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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2023, RV/1100007/2021

1) Absetzbarkeit von Aufwendungen für in einer Heiltherme in Ungarn absolvierte Thermalwasserbäder als außergewöhnliche Belastung 2) Absetzbarkeit einer Spende als Sonderausgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden abgekürzt: Bf.) machte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 unter anderem eine Spende für eine Kirchenturmrenovierung in Höhe von 800,00 € und - wie bereits in den Vorjahren - im Zusammenhang mit Kuraufenthalten in ***1*** stehende Aufwendungen in Höhe von 3.950,50 € als außergewöhnliche Belastung geltend.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom fanden die geltend gemachten Kurkosten sowie die Spenden in Höhe von 800,00 € keine steuerliche Berücksichtigung.

In der am und damit fristgerecht eingereichten Beschwerde wurde die Berücksichtigung der geltend gemachten Kurkosten, der Spende für die Pfarre ***2*** sowie der dem Bf. im Zusammenhang mit einer ausländischen Rente vorgeschriebenen Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 673,02 € beantragt.

Begründend führte der Bf. hinsichtlich der nicht anerkannten Kurkosten aus, die von der Rechtsprechung geforderten ärztlichen Bestätigungen - sowohl jene vor Kurantritt erstellten als auch die im Rahmen des Kuraufenthaltes erstellten - würden eine kurmäßig geregelte Tages- und Freizeitgestaltung beinhalten. Sollten hierzu Zweifel bestehen, werde die Anhörung der involvierten Ärzte beantragt. Bezüglich der Befragung des Kurarztes in ***1*** werde angeregt, diese durch die ungarische Finanzverwaltung vornehmen zu lassen.

Mit Schreiben des Finanzamtes vom wurde dem Bf. Folgendes zur Kenntnis gebracht:

"Ad Kurkosten:

Der UFS hat im Erkenntnis vom festgestellt, dass die Badereise nach ***1*** einem Kuraufenthalt im steuerlichen Sinne nicht entspricht und die Kosten somit nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Der VwGH ist dieser Beurteilung am gefolgt. Aus den vorliegenden Arztbestätigungen kann nicht entnommen werden, dass sich am grundsätzlichen Charakter der Badereise etwas geändert hätte. Insbesondere fehlt es im vorliegenden Fall an der Eingliederung in eine kurgemäß geregelte Tages- und Freizeitgestaltung. Bis dato wurde zumindest kein im Vorhinein erstellter Therapieplan der Kuranstalt vorgelegt. Da der Tagesablauf ähnlich einer Erholungsreise eigenständig gestaltet werden kann und dieser Badereise nur durch eine im Nachhinein erstellte Bestätigung des Kurarztes das Merkmal der kurärztlichen Betreuung und therapeutischen Überwachung hinzugefügt wird, liegt noch kein Kuraufenthalt im steuerlichen Sinne vor.

Ad Spenden:

Aufgrund der Datenübermittlungsverordnung (BGBl II Nr. 289/2016 idF BGBl. II Nr. 122/2017) sind Kirchenbeiträge und Spenden ab dem nur mehr dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sie von der übermittlungspflichtigen Organisation an die Finanzbehörden gemeldet werden. Wurden keine Daten übermittelt, ist eine Berücksichtigung nicht möglich. Im vorliegenden Fall liegt der Behörde lediglich eine Kirchenbeitragsmeldung in Höhe von 280,00 € vor. Setzen Sie sich am besten mit Ihrer Spendenorganisation in Verbindung, damit die Übermittlung der Spendenmeldung an das Finanzamt betreffend Zahlung von 800,00 € nachträglich erfolgt und bei der Arbeitnehmerveranlagung 2018 berücksichtigt werden kann."

