen Namen der Sachbearbeiterin, mit der das Telefonat geführt worden sei, könne die BF nicht angeben, für die belangte Behörde sei es aber ein leichtes, diese über das Datenzugriffsprotokoll ausfindig zu machen. Ergänzend sei festzuhalten, dass es unerheblich sei, ob die besagte Sachbearbeiterin mitgewirkt habe. Wesentlich sei, dass sie den Willen der belangten Behörde gegenüber der BF zum Ausdruck gebracht habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die BF reichte am die Körperschaftsteuererklärung 2019 elektronisch bei der belangten Behörde ein. In der für den Verlustabzug vorgesehenen Kennzahl 619 trug die BF den Betrag von € 625.307,82 ein.

Die belangte Behörde hat am den Körperschaftsteuerbescheid 2019 erlassen. Die belangte Behörde führte eine erklärungsgemäße Veranlagung durch und nahm keine Änderungen in der dafür vorgesehenen Korrekturspalte vor.

Im Körperschaftsteuerbescheid 2019 vom wurde aufgrund eines Programmfehlers ein Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 (= 75 % des Gewinnes) berücksichtigt, obwohl der noch offene Verlustabzug nur € 625.307,82 betragen hätte und dieser Betrag von der BF auch unter der dafür vorgesehene Kennzahl 619 der Körperschaftsteuererklärung eingetragen worden war.

Der Einsatz der automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage war kausal dafür, dass im Bescheid vom ein zu hoher Verlustabzug berücksichtigt worden ist. Eine Korrektur des von der BF in Höhe von € 625.307,82 eingegebenen Verlustabzuges (Kennzahl 619) durch die belangte Behörde ist nicht erfolgt.

Ein Fehler in der Willensbildung der belangten Behörde bei der Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides 2019 vom lag nicht vor.

Am wurde der Körperschaftsteuerbescheid 2019 vom von der belangten Behörde gem. § 293 BAO berichtigt.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen.

Der festgestellte Sachverhalt hinsichtlich des Verfahrensablaufes (Abgabe der Steuererklärung, Erlassung des Erstbescheides und Berichtigung des Bescheides gem. § 293 BAO) stützt sich auf die Angaben der BF sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde.

Die Feststellung, dass seitens der belangten Behörde bei der Erstellung des Körperschaftsteuerbescheides 2019 vom keine Änderung des in der Körperschaftsteuererklärung eingetragenen Verlustabzuges vorgenommen wurde, ergibt sich zum einen aus den vom Bundesfinanzgericht am erstellten Abfragen aus der Datenbank der Finanzverwaltung (IT-Verfahren Direktbearbeitung) betreffend den Erstbescheid Körperschaftsteuer 2019 vom (keine Eintragungen in der Korrekturspalte) und zum anderen aus der Bestätigung der Bundesrechenzentrum GmbH vom .

Die Feststellung, dass der zu hoch ausgewiesene Verlustabzug im Körperschaftsteuerbescheid 2019 vom auf einen Programmfehler im Einsatz der automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage zurückzuführen ist und somit kein Fehler in der Willensbildung bei der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde vorgelegen ist, ergibt sich ebenfalls zweifelsfrei aus der Bestätigung der Bundesrechenzentrum GmbH vom .

Das Vorbringen der BF im Vorlageantrag, wonach die zuständige Sachbearbeiterin der belangten Behörde in einer telefonischen Kontaktaufnahme am ausgeführt habe, dass "diese Berechnung nicht korrekt sei, weswegen der unter KZ 619 erklärte Verlustabzug in Höhe von € 625.307,82 von ihr auch derart geändert worden sei, dass der Körperschaftsteuerbescheid 2019 mit einem Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 ergangen sei" entspricht nicht den Tatsachen. Aus der oben angeführten Bestätigung der Bundesrechenzentrum GmbH geht klar hervor, dass seitens der belangten Behörde bei der Erstellung des Körperschaftsteuerbescheides 2019 vom keine Änderung des Verlustabzuges vorgenommen worden ist.

