Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2023, RV/2100972/2015

§ 20 Abs 1 Z 5 lit e EStG 1988: Schadensgutmachungen und Rechtsanwaltskosten im Rahmen einer "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO nicht abzugsfähig

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0036. Mit Erkenntnis vom wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/2100972/2015-RS1
Leistungen einer Schadensgutmachungszahlung, die im Rahmen einer "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO iVm § 201 StPO gezahlt werden, sind Leistungen iSd § 20 Abs 1 Z 5 lit e EStG 1988. Diese Schadensgutmachung stellt eine Leistung aus Anlass eines Rücktrittes von der Verfolgung nach der StPO dar und ist nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
RV/2100972/2015-RS2
Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit einer Schadenersatzzahlung bzw zur Erlangung einer "Kronzeugenregelung" iSd § 209a StPO können nur dann als Werbungskosten anerkannt werden, wenn das diese Kosten auslösende Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***Ri 1***, den Richter ***Ri 2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***LRi 1*** und ***LRi 2*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch APP Steuerberatung GmbH, Schenkenstraße 4 Tür 6, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2012 und vom betreffend Einkommensteuer 2013 (Steuernummer ***Bf-StNr***) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit elektronischer eingebrachter Einkommensteuererklärung vom für das Veranlagungsjahr 2012 beantragte der Beschwerdeführer ua die Veranlagung von Rechtsanwaltskosten in der Höhe von € 228.000,- als Werbungskosten. Mit elektronisch eingebrachter Einkommensteuererklärung vom für das Veranlagungsjahr 2013 beantragte der Beschwerdeführer ua die Veranlagung von Schadenersatzzahlungen in der Höhe von € 300.000,- als Werbungskosten. Am erging der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 samt einer gesonderten Begründung. Am erging ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012. Mit diesen beiden Bescheiden wurden die Werbungskosten für das Jahr 2012 (Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 228.000,-) und für das Jahr 2013 (Schadenersatzzahlung in der Höhe von € 300.000,-) durch das Finanzamt nicht anerkannt. Am wurde fristgerecht durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers eine Beschwerde betreffend die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 eingebracht und gem § 262 Abs 2 lit a BAO beantragt, die Erlassung eine Beschwerdevorentscheidung zu unterlassen. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht antragsgemäß ohne die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung innerhalb der Frist des § 262 Abs 2 lit b BAO zur Entscheidung vorgelegt.

