zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 15.02.2023, RV/7101017/2021

Verspätet eingebrachter Vorlageantrag

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Tschechische Republik, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Familienbeihilfe ab Februar 2020 bzw. Juni 2020,
Steuernummer ***Bf1StNr1*** (SVNR. ***Bf1SVNR***), beschlossen:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 und 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Mit Abweisungsbescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin (Bf.) vom auf Familienbeihilfe für deren beiden Kinder (***P...***, geb. am ***1***.2018, und ***M...***, geb. am ***2***.2020) ab Februar 2020 bzw. ab Juni 2020 mit folgender Begründung ab:
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht grundsätzlich nur für die Dauer einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit im Inland oder bei Bezug einer Geldleistung infolge dieser Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit. Kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmerinnen verstößt.
Tätigkeiten, die sich als völlig unwesentlich darstellen, bleiben dabei außer Betracht.
Anspruch auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung besteht auch bei aufrechtem/karenziertem Dienstverhältnis bis zur Vollendung des 24. Lebensmonates des Kindes. Da Sie nach Ihrer ersten Karenzzeit (=nach Geburt Ihres Sohnes ***P...***) Ihre Beschäftigung in Österreich nicht mehr aufgenommen haben und auch kein Bezug des Wochengeldes vorliegt, besteht für ***P...*** ab und für ***M...*** ab kein Anspruch auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung.

Am (laut Eingangsstempel des Finanzamtes) erhob die Bf. innerhalb offener Frist die mit datierte Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid und führte in der Begründung dazu aus:
In Anknüpfung an die aktuellste Judikatur des Bundesfinanzgerichtes und generell an die Existenz eines Rechtsstaates mit antidiskriminierenden Gesetzen bitte ich Sie höflich die Entscheidung Ihres Finanzamtes hinsichtlich meines Anspruches auf Familienbeihilfe für meine zwei Söhne zu überprüfen.
Es stimmt, dass ich leider kein Wochengeld bezogen habe. Die Entscheidung der österreichischen Gesundheitskasse wurde als rechtswidrig erachtet. Jedoch nach rechtlicher Beratung durch die AK aus pragmatischen Gründen nicht angefochten. Diese Tatsache und die Tatsache meiner zweiten Schwangerschaft direkt nach der Karenz mit meinem erstgeborenen Sohn ändern aber aus meiner Sicht nichts daran, dass mein Arbeitsverhältnis legal fortbesteht und dass im Anwendungsbereich der entsprechenden EU-Verordnungen mein Anspruch zu bejahen ist. Die Unterbrechung der faktischen Arbeitstätigkeit ist somit gesetzlich gedeckt.
Ich beantrage daher die Aufhebung des Bescheides und die Zuerkennung der Familienbeihilfe für meine zwei Söhne, für ***P...*** ab Februar 2020 und für ***M...*** ab Juni 2020.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, mit folgender Begründung:
Anspruch auf österreichische Familienleistungen für EU-Bürger für ihre Kinder, die im EU-Ausland leben, besteht grundsätzlich nur für die Dauer einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit im Inland oder bei Bezug einer Geldleistung infolge dieser Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit. Die VO (EG) Nr. 883/2004 ist vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit erlassen worden und gelangt grundsätzlich in Österreich zur Anwendung. Als Kernleistung ist in dieser VO (EG) die Familienbeihilfe vereinbart worden. Diese Verordnung knüpft an die Ausübung einer Beschäftigung. Darunter ist eine rechtmäßige, erlaubte Tätigkeit gegen Arbeitsentgelt zu verstehen. Nach nationalem, österreichischen Recht erfüllen alle beschäftigten ASVG-Versicherten über der Geringfügigkeitsgrenze das Begriffserfordernis. Gemäß Art. 1 der in Geltung stehenden VO (EG) bezeichnet der Ausdruck "Beschäftigung" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaates, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt.
Die österreichische gesetzliche Karenz nach dem Mutterschutz- oder Väterkarenzgesetz ist der Ausübung einer Beschäftigung gleichgestellt und stellt auch eine sogenannte "gleichgestellte Situation" dar. Unter dieser Karenz versteht man die arbeitsrechtliche Freistellung von der Arbeitsleistung anlässlich der Geburt eines Kindes gegen Entfall der Bezüge ohne Sozialversicherung. Die "gesetzliche Karenz" verlängert den Anspruch auf Familienbeihilfe bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Sie gilt ausschließlich für Arbeitnehmer, das sind Personen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses nichtselbständige Einkünfte erzielen. Vereinbarungen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer über zusätzliche Freistellungen, die über die Dauer der gesetzlichen Karenz nach dem Mutterschutz- oder Väterkarenzgesetz (bis maximal zum 2. Geburtstag des Kindes) hinausgehen, sind Sonderurlaube, die nicht unter die Gleichstellung einer Ausübung einer Beschäftigung fallen (siehe dazu BFG-Erkenntnis vom , GZ. RV/7103308/2017).
Ihr Sohn ***P.....***, geb. ***1***.2018, hat am ***1***.2020 sein 2. Lebensjahr vollendet. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie in Österreich weder eine aktive Beschäftigung (egal ob selbständig oder unselbständig) ausgeübt noch sich in einer sogenannten "gleichgestellten Situation" - z.B. Bezug von Krankengeld, Wochengeld etc. - befunden. Am ***2***.2020 - also nach Ablauf der gesetzlichen 2-jährigen Karenzzeit für Sohn ***P...*** - kam Ihr 2. Sohn ***M.....*** zur Welt. Der Anspruch auf österreichische Familienleistungen (Familienbeihilfe oder Ausgleichszahlung) endet mit Ablauf des Monats, in dem die gesetzliche 2-jährige Karenzzeit für Ihr erstes Kind ***P...*** endet. Das ist der Monat Jänner 2020. Für die Zeit bis zur Geburt von ***M...*** bzw. für die Zeit danach liegt keine "gleichgestellte Situation" im Sinne der VO (EG) vor.

