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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 02.03.2023, RV/2100325/2022

Erstmalige Sachverhaltsermittlung: Ausnahmsweise Aufhebung unter Zurückverweisung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2100325/2022-RS1
wie RV/3100270/2011-RS1
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, betreffend Beschwerden vom gegen die Bescheide des ehemaligen Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 (Arbeitnehmerinnenveranlagungen), StNr. ***Bf-StNr***, beschlossen:

I. Die angefochtenen Bescheide vom und die Beschwerdevorentscheidungen vom werden gemäß § 278 Bundesabgabenordnung (BAO) unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt Österreich aufgehoben.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 9 iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Am brachte die Beschwerdeführerin, im Folgenden kurz Bf. genannt, zwei Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerinnenveranlagung für die Jahre 2015 und 2016 beim Finanzamt Graz-Stadt ein. Als Berufsbezeichnung war "Biomedizinische Analytikerin" ausgefüllt. Dazu hat die Bf. als Beilagen für beide Jahre vorgefertigte, private Formulare eingereicht, worin sie durch Ankreuzen und Ausfüllen - kurz zusammengefasst - Folgendes behauptet hat:

  1. Der Dienstgeber, die ***X***, habe die Lohnzettel falsch ausgestellt.

  2. Die ausbezahlten Erschwernis- bzw. Schmutzzulagen seien dem wirtschaftlichen Gehalt
    nach Gefahrenzulagen.

  3. Die ausbezahlten Gefahrenzulagen seien zu Unrecht steuerpflichtig behandelt worden.

  4. Sie habe im Jahr 2015 2.651,14 Euro (= pro Monat durchschnittlich 220,93 Euro) und im Jahr 2016 2.685,84 Euro (= pro Monat durchschnittlich 223,82 Euro) an Gefahrenzulagen erhalten.

  5. Beschreibung der eigenen Tätigkeit: Techn. Regeln für biolog. Arbeitsstoffe (TRBA) 100, Ausgabe Oktober 2013, weiters TRBA 250, 464, 462 und 500.
    Arbeit mit hochinfektiösem Material, Arbeit an Sonn- und Feiertagen.

  6. In beiden Jahren würde die durchschnittliche Zahl an Arbeitsstunden mit Gefährdung im Monat 166 h betragen.

Bei der Angabe "Art der Gefährdung" wurde von der Bf. im Formular nichts angeführt. Vorgefertigt waren im Formular folgende Beispiele genannt: "[z.B. Infektionsgefahr beim Untersuchen von Lebensmittelproben, Bakterienkulturen, Harn- und Blutuntersuchungen; Vergiftungsgefahr beim Umgang mit Giften; Explosionsgefahr; Verätzungsgefahr beim Umgang mit Säuren und verätzenden Chemikalien]"

Zum Schluss ersuchte die Bf. um Korrektur der "zu Unrecht besteuerten Zulagen".

Am wurden aufgrund der geltend gemachten Sonderausgaben für beide Jahre Einkommensteuerbescheide mit Gutschriften erlassen, wobei das in der Beilage von der Bf. gestellte Begehren auf Korrektur der ihrer Meinung nach vom Arbeitgeber unrichtig versteuerten Zulagen in keiner Weise behandelt wurde.

Mit Schreiben vom brachte die Bf. gegen beide Bescheide Beschwerde ein. In der Begründung wurde jeweils angeführt: "Die von mir im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung eingebrachte Beilage betreffend die Korrektur von zu Unrecht besteuerten Zulagen wurde von Ihnen nicht gewürdigt bzw. bearbeitet. Ich ersuche um nachträgliche Bearbeitung dieser Beilage und gegebenenfalls um Korrektur meines Einkommensteuerbescheides."

Den Schreiben war für jedes Jahr wiederum eine Beilage angeschlossen, die - mit Ausnahme des Punktes "Art der Gefährdung" - die schon bekanntgegebenen Angaben und Begehren (siehe oben) enthielt. Bei "Art der Gefährdung" war von der Bf. nunmehr Folgendes angegeben: "Infektionsgefahr beim Untersuchen von infektiösem nativen Probenmaterial von Patienten (z.B. Liquor, Blut, Harn); mit beanstandeten Lebensmittelproben und infektiösen Bakterienkulturen; Arbeiten unter Abzug."