Im Antwortschreiben vom führte der Bf. zu den Kurkosten aus, durch die fast gebetsmühlenartige Wiederholung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung betreffend die erforderliche Gestaltung eines Kuraufenthaltes im steuerlichen Sinne, werde der Sonderfall seines amtsbekannten Leidens nicht gebührend berücksichtigt. Zur Linderung eines Leidens seien individuelle Anwendungen erforderlich, in seinem Fall sei die Hydrotherapie im Heilwasser von ***1*** am besten geeignet. Aufenthalte von jeweils bis zu 10 Tagen - bis seine Schmerzen abgeklungen seien und es ihm wenigstens eine Zeitlang bessergehe - seien ausreichend. Sobald sein Leidensdruck unerträglich werde, nehme er wieder die weite Reise nach ***1*** auf sich. Von einer Erholungsreise, wie vom Finanzamt behauptet, könne also keine Rede sein. Erholen könne man sich von einer Überanstrengung, aber nicht von einem Leiden. Letzteres könne nur gelindert oder geheilt werden. Eine starre Tages- und Freizeitgestaltung wäre in seinem Fall reiner Formalismus und Selbstzweck, da er bei seinen Heilwasseranwendungen selbst am besten spüre, dass eine Linderung seines Leidens eintrete. Werde ein versierter Balneologe kontaktiert, könne - wie im Beschwerdefall - von jedermann eine personenbezogene Entscheidung getroffen werden. Darüber hinaus seien bis dato keine Feststellungen getroffen worden, ob in dem von ihm besuchten ***1*** überhaupt ein medizinisch organisierter Ablaufplan für eine Badekur, wie er sie benötige, existiere, und bejahendenfalls ab welchem Zeitpunkt und auf welchem Standard. Dies sei deshalb relevant, weil beide dort tätigen Kurärzte außerordentlich verwundert gewesen seien, als sie wegen eines von den österreichischen Finanzbehörden verlangten, im Vorhinein erstellten Therapieplans angesprochen worden seien. Beide Ärzten äußerten sich dahingehend, dass er die Thermalwasseranwendungen selbst am besten anhand des Grades der Besserung seiner Beschwerden wahrnehmen könne. Da er stets bemüht gewesen sei, sämtliche möglichen und notwendigen ärztlichen Bestätigungen beizubringen, sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb die gegenständlichen Kurkosten dennoch weiterhin nicht steuerlich berücksichtigt würden.

Bezüglich der Spenden habe er sich mit der Empfängerorganisation unter Hinweis auf die Sonderausgaben-Datenübermittlungsverordnung in Verbindung gesetzt. Der zuständige Sachbearbeiter habe erklärt, dass diese ab 2017 geltende Regelung sehr kompliziert und arbeitsaufwändig sei und sich der Spendenempfänger deshalb nicht diesem Verfahren anschließen könne. Da die Spendenorganisation trotz Urgenz der Übermittlung der Spendenmeldung an das Finanzamt nicht nachgekommen sei, ersuche er dennoch um Anerkennung der Spende als Sonderausgabe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die im Zusammenhang mit der ausländischen Rente vorgeschriebenen Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 673,02 € als Werbungskosten berücksichtigt wurden. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Hinsichtlich der Kurkosten wurde unter Verweis auf die dem Erkenntnis des , zugrunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen ausgeführt, bei den Behandlungen in ***1*** handle es nicht um Kuraufenthalte im steuerlichen Sinn, sondern um Aufenthalte, welche letztlich auch der Förderung der Gesundheit bzw. der Verminderung des vorliegenden Leidens dienten. Dieser Ansicht sei auch der VwGH in seinem Beschluss vom , Ra 2017/15/0049, mit welchem die gegen das zitierte Erkenntnis des BFG erhobene Revision zurückgewiesen worden sei, nicht entgegengetreten.

Die im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung 2018 vorgelegten ärztlichen Bestätigungen würden an dieser Beurteilung nichts zu ändern vermögen. Das Kriterium der Integration der Badereise in einen kurmäßig geregelten Tagesablauf liege im Beschwerdefall nicht vor. Dies werde auch im Antwortschreiben vom bestätigt, in welchem der Bf. anführe, dass eine starre Tages- und Freizeitgestaltung in seinem Fall reiner Formalismus und Selbstzweck wären. Aber gerade diese formalen Voraussetzungen würden jene Anhaltspunkte bieten, um steuerlich zu berücksichtigende Kuraufenthalte von normalen Erholungsreisen unterscheiden zu können. Die Eingliederung in eine kurmäßig geregelte Tages- und Freizeitgestaltung sei als Merkmal Voraussetzung dafür, dass die Aufwendungen zu außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 führen könnten. Der Verweis im Antwortschreiben vom darauf, dass der Bf. ausgehend vom Grad der Besserung der Beschwerden selbst am besten die Thermalwasseranwendungen einteilen könne, möge zwar zutreffend sein, stelle aber kein nach außen hin objektiv erkennbares Merkmal der Behandlung dar.