Nach dem im Akt als Zustellnachweis für die Beschwerdevorentscheidung aufliegenden Internationalen Rückschein wurde die mit datierte, abweisende Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes am am Ort des Wohnsitzes der Bf. in Tschechien (Bestimmungsort) von einer Person, die mit dem Familiennamen der Bf. (in der männlichen Form) unterschrieb, übernommen. Entsprechend dem Hinweis auf dem Internationalen Rückschein kann dieser Schein vom Empfänger oder, wenn es die Vorschriften des Bestimmungslandes zulassen, von einer anderen dazu ermächtigten Person unterzeichnet werden. Das Zustellorgan am Bestimmungsort bestätigte, die auf dem Rückschein genannte Sendung ordnungsgemäß ausgefolgt zu haben.
Nach Rücksendung des Internationalen Rückscheins langte dieser am schließlich beim Finanzamt ein.

Der mit Orts- und Datumsangabe "***[Wohnsitzgemeinde.Bf1]***, am " (gemeint war 2021) versehene Vorlageantrag der Bf. wurde mit folgender Begründung eingebracht:
Es ist für mich nicht nachvollziehbar aufgrund welcher Rechtsquellen Ihre Behörde das Bestehen meines Anspruches auf Familienbeihilfe seit 02/2020 verneint.
Auszuführen ist, dass es sich an meinem Beschäftigungsstatus nichts geändert hat. Mein Arbeitsverhältnis dauert fort. Ich habe mit dem Arbeitgeber Karenz im gesetzlichen Ausmaß von 2 Jahren vereinbart. Ihr Argument, dass eine gleichgestellte Situation nur bei einer Karenz bis maximal 2. Geburtstag des Kindes gegeben ist, verstehe ich. Nur begründen Sie absolut nicht, was bei einer neuerlichen Geburt während der Karenz oder einer weiteren gesetzlichen Schutzfrist (vorzeitiger Mutterschutz bzw. absoluter Beschäftigungsverbot vor der Geburt) passieren sollte und Sie erlassen gleich ohne nähere Prüfung des Einzelfalles eine negative Entscheidung. Aus meiner Sicht kann und ist eine solche Vorgangsweise sowohl mit dem geltenden österreichischen Recht als auch dem Europarecht nicht vereinbar. Im Anwendungsbereich der VO 883/2004 des Rates der EU werden der Mutterschutz und die gesetzliche Karenz für die Beurteilung von Ansprüchen an Familienleistungen als der Beschäftigung gleichgestellte Situationen beurteilt. Diese Ansicht hat auch der OGH mehrmals bestätigt. Die Tatsache, ob während dem Mutterschutz Wochengeld, ob auch rechtswidrig, nicht ausbezahlt wird, spielt dabei keine Rolle.
Nach der Karenz mit meinem ersten Sohn befand ich mich schon seit Anfang Jänner in einer Risikoschwangerschaft und war bei mir der vorzeitige Mutterschutz gegeben. Ich habe somit formal meine Beschäftigung aufgenommen, wobei ich aufgrund des rechtlichen Beschäftigungsverbotes der werdenden Mutter aktiv nicht gearbeitet habe. Ich kann aber deswegen nicht benachteiligt werden, dass ich legal vorgehe und österreichische Gesetze ordnungsgemäß angewendet werden. Das wäre nicht nur aus der Sicht des supranationalen Europarechtes eine direkte Diskriminierung durch das nationale Recht eines Mitgliedstaates.
Beim Wochengeld habe ich aus pragmatischen Gründen auf ein Verfahren verzichtet. In der heutigen Situation bin ich bereit, meinen Anspruch auch im Instanzenzug durchzusetzen.

Auf dem mit datierten Vorlageantrag befindet sich der Finanzamtsstempel
"FAÖ-Postfach 260 P.A. ".

