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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.02.2023, RV/7500568/2022

Parkometerabgabe: Abstellen des Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Parkschein; Buchung eines elektronischen Parkscheines war wegen Störung nicht möglich; ein Papierparkschein wurde nicht mitgeführt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/Zahl/2022, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 € zu entrichten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 €) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 €) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 €), insgesamt 82,00 €, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete der Beschwerdeführerin (Bf.) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom an, sie habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***WienXY*** ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 19:59 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

In ihrem Einspruch vom (E-Mail) brachte die Bf. vor, dass sie am Beanstandungstag bei "***ZZ***" auf der ***XY-Straße***, der erst um 20:00 Uhr schließe, noch schnell vor Geschäftsschluss ein paar Lebensmittel für das Abendessen einkaufen habe wollen. Es sei bereits 19:55 Uhr, also kurz vor Geschäftsschluss, gewesen. Sie habe den kostenfreien Kundenparkplatz, der sich hinter dem Geschäft befinde, nur deshalb nicht genützt, weil die Zeit schon so knapp gewesen sei. Daher habe sie vor dem Geschäft am Straßenrand angehalten; zwischen dem Straßenrand und dem Supermarkt befinde sich lediglich eine Grünfläche.

Ihr Versuch, einen 15 Minuten-Parkschein über die App "Handyparken" zu buchen, habe wegen Nichterreichen der App in diesem Moment bzw. wegen Ladeproblemen nicht funktioniert und einen 15 Minuten-Papierparkschein habe sie leider nicht im Auto gehabt, da sie in der Regel die App nütze. Sie sei dann zum Geschäftseingang gelaufen, habe nur 5 Artikel gekauft, sich sofort zur Kasse begeben, um 19:59 Uhr dort ihren Einkauf bezahlt und das Geschäft bei Kassaschluss verlassen. Sie sei bereits nach weniger als 10 Minuten nach ihrem "Blitzeinkauf" zu ihrem Fahrzeug zurückgekehrt und nach Hause gefahren. Sie habe dort daher nicht einmal 15 Minuten gehalten, die ohnehin gebührenfrei seien. Es seien hier keine Gebühren verkürzt worden. Sie achte grundsätzlich stets auf die korrekte Gebührenentrichtung.

Als Beweis biete sie den dem Einspruch beigefügten Kassazettel von "***ZZ***'" vom , 19:59 Uhr, und ihre Einvernahme an.

Sie ersuche daher höflichst und beantrage aufgrund der dargelegten Umstände, von einer Strafe abzusehen bzw. das Verfahren einzustellen, eventualiter die Strafe infolge geringen Verschuldens entsprechend zu mäßigen.

Mit Straferkenntnis vom , GZ. MA67/Zahl/2022, wurde die Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und es wurde wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Einspruchsvorbringens und nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen (§ 5 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, §§ 3 und 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung) fest, dass in den Nutzungsbedingungen für das Service HandyParken angeführt sei, dass es sich bei HandyParken um ein auf Funktechnologie basierendes Service handle, welches jedoch keine Gewähr für ein unterbrechungs- und störungsfreies Funktionieren des Services, insbesondere des dem Service zugrunde liegenden technischen Systems einschließlich der erforderlichen Mobilfunkeinrichtungen, oder für bestimmte Übertragungszeiten und Kapazitäten, wie beispielsweise SMS, übernehmen könne. Bei Nichtverfügbarkeit des Services HandyParken seien die zur Verfügung stehenden alternativen Entrichtungsmöglichkeiten der Gemeinde bzw. des Parkraumanbieters, wie etwa Parkscheine in Papierform oder Parkautomaten, in Anspruch zu nehmen.

Zu den Einwendungen bezüglich der kurzen Abstelldauer von unter 15 Minuten werde mitgeteilt, dass für höchstens 15 Minuten dauernde Abstellungen zwar keine Gebühr zu entrichten, aber jedenfalls ein 15 Minuten-Parkschein zu entwerten bzw. zu aktivieren sei (Verweis auf § 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 2 Abs. 2 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung).

Das Vorbringen der Bf., dass ihr Fahrzeug keine 15 Minuten an der Tatörtlichkeit abgestellt gewesen sei, werde von der Behörde nicht in Zweifel gezogen, entbinde sie jedoch nicht von ihren Pflichten, zumindest einen 15 Minuten-Parkschein zu entwerten bzw. zu aktivieren. Diese Parkscheine lägen gratis in sämtlichen Trafiken auf und hätte die Bf. als Fahrzeughalterin im Vorhinein dementsprechende Vorkehrungen treffen können, wie zB die rechtzeitige Beschaffung und Aufbewahrung von Gratisparkscheinen im Fahrzeug, um auf diese bei einer Störung der HandyParken-App sofort zurückgreifen zu können.

Die Einwendungen der Bf. seien daher nicht geeignet gewesen, sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall somit nicht vor.

Es werde daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in der Strafverfügung ersichtlich sei, zumal die Bf. diesen Sachverhalt insgesamt unwidersprochen gelassen habe.