Aber auch das in der mündlichen Verhandlung vom durch den steuerlichen Vertreter abgeänderte Beschwerdevorbringen, wonach die besagte Sachbearbeiterin der belangten Behörde der BF im Telefonat vom eine mündliche Bescheidbegründung gegeben habe, die klar erkennbar den Willen der belangten Behörde wiedergegeben habe, ist unerheblich bzw rein hypothetischer Natur, da es das Bundesfinanzgericht als erwiesen ansieht, dass im gegenständlichen Fall - Vorliegen eines Programmfehlers - eine auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit vorliegt und kein Fehler, der der belangten Behörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen ist.

Weitere Beweisaufnahmen, wie eben der in der mündlichen Verhandlung am gestellte Beweisantrag, das Zugriffsjournal für den Steuerakt der BF im März 2021 bei der belangten Behörde zu beschaffen und dadurch die Sachbearbeiterin der belangten Behörde ausfindig zu machen und diese in weiterer Folge einzuvernehmen, können somit entfallen.

Diesbezüglich wird auch auf die entsprechenden Ausführungen unter Punkt 3.1. verwiesen.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Gem. § 293 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

Ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten sind zB Fehler, die sich daraus ergeben, dass ein Finanzamt den Programmablauf, den sie mit einer bestimmten Eintragung in einem Eingabebogen auslöst, nicht kennt (vgl. ; , 2002/14/0015; , 2008/15/0280; , 2008/15/0205). Ein solcher Fehler kann auch eine auf einem Eingabebogen bei einer falschen Kennziffer erfolgte Eintragung sein (). Solche "ADV-Fehler" können auch Programmfehler sein (Ellinger/ Wetzel, BAO, 223; FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland , SWK 2003, S 286; aM Stoll, BAO, 2822), allerdings nicht, wenn die Programmierung von unrichtigen rechtlichen Beurteilungen (zB über die Berechnungsmethode bei begünstigten Einkommensteuersätzen) ausgegangen ist (vgl. ; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 293 Anm 14).

Nicht nach § 293 BAO berichtigbar sind Fehler, die der Abgabenbehörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen (zB ; , 92/15/0128; , 2005/13/0020, 2005/13/0028; -G/10). Daher sind unrichtige rechtliche Beurteilungen und Fehler der Beweiswürdigung keiner Berichtigung gem. § 293 BAO zugänglich (vgl. ), ebenso nicht durch Übersehen von Aktenteilen entstandene Fehler (vgl. Stoll, BAO, 2818; ; , RV/0224-I/05).

Dem gesetzlichen Erfordernis der "Ausschließlichkeit" ist entsprochen, wenn der Einsatz der automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage kausal war. Dass der Fehler auch bei Einsatz der Datenverarbeitungsanlage vermeidbar gewesen wäre, steht dem nicht entgegen. Kommt es zur Doppelerfassung von Abzugsposten, weil deren Erfassung durch eine Eingabe in die Datenverarbeitungsanlage verkannt wird, so fällt das mit dem Einsatz der Datenverarbeitungsanlage verbundene Risiko, das sich auf diese Weise verwirklicht, eindeutig in den Bereich der Gefahren, denen der in § 293 normierte Berichtigungsfall entgegenwirken soll (vgl. ).

§ 293 BAO trägt ua dem Umstand Rechnung, dass auch bei der Unterstützung durch eine automatisierte Datenverarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, dass der Bescheid anders lautet als es die Abgabenbehörde beabsichtigt hat. Alle Fehler, die bei händischen Ausfertigungen zu solchen führen, die als offenkundige Unrichtigkeiten zu bezeichnen sind, sind auch dann Unrichtigkeiten iSd § 293, wenn sich die Behörde beim technischen Vorgang der Erstellung und Ausfertigung der Bescheide einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage bedient hat. Darüber hinaus erfasst die Bestimmung auch solche Mängel, die ihre Wurzel in der Unkenntnis über den Programmablauf haben, der durch Eintragungen im Eingabebogen in Gang gesetzt wird (vgl. ).

