Sachliche Unbilligkeit der Einhebung aufgrund einer Doppelbesteuerung von Einkünften?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Nachsicht gemäß § 236 BAO, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer (in der Folge abgekürzt Bf.), ihm bereits als Einkommensteuer 2010 und 2011 an das Finanzamt ***1*** entrichtete Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt 1.130,00 € nachzusehen und an ihn zurückzuzahlen. Begründend führte der Bf. aus, er sei Anfang Jänner 2010 nach Deutschland übersiedelt und habe in ***2***, einen Wohnsitz begründet, den er bis Ende 2011 beibehalten habe. Die deutsche Finanzverwaltung habe ihn ab Jänner 2010 bis Dezember 2011 als im Inland steuerpflichtig erklärt. Hierdurch seien bestimmte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Ruhestandsbezüge) in der BRD einkommensteuerpflichtig geworden und ihm mit Einkommensteuerbescheid 2010 in Höhe von 439,00 € sowie mit Einkommensteuerbescheid 2011 in Höhe von 691,00 €, insgesamt somit mit 1.130,00 €, vorgeschrieben und von ihm auch entrichtet worden. Dadurch sei es zu einer Doppelbesteuerung der gleichen Einkunftsart, desselben Zeitraumes und desselben Steuerpflichtigen gekommen, was sachlich unbillig sei. Ursache für diese Doppelbesteuerung sei gewesen, dass die österreichische Steuerverwaltung (Finanzamt ***3***) seinen Wohnsitz in ***1*** nicht anerkannt habe und der UFS, Außenstelle ***3***, diese Entscheidung bestätigt habe (siehe Berufungsentscheidung vom , RV/0518-F/11). Dem Nachsichtsantrag angeschlossen seien ein Schreiben des Finanzamtes ***1*** vom sowie eine Kopie der Einspruchsentscheidung dieses Finanzamtes vom .
Mit Bescheid vom wurde das Nachsichtsansuchen vom unter Zitierung des § 236 BAO, der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl II 435/2005 (in der Folge kurz VO BGBl II 435/2005), Art. 4 Abs. 2 DBA Österreich-Deutschland sowie Art. 25 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der UFS habe in seiner Entscheidung vom , RV/0518-F/10, die Ansässigkeit des Antragstellers in Österreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Bf. sei dieser Verhandlung jedoch unentschuldigt ferngeblieben, weshalb die Klärung zahlreicher offener Fragen hierzu unterblieben sei. Die vorgelegte Einspruchsentscheidung des Finanzamtes ***1*** betreffend Einkommensteuer 2010 und 2011 gehe hingegen von einer Ansässigkeit in Deutschland aus, ohne dies näher zu begründen. So werde lediglich ausgeführt "nach Aktenlage" sei der Wohnsitz in Deutschland "unstrittig". Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht knüpfe im Allgemeinen lediglich an einen schlichten Wohnsitz an, der Antragsteller habe jedoch in den betreffenden Jahren in beiden Staaten einen Wohnsitz gehabt. Das DBA sehe in Art. 4 Abs. 2 Regelungen zur Lösung von Wohnsitzkonflikten vor. Diesbezügliche Feststellungen seitens der deutschen Steuerbehörden seien den beigelegten Schreiben des Finanzamtes ***1*** nicht zu entnehmen. Im Hinblick auf § 3 Z 3 der VO BGBl II 435/2005 wäre vom Antragsteller zunächst im Rahmen eines Verständigungsverfahrens gemäß Art. 25 DBA die strittige Frage der Ansässigkeit zu klären, an welcher er bislang nicht ausreichend mitgewirkt habe. Betreffend Verjährung hinsichtlich 2010 (Bescheid 2010 des Finanzamtes ***1***, von diesem am zur Post gegeben, Verjährung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 DBA am eingetreten) könne davon ausgegangen werden, dass eine Nachsicht analog zur zu erwartenden Lösung hinsichtlich der nicht verjährten Maßnahme 2011 (Bescheid vom , Dreijahresfrist ende am ) erfolgen werde.
