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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2023, RV/7400006/2022

Beschwerdevorentscheidung ohne Beschwerde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Eingabe vom gegen die Erledigung des Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Rechnungswesen-Buchhaltungsabteilung 34 vom betreffend Lohnpfändung zur Abgabenkontonummer ***Str.Nr.***-PISN ***PISN***zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerdevorentscheidung vom wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Lohnpfändung vom

Mit Erledigung vom , bezeichnet als "Bescheid über Pfändung und Überweisung von Bezügen aus Dienst- und Arbeitseinkommen (Lohnpfändung)" beabsichtigte der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) einen Betrag in Höhe von € 336,69 bei der Drittschuldnerin (***Arbeitgeber***) wie folgt zu pfänden:

Beigelegt waren Merkblätter mit der Überschrift "Wichtige Hinweise zur verwaltungsbehördlichen Lohnpfändung".

Bescheid Barauslagen und Verfügungsverbot

Ebenfalls am erließ die belangte Behörde einen Bescheid über Gebühren und Barauslagen und ein Verfügungsverbot wie folgt an die Einschreiterin.

Beigelegt war die beschriebene Lohnpfändung und ein Rückstandsausweis. Aus dem Zustellnachweis ist ersichtlich, dass die Postsendung am an eine Mitbewohnerin der Einschreiterin übergeben wurde.

Eingabe

Mit Schreiben vom wandte sich die Einschreiterin wie folgt an die belangte Behörde:
"Kunden-Nr. ***KdNr***
Abgabenkonto
***Str.Nr.***
Buchungsmitteilung für Grundbesitzabgaben Nr.
***Nr***
Bescheid über Pfändung und Überweisung von
Bezügen aus Dienst- und Arbeitseinkommen (Lohnpfändung)

Gegen den Bescheid über Pfändung und Überweisung von Bezügen aus Dienst- und Arbeitseinkommen (Lohnpfändung) , Abgabenart: Grundbesitzabgaben, Abgabenkontonummer: ***Str.Nr.*** -PISN ***PISN*** erhebe ich folgende
EINWÄNDE:

Ich bin weder Eigentümerin einer Liegenschaft noch eines Superädifikats, das nach dem Kleingartengesetz gar nicht möglich wäre, sondern von Todes wegen in den Unterpachtvertrag meines verstorbenen Vaters eingetreten.

Die Grundbesitzabgaben entrichtet der Gebührenschuldner, der Eigentümer, der sie mit der Betriebskostenabrechnung an den Generalpächter weiterverrechnet, dieser wiederum an die einzelnen Unterpächter.

Das hat mein Vertreter am bekanntgegeben und um Begründung ersucht, warum ich dennoch Buchungsmitteilungen erhalte, um allenfalls die Vorschreibung im Rechtsmittelverfahren bekämpfen zu können.

Daraufhin antwortete die Buchhaltungsabteilung 9 am , laut Feststellungsbescheid AZ 58-2-8347 des Finanzamts sei für das Superädifikat eine jährliche Grundsteuer zu entrichten.

Mein Vertreter antwortete am , weder ich noch mein Rechtsvorgänger als Unterpächter des Kleingartens erhielten den Feststellungsbescheid , der schon deshalb anzufechten wäre, weil auf der Kleingartenparzelle kein Superädifikat gebaut wurde, was nach dem Kleingartengesetz gar nicht zulässig wäre und ersuchte um Zustellung dieses Feststellungsbescheids, was unterblieb.

Stattdessen erließ das Dezernat Rechnungswesen den Lohnpfändungsbescheid , stellte ihn aber nur meinem Dienstgeber zu, sonst niemandem. Der Dienstgeber, die ***Arbeitgeber*** zog € 336,69 vom meinem Gehalt ab, übermittelte erst nach zahlreichen Nachfragen den Lohnpfändungsbescheid .

