Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.02.2023, RV/3100685/2021

Außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, Anschrift_A vertreten durch Steuerberater_A, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2020, Steuernummer Zahl_1, zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang:
Mit der am elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 begehrte der Beschwerdeführer ua. Aufwendungen für Krankheitskosten im Gesamtbetrag von Zahl_13 € als außergewöhnliche Belastung, welche ihm vom Finanzamt Österreich im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 (mit Ausfertigungsdatum ) unter Anrechnung eines Selbstbehaltes gewährt wurden.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 fristgerecht erhobenen Beschwerde vom beantragte der Abgabepflichtige den Ansatz des Selbstbehaltes mit "Null", da er eine Erwerbsminderung von 60% habe und die angesetzten Krankheitskosten in einem kausalen Zusammenhang mit dieser Erwerbsminderung stehen würden.

Über Vorhalt der Abgabenbehörde vom reichte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom ua. ein Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom , eine Kostenaufstellung mit verschiedenen Rechnungen ua. für "Fußpflege", "1 Paar Krücken, Honorarnoten von Arzt_A und von Institut_A, Medikamentenaufstellungen, Zahlungsanweisungen (ua. an die Versicherungsanstalt_A) sowie mehrere Parktickets nach.

Das Finanzamt Österreich gab der Beschwerde in der Beschwerdevorentscheidung vom dahingehend Folge, als dass ein Betrag von Zahl_2 € als nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung sowie ein Betrag von Zahl_14 € als außergewöhnliche Belastung unter Ansatz eines Selbstbehaltes in gleicher Höhe steuerlich anerkannt wurden. Begründend führte die Abgabenbehörde ua. aus, Krankheitskosten seien nur insofern zusätzlich unter dem Titel der Hilfsmittel und Heilbehandlungen gem. § 4 VO BGBl. iVm § 35 EStG 1988 anzuerkennen, als ein direkter Zusammenhang mit der Krankheit, wofür vom Bundessozialamt (Sozialministeriumservice) mindestens 30% festgestellt wurden, hergestellt werden könne. Laut Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes sei beim Beschwerdeführer eine 60%ige Erwerbsminderung festgestellt worden. Die Zusammensetzung dieser Erwerbsminderung ergebe sich aus Funktionseinschränkungen des Hüftgelenks (untere Extremitäten; 50%), des Schultergelenks (obere Extremitäten, Schultergürtel; 50%) und des Kniegelenks (Funktionseinschränkung geringen Grades; 20%) und Hypertonie (20%). Bei den beantragten Kosten für Krücken, Knie-Gerät, Arzt_A und damit in Verbindung stehende Fahrtkosten sei kein unmittelbarer Zusammenhang mit der Erwerbsminderung w.o. angeführt festgestellt worden. Es handle sich somit um außergewöhnliche Belastungen, die nur dann steuerlich wirksam werden würden, wenn sie den auf Basis des Einkommens errechneten Selbstbehalt gem. § 34 Abs. 4 und 5 EstG übersteigen würden. Die Kosten für Fußpflege sowie Aufenthaltskosten in einer Privatklinik seien gemäß § 20 EStG 1988 nicht als Krankheitskosten abzugsfähig.

Der Beschwerdeführer begehrte mit Eingabe vom fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte hierin ergänzend aus, bei den geltend gemachten Krankheitskosten liege sehr wohl eine 100%ige Kausalität mit den Funktionseinschränkungen laut dem Sachverständigen-Gutachten des BASB vor. Alle Arztkosten einschließlich der medizinischen Fußpflege und dem Selbstbehalt der Versicherungsanstalt-A würden in ursächlichem Zusammenhang mit den Gesundheitseinschränkungen laut Sachverständigen-Gutachten stehen, weil deren Vorliegen erst die geltend gemachten Arztkosten bedingen würden. Hätte er keinen oder einen weit geringeren Grad der Behinderung, wären auch die Arztkosten nicht angefallen. Auch ohne ärztliches Fachwissen zu besitzen entspreche es den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass Vorerkrankungen vielfach die Ursache für nachfolgende Krankheitsbilder seien. Das beste aktuelle Thema sei Corona: Nahezu alle schwer Erkrankten würden eine oder mehrere Vorerkrankungen aufweisen. Es werde die vollumfängliche Gewährung der geltend gemachten Krankheitskosten ohne Abzug eines Selbstbehaltes (zumutbare Mehrbelastung) wegen Kausalität der Krankheitskosten mit den Vorerkrankungen/Funktionseinschränkungen laut Sachverständigen-Gutachtens des BASB beantragt.