Am fand die mündliche Verhandlung in dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren statt. Nachdem vom Berichterstatter die Sache vorgetragen wurde, führte der steuerliche Vertreter aus, dass der Sachverhalt nicht korrekt wiedergegeben sei. Im gegenständlichen Verfahren handle es sich nach dem steuerlichen Vertreter nämlich nicht um Diversionszahlungen, sondern um die Kronzeugenregelung nach § 209a StPO. Eine Diversionszahlung sei nicht geleistet, sondern die Kronzeugenregelung in Anspruch genommen worden.
Auf die Frage des Berichterstatters ob die Honorarnote Nr 12/56 der ***RA OG*** über den Leistungszeitraum Juli bis Dezember 2011 (BFG-Akt OZ 5 Beilage 4) in der Höhe von € 228.000,- ausschließlich die Vertretung des Beschwerdeführers im Rahmen der bzw zur Erlangung der "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO betraf, führte der steuerliche Vertreter aus, dass ein umfangreiches Leistungsverzeichnis vorgelegt worden sei, aus welchem klar ersichtlich sei, wofür Zahlungen geleistet worden wären. Es handle sich um die Kosten der Gesamtvertretung, welche sowohl für den Schadenersatz als auch für die Kronzeugenregelung geleistet worden seien.
Auf die Frage des Berichterstatters ob die ***AG 1*** bzw die ***AG 2*** durch die dem Beschwerdeführer von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegten Malversationen einen wirtschaftlichen Vorteil hatten, bejahte der Beschwerdeführer dies. Der Beschwerdeführer führte dazu weiter aus, dass alles zum wirtschaftlichen Vorteil der ***AG 1*** vorgenommen worden sei. Die Scheinrechnungen, die er ausstellen habe lassen, seien zum finanziellen Vorteil des Unternehmens erfolgt. Diese seien nämlich zum finanziellen Vorteil und im Rahmen seines unselbständigen Dienstverhältnisses aufgrund von Weisungen seiner direkten Vorgesetzten erfolgt.
Der steuerliche Vertreter ergänzte die Beantwortung der Frage damit, dass die Vorstände die diese Weisungen erteilt hätten, strafrechtlich rechtskräftig verurteilt worden seien.
Auf die Frage des Berichterstatters welchen konkreten wirtschaftlichen Vorteil die ***AG 1*** bzw die ***AG 2*** hatte, antwortete der Beschwerdeführer mit dem Beispiel, dass mit [...] beschlossen worden sei (Anm: [...]). Allein dieses Beispiel habe der ***AG 1*** mehr als 30 Millionen Euro eingebracht. Der steuerliche Vertreter brachte ergänzend vor, dass für die Schadenersatzzahlung ausschließlich das Aktienoptionsprogramm und die sich daraus ergebenden Verfahren und der Vergleich vom mit der ***AG 1*** maßgeblich sei.
Auf die Frage des Berichterstatters in welchem Ausmaß der ***AG 1*** bzw der ***AG 2*** im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Stockoptions ein wirtschaftlicher Vorteil zugekommen ist antwortet der Beschwerdeführer, dass zum Zeitpunkt des Börsengangs das Unternehmen nicht börsenreif gewesen sei. Es habe glaublich in den ersten drei Führungsetagen nur beamtete Mitarbeiter gegeben, die ausgetauscht hätten werden müssen bzw. zwangsoptieren hätten müssen. Vom Vorstand des Unternehmens sei beschlossen worden, dass jeder Aktien kaufen hätte müssen. Dafür hätte er Optionen bekommen. 70 Führungskräfte hätten dann die Aktien gekauft. Die Kurse der Aktien seien stark angestiegen. Der Kurs sei damals glaublich ***X Euro*** gewesen. Ein paar Tage bevor der Stichtag eingetreten sei, sei festgestellt worden, dass durch ***NN*** der Kurs stark nach unten gedrückt worden sei. Der Vorstand habe ihn beauftragt, etwas dagegen zu tun. Sie hätten eine Investmentbank gesucht, damit Kursstützungen durchgeführt werden könnten. Daraufhin hätten die Boni an die Mitarbeiter ausbezahlt werden können, welche damit wieder die Kredite des Aktienkaufes rückzahlen hätten können. Die Boni seien vom Kurs der Aktie abhängig gewesen. Glaublich habe auch ***NN*** eine Zahlung tätigen müssen. Das Unternehmen habe auch dadurch profitiert, dass durch sein Einschreiten Mitarbeiter langfristig Unternehmensbeteiligungen hätten halten können.
Auf die Frage des Berichterstatters ob die Handlungen des Beschwerdeführers, die der Erledigung im Rahmen der Kronzeugenregelung zu Grunde liegen, bei diesem zu bereits versteuerten Einkünften geführt haben, bejahte dies der steuerliche Vertreter und führte weiter aus, dass der Beschwerdeführer Einkünfte aus unselbständiger Arbeit bezogen habe und auf Grund der Weisung des Vorstandes gehandelt habe. Aus diesen Einkünften seien auch dann die Schadenersatzzahlungen geleistet worden.
Auf die Frage des Vorsitzenden, ob von Seiten des Dienstgebers Sonderzahlungen oder Gehaltserhöhungen an den Beschwerdeführer für die Malversationen geleistet wurden, gibt der Beschwerdeführer an, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Er habe damals schon sehr gut verdient, ca. 300.000 Euro im Jahr.
Über Befragen des Beisitzers, ob der Beschwerdeführer Vorstandsmitglied gewesen sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er zum Tatzeitraum Prokurist gewesen sei und nicht im Vorstand.
Auf Nachfrage des Berichterstatters gab der Beschwerdeführer an, dass er glaublich in jeder Gesellschaft der ***AG 1*** Prokurist gewesen sei.
Auf Frage des Beisitzers gab der Beschwerdeführer an, dass zum Zeitpunkt des Börsenganges ca. ***Anzahl*** Mitarbeiter beamtet gewesen seien. Nach fünf Jahren habe es ***Anzahl*** Beamte gegeben. Der Beschwerdeführer sei zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Personalabteilung gewesen, aber großteils habe es ein Einvernehmen gegeben.
Auf Frage des Beisitzers gab der Beschwerdeführer an, dass zwei von vier Vorständen auch wegen der Kursmanipulationen verurteilt worden seien.
Die Parteien führten in weiterer Folge wie in den bisherigen Schriftsätzen aus und stellten keine weiteren Beweisanträge. Der steuerliche Vertreter verwies abschließend auf die folgenden drei VwGH-Judikate: ; und

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war lt Firmenbuch vom bis Vorstand der ***AG 2*** (***FN-Nummer 2*** - per umbenannt in ***AG 2***) sowie vom bis Prokurist der ***AG 1*** (***FN-Nummer 1***) und bezog aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Staatsanwaltschaft Wien legte dem Beschwerdeführer für den Zeitraum 2002 bis 2009 mehrere strafbare Delikte (schwerer Betrug nach den §§ 146 und 147 StGB, Untreue nach § 153 StGB; teilweise als Mittäter iSd § 12 StGB) zur Last. Seit dem Jahr 2011 agierte der Beschwerdeführer als Kronzeuge iSd § 209a StPO in mehreren Strafverfahren. Mit Schriftsatz der Staatsanwaltschaft Wien vom an den Verein Neustart (BFG-Akt OZ 5 Beilage 1) teilte diese mit, dass gegen den Beschwerdeführer beabsichtigt sei ein Strafverfahren durchzuführen. Die Staatsanwaltschaft Wien würde aber auf Grund der Zusammenarbeit des Beschwerdeführers mit der Staatsanwaltschaft gem § 209a Abs 1 Z 1 und Abs 2 StPO von der Verfolgung zurücktreten, wenn der Beschwerdeführer gemeinnützige Leistungen im Ausmaß von 120 Stunden leiste, binnen sechs Monaten einen Teil des entstandenen Schadens im Ausmaß von € 300.000,- an die ***AG 1*** wiedergutmache und einen Beitrag zu den Pauschalkosten in Höhe von € 250,- an die Staatsanwaltschaft Wien leiste.
Konkret wurden lt Staatsanwaltschaft Wien dem Beschwerdeführer die folgenden 13 Fakten zur Last gelegt (vgl Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien an den Verein Neustart vom - BFG-Akt OZ 5 Beilage 1):