Vollstreckbarkeit ist nicht eingetreten. Ich erhielt nie einen Bescheid über die rechtswidrige Abgabenvorschreibung, den ich hätte bekämpfen können.

Dem Strombrief der Buchhaltungsabteilung 9 vom , 13:14 Uhr ist zu entnehmen, dass für das Superädifikat ***Adr*** eine jährliche Grundsteuer aufgrund des Feststellungsbescheids vom , AZ: 58-2-8347 zu entrichten sei. Niemandem wurde der Feststellungsbescheid zugestellt, weder mir noch meinem Vater.

Das Haus ist kein Superädifikat, weil es in der Absicht errichtet wurde, ständig auf dem Grund zu bleiben. Damit fehlt es schon an der Legaldefinition des § 297 ABGB für Superädifikate. Mein Vater war und ich bin nach dem Eintritt in den Unterpachtvertrag Unterpächter der Liegenschaft.

Der Grundeigentümer hätte einem Superädifikat nie zugestimmt und dies auch gar nicht dürfen, weil nach dem Kleingartengesetz BGBl 1959/6 Superädifikate nicht vorgesehen sind. Deshalb kann der Unterpächter bei Beendigung des Unterpachtverhältnisses vom Generalpächter den Ersatz seiner Aufwendungen beanspruchen (§16 Kleingartengesetz).

Für Gebäude gebührt Ersatz, wenn sie den Bauvorschriften entsprechend errichtet worden sind (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Kleingartengesetz). Superädifikate erwähnt das Kleingartengesetz nicht, weil deren (vorübergehende) Errichtung ausgeschlossen ist."

Ich stelle den
ANTRAG

den angefochtenen Lohnpfändungsbescheid und seine Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben,
den Feststellungsbescheid angeblich , AZ 58-2-8347 des Finanzamts zuzustellen
und
den gepfändeten und überwiesenen Betrag von € 336,69 zurückzuzahlen.
"

Beschwerdevorentscheidung

Am erließ die belangte Behörde folgende Beschwerdevorentscheidung:
"Über die Bescheidbeschwerde der Frau Mag. ***Bf1*** vom gegen den Bescheid der Magistratsabteilung 6 -Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 34 vom , über die Pfändung und Überweisung von Bezügen aus Dienst-und Arbeitseinkommen (Lohnpfändung), wird gemäß § 262 Abs. 1 in Verbindung mit § 260 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung - BAO, in der geltenden Fassung, wie folgt entschieden:

Die Bescheidbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde erster Instanz eine Bescheidbeschwerde durch Bescheid zurückzuweisen, wenn diese nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Der angefochtene Bescheid ist ausschließlich an den Drittschuldner gerichtet und wurde lediglich nach erfolgter Zustellung an den Drittschuldner in der Folge dem Beschwerdewerber zur Information gemeinsam mit dem Bescheid über Gebühren und Barauslagen und dem zugrunde liegendenRückstandsausweis übermittelt. Wie auch in der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheidesausgeführt, steht gegen diesen Bescheid nur dem Drittschuldner, nicht aber dem Primärschuldner einRechtsmittel zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Es wird im Übrigen festgestellt, dass, entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin, der Bescheid über die Lohnpfändung sei ihr nicht zugestellt worden, die Zweitschrift des angefochtenen Bescheides (Lohnpfändung) gemeinsam mit Verfügungsverbot und Rückstandsausweis nachweislich am zugestellt wurde.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung können Sie den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Der Vorlageantrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung schriftlich bei der im Briefkopf angeführten Behörde einzubringen.

Der Vorlageantrag kann in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden. Bitte beachten Sie, dass die Absenderin bzw. der Absender die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risiken (z. B. Übertragungsverlust, Verlust des Schriftstückes) trägt.

Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt."