Am wurden die Beschwerden gegen die beiden Veranlagungsbescheide vom Finanzamt durch zwei Beschwerdevorentscheidungen (als unbegründet) abgewiesen. Die Begründung lautete jeweils: "Aus Ihrer Beschwerde ist nicht erkennbar, ob die Gefahrenzulagen zusätzlich zum Bezug ausbezahlt wurden. Auch können die Voraussetzungen der zwangsläufigen Gefährdung nicht erkannt werden. Ihrem Beschwerdebegehren kann daher nicht entsprochen werden."

Mit Schreiben vom wurden in beiden Beschwerdeverfahren der Vorlageantrag gestellt und eine mündliche Verhandlung "zur Beweiserhebung" gestellt.

Darin wurde - kurz zusammengefasst - begehrt, dass die vom Dienstgeber ausbezahlte Erschwerniszulage nach § 112 GehG als Gefahrenzulage zu qualifizieren und steuerfrei zu belassen sei.

Die Gehaltsabrechnung beinhalte auch noch eine Gefahrenzulage und eine Aufwandsentschädigung, die aber von der Beschwerde nicht erfasst seien, weil diese steuerlich korrekt behandelt seien. Die Erschwerniszulage (Vergütung nach § 112 GehG) sei deshalb steuerfrei zu belassen, da es sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt um eine Gefahrenzulage handle. Die Gefahr bestehe in der Tatsache, dass die Bf. einer erhöhten Infektionsgefahr durch Patientenproben (zB Stuhl, Blut, Sputum, Harn etc.) ausgesetzt sei, welche primär das gesamte Erregerpotential enthalten können. Sie sei dieser Gefahr überwiegend in ihrer Tätigkeit ausgesetzt. Die Bezeichnung einer Zulage sei für ihre steuerliche Behandlung nicht ausschlaggebend. Werde eine Zulage zB als Erschwerniszulage bezeichnet, wobei eine nicht anderweitig berücksichtigte Gefährdungskomponente abgegolten werde, könnten diese Zulagen in einem angemessenen Rahmen als Gefahrenzulagen steuerfrei behandelt werden. Dies gelte auch für Zulagen allgemeiner Art, die nicht ausdrücklich als Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen bezeichnet werden (zB Bauzulagen, die Gefährdungs- oder Verschmutzungskomponenten im Zusammenhang mit der Tätigkeit auf Baustellen abgelten, vgl. ). Eine Berufsgefahr werde aber bei Angestellten in medizinischen (ärztlichen) Ordinationen gegeben sein, die im Strahlenbereich arbeiten und hierfür eine nach lohngestaltenden Vorschriften abgesicherte Zulage (Strahlenzulage) erhalten würden (). Es bestehe bei ihr um eine konkrete Gefährdung ihrer Gesundheit aufgrund ihrer Tätigkeit und nicht um eine Allgemeingefahr. Die Beschwerdevorentscheidungen stützten sich im Wesentlichen auf die Behandlung von Erschwerniszulagen, die jedoch nicht Gegenstand ihrer Beschwerden gewesen seien. Eine Prüfung hinsichtlich der Qualifizierung als Gefahrenzulage habe nicht ausreichend stattgefunden.

Im Zuge einer Urgenz legte die Bf. mit Schreiben vom dem Finanzamt einen nach § 300 BAO erlassenen Bescheid eines anderen Finanzamtes vom vor - eine Kollegin bei der ***X*** Linz betreffend - , wonach die Aufhebung des ursprünglich an sie erlassenen Einkommensteuerbescheides 2017 damit begründet wird, dass nach einer Begehung bei deren Arbeitgeber und den dabei erfolgten niederschriftlichen Aussagen des Vorgesetzten der am Jahreslohnkonto als Erschwerniszulage ausgewiesene Gehaltsbestandteil im konkreten Einzelfall entsprechend dem Beschwerdevorbringen gemäß § 68 EStG steuerfrei zu stellen sei.