In den vorliegenden ärztlichen Bestätigungen vor Ort werde zwar angeführt, dass der Bf. während seines Aufenthaltes in ***1*** unter therapeutischer Überwachung und in kurärztlicher Betreuung gewesen sei. Die Bestätigungen seien allerdings jeweils im Nachhinein ausgestellt worden. Somit sei nicht erkennbar, dass Therapie und Betreuung regelmäßig im Sinne eines kurmäßigen Ablaufes erfolgt seien. Anzahl und Dauer der Bäder am Kurort bestimme der Bf. offenbar selbst und es sei bis dato auch kein auf den Bf. abgestimmter, im Vorhinein festgelegter Therapieplan vorgelegt worden. Auf der Homepage ***3*** werde das ***1*** wie folgt beschrieben: "Das ***1*** ist eines der bekanntesten und beliebtesten Heil-, Strand- und Erlebnisbäder Europas und die zweitgrößte Therme Ungarns mit der modernsten Saunawelt des Landes und einem speziellen Medical Wellnesszentrum, das perfekte Erholung bietet." Laut Antwortschreiben vom sei auch den vor Ort tätigen Kurärzten ein solcher Therapieplan fremd. Sei eine Eingliederung in einen therapeutisch geregelten Ablauf aber von vornherein nicht möglich, weil ein solcher Therapieplan gar nicht vorgesehen sei, so fehle dem dortigen Aufenthalt das steuerlich zu berücksichtigende Kriterium. Eine Anhörung der bestätigenden Ärzte würde am Charakter der vorliegenden Badereise nichts ändern und hätte somit keine andere Entscheidung zur Folge.

Hinsichtlich der Spende an die Pfarre ***2*** in Höhe von 800,00 € sei anzumerken, dass Kirchenbeiträge, die ab geleistet würden, von der verpflichtenden Sonderausgaben-Datenübermittlung umfasst seien (vgl. LStR 2002 Rz 630a). Absetzbar seien nur Zahlungen, die auf Grund der Beitragspflicht nach der jeweiligen Kirchenbeitragsordnung geleistet würden. Andere Zahlungen (z.B. Spenden) seien nicht begünstigt.

Im Beschwerdefall liege der Behörde lediglich eine Kirchenbeitragsmeldung in Höhe von 280,00 € vor. Die vom Bf. geleistete zusätzliche Spende in Höhe von 800,00 € für eine Turmrenovierung habe daher nicht berücksichtigt werden können.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag brachte der Bf. ergänzend vor, die Behauptung des Finanzamtes, wonach ein "kurmäßig geregelter Tagesablauf" nicht vorgelegen sei, sei unrichtig. Denn der Tagesablauf könne nicht für jede kurmäßige Behandlung eines Leidens gleich sein. Die Behandlung jedes Leidens sei stets individuell und niemals gleich. Nur Gleiches sei gleich, Ungleiches sei ungleich zu behandeln. Dieser Gleichheitsgrundsatz sei auch bei ihm anzuwenden. Eine kurmäßige Behandlung eines kranken Stützapparates samt dazugehörigen Tagesablauf werde wesentlich anders sein als die Heilwassertherapie bei ihm. In seinem Fall sei das Verweilen in diesem Wasser allein die wirksamste Therapie. Die ständige Anwesenheit eines Therapeuten sei hierbei völlig entbehrlich, weil ihm der Ablauf vor Therapiebeginn von seinem behandelnden Hausarzt und dem jeweiligen Kurarzt im ***1*** verordnet worden sei. In diesem entscheidungswesentlichen Punkt vermisse er ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren, da das Finanzamt eine Anhörung der beteiligten Ärzte, die zur gegenständlichen Therapieaufklärung beitragen könnten, ablehne.