Das Finanzamt legte die Beschwerde mit nachfolgendem Sachverhalt und Anträgen vor:
Sachverhalt:
Vor Geburt des ersten Kindes, war die (Bf.) bei ***S.*** Gastronomiebetriebs- und Handelsgesellschaft m.b.H. als Arbeiterin beschäftigt. Der erste Sohn der (Bf.) ***P.....*** (geb. ***1***.2018) hat am ***1***.2020 sein 2. Lebensjahr vollendet. Ab diesem Zeitpunkt hat die (Bf.) in Österreich weder eine aktive (selbständige oder unselbständige) Beschäftigung ausgeübt, noch sich in einer sogenannten gleichgestellten Situation (z.B. Krankengeld- oder Wochengeldbezug etc.) befunden.
Am ***2***.2020 - also nach Ablauf der gesetzlichen zweijährigen Karenz v. ***1***.2018 bis ***1***.2020 für ihren Sohn ***P...*** - kam der zweite Sohn ***M.....*** zur Welt. Die Bf. begehrt für ihren ersten Sohn ***P...*** ab Februar 2020 und für ihren zweiten Sohn ***M...*** ab Juni 2020 die Familienbeihilfe.
In der Folge wurde ein Abweisungsbescheid vom erlassen, da der Anspruch auf österreichische Familienleistungen/Ausgleichszahlung mit Ablauf des Monats Jänner 2020, in dem die gesetzliche zweijährige Karenz für ihr erstes Kind ***P...*** endete. In diesem Sinne lag für die Zeit bis zur Geburt des zweiten Kindes (***M...***) bzw. für die Zeit danach keine gleichgestellte Situation im Sinne der VO (EG) vor.
Die Bf. erhob gegen den Abweisungsbescheid eine Bescheidbeschwerde (eing. ) und beantragte die Aufhebung des Abweisungsbescheides und Zuerkennung der Familienbeihilfe für ***P...*** ab Feb. 2020 und für ***M...*** ab Juni 2020.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom (zugestellt am ) als unbegründet abgewiesen. Daraufhin beantragte die Bf. die Vorlage an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag eing. am ).
Stellungnahme:
Anspruch auf österreichische Familienleistungen für EU-Bürger für Ihre Kinder, welche im EU-Ausland leben, besteht grundsätzlich nur für die Dauer einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit im Inland oder bei Bezug einer Geldleistung infolge dieser Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit.
Die österreichische gesetzliche Karenz (iSd Mutterschutz- oder VäterkarenzG) ist der Ausübung einer Beschäftigung gleichgestellt und stellt auch eine sog. gleichgestellte Situation dar. Unter dieser Karenz versteht man die arbeitsrechtliche Freistellung von der Arbeitsleistung anlässlich der Geburt eines Kindes gegen Entfall der Bezüge ohne Sozialversicherung. Die gesetzliche Karenz verlängert den Anspruch auf Familienbeihilfe bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Vereinbarungen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer über zusätzliche Freistellungen, die über die Dauer der gesetzlichen Karenz nach dem Mutterschutz- oder VäterkarenzG (bis maximal bis zum zweiten Geburtstag des Kindes) hinausgehen, sind Sonderurlaube, die nicht unter Gleichstellung einer Ausübung einer Beschäftigung fallen (siehe dazu BFG-Erkenntnis vom , GZ. RV/7103308/2017).