Letztlich stellte die Staatsanwaltschaft Wien das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer gem § 209a Abs 3 StPO nach Erbringung der gemeinnützigen Leistungen im Ausmaß von 120 Stunden und Leistung einer teilweisen Schadensgutmachung in der Höhe von € 300.000,- ein. Konkret führte die Staatsanwaltschaft Wien in der Mitteilung vom (BFG-Akt OZ 8 Beilage ./1) aus:
"Bezugnehmend auf das Diversionsanbot vom ergeht die Mitteilung, dass die Staatsanwaltschaft Wien die dort genannten Ermittlungsverfahren gegen ***Bf*** gemäß § 209a Abs 3 StPO unter Vorbehalt der späteren Verfolgung eingestellt hat. Auf § 209a Abs 4 StPO wird hingewiesen."

Die Schadensgutmachung in der Höhe von € 300.000,- wurde durch den Beschwerdeführer im Jahr 2011 auf das Anderkonto seines Rechtsbeistandes eingezahlt und im Jahr 2013 durch seinen Rechtsbeistand (Wertstellungsdatum lt Kontoauszug Anderkonto - BFG-Akt OZ 5 Beilage 2) an die ***AG 1*** weitergeleitet. Diese Zahlung beantragte der Beschwerdeführer in seiner elektronisch eingebrachten Einkommensteuererklärung vom für das Veranlagungsjahr 2013 als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Weiters beantragte der Beschwerdeführer mit elektronischer eingebrachter Einkommensteuererklärung vom für das Veranlagungsjahr 2012 die Veranlagung von Rechtsanwaltskosten in der Höhe von € 228.000,- als Werbungskosten. Die Rechtsanwaltskosten von € 228.000,- (Honorarnote Nr 12/56 der ***RA OG*** - BFG-Akt OZ 5 Beilage 4) betrafen den Leistungszeitraum Juli bis Dezember 2011. Diese wurden am durch die Kanzlei der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers mit diesem abgerechnet. Bei dieser Honorarnote handle es sich um die Kosten der Gesamtvertretung, welche sowohl für den Schadenersatz, als auch für die Kronzeugenregelung geleistet worden seien.

Der Beschwerdeführer bediente sich sowohl für die Bezahlung der Schadensgutmachung im Jahr 2013 als auch für die Begleichung der Rechtsanwaltskosten im Jahr 2012 eines Darlehens seines Arbeitgebers der ***D AG***, bei welcher der Beschwerdeführer seit 2010 Finanzvorstand war.

Am brachte die ***AG 1*** gegen den Beschwerdeführer eine Schadenersatzklage ein. Diese Klage beruhte auf den strafrechtlichen Tatbeständen, die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen wurden. Das zivilrechtliche Verfahren wurde mit Vergleich vom beendet und der Beschwerdeführer verpflichtete sich darin zur Zahlung eines Betrages in der Höhe von € 1.050.000,- (abzüglich der bereits geleisteten Schadensgutmachung in der Höhe von € 300.000,-).

Die Zahlung von € 300.000,- als Schadensgutmachung und die Zahlung von € 228.000,- an Rechtsanwaltskosten wurden im bisherigen Verfahren seitens des Finanzamtes in den jeweiligen Veranlagungsjahren nicht als Werbungskosten anerkannt.

2. Beweiswürdigung

Den Feststellungen liegen folgende Beweismittel zugrunde und nimmt das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen an:
Honorarnote Nr 12/56 der ***RA OG*** vom (BFG-Akt OZ 5 Beilage 4)
Schriftsatz der Staatsanwaltschaft Wien vom an den Verein Neustart (BFG-Akt OZ 5 Beilage 1)
Kontoauszüge Anderkonto - (BFG-Akt OZ 5 Beilage 2)
Klagsschrift der ***AG 1*** vom (BFG-Akt OZ 8 Beilage 2)
Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wien vom (BFG-Akt OZ 8 Beilage ./1)
Vergleich HG Wien vom (BFG-Akt OZ 6 Beilage 1)
Firmenbuchauszüge der ***AG 1*** (***FN-Nummer 1***) und der ***AG 2*** (***FN-Nummer 2***)

Ergänzend ist zur Beweiswürdigung auszuführen:

Aus dem Firmenbuchauszug der ***AG 1*** (***FN-Nummer 1***) ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer vom bis zum Prokurist dieser Gesellschaft war. Weiters ist aus dem Firmenbuchauszug der ***AG 2*** (***FN-Nummer 2***), die per in ***AG 2*** umbenannt wurde, festzustellen, dass der Beschwerdeführer vom bis zum Vorstand dieser Gesellschaft war. Die Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass er "glaublich in jeder Gesellschaft der ***AG 1*** Prokurist war", deckt sich dementsprechend nicht mit den Angaben im Firmenbuch, sondern bekleidete der Beschwerdeführer im Zeitraum vom bis zum auch eine Vorstandsposition bei in der ***AG 2***.