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom wandte sich die Einschreiterin wie folgt an den Magistrat:
" VORLAGEANTRAG

gegen die Beschwerdevorentscheidung der Stadt Wien, Buchhaltungsabteilung 34, Grundbesitzabgaben ***Str.Nr***, ***Ort1***, PISN ***PISN***, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Schon nach dem Wortlaut "Einwände" und der Anträge, den Lohnpfändungsbescheid und seine Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben, erhob der Rechtsbehelf keine Beschwerde gegen den Bescheid über die Pfändung und Überweisung von Bezügen aus Dienst- und Arbeitseinkommen, sondern Einwände gegen die Durchführung der Vollstreckung gem. § 13 AbgEO, weil Vollstreckbarkeit nicht eingetreten ist.

Über diese Einwände und Anträge , den Lohnpfändungsbescheid und seine Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben, den Feststellungsbescheid (angeblich) vom zuzustellen und den gepfändeten und überwiesenen Betrag zurückzuzahlen, entschied die Behörde 1. Instanz nicht, sondern beschränkte sich auf deren Umqualifizierung als zurückzuweisende Beschwerde. Daher muss ich die Beschwerdevorentscheidung bekämpfen, sonst würde sie rechtskräftig und einer Entscheidung über meine unerledigten Anträge entgegenstehen.

Entgegen der Feststellung am Schluss (letzter Satz vor der Rechtsmittelbelehrung) hat die belangte Behörde weder den Bescheid über die Lohnpfändung samt Verfügungsverbot noch den Rückstandausweis zugestellt; den Bescheid erhielt ich vielmehr in Kopie vom Dienstgeber samt Stempel links oben "***Arbeitgeber***, eingelangt" am , aber keinen Rückstandausweis, der nur deshalb in den Einwänden nicht mit Geschäftszahl usw. bezeichnet ist; daher richten sich die Einwände auch gegen den Rückstandausweis, dessen Zustellung die belangte Behörde zu Unrecht behauptet. Dafür genügt die Formularbegründung "nachweislich am zugestellt" nicht: bei Behauptung von Zustellungsmängeln hat die Behörde vor ihrer Entscheidung darüber die angebliche Zustellung vorzuhalten, um eine Stellungnahme dazu zu ermöglichen. Die bel.B. hat den Zustellnachweis weder meinem inzwischen emeritierten Vertreter noch mir übermittelt, noch Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zum Nachweis, wie die Post "zustellt" übermittle ich den Beschluss des BG Mödling über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung , 14 C ***Gz***.

Die Postzustellerin behauptete sogar, es gebe keine Gegensprechanlage, was zahlreiche Fotos im Verfahren widerlegten. Nach der Rechtsansicht der Behörde 1. Instanz samt Umdeutung des Rechtsbehelfs könnte sich niemand gegen rechtwidrig vorgeschriebene Abgaben wehren.

Das Haus diente meinem Vater und seinen Rechtsvorgängem ganzjährig als Hauptwohnsitz. Gegen ein Superädifikat spricht schon das äußere Erscheinungsbild und die Beschaffenheit des Gebäudes ("Massivbauweise") in der Absicht, dauernd mit dem Grund untrennbar verbunden zu bleiben (§§ 297 und 435 ABGB). Das Haus kann nur zerstört, sonst aber nicht vom Grund entfernt werden. Deshalb hat der Unterpächter Anspruch auf Ersatz seines Aufwandes auch für das entsprechend den Bauvorschriften errichtete Gebäude (§ 16 Kleingartengesetz BGBl 1959/6), worüber ich gerade verhandle. Grundlage ist ein SV-Gutachten u.a. über den Zustand des Gebäudes.

Ich stelle den
ANTRAG

die Beschwerdevorentscheidung aufzuheben und der belangten Behörde die Entscheidung über die Einwände aufzutragen, den angefochtenen Lohnpfändungsbescheid, seine Vollstreckbarkeitsbestätigung und den Rückstandausweis aufzuheben, den Feststellungsbescheid angeblich , AZ 58-2-8347 des Finanzamts zuzustellen und den gepfändeten und überwiesenen Betrag von € 336,69 zurückzuzahlen oder selbst darüber stattgebend zu entscheiden."