Im Wege der Nachsicht sei die materiell-rechtliche Frage des Besteuerungsrechts nicht zu klären, ebenso wenig seien die Folgen von deren Unterlassung auf diese Weise zu beseitigen, solange noch ein Hilfsmittel, nämlich die Inanspruchnahme des Verständigungsverfahrens zur Verfügung stehe. Derzeit bestehe für eine Nachsicht daher kein Raum.
Mit dem an das Finanzamt ***3*** gerichteten Schriftsatz vom ersuchte der Bf. um Einleitung eines Verständigungsverfahrens zur Abklärung der Ansässigkeit. Begründet wurde dieses Begehren mit der Rechtsauffassung, dass Maßnahmen beider Vertragsstaaten bei ihm hinsichtlich der Einkommensteuer 2010 und der Einkommensteuer 2011 zu einer dem DBA Österreich-Deutschland nicht entsprechenden Besteuerung geführt hätten. Gleichzeitig werde ab dem Zeitpunkt der Beendigung des gegenständlichen Verständigungsverfahrens beantragt, die bereits entrichteten Einkommensteuern der Jahre 2010 und 2011 in Höhe von insgesamt 1.130,00 € gemäß § 236 BAO nachzusehen.
Mit Schriftsatz vom informierte das Bundesministerium für Finanzen den Bf. über den Abschluss des Verständigungsverfahrens wie folgt: "Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom teilt Ihnen das Bundesministerium für Finanzen mit, dass die deutsche Steuerverwaltung (Bundeszentralamt für Steuern, ***4***) mit Schreiben vom mitteilte, dass sie sich der österreichischen Auffassung anschließt, wonach Sie gemäß Art. 4 Abs. 2 des österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommens als in Österreich ansässig zu betrachten sind. Ebenso teilte das Bundeszentralamt für Steuern mit, dass für das Jahr 2011 eine Freistellung der liechtensteinischen Renteneinkünfte in Deutschland erfolgt kann und bezüglich der österreichischen Pensionseinkünfte eine Freistellung in Deutschland bereits erfolgt ist. Ferner führt das Bundeszentralamt für Steuern in Bezug auf das Veranlagungsjahr 2010 an, dass aus deutscher Sicht die 3-Jahres-Frist gemäß Art. 25 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens bei der Antragstellung nicht eingehalten worden und der Antrag insoweit abzulehnen ist.
Das gegenständliche Verständigungsverfahren wird im Sinne der oben dargelegten Verständigungsvereinbarung somit als abgeschlossen betrachtet. Entsprechend den deutschen Vorschriften steht die Umsetzung der Verständigungsvereinbarung auf deutscher Seite unter dem Vorbehalt, dass Sie der Verständigungsvereinbarung zustimmen, gegebenenfalls anhängige Rechtsbehelfe zurücknehmen und auf Rechtsbehelfe gegen die die Verständigungsvereinbarung umsetzenden Bescheide verzichten.
Das Finanzamt ***3*** wurde über die Verständigungsvereinbarung in Kenntnis gesetzt und zuständigungshalber um Entscheidung über das in Ihrem Schreiben vom angeführte Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO ersucht."
Mit Bescheid vom wurde das Nachsichtsansuchen vom (Anmerkung: Irrtümlicherweise wurde anstelle des Nachsichtsansuchens vom nochmals jenes bereits mit Bescheid vom abgewiesene Nachsichtsansuchen vom zitiert) unter Wiedergabe des § 236 BAO sowie der VO BGBl II 435/2005 abgewiesen. Begründend wurde unter Verweis auf das ausgeführt, im gegenständlichen Fall würden weder persönliche noch sachliche Billigkeitsgründe vorliegen, die den Wirkungsbereich des Finanzamtes ***3*** betreffen würden. Für die Gewährung einer Nachsicht der Einkommensteuer 2010 bzw. allenfalls einer Wiederaufnahme für dieses Jahr sei das Finanzamt ***1*** zuständig. Das Finanzamt ***3*** habe diesbezüglich keinen Ermessensspielraum.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde die gänzliche oder teilweise Gewährung einer Nachsicht im Sinne des Antrages vom begehrt sowie beantragt, die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem BFG zur Entscheidung vorzulegen.