Nach näheren Ausführungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass mangels Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen sei. Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an:

Ua. wurde ausgeführt, dass der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering sei. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei aufgrund der Tatumstände nicht anzunehmen und es könne daher das Verschulden der Bf. nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bf. sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt gewesen seien, berücksichtigt worden. Zudem sei auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen worden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu 365,00 € reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sei die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten seien.

Die Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom ) und wiederholte ihr Einspruchsvorbringen. Darüber hinaus brachte die Bf. vor, dass, im Gegensatz zu den Folgerungen im angefochtenen Straferkenntnis, nur ein geringes Verschulden vorliege.

Gemäß der Begründung der belangten Behörde sei das Fahrzeug der Bf. nicht länger als 15 Minuten abgestellt gewesen. Gemäß § 2 Parkometerabgabeverordnung sei keine Abgabe zu entrichten, wenn die gesamte Abstellzeit nicht länger als 15 Minuten betrage. Weshalb kein Parkschein entwertet worden sei, sei bereits im Einspruch dargelegt worden. Zu beachten sei hier überdies, dass es sich um eine Gegend handle, wo vor kurzem die Kurzparkzone bereits um 19:00 Uhr geendet habe. In diesem Bereich stünden reichlich Parkplätze zur Verfügung, sogar ein kostenfreier Kundenparkplatz des von ihr aufgesuchten Supermarktes, den sie lediglich aus Zeitnot nicht genutzt habe, sodass dieser Fall nicht mit dem Abstellen zB im innerstädtischen Bereich vergleichbar sei, wo in der Regel Parkplatznot herrsche. Es bedürfe keiner Strafe, um die Bf. von einer Wiederholung abzuhalten. Sie werde künftig auch stets für den Fall, dass die App nicht nutzbar sei, Papierparkscheine im Fahrzeug bereithalten. Sie achte in der Regel stets auf die Gebührenentrichtung und halte Verpflichtungen ein. Es sei hier eine Verkettung ungünstiger Umstände vorgelegen, die sich nicht wiederholen würden. Dies sei bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Die Bedeutung der Tat sei hier gering unter Berücksichtigung der kurzen Abstelldauer von einigen Minuten in einem Gebiet bzw. Außenbezirk am Stadtrand, wo es zu jeder Tageszeit reichlich Parkplätze gebe. Die allgemeine Argumentation der belangten Behörde, dass das Interesse an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraums erheblich geschädigt sei, könne daher hier nicht nachvollzogen werden. Es seien in keiner Weise nachteilige Folgen denkbar bzw. möglich. Die angebotene Einvernahme im Einspruch sei unterlassen worden.

Die Bf. beantrage daher, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, das Verfahren einzustellen, eventualiter es infolge der geringen Bedeutung und der fehlenden bzw. geringen Intensität der Beeinträchtigung durch die Tat sowie des geringen Verschuldens bei einer Ermahnung bewenden zu lassen und eventualiter die Strafe entsprechend auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

In der am abgehaltenen mündlichen Beschwerdeverhandlung wiederholte die Bf. im Wesentlichen ihr Beschwerdevorbringen und betonte noch einmal, dass am angeführten Ort reichlich Parkplätze zur Verfügung stünden und dort nicht, wie beispielsweise im 1. oder 3. Bezirk, Parkplatznot herrsche. Die Gegend sei nur knapp von der Stadtgrenze entfernt, nur knapp vor Beginn des Wienerwaldes. Die Wohnhäuser dort verfügten fast alle über eigene Abstellplätze. Es habe sich um eine Verkettung unglücklicher Umstände gehandelt. Sie habe inzwischen immer Papierparkscheine bei ihr im Auto, falls die Handy-App nicht funktionieren sollte.

Ihr einziges Verschulden sei, dass sie keinen Papierparkschein im Auto gehabt habe; sie habe keine Parkometergebühr verkürzt.

Da die Ampel dort rot gewesen sei, habe sie den Kundenparkplatz bei "***ZZ***" nicht benutzt. Man müsse die Ampel übersetzen, weil diese Zufahrt nach der Ampel sei.

Die Bf. stellte keine weiteren Fragen und Beweisanträge und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Unstrittiger Sachverhalt:

Die Bf. hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***WienXY*** abgestellt.

Zur Beanstandungszeit durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung (19:59 Uhr) war weder ein gültiger Papierparkschein im Fahrzeug hinter der Windschutzscheibe eingelegt noch ein elektronischer Parkschein aktiviert.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, dessen Anzeigedaten sowie den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos.

Rechtsgrundlagen:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Gemäß den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung ist für eine Abstellzeit von bis zu fünfzehn Minuten kein Entgelt zu entrichten.

Rechtliche Beurteilung:

Parken bis zu max. 15 Minuten:

Zufolge der zitierten Bestimmungen (§ 2 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung) ist für eine Abstellzeit bis 15 Minuten keine Abgabe zu entrichten, jedoch muss das Fahrzeug mit einem 15-Minuten-Gratis-Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer 15-Minuten-Gratisparkschein aktiviert sein (vgl. zB , ).