Der gegenständliche Beschwerdeakt wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlagebericht des Finanzamtes wurde in der Stellungnahme ausgeführt:

"Die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der im § 68 EStG 1988 geregelten Zulagen und Zuschläge liegen nur dann vor, wenn derartige Zulagen und Zuschläge neben dem Stunden-, Grund- oder Akkordlohn gewährt werden. Sie erhöhen damit das Jahressechstel (§ 67 Abs. 2 EStG 1988). Soweit die Zulagen/Zuschläge den Freibetrag gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 überschreiten, unterliegen sie der Tarifbesteuerung (§ 68 Abs. 3 EStG 1988).

Die Begriffe Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen ("SEG-Zulagen") werden im Gesetz definiert und sind nur begünstigt, soweit sie auf Grund der im § 68 Abs. 5 Z 1 bis 7 EStG 1988 genannten lohngestaltenden Vorschriften gewährt werden und wenn die materiellen Voraussetzungen einer Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 gegeben sind (vgl. ) und das Ausmaß der Zulage angemessen ist ().

Von einem angemessenen Ausmaß der Zulage wird im Regelfall dann auszugehen sein, wenn die Zulage der Höhe nach einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 - entspricht. Zahlt ein Arbeitgeber höhere Bezüge als die in der maßgebenden lohngestaltenden Vorschrift vorgesehenen Mindestlöhne, werden Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen grundsätzlich insoweit als angemessen anzusehen sein, als die Zulage im selben Ausmaß erhöht wird, wie der Lohn.

Soweit eine den Voraussetzungen grundsätzlich entsprechende Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahrenzulage das angemessene Ausmaß übersteigt, ist sie steuerpflichtig. Soweit derartige Zulagen gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegt sind, sind darüberhinausgehende Zulagen auf Grund anderer lohngestaltender Vorschriften nur in besonders gelagerten Fällen begünstigt. Die Steuerfreiheit der Zulagen setzt weiters voraus, dass der Behörde nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden ().

Es ist - bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten - zu prüfen, ob diese Arbeiten überwiegend zu einer erheblichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr führen (vgl. ). Die Frage einer außerordentlichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr ist nicht allein anhand der Arbeiten zu untersuchen, mit denen diese besonderen Arbeitsbedingungen verbunden sind. Vielmehr ist bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb des Zeitraumes, für den der Arbeitnehmer eine Zulage zu erhalten hat, zu prüfen, ob sie überwiegend (= mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit, für die eine Zulage gewährt wird) eine außerordentliche Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr bewirken. Wird die SEG-Zulage nur für jeweils eine Stunde gewährt, ist für das zeitliche Überwiegen auf die einzelne Stunde abzustellen. Die Möglichkeit der Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr kann somit nicht berücksichtigt werden, wenn die damit verbundene Tätigkeit nur einen geringen Teil der Arbeitszeit, für die eine Zulage zusteht, ausmacht (vgl. ).

Die Steuerfreiheit von Erschwerniszulagen setzt voraus, dass eine außerordentliche Erschwernis gegenüber den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen vorliegt. Der Vergleich muss innerhalb der jeweiligen Berufssparte/Gruppen mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen gezogen werden (). Vergleichsgruppe Pflegepersonal in Altersheimen und Krankenanstalten (nicht Krankenschwestern in bestimmten Fachrichtungen):
Begünstigt zB bei Ekel erregenden Arbeiten, bei Tätigkeit in Unfall- und Intensivstationen und in psychiatrischen Stationen; begünstigt überdies bei Heben/Legen bewegungsunfähiger Menschen, weiters bei kurzfristigen medizinischen Entscheidungen ohne Anstaltsarzt und dies alles ohne den in einer Krankenanstalt vorhandenen Arbeitserleichterungen ().

Erschwerniszulagen sind auch hinsichtlich ihrer betraglichen Angemessenheit zu prüfen. Das Ausmaß der Erschwernis muss in einem sachlich vertretbaren Verhältnis zum Ausmaß der Zulage stehen. Erschwerniszulagen betragen üblicherweise einen Bruchteil des ,reinen' Stundenlohns (vgl. ). (Vergl. Einkommensteuerrichtlinien RZ 1137)

Zur Beurteilung ob im vorliegenden Fall die beantragte steuerfreie Erschwerniszulage zusteht, sind - nach Meinung der Abgabenbehörde - weitere Informationen und Unterlagen von der Beschwerdeführerin vorzulegen, wobei aufgrund der begehrten steuerlichen Begünstigung eine erhöhte Mitwirkungspflicht besteht.