In der mit Schriftsatz vom nachgereichten Beschwerdebegründung führte der Bf. aus, es stünde fest, dass er in den Jahren 2010 und 2011 sowohl in Österreich als auch in Deutschland ansässig gewesen sei (siehe dazu den Bescheid des Finanzamtes ***3*** vom , Seite 3, betreffend die erste Abweisung seines Nachsichtsansuchens). Verwiesen werde auch auf die dem UFS vorgelegte Einspruchsentscheidung des Finanzamtes ***1*** vom . Weshalb sich die deutsche Steuerverwaltung nunmehr im Rahmen des Verständigungsverfahrens gemäß Art. 25 DBA der österreichischen Auffassung, wonach er in den Jahren 2010 und 2011 als allein in Österreich ansässig zu betrachten sei, angeschlossen habe, sei die deutsche Steuerverwaltung aber zu begründen schuldig geblieben Denn das Finanzamt ***1*** sei nach der Aktenlage unstrittig von einem Wohnsitz in Deutschland ausgegangen (vergleiche wiederum den Bescheid des Finanzamtes ***3*** vom , Seite 3).
Daraus folge, dass gemäß § 3 Z 3 der VO BGBl II 435/2005 im Beschwerdefall eine sachliche Unbilligkeit deshalb vorliege, weil die Einhebung der Einkommensteuer 2010 und 2011 seitens beider Steuerverwaltungen zu einer internationalen Doppelbesteuerung geführt habe, deren Beseitigung ungeachtet einer Einigung der beiden Steuerverwaltungen in einem Verständigungsverfahren die Verjährung entgegenstehe (siehe dazu wiederum den Bescheid des ***FA*** vom , Seite 3).
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde unter Zitierung der gegenständlich maßgeblichen Normen sowie unter Wiedergabe der höchstgerichtlichen Judikatur zur sachlichen und persönlichen Unbilligkeit der Abgabeneinhebung abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der dem Bf. bekannt gegebene Abschluss des Verständigungsverfahrens gemäß Art. 25 Abs. 3 DBA Deutschland - Österreich habe ergeben, dass der Bf. in Österreich ansässig sei, dass für das Jahr 2011 eine Freistellung der liechtensteinischen Renteneinkünfte in Deutschland erfolgen könne und bezüglich der österreichischen Pensionseinkünfte eine Freistellung in Deutschland bereits erfolgt sei. Bezüglich 2010 sei aus deutscher Sicht die 3-Jahresfrist gemäß Art. 25 Abs. 1 des DBA Österreich-Deutschland bei der Antragstellung nicht eingehalten worden, weshalb der Antrag insoweit abzulehnen sei.
Die Bestätigung der österreichischen Rechtsansicht durch die deutschen Behörden habe den Bf. ermutigt, seinen Antrag auf Nachsicht gegenüber dem österreichischen Fiskus zu stellen. Dieses Verhalten sei nicht nachvollziehbar. Wenn schon eine Doppelbesteuerung eingetreten und das Besteuerungsrecht geklärt worden sei, dann erscheine das Behalten der betreffenden Abgaben nicht aus Sicht des Staates unbillig, welcher Recht bekommen habe, sondern aus der Sicht des anderen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb der Bf. sich mit seinem Nachsichtsansuchen nicht an den deutschen Fiskus wende (§ 227 AO).
Aus diesem Grund ergehe auch die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung entgegen der Bestimmung des § 262 Abs. 2 lit. a BAO. Nach Ansicht der Abgabenbehörde sei es nicht zu vertreten, ein Nachsichtsbegehren betreffend Beseitigung der Doppelbesteuerung im "falschen" Staat zu stellen, konkret in jenem, dem das Besteuerungsrecht zustehe, bevor nicht im anderen Staat alles - inklusive Erlassverfahren gemäß § 227 AO - unternommen worden sei, um eine allfällige sachliche Unbilligkeit zu beseitigen. Erst in weiterer Folge - bei entsprechenden Durchführungsnachweis - könnte gegebenenfalls eine sachliche Unbilligkeit im Behalten der zustehenden Steuer erblickt werden, wobei im Rahmen des Ermessens alle Elemente des Falles zu würdigen wären. Beispielsweise hätte der Bf. an der mündlichen Verhandlung vor dem UFS, welche zur Klärung von Zweifelsfragen seiner Ansässigkeit gedient habe, unentschuldigt nicht teilgenommen. Seine Teilnahme hätte bereits zu diesem Zeitpunkt die Einleitung eines Verständigungsverfahrens wahrscheinlich gemacht. Es sei insbesondere auch nicht zu erkennen, dass die deutschen Ansprüche 2014 bereits verjährt gewesen seien. Am habe der Bf. bereits einen Nachsichtsantrag an die österreichische Verwaltung gestellt, einen vergleichbaren gemäß § 227 AO an die deutsche Verwaltung habe er aber unterlassen, obwohl der Bf. damals längst die oben zitierte Entscheidung des UFS ***3*** aus dem Jahr 2011 gekannt habe.