Sinn dieser Bestimmungen ist es, den Kontrollorganen der Parkraumüberwachung eine Überprüfung zu ermöglichen, ob ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer zur Beanstandungszeit gebührenpflichtigen Kurzparkzone ordnungsgemäß abgestellt ist. Stellt ein Lenker sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Verwendung der dafür vorgesehenen Parkscheine ab oder wird kein elektronischer Parkschein aktiviert, kann das Kontrollorgan nicht feststellen, wie lange ein bestimmtes Fahrzeug tatsächlich am Abstellplatz abgestellt ist (vgl. zB ).

Ein Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug bis zu 15 Minuten in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne den dafür vorgesehenen Parkschein abstellt, hat die Möglichkeit der Befreiung von der Entrichtung der Parkometergebühr vertan, weil auf Grund der Bestimmungen der Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren und damit die Vermeidung eines Verkürzungsdeliktes unabdingbar an das (ordnungsgemäße) Ausfüllen eines Parkscheines (bzw. die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines) geknüpftist. Es liegt somit in einem solchen Fall eine Abgabenverkürzung vor (vgl. , , ).

Internetverbindung - Störung:

Es stellt keinen Schuldausschließungsgrund dar, wenn der Lenker eines Fahrzeuges zB wegen fehlender Internetverbindung oder anderen Störungen vergeblich versucht, einen elektronischen Parkschein zu aktivieren. Für diese Fälle hat der Lenker einen Papierparkscheinmit sich zu führen, um sich nicht den Vorwurf eines fahrlässigen Verhaltens gefallen lassen zu müssen, welcher gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit genügt (vgl. zB ).

Im vorliegenden Fall hat die Bf. dadurch, dass sie das in Rede stehende Fahrzeug in einer zur Beanstandungszeit gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hat, den Bestimmungen der Kontrolleinrichtungenverordnung nicht entsprochen.

Sie hat somit die ihr angelastete Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 begangen und den objektiven Tatbestand verwirklicht.

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzu-muten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs. 1 StGB).

Die Bf. hat ein fahrlässiges Verhalten gesetzt, indem sie das in Rede stehende Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hat. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis zu Recht ausgeführt hat, war die Bf. im gegenständlichen Fall nicht von ihrer Pflicht entbunden, zumindest einen 15 Minuten-Parkschein zu entwerten bzw. zu aktivieren; diese Parkscheine liegen gratis in sämtlichen Trafiken auf und es hätte die Bf. als Fahrzeughalterin im Vorhinein dementsprechende Vorkehrungen treffen können, wie zB die rechtzeitige Beschaffung und Aufbewahrung von Gratisparkscheinen im Fahrzeug, um auf diese bei einer Störung der HandyParken-App sofort zurückgreifen zu können. Dies hat die Bf. jedoch unstrittig unterlassen.

Aus dem Verwaltungsstrafakt und aus dem Vorbringen der Bf. geht nicht hervor, dass ihr ein rechtskonformes Verhalten zur Tatzeit nicht möglich gewesen wäre.

Strafbemessung:

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 € zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. , ).

Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, dass ein Lenker, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, die in § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung angeführten Hilfsmittel verwendet, da den Kontrollorganen der Parkraumüberwachung ansonsten eine Überprüfung, ob eine Abgabenverkürzung vorliegt, nicht möglich ist.

Milderungs- und Erschwernisgründe wurden von der belangten Behörde bei der Strafbemessung berücksichtigt.

Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde unter Beachtung der Strafzumessungsgründe mit 60,00 € verhängte Geldstrafe (diese beträgt nur rund ein Sechstel des gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 bis zu 365,00 € reichenden Strafrahmens) und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen.

Zu der von der Bf. vertretenen Meinung, dass ihr Verschulden und die Bedeutung der Tat unter Berücksichtigung der kurzen Abstelldauer von einigen Minuten in einem Gebiet bzw. Außenbezirk am Stadtrand, wo es zu jeder Tageszeit reichlich Parkplätze gebe, gering sei, wird Folgendes festgestellt:

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraus, dass das Verschulden geringfügig sein muss und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind (vgl. zB , ).

Im Erkenntnis vom , 93/17/0088, erblickte der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in dem die Lenkerin den Parkschein nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hatte (keine Entwertung der Rubrik "Minute") kein geringes Verschulden.

Das Bundesfinanzgericht kann daher in Anlehnung an diese Judikatur auch im vorliegenden Sorgfaltsverstoß der Bf. kein geringes Verschulden erblicken. Es kam daher die Erlassung der Strafe bzw. eine Ermahnung nicht in Betracht.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung:

Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe, mindestens jedoch mit 10,00 €, festzusetzen. Sie wurden somit in Höhe von 10,00 € korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10,00 €, zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere 12,00 € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich , sowie Wanke/Unger, BFGG, § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung nicht fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht uneinheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor. Dass bei einer bis längstens 15 Minuten dauernden Abstellzeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone nur dann keine Parkometerabgabe entrichtet werden muss, wenn das Fahrzeug mit dem entsprechenden Parkschein gekennzeichnet ist, ergibt sich unmittelbar aus der Kontrolleinrichtungenverordnung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500568.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at