Es werde daher, wie bereits in den Vorjahren, beantragt, das BFG möge im Rahmen des § 269 BAO, also außerhalb einer mündlichen Verhandlung, wenigstens seinen Hausarzt zum Ablauf seiner verordneten Hydrotherapie im ***4*** in seiner Gegenwart anhören. Nur dadurch sei ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zum kurmäßigen Tagesablauf gewährleistet.

Hinsichtlich der Spende an die Pfarre ***2*** (begünstigter Spendenempfänger "Denkmäler") werde angemerkt, dass diese bisher stets als Sonderausgabe abzugsfähig gewesen sei. Verwiesen werde diesbezüglich auf das Erkenntnis des , S. 24, sowie den Einkommensteuerbescheid vom .

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

  1. Thermalbäder in ***1***

Der zu 40% körperlich beeinträchtigte Bf., ein Pensionist, machte im Streitjahr 2018, wie bereits in den Vorjahren, unter anderem nachfolgende Aufwendungen für Thermalwasserkuren im ungarischen ***1*** geltend:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
4 Hin- und Rückfahren ***5*** mit dem privaten PKW (4 x 1540 km x 0,42 €)
2,587,20 €
34 Nächtigungen mit Frühstück in ***1*** bei einer privaten Unterkunftgeberin
1.020,00 €
38 Badeeintritte
343,30 €
3.950,50 €

Vorgelegt wurden vier jeweils vor Beginn der Badereisen nach ***1*** vom langjährigen Hausarzt des Bf. erstellte und mit , , sowie mit datierte Bestätigungen über die medizinische Notwendigkeit der Badekuren. Laut diesen im Wesentlichen wortgleichen Bestätigungen leidet der Bf. seit über 25 Jahren an einem chronischen Cervical/Lumbalsyndrom, welches seither auch aktiv behandelt wird. Bewährt haben sich in der jahrzehntelangen Therapie laut Angaben des Allgemeinmediziners im akuten Fall Injektionen. Die besten und langfristig wirksamsten medizinischen Maßnahmen waren und sind laut ärztlichen Bestätigungen periodische Badekuren in ***1***, welches sich im Fall des Bf. aufgrund des dortigen speziellen Wassers als einzig und bestens geeignetes Bad erwiesen hat. Ärztlich angeordnet wurden daher Badekuren in ***1*** vom bis , vom bis , vom bis und vom bis .

Untersuchungen wurden laut Angaben des behandelnden Arztes weder im Vorfeld der Kur noch nach absolvierter Kur durchgeführt. Die Dauer der Kur wurde vom Arzt primär an Hand von Erfahrungswerten bestimmt und es spielte auch eine Rolle, wie viel Zeit der Bf. jeweils erübrigen konnte.

Beigebracht wurden zudem vier kurärztliche Bestätigungen, die dem Bf. für den Zeitraum bis die achtmalige Inanspruchnahme von Thermalbädern, für den Zeitraum bis die zehnmalige Inanspruchnahme von Thermalbädern, für den Zeitraum bis die zehnmalige Inanspruchnahme von Thermalbädern und für den Zeitraum bis die siebenmalige Inanspruchnahme von Thermalbädern bescheinigte. Bescheinigt wurden auch eine kurärztliche Betreuung sowie eine therapeutische Überwachung. Erstellt wurden die ärztlichen Bescheinigungen jeweils gegen Ende des Aufenthalts in ***1***. Bescheinigt wurden auch eine kurärztliche Betreuung und Überwachung mit regelmäßiger Freizeitgestaltung sowie die Diagnose Cervical/Lumbalsyndrom (Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsyndrom).

Der Ablauf der Kur erfolgte laut Angaben des Bf. dergestalt, dass der Bf. am Tag seiner Ankunft in ***1*** den Kurarzt aufsuchte und dieser ihm für 2 Stunden am Vormittag und - nach einer Pause - für 2 Stunden am Nachmittag Sitzbäder verordnete. Die Sitzbäder wurden ausschließlich in der öffentlich zugänglichen Badehalle durchgeführt. Abgesehen von den Sitzbädern im Thermalwasser gab es keine Therapien. Die Kosten für den Kurarzt übernahm die Krankenkasse.

Zuschüsse bzw. ein gänzlicher oder teilweiser Kostenersatz für die Badekuren sind nach Angaben des Bf. nicht erfolgt.