  1. Wie hoch ist die vom Arbeitgeber versteuerte gewährte Gefahrenzulage (Vergütung nach § 112 GehG)? Bitte Nachweis durch Bestätigung des Arbeitgebers.

  2. Ist die Auszahlung neben dem Stundenlohn erfolgt?

  3. Die Beschwerdeführerin ist biomedizinische Analytikerin: bitte Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers bzw. Dienstvertrag vorlegen.

  4. Genaue Beschreibung der Tätigkeiten der Beschwerdeführerin in den Jahren 2015 bis 2016:

  5. Welche konkreten Tätigkeitsschritte mit genauer Angabe der Stundenanzahl bzw. Stundenaufzeichnungen, in denen die gefährliche Tätigkeit ausgeübt wurde (Nachweis mit Arbeitszeit-Aufzeichnungen, die zeitnah zu 2015 und 2016 erfolgten). Aus den Aufzeichnungen sollte das Überwiegen der gefährlichen Tätigkeit ersichtlich sein.

  6. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet die Arbeitnehmerin korrekt abzurechnen:
    Angabe des Arbeitgebers: Für welche Gefahr (welche Stunden, in welchem Ausmaß) wurde bereits steuerfrei die Gefahrenzulage/Aufwandsentschädigung gewährt?

Je nach den Ermittlungsergebnissen beantragt die Abgabenbehörde die (teilweise) Stattgabe oder Abweisung der Beschwerde."

Am Lohnzettel des Arbeitgebers ist 2015 unter der KZ 215 als steuerfreier Bezug gemäß § 68 EStG ein Betrag von 471,69 Euro und für 2016 ein Betrag von 615,05 Euro ausgewiesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

§ 278 BAO lautet:

"(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst."

§ 114 BAO normiert auszugsweise:

"(1) Die Abgabenbehörden haben darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.
(2) - (4) …"

§ 115 BAO besagt:

"(1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.
(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.
(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen."

§ 119 BAO bestimmt:

"(1) Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben."

§ 161 BAO normiert:

"(1) Die Abgabenbehörde hat die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, dass die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag).
(2) Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.
(3) Wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, sind dem Abgabepflichtigen die Punkte, in denen eine wesentliche Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt, zur vorherigen Äußerung mitzuteilen."

§ 262 BAO lautet auszugsweise:

"(1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

(2) - (4) …"

§ 265 BAO lautet auszugsweise:

"(1) Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(2) …
(3) Der Vorlagebericht hat insbesondere die Darstellung des Sachverhaltes, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde zu enthalten.
(4) - (6) …"

§ 269 BAO lautet auszugsweise:
"(1) Im Beschwerdeverfahren haben die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Dies gilt nicht für:
a) § 245 Abs. 3 (Verlängerung der Beschwerdefrist),
b) §§ 262 und 263 (Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung),
c) §§ 278 Abs. 3 und 279 Abs. 3 (Bindung an die für den aufhebenden Beschluss bzw. für das Erkenntnis maßgebliche Rechtsanschauung).
(2) Die Verwaltungsgerichte können das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erforderliche Ermittlungsverfahren durch eine von ihnen selbst zu bestimmende Abgabenbehörde durchführen oder ergänzen lassen.
(2a) - (3) …"

Anträge auf Einkommensteuerveranlagung nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 - wie sie im gegenständlichen Fall vorliegen - sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1 BAO. Nach § 85a BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet darüber ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

Wird in einer Beilage zum Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerinnenveranlagung die Behauptung aufgestellt, der für die Berechnung der Abgabe heranzuziehende Lohnzettel beinhalte hinsichtlich der erhaltenen Zulagen einen fehlerhaften Lohnsteuerabzug und wird eine Korrektur beantragt, so handelt es sich dabei um ein Anbringen, das im Rahmen der Veranlagung nicht unbeachtet bleiben darf.

Bei der Veranlagung der lohnsteuerpflichtigen Einkünfte nach den Bestimmungen des § 41 EStG 1988 sind die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der tatsächlich festgestellten Höhe anzusetzen. Hierbei besteht keine Bindung an die Vornahme des Lohnsteuerabzuges vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber. Somit kann ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug im Rahmen der Veranlagung wieder korrigiert werden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ; ; ).