Der erste Sohn der (Bf.) ***P.....*** (geb. ***1***.2018) hat am ***1***.2020 sein 2. Lebensjahr vollendet. Ab diesem Zeitpunkt hat die (Bf.) in Österreich weder eine aktive (selbständige oder unselbständige) Beschäftigung ausgeübt, noch sich in einer sogenannten gleichgestellten Situation (z.B. Krankengeld- oder Wochengeldbezug etc.) befunden.
Am ***2***.2020 - also nach Ablauf der gesetzlichen zweijährigen Karenz v. ***1***.2018 bis ***1***.2020 für ihren Sohn ***P...*** - kam der zweite Sohn ***M.....*** zur Welt.
Der Familienbeihilfeantrag der Bf. (ab Feb. 2020) wurde in der Folge mit der Begründung abgewiesen, dass der Anspruch auf österreichische Familienleistungen/Ausgleichszahlung mit Ablauf des Monats, in dem die gesetzliche zweijährige Karenz für ihr erstes Kind ***P...*** endete und für die Zeit ab Feb. 2020 bis zur Geburt des zweiten Kindes (***M...***) bzw. für die Zeit danach keine gleichgestellte Situation im Sinne der VO (EG) vorlag.
Es wird der Antrag gestellt das Bundesfinanzgericht möge den Ausführungen des Finanzamtes (siehe auch Abweisungsbescheid vom und Beschwerdevorentscheidung vom ) folgen und somit die Bescheidbeschwerde als unbegründet abweisen.

II. Rechtslage

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist zufolge des § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Nach § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Als Form der Bekanntgabe wird hier u.a. bei schriftlichen Erledigungen die Zustellung genannt.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist ein nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageantrag zurückzuweisen.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

III. Erwägungen

Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde nach dem oben festgehaltenen Verfahrensgang am übernommen und die ordnungsgemäße Ausfolgung bestätigt. Damit war die Beschwerdevorentscheidung zugestellt.

Durch die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am (Montag) begann die einmonatige Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264 Abs. 1 BAO) zu laufen und endete zufolge des § 108 Abs. 2 BAO am (Donnerstag).

Der Vorlageantrag enthält die Orts- und Datumsangabe "***[Wohnsitzgemeinde.Bf1]***, am ". Wie aus dem Verfahrensverlauf ersichtlich ist, kommt als das (richtig gemeinte) Jahr nur 2021 in Betracht.
Um die Rechtzeitigkeit der Einbringung von Schriftsätzen festzuhalten, wird auf den Schriftsätzen ein Finanzamtsstempelabdruck angebracht.
Im vorliegenden Fall wurde der Vorlageantrag mit dem Stempelabdruck
"FAÖ-Postfach 260 P.A.22. Jänner 2021" versehen.