Vorlagebericht

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und hielt in ihrer Stellungnahme fest, dass
-) die Zustellung des Verfügungsverbotes am erfolgte, wobei der Rückschein von der Mitbewohnerin ***CD*** unterschrieben wurde;
-) die Beschwerde von Frau ***Bf1*** als unzulässig zurückgewiesen wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Magistrat der Stadt Wien versendete ein mit datiertes Schreiben mit dem Betreff "Bescheid über Pfändung und Überweisung von Bezügen aus Dienst- und Arbeitseinkommen (Lohnpfändung)". Das Schreiben selbst enthält keinen Adressaten und keine Zustellverfügung. Das Schreiben ist am bei der ***Arbeitgeber*** eingegangen.

Ebenfalls am versendete der Magistrat der Stadt Wien einen "I. Bescheid über Gebühren und Barauslagen" sowie einen "II. Bescheid (Verfügungsverbot)". Als Bescheidadressat ist die ***Bf1*** genannt. Dieses Poststück wurde am von ***CD***, die an derselben Abgabenstelle wie die Beschwerdeführerin wohnt, übernommen. ***CD*** war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre und 4 Monate alt.

Am stellte ***Bf1*** in einem als "Einwände" titulierten Schriftstück diverse Anträge an die belangte Behörde. Die belangte Behörde wertete dieses Schriftstück als Beschwerde und wies die Beschwerde als unzulässig zurück. Bei dem als "Einwände" titulierten Schriftstück handelt es sich um keine Beschwerde.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Schreiben vom ergeben sich auf Grund einer Einsichtnahme in dieses Schriftstück, das von der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorlage beigelegt war, durch das Bundesfinanzgericht. Das Schreiben ähnelt vom Aufbau einem Geschäftsbrief. Das Adressfeld auf der ersten Seite links oben ist jedoch leer. Auch am Ende des Schreibens findet sich kein Hinweis (zB eine Zustellverfügung), für wen dieses Schreiben bestimmt ist. Ausdrücklich bezeichnet ist die Drittschuldnerin. Unmittelbar an die Bezeichnung der Drittschuldnerin anschließend ist angeführt, dass ***Bf1***, wohnhaft in ***Bf1-Adr*** einen Betrag in Höhe von € 336,69 schuldet. In der Beschwerdevorentscheidung vom führt die belangte Behörde an, dass der Bescheid ausschließlich an den Drittschuldner gerichtet wäre. Für das Bundesfinanzgericht ist jedoch nicht ersichtlich, woraus aus dem Schreiben vom erkennbar sein soll, dass der Bescheid ausschließlich an den Drittschuldner gerichtet wäre. Mangels Zustellverfügung und (eindeutigem) Bescheidadressat kann auch in Zusammenschau mit dem weiteren Text dieses Schreibens und der Rechtsmittelbelehrung nicht entnommen werden, an welche Person die Erledigung gerichtet sein soll.

Aus dem Zustellnachweis mit der "GZ" "TH-PISN ***PISN*** - LOPF ***Bf1***" ist ersichtlich, dass das Schreiben am bei der ***1*** eingelangt ist.

Aus dem Zustellnachweis mit der "ID" "TH-PISN ***PISN*** - LOPF ***Bf1***" ist ersichtlich, dass die Zustellung am erfolgte, wobei das Poststück von ***CD*** übernommen wurde.

[...]

Die Feststellung, dass ***CD*** im Zeitpunkt der Zustellung 14 Jahre und 4 Monate alt war, gründet sich auf eine Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Daraus geht - neben dem Geburtsdatum - hervor, dass ***CD*** an derselben Adresse wie ***Bf1*** wohnhaft ist.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde über das als "Einwände" titulierte und als Beschwerde gewertete Schreiben entschieden und die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, weil ein Pfändungsbescheid ausschließlich an den Drittschuldner gerichtet sei und nur diesem ein Rechtsmittel zustehe.