Bei der Ermessensübung ist vor allem darauf Bedacht zu nehmen, ob sich aus der Berichtigung für die Partei wesentliche Auswirkungen ergeben (AB 286 BlgNR 15. GP, 4; Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO 3, § 293 Rz 8). Daher werden in richtiger Ermessensübung im Allgemeinen sich nur geringfügig auswirkende Fehler nicht berichtigt werden (zB Stoll, Ermessen, 126; , 2008/16/0086; BMF, AÖF 2008/62, Abschn 4). Zu berücksichtigen sind weiters Billigkeitsgründe, somit im Wesentlichen die wirtschaftliche Lage des Abgabepflichtigen (vgl. ).

Fehler sind mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu beseitigen (; , 2008/16/0055, 2008/16/0086); dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit ist gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen (zB ).

Im Hinblick auf die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, wonach eine Korrektur des von der BF in Höhe von € 625.307,82 eingegebenen Verlustabzuges (Kennzahl 619) durch die belangte Behörde nicht erfolgt ist und bei der Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides 2019 vom aufgrund eines Programmfehlers ein Verlustabzug in Höhe von € 872.961,05 (= 75 % des Gewinnes) berücksichtigt wurde, obwohl der noch offene Verlustabzug nur € 625.307,82 betragen hätte, liegt eine auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit vor und kein Fehler, der der belangten Behörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen ist.

Zum vom steuerlichen Vertreter der BF in der mündlichen Verhandlung am gestellten Beweisantrag, die Sachbearbeiterin, mit der am das besagte Telefonat geführt worden sei, als Zeugin der Finanzverwaltung zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass der Bescheid vom dem Bescheidwillen der belangten Behörde entsprechend erlassen wurde, ist festzuhalten, dass ordnungsgemäße Beweisanträge das Beweismittel, das Beweisthema und im Falle von Zeugen auch deren Adresse anzugeben haben (vgl. ; ). Diesen Anforderungen wird der Beweisantrag der BF nicht gerecht, weil in Bezug auf die besagte Sachbearbeiterin der belangten Behörde weder Name noch Adresse bekannt gegeben werden konnten. Das ergänzende Vorbringen zum Beweisantrag, der belangten Behörde wäre es ein leichtes die besagte Sachbearbeiterin über das Datenzugriffsprotokoll ausfindig zu machen, stellt einen unzulässigen Erkundungsbeweis dar (vgl zB ; , 2009/13/0078; , 2007/15/0156; , 2009/15/0032).

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens in der mündlichen Verhandlung vom , wonach die besagte Sachbearbeiterin der BF im Telefonat vom eine mündliche Bescheidbegründung gegeben habe, die klar erkennbar den Willen der belangten Behörde wiedergegeben habe, wird lediglich darauf hingewiesen, dass gem. § 92 BAO Bescheide grundsätzlich der Schriftform bedürfen, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten. Abgesehen davon, dass im beschwerdegegenständlichen Fall eine mündliche Bescheidbegründung jedenfalls unzulässig wäre, werden mündliche Erledigungen durch Verkündung bekannt gegeben (§ 97 Abs 1 lit b BAO). Eine "telefonische" Verkündung wäre keine mündliche (Stoll, BAO, 1016; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 97 Anm 16); § 97 sieht eine telefonische Bekanntgabe nicht vor (Ritz/Koran, BAO7, § 97 Rz 6 mit Verweis auf ; , 2006/15/0308; Tanzer/Unger, BAO 2020/2021, 191).

Hinsichtlich der Ermessensübung ist auszuführen, dass unter Bedachtnahme auf den Grundsatz, dass dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit einzuräumen ist, und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die steuerliche Auswirkung der Bescheidberichtigung keinesfalls als geringfügig anzusehen ist, der angefochtene Bescheid nicht mit Ermessensfehlern behaftet ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das Bundesfinanzgericht der hg einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gem. § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

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