Im Rahmen der Finanzverwaltung ist erlassmäßig geregelt, dass bei Übermittlung durch die Post auf den einlangenden und zu scannenden Schriftstücken das festgestellte verfahrensrelevante Datum auf dem Dokument aufzubringen ist. Das verfahrensrelevante Datum für auf dem Postweg eingelangte Schriftstücke ist das Postaufgabedatum.
Der Vorlageantrag der Bf. vom wurde demgemäß am Freitag, den zur Post gegeben. Der nach der Aktenlage am abgesendete Vorlageantrag wurde somit verspätet eingebracht.

Dies wurde der Bf. mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vorgehalten und ihr Gelegenheit gegeben, diese Feststellungen auf Grund der Aktenlage zu widerlegen und hiezu entsprechende Unterlagen zu übermitteln.

In Beantwortung des Vorhalteschreibens teilte die Bf. Folgendes mit:
In oben bezeichneter Angelegenheit führe ich an, dass ich das Datum nicht genau sagen kann. Ich gehe trotzdem davon aus, dass alle Dokumente rechtzeitig abgesendet wurden und die Frist eingehalten wurde.

Damit wurde der auf Grund der Aktenlage festgestellte Sachverhalt nicht widerlegt
Da ein der erlasskonformen Vorgangsweise widersprechender Sachverhalt nicht erwiesen werden konnte, war der Posteingang des Vorlageantrages mit dem Postaufgabedatum erfasst worden, womit der Vorlageantrag verspätet eingebracht worden war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV. Nur im Übrigen wird der Vollständigkeit halber zur Abweisung des Antrages der Bf. auf Familienbeihilfe durch das Finanzamt angemerkt:

Sachverhalt:

Die Bf. (Angehörige der Tschechischen Republik mit Wohnort in Tschechien) war seit April 2010 bei einem Gastronomiebetrieb in Österreich beschäftigt.
Von bis bezog die Bf. Wochengeld von der Österreichischen Gesundheitskasse als RNF der NÖGKK.
Am ***1*** 2018 gebar die Bf. ihr erstes Kind, einen Sohn.

Anspruch der Bf. auf Kinderbetreuungsgeld meldete die Österreichische Gesundheitskasse bis . Bis zu diesem Zeitpunkt war die Bf. in Österreich sozialversichert.
Die gesetzliche zweijährige Karenzzeit für das erste Kind dauerte bis zu diesem Zeitpunkt.

Ab dem Jahr 2019 wurden im Abgabeninformationssystem keine Bezüge der Bf. welcher Art auch immer ausgewiesen.
Laut Sozialversicherungsdatenabfrage scheint ab dem Jahr 2019 betreffend die Bf. keine Dienstgeberadresse in Österreich auf.

Am ***2*** 2020 gebar die Bf. ihren zweiten Sohn.

Diese Feststellungen beruhen auf der Aktenlage, Abgabeninformationssystem-Abfragen und der Auskunft aus den Sozialversicherungsdaten.

Rechtslage:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten. Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 3 Abs. 2 FLAG 1967 für Kinder, die nichtösterreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Nach § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum(EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Liegt ein Sachverhalt vor, der zwei oder mehr Mitgliedstaaten der Europäischen Union berührt, ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. EU Nr. L 166 vom in der durch ABl. EU Nr. L 200 vom berichtigten Fassung (im Folgenden: VO 883/2004) anzuwenden.

Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 ("Persönlicher Geltungsbereich") lautet:
(1) Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Gem. Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 umfasst der sachliche Geltungsbereich der VO ua alle Rechtsvorschriften, die den Zweig der sozialen Sicherheit "Familienleistungen" betreffen. Der Begriff Familienleistungen wird in Art. 1 lit. z VO 883/2004 definiert als "alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I."

Zu den im österreichischen Recht vorgesehenen Familienleistungen in diesem Sinn gehören unter anderem die im FLAG 1967 geregelte Familienbeihilfe, der im EStG 1988 geregelte Kinderabsetzbetrag sowie das Kinderbetreuungsgeld iSd KBGG (Gebhart in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG² § 53 Rz 148f).