Im Vorlageantrag vom legte die Einschreiterin dar, dass es sich beim Rechtsbehelf vom um keine Beschwerde, sondern um Einwände nach § 13 AbgEO handelt.

Das mit "EINWÄNDE" überschriebene Anbringen vom wendet sich ausdrücklich gegen den Bescheid über Pfändung und Überweisung von Bezügen aus Dienst- und Arbeitseinkommen (Lohnpfändung) und endet damit, dass unter anderem beantragt wird, den angefochtenen Lohnpfändungsbescheid und seine Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben.

Die belangte Behörde wertete dieses Schreiben als Beschwerde und hat diese Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, weil sie der Ansicht ist, dass der angefochtene Bescheid ausschließlich an den Drittschuldner gerichtet sei, zumal in der Rechtsmittelbelehrung angeführt ist, dass dem Primärschuldner ein Rechtsmittel nicht zustehe; dies ergibt sich sowohl aus der Beschwerdevorentscheidung als auch aus dem Vorlageantrag.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Beurteilung von Parteianträgen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes.
Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Es besteht aber keine Befugnis oder Pflicht der Behörde, von der Partei tatsächlich nicht erstattete Erklärungen aus der Erwägung als erstattet zu fingieren, dass der Kontext des Parteivorbringens die Erstattung der nicht erstatteten Erklärung nach behördlicher Beurteilung als notwendig, ratsam oder empfehlenswert erscheinen lässt ().
Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (). Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist - im Hinblick auf § 115 BAO iVm § 269 Abs. 1 BAO - die Absicht der Partei zu erforschen ().

Aus dem vorgelegten Akteninhalt geht nicht hervor, was die belangte Behörde zur Erforschung der Absicht der Partei unternommen hat. Aktenkundig ist lediglich, dass die Eingabe als Beschwerde gewertet wurde. Aus der Begründung der Beschwerdevorentscheidung geht hervor, dass die Zurückweisung erfolgte, weil eine Beschwerde nach Ansicht der belangten Behörde gar nicht zulässig gewesen wäre, zumal laut Rechtsmittelbelehrung lediglich dem Drittschuldner, nicht aber dem Primärschuldner ein Rechtsmittel zustehe. Unter Berücksichtigung des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage wäre eine Beschwerde zum konkreten Verfahrenszeitpunkt (annähernd zwei Monate nach der Zustellung) kein zielführender Parteienschritt zur Wahrung von Rechtsverteidigungsmöglichkeiten gewesen.

Zu bedenken ist auch, dass bereits in der Überschrift des Schreiben vom in Großbuchstaben und Fettdruck das Wort "EINWÄNDE" angeführt ist. Auch der Antrag, (unter anderem) die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben, spricht gegen eine Beschwerde, zumal im Text des Schreibens ausdrücklich die Vollstreckbarkeit bestritten wird und § 13 AbgEO genau für diesen Fall "Einwendungen" vorsieht.

Schließlich hat die Einschreiterin im Vorlageantrag vom selbst darauf hingewiesen, dass sie gar keine Beschwerde gegen eine behördliche Erledigung, die (nach ihrer Ansicht) ihr gar nicht zugestellt wurde, erheben wollte.

Rechtslage

§ 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) lautet (auszugsweise):

(3) Die öffentlichen Abgaben und Beiträge und die ihnen gesetzlich gleichgehaltenen Geldleistungen werden, soweit durch besondere Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den für die Einhebung, Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben geltenden Vorschriften von den hiezu berufenen Organen eingebracht.

§ 2 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) lautet:

§ 2. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten nach Maßgabe des Abs. 2 sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, sind die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.

