Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.03.2023, RV/5101312/2015

Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag ist bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft zu beantragen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2012 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schreiben vom die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für das Jahr 2012 und begründete sie dies damit, dass der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag bei der Erklärung für das Jahr 2012 nicht berücksichtigt worden sei.

Diesen Antrag wies das Finanzamt Braunau Ried Schärding mit Bescheid vom ab und führte es in der Begründung aus, dass der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag nur bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft beantragt werden könne. Nachfolgende Rechtskraftbeseitigungen würden jedoch zu keiner Öffnung der Antragsmöglichkeit für nachgeholte Anträge führen.

Mit Antrag vom begehrte die beschwerdeführende Partei erneut die Wiederaufnahme des Verfahrens in Bezug auf die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2012. Neben der Darlegung der Wiederaufnahmsgründe ersuchte die beschwerdeführende Partei abermals um Berücksichtigung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags.

Diesem Antrag gab das Finanzamt Braunau Ried Schärding mit Bescheid vom statt und erließ es einen neuen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2012 mit gleichem Datum. In diesem Bescheid berücksichtigte das Finanzamt Braunau Ried Schärding die von der beschwerdeführenden Partei dargelegten Auswirkungen der Wiederaufnahmsgründe. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag erfuhr hingegen keine Berücksichtigung und verwies das Finanzamt Braunau Ried Schärding in der Bescheidbegründung auf den Bescheid vom über die Abweisung des Antrags vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2012.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom Beschwerde und führte sie darin aus, dass die Begrenzung der Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft des Bescheides weder Deckung im materiellen Recht noch im Verfahrensrecht finde. § 10 Abs. 7 EStG 1988 normiere, dass die Beantragung bis zur Rechtskraft des Bescheides möglich sei und sei durch die Wiederaufnahme die erstmalige Rechtskraft durchbrochen. Aus diesem Grund sei der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag nunmehr zu berücksichtigen.

Das Finanzamt Braunau Ried Schärding wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und begründete sie diese Entscheidung unter Verweis auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage abermals damit, dass der Antrag auf Berücksichtigung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags nur bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft geltend gemacht werden könne.

Mit Antrag vom begehrte die beschwerdeführende Partei die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und wiederholte sie das Beschwerdevorbringen, wonach durch die Wiederaufnahme des Verfahrens die Rechtskraft des ursprünglichen Bescheides durchbrochen worden sei. Da die BAO eine teilweise Durchbrechung der Rechtskraft nicht kenne, stehe die Rechtsmeinung der Finanzverwaltung nicht in Einklang mit dem Gesetz.

Festgestellter Sachverhalt

Die beschwerdeführende Partei reichte am die Steuererklärung betreffend das Jahr 2012 ein und machte sie darin keinen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag geltend.

Mit Bescheid vom erfolgte die erklärungsgemäße Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für das Jahr 2012. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Antrag vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens begehrte die beschwerdeführende Partei erstmalig die Berücksichtigung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags.

Mit Bescheid vom wurde das Verfahren betreffend die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO wiederaufgenommen und erfolgte mit weiterem Bescheid vom eine erneute Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2012.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen haben ihre Grundlage im Steuerakt der Beschwerdeführerin.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 10 Abs. 7 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I 76/2011 sind Voraussetzungen für die Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags:

1. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag wird in der Einkommensteuererklärung oder Feststellungserklärung an der dafür vorgesehenen Stelle ausgewiesen. Der Ausweis hat getrennt zu erfolgen für

jenen Teil des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages, der durch körperliche Anlagegüter gedeckt ist, und

jenen Teil des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages, der durch Wertpapiere gedeckt ist.

2. Wirtschaftsgüter, die der Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages dienen, sind in einem Verzeichnis auszuweisen. In diesem Verzeichnis ist für jeden Betrieb jeweils getrennt für körperliche Anlagegüter gemäß Abs. 3 Z 1 und Wertpapiere gemäß Abs. 3 Z 2 auszuweisen, in welchem Umfang die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Deckung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages beitragen. Das Verzeichnis ist der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen. Die Antragstellung oder eine Berichtigung des Verzeichnisses ist bis zur Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuerbescheides oder Feststellungsbescheides möglich.

Zur Frage, bis wann ein Antrag auf Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags eingebracht werden muss, um Berücksichtigung zu finden, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt, dass ein derartiger Antrag nur dann berücksichtigt werden kann, wenn er im Laufe des Verfahrens, also im Allgemeinen bis zur Rechtskraft der Entscheidung gestellt wird. Ein nach Rechtskraft der Entscheidung gestellter Vertrag kann schon aus Gründen des zeitlichen Ablaufs nicht im Rahmen des Verfahrens, das zu jener Entscheidung geführt hat, berücksichtigt werden.

Diese völlig selbstverständliche Voraussetzung bedürfte nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs keiner gesonderten Regelung im Gesetz und ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber Überflüssiges regelt. Wenn daher der Gesetzgeber in § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 vorgesehen hat, dass eine Antragstellung oder eine Berichtigung der Verzeichnisse bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides oder Feststellungsbescheides möglich ist, so ist davon auszugehen, dass damit nicht - überflüssigerweise- geregelt wurde, dass derartige Anträge jeweils bis zur Rechtskraft einer Entscheidung gestellt werden können. Im Hinblick auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist vielmehr davon auszugehen, dass eine derartige Antragstellung oder Berichtigung der Verzeichnisse nur bis zur erstmaligen Rechtskraft einer Entscheidung betreffend Einkommensteuer oder Feststellung von Einkünften möglich ist. Eine Wiederaufnahme oder eine Bescheidänderung eröffnen hingegen keinen weiteren Fristenlauf ().

Da es die beschwerdeführende Partei unterlassen hat, die Berücksichtigung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages bis zur Rechtskraft des Feststellungsbescheides vom betreffend das Jahr 2012 zu beantragen, musste der Beschwerde vor dem Hintergrund der obig zitierten Rechtsprechung der Erfolg versagt bleiben. Die Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens für das Jahr 2012 mit Bescheid vom eröffnete entgegen dem Beschwerdevorbringen keinen weiteren Fristenlauf für einen Antrag auf Berücksichtigung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags und war die Beschwerde infolgedessen als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im beschwerdegegenständlichen Fall relevante Rechtsfrage wurde durch den Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung einer Lösung zugeführt und wich das Bundesfinanzgericht von dieser Rechtsprechung im vorliegenden Erkenntnis nicht ab. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Hinweis: Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet wurden. Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligte als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO).

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101312.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAC-33092