Die ***AG 1*** klagte den Beschwerdeführer als "Opfer zahlreicher Malversationen", beschränkte die Klagserzählung aber in der Schadenersatzklage vom auf einen Sachverhalt, nämlich auf das "Employee Stock Options Programm 2000-2004" (vgl Klagsschrift vom - BFG-Akt OZ 8 Beilage 2, Seite 3 der Klage "Die beklagte Partei war nach eigenen Aussagen in zahlreiche Sachverhalte, die derzeit von den Strafgerichten aufgearbeitet werden, aktiv und vorsätzlich beteiligt. Wir beschränken die Klagserzählung auf einen dieser Sachverhalte, da über diesen bereits die Protokolle der Hauptverhandlung vorliegen."). Die auf dem Vergleich vom beruhende Schadenersatzzahlung des Beschwerdeführers an die ***AG 1*** beruht daher, entgegen der Darstellung des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung, auf mehreren einzelnen, voneinander unterschiedlichen, Tatvorwürfen seitens der Staatsanwaltschaft Wien.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die im gegenständlichen Verfahren zu klärende Rechtsfragen sind, ob die im Rahmen der "Kronzeugenregelung" iSd § 209a StPO geleistete Schadensgutmachung in der Höhe von € 300.000,- sowie die Rechtsanwaltskosten in der Höhe von € 228.000,- als Werbungskosten von den nichtselbständigen Einkünften des Beschwerdeführers abzugsfähig sind.

a. Schadensgutmachung - beantragt als Schadenersatz im Rahmen der Werbungskosten im Jahr 2013

Die sogenannte "Kronzeugenregelung" ist in § 209a StPO unter dem Titel "Rücktritt von der Verfolgung wegen Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft" und in § 209b StPO unter dem Titel "Rücktritt von der Verfolgung wegen Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einer kartellrechtlichen Zuwiderhandlung" geregelt. Der für das gegenständliche Verfahren maßgebliche § 209a StPO findet sich im Gefüge der Strafprozessordnung unter dem 3. Teil im 11. Hauptstück der StPO, wobei das 11. Hauptstück der StPO die Überschrift "Rücktritt von der Verfolgung (Diversion)" trägt. § 209a StPO normiert in Absatz 1:
"(1) Die Staatsanwaltschaft kann nach den §§ 200 bis 203 und 205 bis 209 vorgehen, wenn ihr der Beschuldigte freiwillig sein Wissen über Tatsachen offenbart, die noch nicht Gegenstand eines gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens sind und deren Kenntnis wesentlich dazu beiträgt,
1. die Aufklärung einer der Zuständigkeit des Landesgerichts als Schöffen- oder Geschworenengericht oder der WKStA (§§ 20a und 20b) unterliegenden Straftat entscheidend zu fördern, oder
2. eine Person auszuforschen, die in einer kriminellen Vereinigung, kriminellen Organisation oder terroristischen Organisation führend tätig ist oder war.
"

Der Vorwurf in der mündlichen Verhandlung seitens des steuerlichen Vertreters, dass nämlich der Sachverhalt zu Beginn der Verhandlung nicht korrekt wiedergegeben worden sei und es sich im gegenständlichen Verfahren nicht um eine Diversionszahlung, sondern um die "Kronzeugenregelung" handle, ist nicht mit den tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten in Einklang zu bringen. Wie bereits dargestellt, ist die "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO im 3. Teil, 11. Hauptstück der StPO unter dem Titel "Rücktritt von der Verfolgung (Diversion)" geregelt. Damit ist auch die "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO (Rücktritt von der Verfolgung wegen Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft) als eine Erledigung im Rahmen der Diversion anzusehen.

§ 209a StPO nimmt dementsprechend Bezug auf die Bestimmungen der §§ 200 StPO (Zahlung eines Geldbetrages), § 201 StPO (Gemeinnützige Leistungen) und § 203 StPO (Probezeit), klammert aber die Bestimmung des § 204 StPO (Tatausgleich) aus.

Im gegenständlichen Verfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Vorgehens nach § 209a StPO (Kronzeugenregelung) der Rücktritt von der Verfolgung davon abhängig gemacht, dass der Beschwerdeführer gemeinnützige Leistungen iSd § 201 Abs 1 iVm § 209a StPO im Ausmaß von insgesamt 120 Stunden leistet (vgl Punkt 1./ im Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien an den Verein Neustart vom - BFG-Akt OZ 5 Beilage 1).

§ 201 StPO sieht in Abs 3 vor, dass "der Beschuldigte binnen einer zu bestimmenden Frist von höchstens sechs Monaten den aus der Tat entstandenen Schaden gutmacht oder sonst zum Ausgleich der Folgen aus der Tat beiträgt und dies unverzüglich nachweist". Diese Schadensgutmachung iSd § 201 Abs 3 StPO hat die Staatsanwaltschaft Wien dem Beschwerdeführer ebenfalls auferlegt, wenn sie schreibt, dass die weitere Verfolgung unterbleibt, wenn der Beschwerdeführer "binnen sechs Monaten einen Teil des entstandenen Schadens im Ausmaß von € 300.000,- durch Leistung einer Zahlung an die ***AG 1*** gut macht" (vgl Punkt 2./ im Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien an den Verein Neustart vom - BFG-Akt OZ 5 Beilage 1).

