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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.02.2023, RV/7400192/2017

Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen einen Haftungsbescheid, der nicht an den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Beschwerdeführerin, sondern an sie selbst zugestellt wurde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Dr. Georg Lugert, Bahnhofstraße 3, 3390 Melk, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom betreffend Haftung für den Rückstand der ***S1***, ***S1-Adr***, an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in Höhe von 1.958,73 Euro sowie an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen in Höhe von 333,00 Euro, MA 6/DII/R1 - ***1*** E, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der sich in Insolvenz befindenden ***S1***, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***4***.2014 zur Zahl ***2*** ein Konkursverfahren eröffnet worden war, gemäß § 6a Kommunalsteuergesetz 1993 sowie § 6a Dienstgeberabgabegesetz iVm § 80 BAO zur Haftung für deren aushaftende Rückstände an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe herangezogen. Der intendierte Haftungsbescheid erging an die Beschwerdeführerin zuhanden ihres rechtsfreundlichen Vertreters.

Über das Vermögen der Beschwerdeführerin war bereits am ***5***.2013 beim Landesgericht St. Pölten zur Zahl ***3*** ebenfalls der Konkurs eröffnet worden. Dieses Konkursverfahren war zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides noch nicht beendet (vgl. AS 64 ff des Verwaltungsaktes).

Die von ihrem rechtsfreundlichen Vertreter gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung als unbegründet abgewiesen, die Beschwerdeführerin habe den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht erbracht.

In dem fristgerecht vom rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin eingebrachten Vorlageantrag beschwerte sich dieser, dass die von ihm dargestellten Umstände nicht berücksichtigt worden seien.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und legte im Vorlagebericht vom die ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Ermessensübung dar. Da es der Beschwerdeführerin nach Meinung der belangten Behörde nicht gelungen sei, den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen, werde der Antrag gestellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der vorher zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit Wirkung der nunmehr zuständigen Gerichtabteilung 1060 zugeteilt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. ; , 93/17/0318; ; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 260 Rz 8).

Durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das der Gemeinschuldnerin zu dieser Zeit gehört oder das sie während des Konkurses erlangt (Konkursmasse, Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs. 1 KO, nunmehr § 2 Abs. 2 IO). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse der Gemeinschuldnerin beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin iSd § 80 BAO (vgl. ). Auch die Geltendmachung der Haftung der Gemeinschuldnerin für Abgaben betrifft die Konkursmasse (vgl. bspw. ; ; sowie ).

Während des Konkursverfahrens dürfen somit weder Abgabenbescheide noch Haftungsbescheide, mit welchen die Gemeinschuldnerin zur Haftung herangezogen werden soll, an die Gemeinschuldnerin gerichtet werden. Eine nach Konkurseröffnung an die Gemeinschuldnerin gerichtete Erledigung geht ins Leere; sie entfaltet weder eine Wirkung für die Gemeinschuldnerin noch für den Masseverwalter.

Die gilt in gleicher Weise für Haftungsbescheide, mit welchem eine Gemeinschuldnerin zur Haftung für Abgaben herangezogen werden soll (vgl. bspw. ; sowie ; und die dort angeführte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes

Die angefochtene Erledigung konnte daher gegenüber der Gemeinschuldnerin, der in den die Masse betreffenden Angelegenheiten gemäß § 1 Abs. 1 KO die Verfügungsfähigkeit entzogen war, nicht wirksam erlassen werden. Die angefochtene Erledigung wäre daher an den Masseverwalter und nicht an die Gemeinschuldnerin zu richten und dem Masseverwalter zuzustellen gewesen (vgl. bspw. ; ; ).

Die als Haftungsbescheid intendierte Erledigung vom ist daher nicht rechtswirksam ergangen, da sie der Beschwerdeführerin zuhanden ihres rechtsfreundlichen Vertreters und nicht dem Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Beschwerdeführerin zugestellt wurde.

Die Beschwerde war daher mangels Rechtswirksamkeit des bekämpften Bescheides gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die Frage der Rechtswirksamkeit des angefochtenen Bescheides und der sich daraus ergebenden Zulässigkeit der zu beurteilenden Bescheidbeschwerde im Sinne der angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise







Ritz/Koran, BAO7, § 260 Rz 8


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400192.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at