Säumnis bei verspäteter Zahlung trotz hinterlegter Sparbücher, da diese nicht zu einer automatischen Aufrechnung führen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Maria Daniel in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch CORRECTA Steuerberatung GmbH & Co KG, Hamerlingstraße 2a, 3910 Zwettl, über die Beschwerde vom 2. November 20223. November 2022 gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom betreffend Festsetzung eines Säumniszuschlages gem § 217 Abs 2 BAO iHv 25.871,01 Euro (Zollamt/Abgabenkonto: ***1***) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Infolge der verspäteten Einzahlung der Mineralölsteuer iHv 1.293.550,49 Euro am (fällig am ) wurde durch das Zollamt Österreich gem § 217 Abs 2 BAO ein Säumniszuschlag mit Bescheid vom (Zollamt/Abgabenkonto ***1***) in Höhe von 25.871,01 Euro festgesetzt.
In der fristgerechten Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor, dass aufgrund eines bedauerlichen Fehlers in der Zahlungsabwicklung die am fällig gewordene Mineralölsteuer ausnahmsweise nicht ordnungsgemäß in den Überweisungsauftrag bei der Bank eingemeldet worden sei. Trotz aller Kontrollen, die seitens der Buchhaltung und auch der Geschäftsführung vorgenommen worden seien, sei dieser einmalige Fehler nicht entdeckt worden.
Außerdem würde keine Säumnis vorliegen, da durch die beim Zollamt hinterlegten Sparbücher tatsächlich eine Deckung dieser Abgabe gegeben gewesen sei und diese Sparbücher dem Zollamt jederzeit zur Verfügung gestanden seien.
Als Beilage zur Beschwerde wurden unterzeichnete Annahmeordnungen hinsichtlich vier Sparbücher sowie eine Bankbestätigung über die erfolgte Sperre der Sparbücher zugunsten des Zollamtes vorgelegt.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom (Zahl ***2***) als unbegründet abgewiesen.
Die in der Beschwerde angeführten organisatorischen Maßnahmen würden nach Ansicht der belangten Behörde darauf schließen lassen, dass diese nicht ausreichend waren, um für eine fristgerechte Entrichtung der Abgabe zu sorgen. Eine sorgfältige Organisation hätte dies erkennen und entsprechende Maßnahmen setzen müssen, um dem entgegenzuwirken.
Die in der Beschwerde angeführten Sparbücher würden als Sicherheit dienen und seien nicht dafür vorgesehen, dass Säumniszuschläge bei nicht fristgerechter Entrichtung der geschuldeten Mineralölsteuer nicht festzusetzen wären.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . In diesem wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde vor, sich mit dem Vorbringen nicht wirklich auseinandergesetzt, sondern sich nur dem Entschuldigungsgrund iSd § 217 Abs 7 BAO gewidmet zu haben.
Wenngleich die Sparbücher insbesondere als Sicherheitsleistung dienen würden, so sei unbestritten, dass damit selbst bei Nichtzahlung der fälligen Abgaben dieser Betrag der Zollverwaltung jederzeit zur Verfügung gestanden sei und somit eine kurzfristige Säumnis undenkbar erscheine.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wäre eine Säumnis gar nicht eingetreten, wenn diese Sparbücher zB auf dem Abgabenkonto verbucht gewesen wären.
In Anbetracht der Besonderheit der Hinterlegung von Sparbüchern, die der Zollverwaltung an Zahlungsstatt überantwortet worden seien, werde daher gebeten, der Beschwerde stattzugeben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Mittels Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom wurde die Beschwerdeführerin um detaillierte Darstellung der Kontrollen, die üblicherweise durch die Buchhaltung bzw die Geschäftsführung vorgenommen werden, ersucht. Des Weiteren wurde sie aufgefordert bekannt zu geben um welchen konkreten Fehler es sich bei der Zahlungsabwicklung gehandelt hat.
Die steuerliche Vertretung teilte daraufhin telefonisch mit, dass leichtes Verschulden an der Säumnis vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des VwGH in diesem konkreten Fall nicht vorliegen würde.
Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts wurde schriftlich nicht beantwortet.
Die beantragte mündliche Senatsverhandlung wurde mit schriftlicher Eingabe der steuerlichen Vertretung vom zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die vom Zollamt Österreich vorgelegten Aktenteile, insbesondere die im Verfahrensgang dargestellten Bescheide und Schriftsätze.
Danach steht folgender Sachverhalt fest:
Die Beschwerdeführerin ist ein registrierter Versender iSd § 33 MinStG 2022.
Am wurden insgesamt 4 Sparbücher der Raiffeisenbank Zwettl legitimiert auf den Namen der Beschwerdeführerin mit einem Betrag von über 2 Mio Euro der belangten Behörde übergeben und zugunsten des Zollamtes gesperrt.