Der vom Bf. rudimentär zitierte Passus aus dem Vorbescheid laute vollständig: "Im Hinblick auf § 3 Z 3 der obig zitierten VO, BGBl II 435/2005, wäre vom Antragsteller zunächst im Rahmen eines Verständigungsverfahrens gemäß Art. 25 DBA die strittige Frage der Ansässigkeit zu klären, an welcher er bislang nicht ausreichend mitgewirkt hat. Betreffend Verjährung hinsichtlich 2010 (Bescheid 2010 vom Finanzamt ***1*** am zur Post gegeben, Verjährung im Sinne von Art. 25 Ab. 1 DBA am eingetreten) kann davon ausgegangen werden, dass eine Nachsicht analog zur zu erwartenden Lösung hinsichtlich der nicht verjährten Maßnahme 2011 (Bescheid vom , Dreijahresfrist endet am ) erfolgen wird."
Darin sei nicht angedeutet, dass eine Nachsicht von österreichischer Seite in Aussicht gestellt werde. Auch die deutsche Steuerverwaltung kenne eine Nachsicht ("Erlass" gemäß § 227 AO: "Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach der Lage des Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden."). Vielmehr wurde dem Bf. damit vermittelt, dass ein Verständigungsverfahren zur Lösung der Streitfrage erforderlich sein werde und dass es von dessen Ausgang abhängen werde, welches Land für eine Nachsicht primär in Betracht käme.
Eine Unbilligkeit nach Lage der Sache könne daher vorerst nicht erblickt werden. Es erscheine nicht unbillig, dass nach einem Verständigungsverfahren jenes Land, dem das Besteuerungsrecht zustehe, die bereits entrichteten Abgaben behalte, solange kein vergleichbarer Versuch unternommen worden sei, die betreffenden Abgaben von jenem Land erstattet zu bekommen, welchem dieses Recht nicht zustehe.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag bemängelte der Bf., dass trotz seines Antrages auf Direktvorlage eine Beschwerdevorentscheidung erlassen worden sei. Gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO hätte eine solche unterbleiben müssen. Das Finanzamt sei mit Einlangen seiner Bescheidbeschwerde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht mehr zuständig gewesen. Aufgrund der zu Unrecht in Anspruch genommenen Zuständigkeit liege ein Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG vor (Recht auf den gesetzlichen Richter) vor. Die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung sei daher vom BFG wegen Nichtigkeit aus dem Rechtsbestand auszuscheiden.
Zudem werde in der Beschwerdevorentscheidung tatsachenwidrig behauptet, er hätte unentschuldigt an der UFS-Verhandlung am nicht teilgenommen. Richtig sei, dass ihm wegen damaliger längerer Ortsanwesenheit die Ladung zur Verhandlung nicht zugestellt werden habe können und er vom gegenständlichen Verhandlungstermin daher nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt habe. Zudem sei er zum Verhandlungstermin von einer längeren Auslandsreise noch nicht zurückgekehrt gewesen. Bei dieser Sach- und Rechtslage ersuche er, seine Bescheidbeschwerde im Sinne des § 265 Abs. 1 BAO ohne unnötigen Aufschub dem BFG vorzulegen.
In seiner Stellungnahme im Vorlagebericht vom führte das Finanzamt aus, der Bf. übersehe, dass die lit. a und lit. b des § 262 Abs. 2 BAO durch ein "und" verbunden seien. Daraus folge, dass ein Antrag auf Direktvorlage nur dann zur Unzuständigkeit des Finanzamtes zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung führe, wenn diese gemäß lit. b leg. cit. die Bescheidbeschwerde auch tatsächlich binnen drei Monaten dem BFG vorlege. Die Beschwerdevorentscheidung sei somit rechtskonform zustande gekommen.
