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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2023, RV/7100519/2023

Rückforderung von Familienbeihilfe; der Sohn der Bf. hat die Reife- und Diplomprüfung während seines Präsenzdienstes abgelegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf., Adresse, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate August 2022 bis Oktober 2022, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihren Sohn X, geb. 2003 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Über Ersuchen des Finanzamtes (FA) vom (Ersuchen um Auskunft bzw. Vorlage von Unterlagen) legte die Bf das Reife- und Diplomprüfungszeugnis von X vom vor.

Mit Bescheid vom forderte das FA von der Bf die für den Zeitraum August 2022 bis Oktober 2022 bezogenen Beiträge unter Verweis auf § 26 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in Verbindung mit § 33 Abs 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) mit der Begründung zurück, dass sie während des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes keine Familienbeihilfe erhalte.

Die Bf erhob gegen den Rückforderungsbescheid am Beschwerde und brachte vor, dass laut telefonischer Auskunft die Rückforderung damit begründet worden sei, dass ihr Sohn die Matura nicht zum Haupttermin im Juni 2022 bestanden und bereits im Juli 2022 mit dem Präsenzdienst begonnen habe.

Laut schriftlicher Begründung erhalte sie keine Familienbeihilfe während des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes.

Dies stelle eine massive Ungleichstellung aller Maturanten, die den Abschluss erst zu einem Nebentermin absolvierten, dar.

Laut Gesetz bestehe nach Abschluss der Schulausbildung automatisch ein weiterer Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag von vier Monaten, unabhängig davon, ob im Anschluss eine weitere Ausbildung absolviert oder eine Berufstätigkeit aufgenommen werde.

Sie beantrage somit die Aufhebung des oben genannten Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs 2 lit a FLAG 1967 für volljährige Kinder grundsätzlich Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, wenn sie für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich sei. Gemäß § 2 Abs 2 lit d FLAG 1967 bestehe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert seien (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 habe derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen habe, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Nach ständiger Rechtsprechung zähle die Absolvierung des Präsenzdienstes als Unterbrechung der Berufsausbildung und begründe keinen Anspruch auf Familienbeihilfe (Verweis auf ; ; ; -I/12; ).

Der Antritt des Präsenzdienstes von X am habe als Unterbrechung der Berufsausbildung gegolten. Da X die Schule aber zu dieser Zeit nicht absolviert gehabt habe, habe kein Anspruch gemäß § 2 Abs 2 lit d FLAG 1967 bestanden. Da die Berufsausbildung iSd § 2 Abs 2 FLAG 1967 als unterbrochen gegolten habe, habe X die Schule während des Präsenzdienstes aus familienbeihilfenrechtlicher Sicht auch nicht abschließen können.

Der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit August bis Oktober 2022 habe sohin nicht bestanden.

Die Bf stellte am einen Vorlageantrag und brachte vor, dass die Begründung des FA nicht den Tatsachen entspreche, da laut Reifeprüfungszeugnis die Ausbildung mit abgeschlossen worden sei.

Laut FLAG § 2 (Inkrafttretensdatum: , Abschnitt 1, Punkt d) hätten Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung. Somit beantrage sie über FinanzOnline die Familienbeihilfe für vier Monate ab November 2022.

Sie beantrage die Aufhebung der oben genannten Beschwerdevorentscheidung und die Erlassung eines neuen Bescheides.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Unstrittiger Sachverhalt:

Der Sohn der Bf wurde ab zur Leistung des Grundwehrdienstes einberufen.

Die Reife- und Diplomprüfung hat X am während des Präsenzdienstes positiv abgeschlossen.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Familienbeihilfenakt, insbesondere aus dem Einberufungsbefehl und dem vorgelegten Reife- und Diplomprüfungszeugnis.

Rechtliche Beurteilung:

§ 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 lautet:

b) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. …

c) …

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h) …. l) …

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Ableistung des Präsenz(Zivil)dienstes nicht als Ausbildung für einen Beruf iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 anzusehen und es besteht daher während der Leistung dieses Dienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. , ).

Demnach stellt die Ableistung dieses Dienstes eine Unterbrechung der Ausbildung eines volljährigen Kindes dar. Während der Dauer dieses Dienstes besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach der ständigen Judikatur beseitigt die Leistung des Präsenz(Zivil)dienstes bei gleichzeitiger Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Berufsausbildung nach § 2 Abs 1 lit. b FLAG diesen Anspruch.

Ob der Präsenz(Zivil)diener auf Grund einer besonders gelagerten Situation oder durch besonderen Fleiß während der Ableistung seines Dienstes seine Ausbildung durch Ablegung von Prüfungen weiterführt, ist für den Anspruch auf Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) nicht entscheidend.

Im Erkenntnis vom , 2011/16/0173, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließt. In diesen rechtlichen Rahmen fällt auch die hg. Rechtsprechung zum Ausschluss der Familienbeihilfe für Kinder, die den Präsenzdienst, Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten (vgl. im Zusammenhang mit dem Grundwehrdienst, im Zusammenhang mit dem Zivildienst).

Eine Rückforderung von Familienbeihilfe nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 (der nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 auch für Kinderabsetzbeträge anzuwenden ist) ist nur von der objektiven Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abhängig (vgl. , , , ).

Das FA hat daher zu Recht von der Bf die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Monate August 2022 bis Oktober 2022 zurückgefordert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Antrag der Bf im Vorlageantrag, dass sie die Familienbeihilfe für vier Monate ab November 2022 beantrage, wird informativ mitgeteilt, dass ein derartiger Antrag beim Finanzamt Österreich einzubringen ist. Das Bundesfinanzgericht hat nur über den Rückforderungszeitraum (August 2022 bis Oktober 2022) abzusprechen.

Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im vorliegenden Fall nicht vor, da zur Frage, ob während des Präsenzdienstes Familienbeihilfe zusteht, hinreichende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at