(2) Im Verfahren nach diesem Bundesgesetz bei den im Abs. 1 genannten Behörden gelten nachstehende Abweichungen:
a) Betreibender Gläubiger ist die abgabenberechtigte Körperschaft.
b) Vollstreckungsbehörde ist die nach den besonderen Vorschriften mit der Vollstreckung betraute Behörde. Sie kann die Bezirksverwaltungsbehörde um die Durchführung der Vollstreckung ersuchen.
c) Die in lit. b bezeichneten Behörden haben die Aufgaben zu besorgen, die nach diesem Bundesgesetz den Abgabenbehörden obliegen.
d) Als Exekutionstitel kommen neben den im § 4 genannten Rückstandsausweisen auch noch Zahlungsaufträge in Betracht, die mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehen sind.
e) Die zugunsten mehrerer Abgabengläubiger (Abs. 1) bei derselben Vollstreckungshandlung begründeten Pfandrechte stehen im Rang gleich. Soweit die durch Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen beim Abgabenschuldner nicht eingebracht werden können, sind sie von allen Abgabengläubigern nach dem Verhältnis ihrer vollstreckbaren Abgabenforderungen zu tragen; nach dem gleichen Verhältnis ist auch ein nicht zureichender Verkaufserlös zu verwenden.

§ 13 AbgEO lautet:

Einwendungen gegen den Exekutionstitel

§ 13. (1) Wenn der Abgabenschuldner behauptet, dass ein Exekutionstitel (§ 4) aus Gründen, die bereits im Zeitpunkt seiner Ausfertigung vorgelegen sind, zu Unrecht ausgestellt wurde, hat er seine Einwendungen bei der Abgabenbehörde (§ 12 Abs. 2) geltend zu machen.

(2) § 12 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden; wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte einzustellen.

§ 65 AbgEO lautet:

Pfändung

§ 65. (1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, daß die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.

(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

(4) Der Drittschuldner kann das Zahlungsverbot anfechten oder bei der Abgabenbehörde die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

(5) Ein für die gepfändete Forderung bestelltes Handpfand kann in Verwahrung genommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Als Grundlage für die Einbringung ist gemäß § 229 BAO über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen.

Die Bestimmungen der AbgEO gelten nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 AbgEO sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche.

Mangels Möglichkeit einer unmittelbaren Bekämpfung mittels Bescheidbeschwerde vor den Verwaltungsgerichten muss die Rechtswidrigkeit von Rückstandsausweisen in Einwendungen nach § 13 AbgEO bzw mit einem Antrag nach § 15 Abs 2 AbgEO (idF vor BGBl 108/2022) geltend gemacht werden (vgl ; ). Entspricht die Abgabenbehörde einem solchen Vorbringen nicht oder nicht voll, so muss hierüber mit Bescheid abgesprochen werden (), wodurch wiederum die Möglichkeit eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsmittelverfahrens eröffnet wird. Solche Einwendungen können schon aus diesem Grund nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gegen einen Pfändungsbescheid sein. Durch § 13 AbgEO wird dem Vollstreckungsschuldner die Möglichkeit eingeräumt, gegen den Titel als solchen Einwendungen zu erheben ().

Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt gemäß § 65 Abs 1 AbgEO mittels Pfändung und gemäß § 71 Abs 1 AbgEO mittels Überweisung derselben. Im Pfändungsbescheid sind nach dieser Bestimmung die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze anzugeben.

Die Pfändung geschieht dadurch, dass die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen (Pfändungsbescheid/Zahlungsverbot - konstitutiver Akt). Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen (Verfügungsverbot - deklarativer Akt). Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) steht dem Abgabenschuldner gegen die Forderungspfändung ungeachtet der Rechtsmittelbeschränkung nach § 77 Abs 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel zu (). Der im zweiten Satz des § 65 Abs 1 AbgEO genannte Pfändungsbescheid, dessen Spruch die dort enthaltenen Angaben zu enthalten hat, muss an den Abgabenschuldner ergehen (). Dies ergibt sich schon daraus, dass der Abgabenschuldner anderenfalls gar keine - von der Rechtsprechung zugestandene - Beschwerdemöglichkeit hätte, zumal § 246 BAO anordnet, das zur Einbringung einer Beschwerde jeder befugt ist, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