Es steht unzweifelhaft fest, dass die Entrichtung der am fälligen Mineralölsteuer iHv 1.293.550,49 Euro am verspätet erfolgte. Zudem wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, dass das Verschulden an der verspäteten Entrichtung nicht mehr als leichte Fahrlässigkeit anzusehen ist.
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob auf Grund der bei der belangten Behörde durch die Beschwerdeführerin hinterlegten Sparbücher keine Säumnis eingetreten ist.
Rechtliche Grundlagen:
§ 211 BAO bestimmt auszugsweise:
"(1) Unbeschadet besonderer landes- oder gemeinderechtlicher Vorschriften gelten Abgaben in nachstehend angeführten Fällen als entrichtet:
1. bei Überweisung auf das Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift;
2. bei Einziehung einer Abgabe durch die empfangsberechtigte Kasse am Tag der Einziehung;
3. bei Einzahlungen mit Erlagschein an dem Tag, der sich aus dem Tagesstempel des kontoführenden Kreditinstituts der empfangsberechtigten Kasse ergibt;
4. bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung der Guthaben, auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben;
5. bei Barzahlungen am Tag der Zahlung, bei Abnahme von Bargeld durch den Vollstrecker am Tag der Abnahme.
(2) (…)
(…)
(6) Die Entrichtung von Abgaben auf andere als in Abs. 1 angeführte Arten, mit Ausnahme der Verwendung sonstiger Gutschriften und Guthaben sowie der Aufrechnung (§ 1438 ff ABGB), ist unzulässig."
§ 217 BAO bestimmt auszugsweise:
"(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
(3) (…)
(…)
(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt."
§ 33 MinStG 2022 bestimmt auszusgweise:
"(1) Registrierte Versender im Sinne dieses Bundesgesetzes sind natürliche oder juristische Personen oder Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, denen von einem anderen Mitgliedstaat oder nach Abs. 2 die Bewilligung erteilt worden ist, Mineralöl vom Ort der Einfuhr unter Steueraussetzung zu versenden.
(2) Die Bewilligung nach Abs. 1 wird auf Antrag Personen oder Personenvereinigungen erteilt, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen und gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Von den Erfordernissen, Bücher zu führen und Jahresabschlüsse aufzustellen, kann auf Antrag bei Betrieben abgesehen werden, die nicht nach den Vorschriften der Bundesabgabenordnung zur Führung von Büchern verpflichtet sind, soweit dadurch die Erhebung der Mineralölsteuer nicht gefährdet wird. Vor der Erteilung der Bewilligung ist Sicherheit in Höhe der Mineralölsteuer zu leisten, die auf die voraussichtlich während eines Kalendermonats versandten Mineralölmengen entfällt."
(3) (…)"
(…)
Rechtlich ergibt sich daraus:
Die Entrichtung von Abgaben kann auch durch Verwendung sonstiger Gutschriften und Guthaben sowie durch Aufrechnung (§ 1438 ff ABGB) erfolgen.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass der fällige Betrag der Mineralölsteuer der Zollverwaltung durch Hinterlegung der Sparbücher jederzeit zur Verfügung gestanden sei und dass die Sparbücher an Zahlungsstatt übergeben worden seien.
Dem ist zu entgegnen, dass den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen keine Regelungen zu entnehmen sind, wonach eine Aufrechnung automatisch etwa dann eintreten würde, sobald sich Forderung und Gegenforderung unter allen sonstigen Voraussetzungen der Aufrechnung gegenüberstehen. Vielmehr bedarf es zur Geltendmachung der Aufrechnung einer Aufrechnungserklärung gegenüber dem Aufrechnungsgegner, welche im gegenständlichen Fall unstreitig nicht vorliegt (vgl ).
Gem § 33 MinStG 2022 haben registrierte Empfänger zwingend Sicherheit zu leisten. Vor diesem Hintergrund hat die Beschwerdeführerin die angeführten Sparbücher bei der belangten Behörde hinterlegt.
Eine Realisierung der Sparbücher seitens des Zollamtes kann frühestens nach Eintritt der Vollstreckbarkeit, somit bei Ausstellung eines Rückstandsausweises, erfolgen. Eine verspätete Zahlung allein rechtfertigt keine derartige Realisierung.
Mangels Möglichkeit der Aufrechnung nach §§ 1438 ff ABGB iVm § 211 Abs 6 BAO war die Bezahlung der am fälligen Abgabe am somit verspätet.
Da auch der in § 217 Abs 7 BAO genannte Ausnahmetatbestand für die Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen unstreitig nicht vorliegt, ist ein Säumniszuschlag gem § 217 Abs 2 BAO iHv 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages festzusetzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt und das gegenständliche Erkenntnis auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, ist eine Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 211 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 211 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7200071.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at