Antrag auf Neuberechnung des Jahressechstels im Wege der Veranlagung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/3100346/2021-RS1 | Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich gar keine Gelegenheit hatte, dem zweiten Dienstgeber die Bezüge aus dem ersten Dienstverhältnis bekanntzugeben. |
Folgerechtssätze | |
RV/3100346/2021-RS1 | wie RV/7103447/2014-RS1 Bei Auszahlung sonstiger Bezüge aus zwei aufeinanderfolgenden Dienstverhältnissen findet eine Anpassung des Jahressechstels (auf Basis eines Dienstverhältnisses) nur dann statt, wenn dem (zweiten) Dienstgeber die Bezüge aus dem ersten Dienstverhältnis bekannt gegeben werden, widrigenfalls im Veranlagungsverfahren ex lege keine Neuberechnung des Jahressechstels, sondern lediglich eine Anpassung der auf die sonstigen Bezüge entfallenden Steuer zu erfolgen hat. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensgang
Am reichte der Beschwerdeführer (Bf.) seine Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 über FinanzOnline ein, woraufhin das Finanzamt Innsbruck am den nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2019 erließ. Die Veranlagung erfolgte - abgesehen von der Nichtberücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen, welche den Selbstbehalt nicht überstiegen - antragsgemäß.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde vom , in welcher der Bf. zusammengefasst ausführt, die Berechnung der Einkommensteuer sei falsch, da seine Weihnachtsremuneration zum Großteil nicht mit 6 %, sondern tarifmäßig besteuert worden sei. Ihm sei von der Personalverrechnung mitgeteilt worden, dass der überhöhte Steuerabzug bei der Arbeitnehmerveranlagung ausgeglichen werden würde.
Am forderte die bescheiderlassende Behörde den Bf. auf, diverse Unterlagen wie Lohnzettel, ein Berechnungsblatt der sonstigen Bezüge sowie eine schriftliche Stellungnahme der Lohnverrechnung zum behaupteten Fehler vorzulegen. Da der Vorhalt vom Bf. nicht fristgerecht beantwortet worden sei, wies die belangte Behörde (nunmehr das Finanzamt Österreich) die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, der Bf. habe es trotz Vorhalt verabsäumt, die behauptete Unrichtigkeit nachzuweisen.
Mit als Vorlageantrag zu wertender elektronischer Eingabe vom wendet sich der Bf. gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung und führt begründend aus, er habe die Frist nicht versäumt, da das zuständige Organ des Finanzamtes unmittelbar mit dem Lohnbüro Rücksprache gehalten und die angeforderten Unterlagen fristgerecht erhalten habe. Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, die Beschwerde abzuweisen. In der Stellungnahme zur Beschwerde im Vorlagebericht führt die belangte Behörde (in diesem Verfahren erstmalig) aus, dass eine Korrektur des Jahressechstels im Zuge der Veranlagung nicht vorgesehen sei und lediglich die Doppelberücksichtigung des Freibetrages richtiggestellt wurde.
Am fand am Bundesfinanzgericht ein Erörterungstermin mit dem Bf. und einer Vertreterin der belangten Behörde statt. Dabei wurde der Bf. darauf hingewiesen, dass die Rechtslage nach Ansicht des erkennenden Richters eindeutig keine Korrektur des Jahressechstels zulässt. Im Rahmen seiner Manuduktionspflicht wies der Richter auf die Möglichkeit eines Nachsichtsantrages hin, da der Fall seines Erachtens durchaus als Härtefall bezeichnet werden könne. Der Bf. stellte auch sogleich einen solchen Antrag an die belangte Behörde und wurde darüber informiert, dass dies allerdings keine Auswirkungen auf das gegenständliche beim Gericht anhängige Verfahren hat.
2. Sachverhalt
Der Bf. war von bis bei der ***Arbeitgeberin 1*** angestellt und von bis bei der ***Arbeitgeberin 2***. Mit Ablauf des endete sein Dienstverhältnis aus Anlass seines Pensionsantritts.
Zwischen den beiden Arbeitgebern wurde vereinbart, das Dienstverhältnis mit dem Bf. (und aller anderen Arbeitnehmer) mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen. Daher erhielt der Bf. im November 2019 eine Weihnachtsremuneration auf Basis seiner Bezüge für das gesamte Kalenderjahr von der ***Arbeitgeberin 2***. Die ***Arbeitgeberin 2*** besaß keinen Jahreslohnzettel der ***Arbeitgeberin 1*** und berücksichtigte die Bezüge aus dem vorangegangen Dienstverhältnis des Bf. nicht bei der Lohnverrechnung.