  1. Spenden

Vorgelegt wurde eine mit datierte Zahlungsbestätigung über 800,00 €, Zahlungsempfänger ist die Pfarrkirche ***2***, als Verwendungszweck wird "Spende Turmrenovierung" angeführt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde im Beschwerdefall vorgelegten Akten sowie aus dem Vorbringen der Parteien in der das Streitjahr 2019 betreffenden, am durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der auch der Sachverhalt des Jahres 2018 näher erläutert wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

In Streit steht, ob Aufwendungen für Thermalbäder in einer öffentlich zugänglichen Heiltherme (Kosten für Nächtigungen mit Frühstück, Fahrtkosten und Eintrittskarten in die Heiltherme) als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen sind. Strittig ist zudem, ob eine an eine Pfarrkirche für eine Kirchturmrenovierung geleistete Spende als Sonderausgabe anzuerkennen ist.

  1. Thermalbäder (Kurkosten)

Gemäß § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, wenn diese Belastung höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- beziehungsweise Vermögensverhältnisse erwächst (Außergewöhnlichkeit, Abs. 2 leg. cit.), er sich dieser Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit, Abs. 3 leg. cit.) und dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt wird (Abs. 4 leg. cit.).

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, der durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung außergewöhnliche Belastungen hat und keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag (Abs. 3) zu. Der Freibetrag beträgt gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 bei einer 40%igen Minderung der Erwerbsfähigkeit 164 € jährlich.

Neben dem Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Kürzung um den Selbstbehalt können nach § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen unter anderem Kosten der Heilbehandlung (z.B. Kosten für ärztlich verordnete Kuren) im nachgewiesenen Ausmaß geltend gemacht werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach judiziert hat (siehe dazu beispielsweise ; ; ; ; , und ), führt nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte (Kur)aufenthalt zu einer außergewöhnlichen Belastung. So muss die der Behandlung einer Krankheit (unmittelbar) dienende Reise zur Heilung oder Linderung der Krankheit nachweislich notwendig sein und eine andere Behandlung nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheinen. Überdies müssen die Behandlungen unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht erfolgen und der Tagesablauf muss kurmäßig geregelt sein (verwiesen wird diesbezüglich auch auf die Rechtsprechung des OGH (z.B. ), wonach nur Maßnahmen unter ärztlicher Aufsicht, die durch speziell geschultes Personal erbracht werden, den therapeutischen Zweck gewährleisten oder medizinisch unerwünschte Nebenwirkungen verhindern können und deshalb als Heilmittel zu qualifizieren sind). Weiters ist ein vor Kurantritt ausgestelltes ärztliches Gutachten vorzulegen, aus dem die Notwendigkeit, die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ersichtlich sind.

Im Beschwerdefall wurden dem Bf. von seinem langjährigen Hausarzt jeweils vor Kurantritt unter Anführung der Diagnose periodische Badekuren in ***1*** aufgrund der Eigenschaften des dortigen Heilwassers unter jeweiliger Anführung der Dauer des Kuraufenthaltes verordnet. Wie der behandelnde Allgemeinmediziner in der das Streitjahr 2019 betreffenden mündlichen Verhandlung explizit zum Sachverhalt des Jahres 2018 ausführte, wurden weder im Vorfeld noch im Nachhinein Untersuchungen durchgeführt. In Frage gekommen wären einzig Blutuntersuchungen. Solche wären im konkreten Fall ergebnislos geblieben, weil kein entzündlicher Rheumatismus mehr vorlag, sondern ein degeneratives Wirbelsäulenleiden. Die Dauer der Kur wurde primär an Hand von Erfahrungswerten bestimmt, da der Bf. bereits seit Jahrzehnten ca. vierteljährlich diese Kuren gegen seine starken Schmerzen erfolgreich absolviert. Bei der Dauer der Kur spielte auch eine Rolle, wie viel Zeit der Bf. erübrigen konnte. Eine eklatante Besserung der Schmerzen trat im Allgemeinen sehr schnell ein, manchmal bereits nach 2 Tagen. Eine längere Kurdauer ist aber jedenfalls von Vorteil. Massagen und Kuren in anderen Heilthermen hätten nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Nach Rechtsauffassung des BFG wurden die medizinischen Gründe für die verordneten Thermalbäder in ***1*** ausreichend und nachvollziehbar vom behandelnden Arzt dargelegt. Wie in den die Veranlagungsjahre 2012 bis 2015 betreffenden Erkenntnissen des , sowie vom , RV/1100208/2017, zutreffend ausgeführt wird, ist aber selbst bei ausreichend konkreten, die medizinische Notwendigkeit, die Dauer einer Kur sowie das Reiseziel belegenden ärztlichen Bestätigungen das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung iSd § 34 EStG 1988 nur dann zu bejahen, wenn die Behandlungen unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht erfolgten und der Tagesablauf kurmäßig geregelt war.

