Zurückweisung Säumnisbeschwerde - fehlende Aktivlegitimation iF Unterbleiben der Abhandlung gem § 153 AußStrG - keine Einantwortung
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter Mag. Daniel Philip Pfau in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Österreich betreffend die am eingebrachte "Erklärung L1 zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2020" den Beschluss:
I. Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung
Mit Eingabe vom hat die Antragstellerin für die Verlassenschaft nach ihrem am ***1***2020 verstorbenen Vater eine "Erklärung L1 zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2020" eingebracht.
Mit Schreiben vom , hg eingelangt am , erhob die Antragstellerin gegenständliche Säumnisbeschwerde und beantragte "der Abgabenbehörde eine angemessene Frist zur Erledigung meines Anbringens zu setzen bzw den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Verwaltungsgericht". Ihrer Säumnisbeschwerde schloss die Antragstellerin einen Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes als Verlassenschaftsgericht bei, aus dem ersichtlich ist, dass die Abhandlung nach dem Verstorbenen [Anmerkung: Vater der Antragstellerin] gemäß § 153 Abs 1 AußStrG mangels den Wert von € 5.000,-- übersteigenden Aktiven unterbleibt.
§ 284 Abs 1 BAO lautet:
"Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat. "
Gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 hat eine Arbeitnehmerveranlagung zu erfolgen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren einen diesbezüglichen Antrag stellt. Einen solchen Antrag kann somit nur der Steuerpflichtige selbst, ein in der BAO vorgesehener Vertreter oder der Gesamtrechtsnachfolger stellen.
Gemäß § 153 Abs. 1 AußStrG unterbleibt die Abhandlung, wenn - wie im Säumnisbeschwerdefall - Aktiven der Verlassenschaft nicht vorhanden sind oder den Wert von 5.000 Euro nicht übersteigen, sofern kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wird. Das Verlassenschaftsgericht kann nach Abs. 2 leg cit. auf Antrag denjenigen, deren Anspruch nach der Aktenlage bescheinigt ist, die Ermächtigung erteilen, das Verlassenschaftsvermögen ganz oder zu bestimmten Teilen zu übernehmen, dazu gehörende Rechte geltend zu machen oder aufzugeben, über erhaltene Leistungen rechtswirksam zu quittieren und Löschungserklärungen auszustellen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jüngst in seinem Erkenntnis vom , Ro 2022/15/0026, ausgesprochen:
"Kommt es nicht zur Einantwortung eines Erben liegt keine Gesamtrechtsnachfolge des Erben, sondern nur Einzelrechtsnachfolge vor (vgl. , zu einer Vorgängerbestimmung). Auch die Ermächtigung gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG führt zu keiner Gesamtrechtnachfolge (vgl. Winkler in Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 13; Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußerStreitG I 2, § 153 Rn 9). Nach herrschender Lehre und Judikatur bleibt in Fällen des § 153 AußStrG der ruhende Nachlass bestehen, auch wenn eine Ermächtigung im Sinne des Abs. 2 leg. cit. erteilt wurde (vgl. ; , 6 Ob 716/85 zur Vorgängerbestimmung; Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 9; Obermaier, ÖJZ 2008, 127; jeweils mwN).
Die Verlassenschaft setzt vor der Einantwortung des Erben die Rechte und Pflichten des verstorbenen Steuerpflichtigen fort (§ 531 ABGB). Der ruhende Nachlass bzw. die Verlassenschaft ist eine juristische Person (vgl. )."
Soweit aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Beschluss in der Verlassenschaftssache ihres Vaters zu ersehen, ist die Abhandlung der Verlassenschaft unterblieben, weshalb auch keine Einantwortung stattgefunden hat. Damit ist die Antragstellerin gerade keine Gesamtrechtsnachfolgerin und somit schon nicht zur Antragstellung bezüglich der "Erklärung L1 zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2020" nach ihrem verstorbenen Vater berechtigt, weshalb ihr gegenüber dadurch, dass die Behörde nicht über den Antrag vom bescheidmäßig abgesprochen hat, auch keine Säumnis eintreten kann.
Die Säumnisbeschwerde wird daher mangels Berechtigung zur Antragstellung zurückgewiesen.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall ist die Rechtsfrage, ob in einem Fall des § 153 AußStrG eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt, durch die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH (vgl insb das zitierte Judikat des VwGH zu Ro 2022/15/0026 mwN) hinreichend geklärt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 153 Abs. 1 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003 § 284 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 153 Abs. 2 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RS.7100005.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at