Da die ***Arbeitgeberin 2*** bei der Berechnung des Jahressechstels nur die Bezüge der drei Monate berücksichtigte, in welchen der Bf. bei ihr angestellt war, kam es durch die Sonderzahlung für das gesamte Jahr zu einer Sechstelüberschreitung und der tarifmäßigen Besteuerung dieses Betrages. Für den Bf. wurde um 339 € mehr Lohnsteuer abgeführt und einbehalten, als zu erwarten gewesen wäre, wenn die neue Arbeitgeberin die Vorbezüge berücksichtigt hätte.
Aus Sicht des Bf. wurde sein Dienstverhältnis - abgesehen vom Wechsel des Arbeitgebers - unverändert fortgeführt. Er konnte nicht (rechtzeitig) erkennen, dass er der ***Arbeitgeberin 2*** den Lohnzettel der ***Arbeitgeberin 1*** vorlegen hätte sollen, da er davon ausgehen konnte, dass im Zuge der Übernahme des Dienstverhältnisses auch derartige Dokumente von der ***Arbeitgeberin 2*** übernommen werden.
Von der Lohnverrechnung der ***Arbeitgeberin 2*** erhielt der Bf. nach Ende des Dienstverhältnisses die Auskunft, die überhöhte Besteuerung könne über die Arbeitnehmerveranlagung ausgeglichen werden. Die ***Arbeitgeberin 2*** wurde mittlerweile infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.
3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus den Lohnkonten beider Arbeitgeber, und den Ausführungen des Bf. beim Erörterungstermins. Der Differenzbetrag von 339 € wurde vom Richter unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es wegen der Höhe der Sonderzahlungen jedenfalls zu einer Sechstelüberschreitung gekommen wäre, ermittelt und deckt sich mit den Ausführungen des Bf., der beim Erörterungstermin angab, er habe um ungefähr 300 € weniger netto erhalten, als er sich erwartete. Der Sachverhalt wurde beim Erörterungstermin ausführlich besprochen und es wurden von beiden Parteien keine Einwendungen dagegen erhoben. Das Bundesfinanzgericht konnte ihn daher seiner Entscheidung zugrunde legen.
4. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 werden sonstige Bezüge (insbesondere das Urlaubsgeld und die Weihnachtsremuneration) begünstigt, soweit sie das sogenannte "Jahressechstel" nicht überschreiten. Effektiv wird dadurch das gesamte 13. und 14. Monatsgehalt begünstigt besteuert, sofern diese Sonderzahlungen das laufende Monatsentgelt nicht übersteigen.
Im Falle von mehreren aufeinanderfolgenden Dienstverhältnissen hat grundsätzlich jeder Arbeitgeber das Jahressechstel separat zu berechnen. Der nachfolgende Arbeitgeber darf die Bezüge beim vorangehenden Arbeitgeber nur dann für die Berechnung des Jahressechstels berücksichtigen, wenn ihm die Bezüge (Lohnzettel) aus dem ersten Dienstverhältnis bekannt gegeben werden. Im Veranlagungsverfahren kann mangels gesetzlicher Grundlage keine Neuberechnung des Jahressechstels erfolgen, sondern gemäß § 41 Abs. 4 Satz 2 EStG 1988 nur eine Korrektur der Steuer dahingehend, dass der Freibetrag von 620 € nicht doppelt berücksichtigt wird (vgl. ; ; ).
Da es keine gesetzliche Grundlage für eine Neuberechnung des Jahressechstels in der Veranlagung gibt, ist es für die Entscheidung über die Beschwerde des Bf. auch unerheblich, dass er keinerlei Möglichkeit hatte, die Berücksichtigung der Vorbezüge durch seine neue Arbeitgeberin zu erwirken und nunmehr infolge des Untergangs seiner neuen Arbeitgeberin auch gegenüber ihr keine Ansprüche mehr geltend machen kann. Diese Umstände können allenfalls für eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung sprechen, welche in einem Nachsichtsverfahren gemäß § 236 BAO - zunächst von der Abgabenbehörde und nicht vom erkennenden Gericht - zu prüfen wäre.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die zentrale Rechtsfrage, ob eine Korrektur des Jahressechstels im Rahmen der Veranlagung möglich ist, wurde durch die zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts geklärt und das vorliegende Erkenntnis folgt dieser Judikatur. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 41 Abs. 4 Satz 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 67 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100346.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at