Da die Bf. tschechische Staatsbürgerin und damit Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union ist, im Streitzeitraum einen Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hatte und die Familienbeihilfe als Familienleistung iSd Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 qualifiziert ist, gilt die VO 883/2004 für sie sowie für ihre Familienangehörigen.

Art. 4 VO 883/2004 ("Gleichbehandlung") lautet:
Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Demnach finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nichtösterreichische Staatsbürger sind, auf die Bf. und ihre Familienangehörigen keine Anwendung.

Art. 7 VO 883(2004 ("Aufhebung der Wohnortklauseln") lautet:
Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Demzufolge finden die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG 1967, die für den Familienbeihilfenbezug auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellt, des § 2 Abs. 8 FLAG 1967, die auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, und des § 5 Abs. 3 FLAG 1967, das einen vom Wohnort abhängigen Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland vorsieht, gemäß Art. 7 VO 883/2004 insoweit keine Anwendung.

Von den unter Kapitel 8 ("Familienleistungen") der VO 883/2004 angeführten Bestimmungen (Art. 67 ff leg. cit.) sind im beschwerdegegenständlichen Fall die Art. 67 und 68 leg. cit. maßgebend.

Art. 67 VO 883/2004 ("Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen") lautet:
Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. …

Art. 68 VO 883/2004 ("Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen") lautet:
(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:
i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeitausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;
ii) …
iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.
(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Einer Anwendung der Art. 67 und 68 VO 883/2004 vorgeschaltet ist zunächst die Prüfung, welcher Rechtsordnung die betreffende Person nach der Maßgabe der Art. 11 ff VO 883/2004 unterliegt.

Art. 11 der VO 883/2004 lautet:
(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:
a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
…..
e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

Demnach ist im beschwerdegegenständlichen Fall zunächst zu prüfen, ob bzw. für welche Zeiträume gem Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004 eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, die zur Anwendbarkeit des österreichischen Rechts führt. Liegt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit nicht vor, sind gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. e VO 883/2004 - unter der Prämisse, dass die Spezialbestimmungender lit. b bis d nicht zur Anwendung gelangen - die Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates (hier: Tschechien) anwendbar.

Art. 1 lit. a bzw. b der VO 883/2004 definiert die Begriffe der "Beschäftigung" bzw. der "selbstständigen Erwerbstätigkeit" als jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt.

Daneben fingiert Art. 11 Abs. 2 VO 883/2004 unter den dort genannten Umständen das Vorliegen einer Beschäftigung bzw. selbstständigen Erwerbstätigkeit, wenn infolge der Beschäftigung bzw. selbständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung bezogen wird. Diese Fiktion bewirkt, dass auch während des kurzfristigen Bezuges von Geldleistungen der sozialen Sicherheit bei vorübergehender Einstellung der Tätigkeit (zB Krankengeld) weiterhin von einer Ausübung der Tätigkeit auszugehen ist.

Während die Bestimmung des Art. 11 Abs. 2 VO 883/2004 nach der Rechtsprechung des OGH einen Kernbereich des unionsrechtlichen Begriffs "Beschäftigung" bzw "selbstständige Erwerbstätigkeit" darstellt und somit der Bezug von Leistungen, die unter diese Bestimmung zu subsumieren sind, unabhängig vom nationalen Recht des jeweiligen Mitgliedstaates als Ausübung einer Beschäftigung bzw. selbstständigen Erwerbstätigkeit zu werten ist, ist im Übrigen zur Präzisierung der Begriffsdefinition auf die nationalen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit zurückzugreifen (vgl. 10 Ob S 117/14z; 10 Ob S 51/17y).