Der Bf. hat in der bereits mehrfach erwähnten, das Streitjahr 2019 betreffenden mündlichen Verhandlung auch hinsichtlich des Jahres 2018 glaubhaft erläutert, dass der Kurarzt zu Kurbeginn Sitzbäder im Thermalwasser für jeweils zwei Stunden am Vormittag und zwei Stunden am Nachmittag als medizinisch zweckmäßig erachtete. Von kurmäßig geregelten Tagesabläufen kann aus der Sicht des BFG dennoch nicht gesprochen werden, weil die Umsetzung der Sitzbäder im Unterschied zu den von den Kuranstalten der Krankenkassen angebotenen Kurprogrammen nicht beaufsichtigt war und es so letztendlich dem Bf. oblag, ob, wann bzw. in welchem Ausmaß er Thermalbäder in der öffentlich zugänglichen Heiltherme absolvierte. Nach Rechtsauffassung des BFG kann daher im Beschwerdefall weder von einer ausreichenden ärztlichen Begleitung und Aufsicht gesprochen werden noch von reglementierten kurmäßigen Tagesabläufen.

Verwiesen wird auch auf das den Bf. betreffende Erkenntnis des , sowie auf den . In diesen höchstgerichtlichen Entscheidungen, denen hinsichtlich der Gestaltung der Aufenthalte des Bf. in ***1*** derselbe Sachverhalt zugrunde lag, ist der VwGH der in der Berufungsentscheidung des -F/05, sowie der im Erkenntnis des , vertretenen Rechtsauffassung, wonach diese Aufenthalte nicht mit einer kurmäßig geregelten Tages- und Freizeitgestaltung verbunden waren, gefolgt.

Hingewiesen wird zudem auf die Entscheidung des -G/12. In diesem insofern gleichgelagerten Fall, als auch hier die Eintrittskosten in eine öffentlich zugängliche Heiltherme einschließlich der damit verbundenen Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht wurden, kam der UFS ebenfalls zum Ergebnis, dass mangels Nachweis einer ärztlichen Kontrolle sowie einer kurmäßig gestalteten Tages- und Freizeitgestaltung kein steuerlich berücksichtigungswürdiger Kuraufenthalt vorliegt. Die Behandlung der gegen diese Entscheidung eingebrachten VwGH-Beschwerde wurde vom Höchstgericht mit Beschluss vom , 2012/15/0221, abgelehnt.

Mangels Erfüllung sämtlicher von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für abgabenrechtlich beachtliche ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich krankheitsbedingte Reisen geforderten Voraussetzungen konnten daher die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

• Spende

Strittig ist, ob eine an eine Pfarrkirche für eine Kirchturmrenovierung geleistete Spende als Sonderausgabe anzuerkennen ist.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind freigebige Zuwendungen - soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind - insoweit bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, als sie zusammen mit Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 4a insgesamt 10% des sich nach Verlustausgleich ergebenden Gesamtbetrages der Einkünfte nicht übersteigen, wenn sie

a. an Einrichtungen im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 1, 2 und 3 und Abs. 4, sowie

b. ausschließlich in Geld an begünstigte Körperschaften im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 2a, Z 4 bis 6, Abs. 4a, Abs. 5 und Abs. 6

geleistet werden.

….

Freigebige Zuwendungen an begünstigte Einrichtungen im Sinne der lit. b und an Einrichtungen gemäß § 4a Abs. 4 lit. d sind nur dann abzugsfähig, wenn die empfangende Einrichtung zum Zeitpunkt der Zuwendung in der Liste begünstigter Spendenempfänger (§ 4a Abs. 7 Z 1) eingetragen ist; dies gilt nicht für Zuwendungen an Einrichtungen gemäß § 4a Abs. 6 und Abs. 3 Z 2a.