Inhaltlich werde auf die Ausführungen in der Begründung der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Der Bf. beantrage nach Ansicht der Abgabenbehörde die Nachsicht im falschen Staat. Zunächst sollte ein solcher Antrag tunlichst in jenem Staat gestellt werden, welchem nach DBA-Recht kein Besteuerungsrecht zukomme, sohin in Deutschland. Ein solcher Versuch sei jedoch vom Bf. nicht unternommen worden. Es werde daher die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Mit Schriftsatz vom nahm der Bf. dazu wie folgt Stellung: "§ 262 Abs. 2 BAO enthält in den lit. a und b zwei selbständige Tatbestände, die der Gesetzgeber in den lit. a und b normiert hat. Wenn er nur einen Tatbestand normieren hätte wollen,so hätte es der Aufspaltung in die lit. a und b nicht bedurft, und die gesamte Regelung des lit. a und b wäre als Absatz 2 in einem Satz ohne Unterteilung in lit. a und b normiert worden. Das Wort "und" wird in der Gesetzgebung bei Aufzählung mehrerer Tatbestände - wie hier - zwischen dem vorletzten und dem letzten Tatbestand als Zeichen des Schlusses der aufgezählten Tatbestände gesetzt, wenn diese nicht jeweils durch einen Strichpunkt unterteilt werden."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Bescheiden des Finanzamtes ***3*** vom sowie vom wurden Anträge des Bf. auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen 2010 und 2011 auf Null wegen Verlegung seines ordentlichen Wohnsitzes nach Deutschland ab mit der Begründung abgewiesen, der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. befinde sich nach wie vor in Österreich. Ein dagegen erhobenes Rechtsmittel wurde mit Entscheidung des -F/10, als unbegründet abgewiesen.
Die am bzw. am erfolgten Arbeitnehmerveranlagungen 2010 und 2011 wurden zwar ebenfalls bekämpft, allerdings nicht deshalb, weil eine Ansässigkeit im Inland bestritten wurde, sondern wegen einer Nichtanerkennung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung, etc.
Demgegenüber ging das Finanzamt ***1*** von einer Ansässigkeit des Bf. in den Jahren 2010 und 2011 in Deutschland aus, weshalb es für diese Jahre am bzw. am ebenfalls Einkommensteuerbescheide erließ. Die gegen diese Bescheide erhobenen Rechtsmittel wurden mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen.
Ein am beim Finanzamt ***3*** eingebrachter Antrag auf Nachsicht der dem Bf. vom Finanzamt ***1*** vorgeschriebenen Einkommensteuer 2010 und 2011 in Höhe von insgesamt 1.130,00 € wurde vom Finanzamt ***3*** mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, es sei zunächst der vorliegende Ansässigkeitskonflikt in einem Verständigungsverfahren zu klären.
Mit dem an das Finanzamt ***3*** gerichteten Schriftsatz vom ersuchte der Bf. um Einleitung eines Verständigungsverfahrens gemäß Art. 25 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland sowie - nach Beendigung dieses Verfahrens - wiederum um Nachsicht der an das Finanzamt ***1*** entrichteten Einkommensteuern 2010 und 2011.
Mit Schreiben des Finanzamtes ***3*** vom wurde dem Bf. mitgeteilt, die in Art. 25 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland vorgesehene 3-Jahresfrist zur Einleitung eines Verständigungsverfahrens sei hinsichtlich der österreichischen Maßnahmen bereits abgelaufen. Der Bf. wurde ersucht, sich an die deutsche Steuerverwaltung zu wenden.
Mit Schriftsatz vom brachte der Bf. beim Bundesministerium für Finanzen einen Antrag auf ein Verständigungsverfahren mit der BRD-Steuerverwaltung ein, welcher an das Finanzamt ***3*** zur Stellungnahme weitergeleitet wurde.