Die Anwendung der "Kronzeugenregelung" des § 209a Abs 1 und 2 StPO wurde somit seitens der Staatsanwaltschaft ua davon abhängig gemacht, dass der Beschwerdeführer "binnen sechs Monaten einen Teil des entstandenen Schadens im Ausmaß von € 300.000,- durch Leistung einer Zahlung an die ***AG 1*** gut macht". Die Schadensgutmachung iSd § 209a StPO iVm § 201 Abs 3 StPO ist dementsprechend als "conditio sine qua non" für die Erlangung der Straffreiheit und die Anwendung der "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO zu verstehen. Damit ist die Leistung einer Zahlung von € 300.000,- an die, durch das Verhalten des Beschwerdeführers, geschädigte ***AG 1*** als Leistung aus Anlass eines Rücktrittes von der Verfolgung iSd § 20 Abs 1 Z 5 lit e EStG 1988 anzusehen. Ohne diese Leistung der € 300.000,- wäre ein Rücktritt von der Verfolgung der Staatsanwaltschaft gem § 209a StPO iVm § 201 StPO nicht möglich gewesen und es wäre zu keiner diversionellen Erledigung iSd 11. Hauptstückes der StPO (§§ 198 ff StPO) gekommen.

§ 20 Abs 1 Z 5 lit e EStG 1988 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lautete:
"(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden: […]
5.
[…]
e) Leistungen aus Anlass eines Rücktrittes von der Verfolgung nach der Strafprozessordnung oder dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (Diversion)."

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2011 (BGBl I 76/2011) wurde das bisherige Abzugsverbot für Strafen zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auf sämtliche Strafen und Geldbußen erweitert. Diesbezüglich wurde auch das Abzugsverbot betreffend Leistungen aus Anlass einer Diversion zB aus Anlass eines Rücktritts von der Strafverfolgung gem §§ 198 ff StPO erstmalig in das Gesetz aufgenommen. Die Materialien (EräutlRV AbgÄG 2011 - 1212 Blg XXIV. GP) anlässlich der Änderung des § 20 EStG 1988 beinhalten zu der erstmalig neu eingeführten Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 5 EStG auf Seite 17 Folgendes:
"Zu Z 8 (§ 20 Abs.1 Z 5 EStG 1988):
[…]
Auch Ausgaben, die als Abgabenerhöhung im Sinne des Finanzstrafgesetzes (zB der Verkürzungszuschlag gemäß § 30a) zu leisten sind, sollen nicht abzugsfähig sein. Die im FinStrG vorgesehenen Abgabenerhöhungen sind Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. c BAO. Nebenansprüche teilen das Schicksal der betreffenden Abgabe. Sind Betriebssteuern Grundlage für die Abgabenerhöhungen, würde dies dazu führen, dass auch der Verkürzungszuschlag wie die Betriebssteuer abzugsfähig ist. Da der Verkürzungszuschlag Straffreiheit vermittelt, soll er wie eine verhängte Strafe behandelt werden und daher nicht abzugsfähig sein. Dem gleichen Gesichtspunkt liegt auch die ausdrückliche Verankerung der Nichtabzugsfähigkeit von Leistungen aus Anlass einer Diversion (Rücktritt von der Strafverfolgung, §§ 198 ff StPO) zu Grunde, die der bisherigen Behandlung in der Verwaltungspraxis (Rz 358 der Lohnsteuerrichtlinien 2002) entspricht."

Aus den Materialien zu § 20 EStG 1988 ist ersichtlich, dass ebenso wie die Abgabenerhöhungen iSd FinStrG auch die Leistungen aus Anlass einer Diversion Straffreiheit vermitteln und daher vom Abzugsverbot des § 20 EStG 1988 mitumfasst sein sollen. Die "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO ist - wie bereits dargestellt - in der StPO im 11. Hauptstück unter der Überschrift "Rücktritt von der Verfolgung (Diversion)" geregelt und ist dementsprechend die Anwendung der sogenannten "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO als diversionelle Maßnahme anzusehen. Für diese Rechtsansicht spricht auch, dass selbst die Staatsanwaltschaft Wien in ihrer Mitteilung vom (BFG-Akt OZ 8 Beilage ./1) von einem "Diversionsanbot" spricht. Da die Schadensgutmachung in der Höhe von € 300.000,- durch den Beschwerdeführer geleistet werden musste, um überhaupt in den Genuss der "Kronzeugenregelung" des § 209a StPO (Rücktritt von der Verfolgung) zu kommen, ist diese Schadensgutmachungszahlung unter den Begriff der Leistung aus Anlass eines Rücktrittes von der Verfolgung nach der Strafprozessordnung iSd § 20 Abs 1 Z 5 lit e EStG 1988 zu subsumieren.