Einheitliche europarechtliche Begriffsbestimmungen existieren somit - außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 11 Abs. 2 VO 883/2004 - in Bezug auf die in Rede stehende, der Ausübung einer Tätigkeit gleichgestellte Situation nicht. Die Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: die Verwaltungskommission) hat allerdings mit Beschluss eine weitere Konkretisierung des in Art. 68 VO 883/2004 verwendeten Begriffs "Beschäftigung" bzw "selbständige Erwerbstätigkeit" vorgenommen (Beschluss Nr. F1 vom zur Auslegung des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Prioritätsregeln beim Zusammentreffen von Familienleistungen [2010/C 106/04], ABl. EU Nr. C 106 vom ; im Folgenden: Beschluss Nr. F1). Dies vor dem Hintergrund, dass nach den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten die Zeiten des Ruhens oder der Unterbrechung der tatsächlichen Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit (zB wegen Urlaubs, Arbeitslosigkeit etc.) zum Teil unterschiedlich behandelt werden (vgl. Erwägungsgrund 2 zum Beschluss Nr. F1).

Nach Z 1 des Beschlusses Nr. F1 gelten für die Zwecke des Art. 68 VO 883/2004 Ansprüche auf Familienleistungen insbesondere dann als "durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst", wenn sie erworben wurden
a) aufgrund einer tatsächlichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit oder auch
b) während Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung einer solchen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit
i) wegen Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Arbeitslosigkeit, solange Arbeitsentgelt oder andere Leistungen als Renten in Zusammenhang mit diesen Versicherungsfällen zu zahlen sind, oder
ii) durch bezahlten Urlaub, Streik oder Aussperrung oder
iii) durch unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung, solange dieser Urlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt ist.

Zwar bezieht sich der Beschluss Nr. F1 auf die Prioritätsregeln des Art. 68 VO 883/2004; da die Prioritätsregeln aber an die anzuwendenden Rechtsvorschriften anknüpfen, ist nach der im Schrifttum vertretenen Ansicht davon auszugehen, dass der Begriff "Beschäftigung" bzw "selbstständige Erwerbstätigkeit" des Art. 11 VO 883/2004 jenem des Art. 68 VO 883/2004 entsprechend zu interpretieren ist (vgl. Felten in Spiegel [Hrsg], Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht [59. Lfg] Art. 68 VO 883/2004 Rn 6 mwH). Vor diesem Hintergrund ist der Beschluss Nr. F1 maßgebend für die Begriffsdefinitionen in Art. 1 lit. a und lit. b VO 883/2004 im Allgemeinen - unabhängig davon, ob die Begriffsdefinition im konkreten Fall für die Auslegung des Art. 11 VO 883/2004 oder des Art. 68 VO 883/2004 von Bedeutung ist.

Für den beschwerdegegenständlichen Fall ist wesentlich, dass der Beschluss Nr. F1 "unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung, solange dieser Urlaub nach den einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt ist", während Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit der tatsächlichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichsetzt. Offen bleibt damit jedoch, inwieweit ein solcher unbezahlter Urlaub nach den einschlägigen (nationalen) Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt sein muss.

Diesbezügliche Rechtsprechung des EuGH besteht bisher nur zur Vorgängerverordnung zur VO 883/2004. Für den Anwendungsbereich der Vorgängerverordnung (EWG) 1408/71 war die Frage, ob der betroffene Mitgliedstaat für die Gewährung von Familienleistungen weiterhin zuständig bleibt und diese Leistungen als durch eine Beschäftigung ausgelöst gelten, in dem Beschluss der Verwaltungskommission Nr. 207 vom , ABl. 2006, L 175/83, näher geregelt. Danach galt unter anderem ein unbezahlter Urlaub zum Zweck der Kindererziehung als "Ausübung der Erwerbstätigkeit", solange dieser Erziehungsurlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt war.

Der EuGH verwies in seiner Entscheidung vom in der Rechtssache C-516/09, Borger, auf seine frühere Rechtsprechung (, Dodl und Oberhollenzer), wonach eine Person - trotz des Ruhens des Arbeitnehmerstatus wegen eines unbezahlten Urlaubes im Anschluss an die Geburt eines Kindes und für die Erziehung dieses Kindes - dann Arbeitnehmereigenschaft iSd VO (EWG) 1408/71 besitze, wenn sie auch nur gegen ein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 lit. a dieser VO genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig versichert ist, und zwar unabhängig vom aufrechten Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.