Mit Schreiben an das Bundesministerium für Finanzen vom nahm das ***FA*** wie folgt Stellung: "Gemäß Art. 25 Abs. 1 letzter Satz DBA Deutschland muss der Fall innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme unterbreitet werden, die zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung geführt hat. Dem Antragsteller war zu diesem Zeitpunkt die Erlassung des Vorauszahlungsbescheides 2010 vom sowie des Vorauszahlungsbescheides 2011 vom bekannt, dass das Finanzamt die seiner Ansicht nach nicht dem Abkommen entsprechende Besteuerung (unter der Annahme der Ansässigkeit in Österreich) vornimmt. Der gegenständliche Antrag vom wurde daher erst nach Ablauf der im Abkommen vorgesehenen Frist gestellt. Überdies hätte der Antrag gemäß Art. 25 Abs. 1 1. Satz DBA Deutschland wohl im (vermeintlichen bzw. behaupteten) Ansässigkeitsstaat Deutschland gestellt werden müssen. Aufgrund des Vorbringens im gegenständlichen Antrag ist zu schließen, dass aus deutscher Sicht die Frist für die Antragstellung für das Jahr 2011 noch offen sein könnte.
Aufgrund der Herabsetzungs- und Aufhebungsanträge betreffend die Vorauszahlungsbescheide für dieJahre 2010 und 2011 und dem nachfolgenden Berufungsverfahren vor dem UFS ***3*** wurde in der Berufungsentscheidung vom , GZ RV/0518-F/10, als erwiesen angenommen, dass der Beschwerdeführer in Deutschland keinen Wohnsitz und jedenfalls nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen hatte und sich daher die Ansässigkeit nicht (vorübergehend) nach Deutschland verlagert hat.
…."
Mit Schreiben vom informierte das Bundesministerium für Finanzen das Finanzamt ***3*** über die Einleitung eines Verständigungsverfahrens.
Mit Schriftsatz vom informierte das Bundesministerium für Finanzen den Bf. über den Abschluss des Verständigungsverfahrens. Dem Bf. wurde überdies zur Kenntnis gebracht, dass sich die deutsche Steuerverwaltung der österreichischen Auffassung anschließe, wonach der Bf. gemäß Art. 4 Abs. 2 des österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommens als in Österreich ansässig zu betrachten sei und deshalb eine Freistellung der liechtensteinischen Renteneinkünfte in Deutschland erfolgt könne (für die österreichischen Pensionseinkünfte sei eine Freistellung in Deutschland bereits erfolgt). Für das Veranlagungsjahr 2010 sei aus deutscher Sicht die 3-Jahres-Frist gemäß Art. 25 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens bei der Antragstellung nicht eingehalten worden und der Antrag insoweit abzulehnen.
Mit Bescheid vom wurde das Nachsichtsansuchen vom als unbegründet abgewiesen. Über die dagegen erhobene Beschwerde, die mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde, ist aufgrund des eingebrachten Vorlageantrages zu entscheiden.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde im Beschwerdefall vorgelegten Akten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
In Streit steht, ob das Behalten der für die Jahre 2010 und 2011 im Inland in Höhe von insgesamt 17.915,00 € festgesetzten und entrichteten Einkommensteuer im Ausmaß von 1.130,00 € deshalb sachlich unbillig ist, weil in dieser Höhe für die betreffenden Jahre auch in Deutschland Einkommensteuer vorgeschrieben und entrichtet wurde.
Zum Einwand des Bf. - aufgrund seines Antrages auf Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung in der Bescheidbeschwerde hätte eine solche nicht erlassen werden dürfen - wird angemerkt, dass ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Direktvorlage der Beschwerde an das BFG nicht besteht (siehe dazu z.B. Ritz, BAO6, § 262 Tz 6; Fischerlehner, Abgabenverfahren2, § 262 Anm 3). Da lit. a und lit. b des § 262 Abs. 2 BAO kumulative Voraussetzungen für ein Absehen von der Beschwerdevorentscheidung sind, löst bereits der ungenützte Ablauf der 3-Monatsfrist des § 262 Abs. 2 lit. b BAO die Pflicht der Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen aus (siehe dazu ErläutRV FVwGG [2007 BlgNR 24. GP] zu Art 2 zu Z 43; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 262; Ritz, BAO6, § 262 Tz 6;).
Eine sachliche Unzuständigkeit des Finanzamtes zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung im Beschwerdefall liegt daher nicht vor.