Insgesamt ist daraus abzuleiten, dass das Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 5 lit e EStG 1988 betreffend Leistungen aus Anlass eines Rücktrittes von der Verfolgung nach der Strafprozessordnung oder dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (Diversion) im gegenständlichen Fall auf die Leistung einer Zahlung von € 300.000,- als Schadensgutmachung iSd § 201 Abs 3 StPO iVm § 209a StPO zur Anwendung gelangt. Die Leistung einer Zahlung von € 300.000,- kann dementsprechend nicht als abzugsfähige Werbungskosten anerkannt werden.

Auch wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nur die Berücksichtigung der Schadensgutmachung als Werbungskosten beantragt hat, ist ergänzend auszuführen, dass gem § 20 Abs 3 S 1 EStG 1988 Aufwendungen und Ausgaben iSd § 20 Abs 1 Z 5 EStG 1988 weder als Sonderausgaben, noch als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können. Es kommen daher hinsichtlich dieser Aufwendungen im Rahmen einer Diversion auch keine anderen steuerlichen Abzugsmöglichkeiten in Betracht.

b. Rechtsanwaltskosten - beantragt als Werbungskosten im Veranlagungsjahr 2012

Während mit dem AbgÄG 2011 für Geldstrafen und Geldbußen ein explizites Abzugsverbot normiert wurde, sind die Kosten eines Strafverfahrens (insbesondere Verteidigungskosten) nicht in den Katalog der nichtabzugsfähigen Aufwendungen iSd § 20 Abs 1 Z 5 EStG 1988 aufgenommen worden. Nach der bisherigen Judikatur des VwGH waren Kosten des Strafverfahrens, soweit diese mit nichtabzugsfähigen Strafen bzw Geldbußen im Zusammenhang stehen, grundsätzlich ebenfalls nicht abzugsfähig. (vgl Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22 § 20, Rz 138/10 samt der dort zitierten Judikatur)

In der jüngeren Judikatur des VwGH ist hinsichtlich der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Kosten eines Strafverfahrens eine neue Rechtsprechungslinie zu erkennen. In der Entscheidung anerkannte der VwGH die Verteidigerkosten zwar nicht, führte allerdings an: "23 […] Dass der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Beschwerdeführer zur Wehr gesetzt hat, im Beschwerdefall ausschließlich und unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer der L Gesellschaften erklärbar und damit betrieblich veranlasst gewesen wäre, legt die Beschwerde nicht dar." Diese Entscheidung des VwGH lässt erkennen, dass die Kosten des Strafverfahrens (insbesondere Verteidigerkosten) unter bestimmten Voraussetzungen Betriebsausgaben/Werbungskosten sein können. Der VwGH spricht Aufwendungen an, die ausschließlich und unmittelbar aus einer betrieblichen/beruflichen Tätigkeit erklärbar und damit betrieblich/beruflich sind. (vgl Zorn in RdW 2016, 634)

In einer anderen Entscheidung des VwGH im Zusammenhang mit dem EU-Kartellverfahren () hat der VwGH zur Abzugsfähigkeit von Verteidigerkosten ausgeführt, dass zwar nach Lehre und Rechtsprechung die Kosten eines Strafverfahrens grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung darstellen. Dieser Beurteilung liegt lt dem VwGH der Gedanke zu Grunde, dass deren auslösende Ursache im schuldhaften Verhalten des Betriebsinhabers und nicht in der Führung des Betriebes liegt. Wie der VwGH jedoch in seinem Erkenntnis vom , 2013/15/0182, ausgeführt hat, könnte eine Abziehbarkeit jedoch dann zu bejahen sein, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Betriebsinhaber zur Wehr gesetzt hat, ausschließlich und unmittelbar aus seiner beruflichen (betrieblichen) Sphäre erklärbar und damit betrieblich veranlasst ist. In dem Erkenntnis des , hatte der VwGH über den Sachverhalt einer Kartellbildung und Preisabsprachen mit anderen Herstellern bestimmter Werkstoffe zu entscheiden. Der VwGH sah darin einen Kausalzusammenhang zwischen den Verteidigerkosten im Rahmen eines Kartellverfahrens und dem Betrieb. Die vorgeworfene Tat der Preisabsprache mit anderen Herstellern bestimmter Werkstoffe erklärt sich unmittelbar aus deren betrieblichen Tätigkeit. Der vorsätzliche Beschluss des Unternehmens auf Kartellbildung zielt auf Umsatz- und Gewinnmaximierung ab und liegt im ausschließlichen betrieblichen Interesse. In seinem Erkenntnis kam der VwGH dementsprechend zu dem Schluss, dass die Verteidigerkosten in Zusammenhang mit dem Kartellverfahren im ausschließlichen betrieblichen Interesse gelegen und daher auch abzugsfähig sind.