So ist auch eine behauptete unrichtige Besteuerung von Zulagen und Zuschlägen iSd § 68 EStG 1988 vorrangig im Veranlagungsverfahren und nicht in einem Rückzahlungsverfahren (siehe § 240 Abs. 3 BAO) zu behandeln (vgl. ; ; ).

Im Abgabenverfahren gilt grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz, demzufolge die materielle Wahrheit zu erforschen ist. Dies ergibt sich aus § 115 Abs. 1 BAO. Diesem Grundsatz der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit dient das in den §§ 161ff BAO geregelten Ermittlungs- und Beweisverfahren.

Umfang und Intensität der amtswegigen Ermittlungspflicht sind jedoch jeweils unter Bedachtnahme auf die korrespondierenden Pflichten der Abgabepflichtigen (der Parteien) bestimmbar.

Bei Steuerbegünstigungen handelt es sich meist um Tatsachen, die in erster Linie nur dem Abgabepflichtigen bekannt sein können, und besteht in solchen Fällen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen. Ebenso tritt in Fällen, in denen die Abgabenbehörde nur über Antrag des Abgabepflichtigen tätig wird, die amtswegige Ermittlungspflicht des § 115 gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen in den Hintergrund (). Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die Abgabenbehörde in solchen Fällen von ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht völlig entbunden wird (; ).

So sah der Verwaltungsgerichtshof im Fall einer nach § 240 BAO beantragten Rückzahlung der Lohnsteuer wegen einer behaupteten unrichtigen Besteuerung einer Nachzahlung (§ 67 Abs. 8 EStG 1972) eine inhaltliche Rechtswidrigkeit der Entscheidung vorliegen, wenn die Abgabenbehörde ohne jedes Ermittlungsverfahren und ohne sich mit der Behauptung der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen den Antrag abgewiesen hat (siehe ).

Entspricht der Abgabepflichtige seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptungen und Beweisanboten zu seinem Vorbringen darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Abgabepflichtigen noch abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Tatsachenbehauptungen zu treffen. Bei einer indizierten Aufklärungsbedürftigkeit besteht die Pflicht der Behörde darin, den Abgabepflichtigen zu aufklärendem Vorbringen und allfälliger Beweisführung bzw. Glaubhaftmachung aufzufordern (; ).

Im gegenständlichen Fall hat die Bf. Arbeitnehmerveranlagungen für 2015 und 2016 mit einer Korrektur der vom Arbeitgeber angeblich unrichtig berechneten Lohnsteuer beantragt. Nach dem vorgelegten Akteninhalt wurden zum Vorbringen der Bf. bzgl. der Besteuerung der Zulagen keinerlei Ermittlungen durchgeführt und enthält der angefochtene Bescheid dazu auch keinerlei Feststellungen bzw. Begründung.

Diese Nichtbehandlung ihres Vorbringens wurde von der Bf. als Beschwerdepunkt geltend gemacht (Zitat aus der Beschwerde: "Begründung: Die von mir im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung 2015, 2016 eingebrachte Beilage betreffend die Korrektur von zu Unrecht besteuerten Zulagen wurde von Ihnen nicht gewürdigt bzw. bearbeitet. Ich ersuche um nachträgliche Bearbeitung dieser Beilage und gegebenenfalls um Korrektur meines Einkommensteuerbescheides.").

Die Abgabenbehörde hat auch im nach § 262 BAO von ihr durchzuführenden Beschwerdeverfahren weder einen Ergänzungsvorhalt erlassen noch sonst Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhaltes vorgenommen, sondern hat mit folgender Begründung abweisend entschieden: "Aus ihrer Beschwerde ist nicht erkennbar, ob die Gefahrenzulagen zusätzlich zum Bezug ausbezahlt wurden. Auch können die Voraussetzungen der zwangsläufigen Gefährdung nicht erkannt werden."

Im Vorlageantrag monierte die Bf. daraufhin, dass der wesentliche Beschwerdepunkt, die Qualifizierung der ausbezahlten Erschwerniszulage als steuerfreie Gefahrenzulage vom Finanzamt nicht behandelt bzw. verkannt worden sei.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes vertritt das Finanzamt die Auffassung, dass zur Beurteilung des gegenständlichen Falles weitere Informationen und Unterlagen vorzulegen seien und je nach den Ermittlungsergebnissen eine (teilweise) Stattgabe oder Abweisung der Beschwerde zu erfolgen hätte.