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Diese Bestimmung findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung (§ 236 Abs. 2 BAO).
Die in § 236 BAO geforderte Unbilligkeit kann entweder persönlich oder sachlich bedingt sein. Das Vorliegen einer persönlich bedingten Unbilligkeit wurde nicht behauptet und kann, da die Abgabenbehörde im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nur die vom Nachsichtswerber geltend gemachten Gründe zu prüfen hat, außer Betracht bleiben (siehe dazu Ritz, BAO6, § 236, Tz 4).
Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der in der anormalen Belastungswirkung gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (; und 0265; ; ). Eine derartige Unbilligkeit des Einzelfalles ist aber nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vorliegt, also die vermeintliche Unbilligkeit für die davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst folgt, für deren Hintanhaltung der Gesetzgeber selbst hätte Vorsorge treffen müssen. Ist die Abgabeneinhebung im Einzelfall also nicht bloße Auswirkung oder Folge des ordnungsgemäßen Vollzuges genereller Abgabennormen, so kann dies Anlassfall für eine Abgabennachsicht auf Grund sachlicher Unbilligkeit sein.
Der Bf. erachtet das Behalten des nachzusehenden Betrages deshalb für sachlich unbillig, weil für die Jahre 2010 und 2011 sowohl Österreich als auch Deutschland ihm gegenüber Einkommensteuer festgesetzt haben und der Beseitigung dieser Doppelbesteuerung ungeachtet einer Einigung der beiden Steuerverwaltungen in einem Verständigungsverfahren die Verjährung entgegensteht.
Die persönliche Steuerpflicht wird in § 1 EStG 1988 geregelt. Nach Abs. 2 dieser Norm sind natürliche Personen, die im Inland ihren Wohnsitz haben, mit allen in- und ausländischen Einkünften im Inland einkommensteuerpflichtig. Der in § 1 Abs. 2 EStG 1988 normierte österreichische Besteuerungsanspruch wird - da auch andere Staaten wie beispielsweise Deutschland in ihren Rechtsordnungen weit gefasste Besteuerungsansprüche vorsehen - durch ebenfalls zum nationalen Recht zählende Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt. Einschränkungen des Besteuerungsrechts Österreichs sind unter anderem durch das Abkommen vom , BGBl III 2002/182, abgeschlossen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (kurz DBA Deutschland), erfolgt. So wurde in Art. 4 Abs. 2 lit. a dieses Abkommens normiert, dass, sofern eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte verfügt, sie nur in dem Staat als ansässig gilt, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
Das DBA Deutschland sieht in seinem Art. 25 Abs. 1 überdies die Möglichkeit der Durchführung eines Verständigungsverfahrens für den Fall vor, dass eine Person der Auffassung ist, dass Maßnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung führen oder führen werden, die diesem Abkommen nicht entspricht. Der Fall muss von der betreffenden Person innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme, die zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung geführt hat, der zuständigen Behörde des Vertragsstaats, in dem die betreffende Person ansässig ist, unterbreitet werden.
Dem Bf. ist zuzustimmen, dass seine liechtensteinischen Renteneinkünfte der Jahre 2010 und 2011 sowohl in Deutschland als auch in Österreich versteuert wurden, weil beide Staaten von einer jeweiligen Ansässigkeit des Bf. in diesen Jahren ausgegangen sind. Zutreffend ist auch, dass im Oktober 2015 auf Antrag des Bf. ein Verständigungsverfahren gemäß Art. 25 Abs. 1 DBA Deutschland eingeleitet wurde, das im April 2017 abgeschlossen wurde. Wie dem Bf. mit Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom mitgeteilt wurde, hat sich die deutsche Steuerverwaltung in diesem Verfahren der österreichischen Auffassung angeschlossen, dass der Bf. gemäß Art. 4 Abs. 2 DBA Deutschland im Jahr 2011 als in Österreich ansässig zu betrachten ist.