Zusammengefasst ist aus der Rechtsprechung des VwGH abzuleiten, dass der VwGH bei nachgewiesener betrieblicher/beruflicher Veranlassung, unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens, Strafverteidigungskosten zum Abzug zulässt. Damit nähert sich der VwGH der Rechtsprechung des BFH an, welcher keinen (ausschließlichen) betrieblichen/beruflichen Zusammenhang annimmt, wenn die berufliche Tätigkeit nur eine Gelegenheit zur Tatbegehung verschafft, die Tat jedoch von persönlichen Motiven getragen wird. (vgl dazu Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22 § 20, Rz 138/12 samt der dort zitierten Judikatur)

Für den gegenständlich zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die Frage geklärt werden muss, ob die Verteidigerkosten in der Höhe von € 228.000,- auf einer betrieblichen/beruflichen Veranlassung beruhen. Gegen eine betriebliche/berufliche Veranlassung spricht der Umstand, dass der ***AG 1*** und der ***AG 2*** aus den verschiedenen Taten des Beschwerdeführers kein Vorteil zuteil wurde. Gegen eine betriebliche/berufliche Veranlassung spricht auch, dass die ***AG 1*** einen Zivilprozess betreffend den Schaden, der aus den mehrfachen Malversationen des Beschwerdeführers mit mehreren Mittätern entstand, anstrengte. Die ***AG 1*** klagte den Beschwerdeführer auf Schadenersatz in der Höhe von € 2.000.000,-. Der Zivilprozess endete mit einem Vergleich (Vergleich vom - BFG-Akt OZ 6 Beilage 1), mit welchem der Beschwerdeführer sich verpflichtete (inklusive der bereits geleisteten Schadensgutmachung im Rahmen der "Kronzeugenregelung" in der Höhe von € 300.000,-) einen Gesamtschadenersatz von € 1.050.000,- zu leisten.

Der Beschwerdeführer konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht glaubwürdig darstellen, dass die von der Staatsanwaltschaft ihm zur Last gelegten Malversationen im wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse der ***AG 1*** oder der ***AG 2*** gelegen wären. Der Beschwerdeführer war vom bis Vorstand der ***AG 2*** (***FN-Nummer 2***) und als solcher hat er gem § 70 Abs 1 AktG unter eigener Verantwortung die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer sowie des öffentlichen Interesses es erfordert. Als Vorstand unterliegt er daher keinen Weisungen (vgl J. Reich-Rohrwig in Artmann/Karollus AktG II6 § 70 Rz 18; Herzer/Strobl in Gratzl/Hausmaninger/Justich, Handbuch zur Aktiengesellschaft2 Aufgaben und Pflichten des Vorstandes Rz 89). Die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass er Scheinrechnungen zum finanziellen Vorteil des Unternehmens auf Grund von Weisungen ausstellen habe lassen, erweist sich dementsprechend, zumindest für den Zeitraum in dem der Beschwerdeführer Vorstand der ***AG 2*** war, als nicht glaubwürdig.

Nach der Darstellung des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung soll sich die Schadenersatzzahlung ausschließlich auf das Anklagefaktum "stock options" (Aktienoptionsprogramm) beziehen. Dazu ist festzustellen, dass die Schadensgutmachungszahlung in der Höhe von € 300.000,- im Rahmen der "Kronzeugenregelung" (§ 209a StPO) entsprechen der Darstellung der Staatsanwaltschaft in ihrem Schreiben vom (BFG-Akt OZ 5 Beilage 1) sich auf insgesamt 13 Anklagefakten bezieht, von welchen das Anklagefaktum "stock options" lediglich eines war.

Insgesamt war festzustellen, dass es dem Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht in glaubwürdiger und nachvollziehbarer Weise gelungen ist, darzulegen in welcher Form und Umfang die ***AG 1*** bzw die ***AG 2*** Nutznießerin der Malversationen des Beschwerdeführers war. Der erkennende Senat konnte in den Malversationen des Beschwerdeführers nicht erkennen, dass diese im betrieblichen Interesse der ***AG 1*** bzw die ***AG 2*** gelegen wären, wie dies der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung anhand des Beispiels der angepassten [...] vorbrachte. Denn gegen ein wirtschaftliches Interesse der ***AG 1*** bzw der ***AG 2*** an den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Malversationen spricht vor allem der Umstand, dass die ***AG 1*** gegen den Beschwerdeführer eine Schadenersatzklage eingebracht hat, die in einen rechtskräftigen Vergleich mündete.

In der mündlichen Verhandlung vom verwies der steuerliche Vertreter auf drei VwGH-Judikate, welche zwar zu Sachverhalten ergangen seien, die nicht zu 100% ident mit dem gegenständlichen seien, die aber aus der Sicht des steuerlichen Vertreters den rechtlichen Standpunkt des Beschwerdeführers zu stützen vermögen. Konkret führte der steuerliche Vertreter die folgenden VwGH-Judikate an: ; und .

Das Erkenntnis des , erging in Zusammenhang mit einem EU-Kartellverfahren und wurde bereits weiter oben in der rechtlichen Würdigung erwähnt. In diesem Erkenntnis führte der VwGH aus, dass die von der Europäischen Kommission vorgeworfene Tat der Preisabsprache sich unmittelbar aus der betrieblichen Tätigkeit erklärt. Der VwGH ließ dementsprechend den Abzug der Verteidigerkosten als Werbungskosten zu.