Nach der von Rief (Zuständigkeit für Familienleistungen - aktuelle EuGH-Judikatur und die neue Rechtslage, DRdA 2011, 480 [484]) vertretenen Ansicht sei die zur VO (EWG) 1408/71 ergangene EuGH-Rechtsprechung auch auf die VO 883/2004 zu übertragen, da sich die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen in Art. 13 Abs. 2 lit. a und f der VO (EWG) 1408/71 inhaltlich kaum von jenen in Art. 11 Abs. 3 lit. a und e der VO 883/2004 unterscheiden würden.

Auch die Verwaltungskommission stellt in Erwägungsgrund 5 zum Beschluss Nr. F1 mit Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs C-543/03, Dodl und Oberhollenzer fest: "Ein solcher unbezahlter Urlaub [gemeint: unbezahlter Urlaub im Anschluss an die Geburt eines Kindes für die Erziehung dieses Kindes] muss daher auch als Beschäftigung oderselbständige Erwerbstätigkeit gemäß Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gelten. In diesem Zusammenhang bekräftigte der Gerichtshof, dass diese Vorschriften nur so lange anwendbar sind, wie die betreffende Person als Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Sinne des Artikels 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 gilt; dieser Begriffsbestimmung gemäß muss die betreffende Person in zumindest einem Zweig der sozialen Sicherheit versichert sein. Personen in unbezahltem Urlaub, die von keinem System der sozialen Sicherheit des betreffenden Mitgliedstaats mehr erfasst werden, sind dadurch ausgeschlossen."

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine Teilversicherung während Zeiten einer Karenz nach dem MSchG oder VKG erforderlich ist, damit iSd Art. 1 lit. b VO 883/2004 eine einer Beschäftigung gleichgestellte Situation vorliegt, die iVm Art. 11 VO 883/2004 zu einer Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften führt (vgl. auch 10 Ob S 117/14z).

Wochengeld bezog die Bf. nach der Geburt ihres ersten Kindes (am ***1***.2018) bis und bestand noch ein Leistungsanspruch in der Krankenversicherung.
Im Zeitraum um die Geburt ihres zweiten Kindes (am ***2***.2020) bezog die Bf. kein Wochengeld.
Im Jahr 2020 hatte die Bf. überhaupt keine Bezüge in Österreich, weder von einem Dienstgeber noch von der Sozialversicherung.
Eine Fortdauer bzw. Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses der Bf. nach der Karenzzeit für ihr erstes Kind, aber auch nach einer errechneten zweijährigen Karenzzeit für ihr zweites Kind (also im Jahr 2022) ist nach den Abfragedaten nicht erfolgt.

Somit lag seit dem ***1*** 2020 (Ende der gesetzlichen zweijährigen Karenz der Bf. für ihr erstes Kind) und damit auch zum Zeitpunkt der Geburt des zweiten Kindes der Bf. (am ***2***.2020) weder eine Beschäftigung noch eine selbstständige Erwerbstätigkeit noch eine einer Beschäftigung gleichgestellte Situation im Sinne der Verordnung vor. Nach der VO 883/2004 ergibt sich kein Anknüpfungspunkt für die Gewährung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge durch Österreich (vgl. ).
Gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. e der VO 883/2004 unterliegt die Bf. hinsichtlich der Gewährung von Familienleistungen den Rechtsvorschriften ihres Wohnsitzmitgliedstaates.

Die bekämpften Bescheide des Finanzamtes vom (Abweisungsbescheid) bzw. vom (Beschwerdevorentscheidung) erweisen sich daher als rechtsrichtig.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Einbringung eines Vorlageantrages samt der Rechtsfolge der Zurückweisung wegen Überschreitung der Frist unmittelbar aus § 264 Abs. 1 und § 260 Abs. 1 iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO ergibt, liegt keine Rechtsfrage vor, der iSd Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 11 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101017.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at