Wurden von der Abgabenbehörde Ermittlungen unterlassen, bei deren Durchführung ein anderslautender Bescheid hätte erlassen werden könnte und ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, kann das Verwaltungsgericht den Bescheid mittels Beschluss aufheben und die Sache zurück an die Abgabenbehörde verweisen (siehe § 278 Abs. 1 BAO). Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung des Verwaltungsgerichtes, die sich an den Kriterien des § 20 BAO zu orientieren hat und entsprechend zu begründen ist. Zweck der Kassationsmöglichkeit des § 278 Abs. 1 BAO ist die Entlastung der Rechtsmittelinstanz und die Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 278 Rz 5).

Dem Bundesfinanzgericht obliegt die objektive Rechtmäßigkeitskontrolle der angefochtenen Bescheide, womit vordringlich die Kontrolle der Sachverhaltsfeststellungen und die Würdigung aller erhobenen Beweise verbunden ist. Verwaltungsgerichte haben zwar die Verpflichtung, erforderlichenfalls entsprechende Ermittlungen vorzunehmen bzw vornehmen zu lassen (vgl zB ) und erforderliche Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, die wesentliche Funktion als Verwaltungsgericht besteht aber darin, die behördliche Entscheidungen darauf zu überprüfen, ob die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung in seinen subjektiven Rechten vorliegt (vgl. Achatz in SWK 27/2015, S 1248f).

Der Zweck des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsgerichtsbarkeit rechtfertigt keinesfalls, dass in einem Abgabenverfahren vorzunehmende Ermittlungen "nach oben delegiert werden" (siehe Achatz, w.o., mwN; so auch Gunacker-Slawitsch in taxlex 2014, Heft 1, S 20).

Es würde nicht der Anordnung des Gesetzgebers über ein verwaltungsgerichtliches Verfahren entsprechen, wenn es infolge einer irrtümlichen Rechtsauffassung mangels Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch die Abgabenbehörde zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Verwaltungsgericht käme. Es sei der Rechtsprechung des VwGH zufolge nicht im Sinn des Gesetzes, wenn das Verwaltungsgericht statt seine umfassende Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Stelle ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.

Nach , sowie , wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden ().

Auch die Rechtsprechung des UFS und BFG sieht der Rechtsmittelinstanz keine Pflicht auferlegt, erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen (vgl. -G/08; ).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden überhaupt keine Feststellungen hinsichtlich der Besteuerung der Zulagen und dem Vorbringen der Bf. getroffen. Es liegt kein Sachverhalt vor, der beurteilungsreif wäre und wird auch vom Finanzamt selbst die Notwendigkeit von Ermittlungen festgestellt (siehe Vorlagebericht).

Unter dem Titel "Besteuerung bestimmter Zulagen und Zuschläge" enthält § 68 EStG 1988 auszugsweise folgende Regelungen:

"(1) Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge sind insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.

(2) …

(3) Soweit Zulagen und Zuschläge durch Abs. 1 und 2 nicht erfasst werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern.

(4) …

(5) Unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die

- in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken,

- im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder

- infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie

1. auf Grund gesetzlicher Vorschriften,

2. auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,

3. auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,

4. auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,

5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,

6. auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,

7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden.

(6) - (9) … "

Nach dem vorliegenden Akteninhalt behauptet die Bf., dass im Lohnzettel 2015 und 2016 unrichtige Angaben enthalten seien, weil in den Jahren 2015 und 2016 als Erschwerniszulage nach § 112 GehG ausgezahlte Beträge rechtlich als Gefahrenzulage zu beurteilen und steuerfrei zu belassen seien. Gleichzeitig gab sie bekannt, dass die Gehaltsabrechnung noch eine Gefahrenzulage und eine Aufwandsentschädigung enthalte.