In dem Erkenntnis des , hatte der VwGH über eine Schadenersatzverpflichtung eines GmbH-Geschäftsführers gegenüber der GmbH wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens zu entscheiden. Der VwGH ließ diese Schadenersatzzahlungen als abzugsfähige Werbungskosten zu, weil die Schadenersatzverpflichtung durch die steuerpflichtige Tätigkeit des Geschäftsführers veranlasst war.
Der VwGH führte ua aus:
"18 Es entspricht der - im angefochtenen Erkenntnis - dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Schadenersatzzahlungen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar sind, wenn das eine Schadenersatzverpflichtung begründende pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt wird. Demgegenüber sind Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen ist (vgl. Ra 2015/15/0070, mwN).
[…]
20
[…] Entscheidend kann im gegebenen Zusammenhang lediglich die Frage sein, ob die Schadenersatzzahlungen des Mitbeteiligten durch dessen steuerpflichtige Tätigkeit veranlasst sind (vgl. etwa 2008/15/0259, VwSlg. 8640/F; vgl. auch Ra 2018/13/0052, mwN)."

Das dritte Erkenntnis des beschäftigte sich mit dem Sachverhalt der Zahlung eines Schadenersatzes eines Dienstnehmers an seinen Arbeitgeber. Der VwGH ließ in diesem Erkenntnis die Zahlung eines Schadenersatzes eines Dienstnehmers an seinen Arbeitgeber aus einem Vergleich (Regress der Arbeitgeber-GmbH für eine gerichtliche Kartellstrafe) als abzugsfähige Werbungskosten zu, weil ein erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang zwischen der Vergleichszahlung und der ehemaligen Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers vorliegt.
Der VwGH führt in diesem Erkenntnis aus wie folgt:
"10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage der Abziehbarkeit von Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen entscheidend, welcher Sphäre das Fehlverhalten zuzuordnen ist (vgl. Ra 2018/13/0052, mwN). Wird das eine Schadenersatzverpflichtung begründende pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt, sind die Schadenersatzzahlungen nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten absetzbar (vgl. Ra 2019/15/0063, mwN). Demgegenüber sind Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen ist (vgl. 2002/13/0091; , 95/13/0288, VwSlg. 7618/F). Für die Frage der Abziehbarkeit von Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen ist demnach entscheidend, ob das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen ist oder es als private Verhaltenskomponente das Band zur betrieblichen/beruflichen Veranlassung durchschneidet (vgl. 95/14/0048). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Schadenersatzzahlung aus einem rechtswidrigen Verhalten des Steuerpflichtigen resultiert (vgl. 2008/15/0259, VwSlg. 8640/F, mwN)."

Diese drei Erkenntnisse stützen inhaltlich die bereits dargelegte Argumentation der gegenständlichen Entscheidung. Zum einen konnte entsprechend den bisherigen Ausführungen festgestellt werden, dass die Schadensgutmachungszahlung idH von € 300.000,- eine Leistung aus Anlass eines Rücktrittes von der Verfolgung nach der Strafprozessordnung (Diversion) iSd § 20 Abs 1 Z 5 lit e EStG 1988 ist und damit eine nichtabzugsfähige Aufwendung darstellt. Zum anderen ließ der VwGH Schadenersatzzahlungen und Verteidigungskosten nur dann zu, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen ist und das Fehlverhalten als private Verhaltenskomponente das Band zur betrieblichen/beruflichen Veranlassung nicht durchschneidet (vgl nochmals mwN). In der gegenständlichen Entscheidung wurde bereits ausgeführt, dass die Malversationen des Beschwerdeführers nicht im Interesse seines Arbeitgebers lagen und er diese lediglich unter Ausnützung seiner beruflichen Stellung und getragen von privaten Motiven ausgeführt hat. Eine betriebliche/berufliche Veranlassung der Verteidigerkosten war daher nicht anzunehmen.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in der Höhe von € 228.000,- stellen somit keine Werbungskosten dar.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde die Verteidigerkosten lediglich als Werbungskosten beantragt. Ergänzend zu diesem Antrag ist noch anzumerken, dass eine allfällige Abzugsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten als außergewöhnlich Belastung iSd § 34 EStG 1988 entsprechend dieser Bestimmung außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen sein muss, sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen muss. Gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Schon aus der Wortfolge des § 34 Abs 3 EStG 1988 ergibt sich, dass freiwillig getätigte Aufwendungen nach § 34 EStG 1988 ebenso wenig Berücksichtigung finden können, wie Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (vgl dazu Fuchs in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer Kommentar zu § 34 Rz 8 samt der dort angeführten Judikatur).
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Zwangsläufigkeit einer Ausgabe grundsätzlich stets dann zu verneinen, wenn die Ausgabe auf Tatsachen zurückgeht, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt worden oder sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (vgl hiezu zB ). Die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten ist im Allgemeinen zu verneinen, wenn die Prozessführung Folge eines Verhaltens ist, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat ().
Dementsprechend konnten in den als Werbungskosten geltend gemachten Verteidigungskosten auch keine Aufwendungen erblickt werden, die dem Beschwerdeführer zwangsläufig erwachsen sind und die eine Anerkennung als außergewöhnlich Belastung iSd § 34 EStG 1988 zulassen würden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dieses Erkenntnis stützt sich auf die zitierte VwGH-Rechtsprechung und wurden die gegenständlichen Rechtsfragen anhand dieser Rechtsprechung und den angeführten gesetzlichen Bestimmungen (§ 20 EStG 1988, 3. Teil 11. Hauptstück der Strafprozessordnung) gelöst. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100972.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at