In § 65 AbgEO ist ausdrücklich angeordnet, dass die Pfändung mit der Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner bewirkt wird. Auch bei dieser Erledigung muss es sich zwangsläufig um einen Bescheid handeln, zumal der Drittschuldner dagegen ein Rechtsmittel erheben kann. Einer Erledigung kommt Bescheidcharakter nicht zu, wenn der Adressat des Bescheides in dessen Spruch nicht bezeichnet ist (). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird. Bei Zweifel über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln; aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung vorliegt (vgl ; Ritz/Koran BAO7 § 93 Tz 5). Ein "Deuten" eines bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten wäre zulässig und geboten, wenn die Identifizierung des Adressaten durch die fehlerhafte Bezeichnung nicht in Frage gestellt wäre. Wenn sich die Behörde bloß in der Bezeichnung des Adressaten vergreift, aber aus der Erledigung insgesamt offenkundig ist, wer gemeint war, schadet die fehlerhafte Bezeichnung nicht; in diesem Fall liegt ein berichtigungsfähiger Fehler vor, bei dem, solange eine Berichtigung nicht erfolgt ist, durch Auslegung des Bescheides zu klären ist, an wen er gerichtet ist (). Bei natürlichen Personen hat die Bezeichnung des Bescheidadressaten durch Anführen seines Vor- und Zunamens zu erfolgen. Der Spruch hat zwar gemäß § 93 Abs. 2 BAO auch die Person zu nennen, an die der Bescheid ergeht (Bescheidadressat). Wenn der Bescheidadressat aber nicht im normativen Text selbst, sondern nur am Kopf des Bescheides genannt ist, so schadet dies nicht., wobei eine Nennung im Adressfeld ebenfalls reicht (; ). Die Zustellverfügung allein reicht jedoch zur Erschließbarkeit des Adressaten nicht aus (. 92/17/0066), wobei der vermeintliche Pfändungsbescheid nicht einmal eine Zustellverfügung aufweist.

Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie nach ihrem Inhalt bestimmt sind. Voraussetzung für eine Wirksamkeit der Erledigung ist neben der gesetzmäßigen Bezeichnung des Bescheidadressaten auch die Zustellung an den Adressaten (, mwN). Die Frage, ob eine als Bescheid intendierte Erledigung wirksam geworden ist, ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verwirklichung des den Tatbestand der Zustellung erfüllenden Sachverhaltes zu beurteilen ().

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass es Sache des Abgabepflichtigen ist, sich im Vorlageantrag mit dem Ergebnis von in der Beschwerdevorentscheidung inhaltlich mitgeteilten Ermittlungen auseinander zu setzen und die daraus gewonnenen Feststellungen zu widerlegen. Genauso wie der Bürger den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung (und dem Vorlagebericht) im Tatsachenbereich entgegentreten muss, will er die Tatsachenfeststellungen nicht gegen sich gelten lassen, ist es Sache der Behörde, Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers im Vorlageantrag durch entsprechendes Vorbringen im von der Behörde zu erstattenden Vorlagebericht, der noch dazu ausdrücklich eine Stellungnahme der Behörde (§ 265 Abs. 3 BAO) verlangt, entgegenzutreten.
Die Einschreiterin hat im Vorlageantrag ausdrücklich auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung zur Frage der Zustellung Bezug genommen. Im Vorlagebericht hat die belangte Behörde diesbezüglich angeführt, dass der Rückschein nicht von der Einschreiterin, sondern von der Mitbewohnerin ***CD*** unterschrieben wurde.
Gem § 16 Abs 2 ZuStG kann Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist. Lebt die in § 16 Abs 2 ZustG genannte erwachsene Person im gemeinsamen Haushalt mit dem Empfänger, ist sie zur Annahme des Schriftstückes im Ersatzweg verpflichtet ().
Da es sich bei dem Anbringen vom jedoch um keine Beschwerde, sondern - wie die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag (unwidersprochen von der Abgabenbehörde) darlegte - um Einwendungen nach § 13 AbgEO handelt, kann es dahingestellt bleiben, ob die Erledigung vom gegenüber der Drittschuldnerin oder der Einschreiterin durch Übergabe des Poststücks an eine erst 14 Jahre alte Person wirksam geworden ist.