Das Vorbringen des Bf., wonach einer Beseitigung dieser Doppelbesteuerung trotz Einigung der beiden Steuerverwaltungen in einem Verständigungsverfahren die Verjährung entgegenstand, ist unzutreffend. Zutreffend ist, dass für das Veranlagungsjahr 2010 aus deutscher Sicht die 3-Jahres-Frist gemäß Art. 25 Abs. 1 DBA Deutschland bei der Antragstellung seitens des Bf. nicht eingehalten wurde (der Einkommensteuerbescheid 2010 des Finanzamtes ***1*** wurde am erlassen und versendet, sodass der Bf. spätestens am einen Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens hätte stellen müssen). Daher konnte lediglich für 2011 eine Verständigungsvereinbarung getroffen werden (siehe dazu die obigen Ausführungen zum durchgeführten Verständigungsverfahren bzw. zur 3-Jahres-Frist gemäß Art. 25 Abs. 1 DBA Deutschland).
Für das Jahr 2011 wurde dem Bf. mit Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom zur Kenntnis gebracht, dass eine Freistellung der liechtensteinischen Renteneinkünfte in Deutschland erfolgt kann (und für die österreichischen Pensionseinkünfte eine Freistellung in Deutschland bereits erfolgt ist). Dem Bf. wurde weiters mitgeteilt, dass eine Umsetzung der Verständigungsvereinbarung auf deutscher Seite unter dem Vorbehalt steht, dass der Bf. der Verständigungsvereinbarung zustimmt, gegebenenfalls anhängige Rechtsbehelfe zurücknimmt und auf Rechtsbehelfe gegen die die Verständigungsvereinbarung umsetzenden Bescheide verzichtet.
Da dem Bf. für das Jahr 2011 somit ein Rechtsbehelf zur Beseitigung der Doppelbesteuerung durch Richtigstellung des fehlerhaften deutschen Einkommensteuerbescheides zustand, kommt eine Nachsicht nach der höchstgerichtlichen Judikatur nicht in Betracht (in diesem Sinne z.B. ; ; ; ).
Das BFG verneint auch für das Jahr 2010 das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit, weil den Akten nicht zu entnehmen ist, dass dem Bf. die Einhaltung der 3-Jahres-Frist gemäß Art. 25 Abs. 1 DBA Deutschland für dieses Jahr unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre. Dieser Auffassung steht auch die frühere, mit BGBl. II Nr. 236/2019, aufgehobene Z 3 des § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (kurz VO zu § 236 BAO), die im Beschwerdefall deshalb noch Anwendung findet, weil das Verständigungsverfahren nach dem DBA Deutschland vor dem beendet wurde (siehe dazu Capek/Gleixner/Rzeszut in Unger/Tanzer/Rzeszut (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.03 (2022) zu § 236 BAO Rz 29) nicht entgegen. Denn durch diese Bestimmung sollte lediglich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine Verminderung einer sich in einem Verständigungsverfahren iSd Art 25 OECD-MA als DBA-widrig erweisenden Abgabenfestsetzung aufgrund der häufig langen Dauer dieser Verständigungsverfahren mangels Verfahrenstitels oder wegen Eintrittes der Festsetzungsverjährung auf nationaler Ebene nicht mehr möglich war. Ein solcher Sachverhalt liegt gegenständlich aber nicht vor.
Das BFG teilt überdies auch die Rechtsauffassung des Finanzamtes, dass jene Steuerverwaltung, die die DBA-widrigen, zu einer Doppelbesteuerung führenden Einkommensteuerbescheide erlassen hat, eine allfällige Unbilligkeit der Einhebung zu verantworten hat. Wie aus der Verständigungsvereinbarung hervorgeht, ist dies im Beschwerdefall nicht die österreichische Finanzverwaltung.
Da aus den dargestellten Gründen im Inland keine Unbilligkeit der Einhebung vorliegt und es damit schon an der Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des § 236 BAO fehlt, verbleibt für eine Ermessensentscheidung kein Raum (siehe dazu ; ; ). Das Nachsichtsgesuch war vielmehr schon aus Rechtsgründen abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung, ob das Behalten der für die Jahre 2010 und 2011 im Inland in Höhe von insgesamt 17.915,00 € festgesetzten und entrichteten Einkommensteuer im Ausmaß von 1.130,00 € deshalb sachlich unbillig ist, weil in dieser Höhe für die betreffenden Jahre auch in Deutschland Einkommensteuer vorgeschrieben und entrichtet wurde, folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 236 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 25 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100397.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at