Die rechtlichen Ausführungen des Finanzamtes in dessen Stellungnahme vom werden vom Bundesfinanzgericht grundsätzlich geteilt. Da gegenständlich die Frage zu beantworten sein wird, ob die offenbar als (steuerpflichtige) Erschwerniszulage ausbezahlten Beträge als steuerfreie Gefahrenzulage anzusehen sind, ist noch Folgendes auszuführen:

Die Steuerbefreiung für Erschwernis- oder Gefahrenzulagen hat zur Voraussetzung, dass die zu leistenden Arbeiten - worunter nur die vom Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses schlechthin zu erbringende Arbeitsleistung verstanden werden kann - überwiegend unter Umständen ausgeführt werden, die zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlichen Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen oder die Arbeiten eine außerordentliche Erschwernis darstellen (vgl. ; ; ).

Die Frage der Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit oder die der außerordentlichen Erschwernis ist also nicht allein anhand jener Arbeiten zu untersuchen, mit denen diese Gefährdung oder Erschwernis verbunden sind. Der Arbeitnehmer muss bei einer Gefahrenzulage vielmehr - während der gesamten Arbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum im Sinne des § 77 EStG 1988 - überwiegend unter Gefährdungsumständen tätig sein (vgl. ; ). Der Behörde muss nachgewiesen werden, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden ( mwH).

Insofern liegen hinsichtlich folgender Fragen keinerlei Ermittlungen vor:

  1. In welcher Höhe und für welche Tätigkeiten wurden die Erschwernis- und die Gefahrenzulagen in den Jahren 2015 und 2016 vom Arbeitgeber bezahlt?

  2. Ist die Auszahlung neben dem Stundenlohn erfolgt?

  3. Wobei handelt es sich bei den im Jahr 2015 in Höhe von 471,69 Euro und im Jahr 2016 in Höhe von 615,05 Euro unter KZ 215 ausbezahlten Bezügen? Was wurde damit abgegolten?

  4. Welche Tätigkeit hat die Bf. konkret ausübt?

  5. Um welche konkrete Arbeiten iZm einer gefährlichen Tätigkeit hat es sich im Einzelnen gehandelt und wann und in welchem Umfang wurden sie geleistet?

Nachweise (zB Lohnkonto, Arbeitsplatzbeschreibung, Dienstvertrag, Arbeitszeit- bzw. Stunden-Aufzeichnungen) sind erforderlich.

Wenn im gegenständlichen Fall aufgrund der erhöhten Mitwirkungspflicht der Bf. die Ermittlungspflichten der Abgabenbehörde auch eingeschränkt waren, so ist bedeutet dies nicht, dass die Behörde davon völlig entbunden war. Festzustellen ist, dass die Behörde weder im Veranlagungs- noch im Beschwerdeverfahren Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhaltes getätigt hat. Damit sind nicht ergänzende, sondern erstmalige Ermittlungshandlungen ausständig, um einen entscheidungsrelevanten Sachverhalt feststellen zu können.

Bei Durchführung des nötigen Ermittlungsverfahrens ist aber nicht auszuschließen, dass im Ergebnis anderslautende Bescheide erlassen werden könnten. Dies sieht offenbar selbst das Finanzamt so, wenn es im Vorlagebericht - je nach den Ermittlungsergebnissen - eine (teilweise) Stattgabe oder Abweisung der Beschwerde beantragt.

Im Ergebnis erhält die Bf. durch die Aufhebung und Zurückverweisung und die rascheren Ermittlungen des Finanzamtes zeitnäher und kostengünstiger eine Entscheidung. Dies entspricht der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung für das Verwaltungsgericht, nämlich den Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung. Unter diesem Gesichtspunkt und im Hinblick auf die Tatsache, dass aufgrund desUnterlassens von jeglichen Ermittlungendurch die Abgabenbehörde im gegenständlichen Fall zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes erstmalig ein (umfangreiches) Ermittlungsverfahren zu führen wäre, übt das Bundesfinanzgericht das ihm nach § 278 Abs. 1 BAO eingeräumte Ermessen spruchgemäß aus, die Rechtssache zur Behandlung an die Abgabenbehörde zurückzuverweisen.

Damit ergeht hiermit keine Sachentscheidung und treten durch die Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Veranlagungsverfahren in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung der Bescheide befunden haben (§ 278 Abs. 2 BAO).

Von der im Vorlageantrag beantragten mündlichen Verhandlung wurde im Sinne des § 274 Abs. 3 Z 3 BAO iVm Abs. 5 leg. cit. abgesehen.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Zu Tatfragen ist eine Revision grundsätzlich nicht möglich.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 68 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 274 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise








-G/08
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100325.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at