Gemäß § 262 BAO ist über Bescheidbeschwerden mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid zu entscheiden. Beschwerdevorentscheidungen sind Bescheide über Bescheidbeschwerden, die als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnen sind (Ritz/Koran, BAO7, § 262 Rz 2; ). Gemäß § 263 Abs 3 BAO wirkt eine Beschwerdevorentscheidung wie ein Beschluss (§ 278 BAO) bzw ein Erkenntnis (§ 279 BAO) über die Beschwerde. Eine die Beschwerde formal erledigende Beschwerdevorentscheidung tritt als eigenständiger verfahrensrechtlicher Rechtsakt neben den angefochtenen Bescheid, ersetzt diesen aber nicht, weil nur über die (Un)Zulässigkeit der Beschwerde abgesprochen wird (Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren3, § 263 Anm 6; Ritz/Koran BAO7 § 263 Tz 11).
Da aber keine Beschwerde vorliegt, war auch keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Die Beschwerdevorentscheidung vom ist somit ein Bescheid, der rechtsgrundlos ergangen ist, aber eine gewisse Wirkung nach sich ziehen kann.

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann gemäß § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung dadurch nicht berührt wird, gemäß § 264 Abs. 3 BAO die Beschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Das Verwaltungsgericht hat auf Grund eines eingebrachten Vorlageantrages über die Bescheidbeschwerde zu entscheiden und ist gemäß § 279 Abs. 1 BAO berechtigt, den mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Aus dem Gesetz ergibt sich demnach, dass vom Verwaltungsgericht nicht über die Beschwerdevorentscheidung, sondern über die Beschwerde gegen den bekämpften Erstbescheid abzusprechen ist. Die Beschwerdevorentscheidung, deren Wirksamkeit gemäß § 264 Abs. 3 BAO durch den Vorlageantrag nicht berührt wird, tritt mit dem Ergehen der abschließenden meritorischen Beschwerdeerledigung des Verwaltungsgerichts aus dem Rechtsbestand ().

Eine ersatzlose Aufhebung (meritorische Entscheidung) darf nur dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (zB ). Die ersatzlose Behebung eines Bescheides entfaltet nämlich im Rahmen seiner bisherigen Sache Bindungswirkung, sodass der Abgabenbehörde ein neuerlicher Abspruch verwehrt ist (). Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde vorlag, bewirkt eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit der Abgabenbehörde (). Eine rechtswidrig ergangene Beschwerdevorentscheidung ist, wenn durch das Verwaltungsgericht mangels Beschwerde keine Entscheidung über die ihr vermeintlich zugrunde liegende Beschwerde zu treffen ist, auf Grund eines dem Verwaltungsgericht vorgelegten Vorlageantrags ersatzlos durch das Verwaltungsgericht aufzuheben (vgl ; ; ; ; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren3, § 262 Anm 6).

Der Vorlageantrag war aber grundsätzlich zulässig, da zwar eine rechtswidrige, aber im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung vorliegt (vgl. zB , ). Durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO der Vorlageantrag vom aus dem Rechtsbestand aus.

Die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts ist durch die Sache des Beschwerdeverfahrens begrenzt. Über diese Sache hinaus besteht keine Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision war als unzulässig zu erklären, weil die zu lösenden Rechtsfragen sich aus dem Gesetz ergeben bzw. durch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist, ausreichend beantwortet worden sind.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 13 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 1 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400006.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at