Gemäß § 18 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 sind Beiträge und Zuwendungen an einen Empfänger, der eine feste örtliche Einrichtung im Inland unterhält, nur dann als Sonderausgaben zu berücksichtigen, wenn dem Empfänger Vor- und Zunamen und das Geburtsdatum des Leistenden bekannt gegeben werden und eine Datenübermittlung gemäß Z 2 erfolgt.

Gemäß § 18 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 sind Empfänger von Beiträgen und Zuwendungen im Sinne der Z 1 verpflichtet, den Abgabenbehörden im Wege von FinanzOnline Informationen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen elektronisch zu übermitteln. Zu übermitteln sind gemäß lit. a dieser Norm das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben (vbPK SA) des Leistenden, wenn dieser dem Empfänger Vor- und Zunamen und sein Geburtsdatum bekannt gegeben hat, und der Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge des Leistenden. Die Übermittlung hat zu unterbleiben, wenn der Leistende dem Empfänger die Übermittlung ausdrücklich untersagt hat. In diesem Fall darf bis zum Widerruf für sämtliche Leistungen des betreffenden Kalenderjahres und der Folgejahre keine Übermittlung erfolgen.

Die (begünstigende) Empfängereigenschaft ergibt sich entweder aus dem Gesetz (§ 4a Abs. 3 Z 1 bis 3 und Abs. 4 lit. a bis c und lit. e bis g, sowie Abs. 6 EStG 1988) oder aber, für die Fälle des § 4a Abs. 3 Z 4 bis 6, Abs. 4 lit. d und Abs. 5, wenn der Empfänger zum Zeitpunkt der Zuwendung in die "Liste der begünstigten Einrichtungen" auf der BMF-Homepage eingetragen war.

Das Vorbringen des Bf. in der Streitjahr 2019 betreffenden mündlichen Verhandlung, wonach der Pfarrkirche ***2*** zwar keine sich aus dem Gesetz ergebende (begünstigende) Empfängereigenschaft zukommt, diese aber in der "Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen" auf der BMF-Homepage eingetragen ist, konnte vom BFG nicht verifiziert werden.

Aber selbst wenn die Pfarrkirche ***2*** in der "Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen" auf der BMF-Homepage eingetragen wäre, könnte eine Berücksichtigung der Spende als Sonderausgabe nur dann erfolgen, wenn sie die empfangende Organisation der Finanzverwaltung im Wege des automatischen Datenaustausches gemeldet hätte. Dadurch soll der Steuerpflichtige entlastet werden, weil er seine Angaben nicht mehr belegen muss, und die Finanzverwaltung, weil sie die übermittelten Sonderausgabendaten automatisiert in den Bescheid übernehmen kann und allfällige zu Unrecht angesetzte Beträge verhindert werden (vgl. Jakom/Peyerl EStG, 2021, § 18 Rz 190 ff; ).

Da gegenständlich keine automatische Datenübermittlung erfolgte, sondern die Spende durch Eintragung in die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht wurde, kommt gemäß § 18 Abs. 8 EStG 1988 iVm der dazu ergangenen Sonderausgaben- Datenübermittlungsverordnung (Sonderausgaben-DÜV BGBl II 2016/289 idF BGBl II 2017/122) ein Abzug der Spende als Sonderausgabe nicht in Betracht.

Gesamthaft gesehen war der Beschwerde somit im Umfang der Beschwerdevorentscheidung insoweit teilweise Folge zu geben, als die im Zusammenhang mit der ausländischen Rente vorgeschriebenen Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 673,02 € als Werbungskosten antragsgemäß zu berücksichtigen waren. Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Sowohl bei der Beurteilung, ob Aufwendungen für Thermalwasserkuren in einer öffentlich zugänglichen Heiltherme bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage eine außergewöhnliche Belastung darstellen als auch bei der Frage, ob eine an eine Pfarrkirche für eine Kirchturmrenovierung geleistete Spende als Sonderausgabe anzuerkennen ist, folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden daher nicht berührt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at