Über Ersuchen der Abgabenbehörde vom um Nachweis des Zusammenhanges der beantragten ärztlichen Honorare und Fahrtkosten zu diversen Ärzten und ins Krankenhaus mit der vom BSA festgestellten Behinderung sowie um Darlegung der triftigen medizinischen Gründe für die Operation in einer Privatklinik gab der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers im Vorbringen vom an, alle im Jahr 2020 geltend gemachten Krankheitskosten würden zu 100% kausal mit den Vorerkrankungen laut Sachverständigen-Gutachten des BASB Landesstelle Tirol zusammenhängen. Es sei alles vorgebracht worden, was für die Entscheidung notwendig sei. Der Beschwerdeführer führte in seinem Schreiben vom noch ergänzend aus, er habe anlässlich der persönlichen Vorsprache bei der Arbeitnehmer-Veranlagung für 2019 über seinen Leidensweg berichtet. Bei der Arbeitnehmer-Veranlagung für 2020 habe er Einspruch eingelegt, da er der Meinung sei, dass er die im Zusammenhang mit der Invalidität stehenden Kosten auch voll absetzen könne. Zur Vorgeschichte führe er aus, dass er am in seinem neu errichteten Haus durch Gerüstbruch 7 m auf den Boden gestürzt sei; die Verletzungen seien dementsprechend gewesen, Schulter und Becken seien verletzt gewesen, nach einem 4wöchigen Gipskorsett und einer zweimonatigen Vernachlässigung der verletzten Schulter habe sich die Invalidität ergeben. Durch die Verletzung im Beckenbereich hätten sich 40 Jahre später Spätfolgen eingestellt, die im Jahre 2000 mit einer Operation der linken Hüfte und im Jahr 2003 mit der rechten Hüfte einhergegangen seien. Die Gehbeschwerden und die Lockerung beider Hüften hätten sich auch auf das Kniegelenk ausgewirkt und er habe 2020 neuerlich zur Operation nach Ort_A müssen. Aus diesem Grund seien auch die Kosten entstanden. Zur Operation in der Privatklinik sei anzumerken, dass die Unfallversicherung und die ÖGK die Kosten zur Gänze übernommen hätten; eingereicht worden sei der von der Versicherung vorgeschriebene Selbstbehalt. Er habe auch bei der Physiotherapie ebenfalls einen Selbstbehalt, der geltend gemacht werde.

II.) Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer erlitt im Jahr 1968 einen Arbeitsunfall mit erheblichen Verletzungen im Schulter- und Beckenbereich (siehe Schreiben vom ).
Mit Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom wurde ein Gesamtgrad der Behinderung mit 60% festgestellt, wobei sich der Behinderungsgrad aus Funktionseinschränkungen des Hüftgelenks - untere Extremitäten mittleren Grades beidseitig (im Ausmaß von 50%), Funktionseinschränkungen der Schulter - obere Extremitäten schweren Grades beidseitig (im Ausmaß von 50%), Funktionseinschränkungen des Kniegelenks - untere Extremitäten geringen Grades einseitig (im Ausmaß von 20%) sowie einer mäßigen Hypertonie (im Ausmaß von 20%) zusammensetzt.

Der Beschwerdeführer unterzog sich im Jänner 2020 an der Privatklinik_A in Ort_A einer Knieoperation, welche Kosten von der Versicherungsanstalt_A und von der ÖGSK getragen wurden; die Versicherungsanstalt-A verrechnete dem Abgabepflichtigen hierfür einen Selbstkostenanteil in Höhe von Zahl_3 € (siehe Zahlungsanweisung vom sowie Schreiben vom ). Aufgrund der vorliegenden Aktenlage konnten keine triftigen medizinischen Gründe festgestellt werden, welche eine Operation an einer Privatklinik (samt den hierdurch begründeten Mehrkosten) bedingten.

Der Beschwerdeführer nahm im Jahr 2020 beim Unternehmen_A drei Behandlungen für Fußpflege (im Gesamtbetrag von Zahl_12 €) in Anspruch (siehe die vorgelegten Kassenbelege).

Der Beschwerdeführer trug im Jahr 2020 Rezeptgebühren im Gesamtbetrag von Zahl_4 € (siehe den Kundenverkaufsnachweis der Apotheke_A vom sowie die Medikamentenaufstellungen 2020 von Arzt_B vom ); der behauptete, im strittigen Jahr 2020 getragene Aufwand für weitere Rezeptgebühren (siehe das Schreiben von Arzt_C vom ) konnte nicht festgestellt werden.

Der Abgabepflichtige bekam im Jahr 2020 Physiotherapien; die Kosten hierfür (Selbstbehalt) samt Fahrtkosten beliefen sich auf Zahl_2 € (siehe ua. die Kostenaufstellung in Verbindung mit den Rechnungen der Institut_A vom 16. Mai und ). Es konnte nicht festgestellt werden, dass die begehrten Aufwendungen für Krücken und Artromot K, für den Arzt Arzt_D sowie für die - abgesehen von der Physiotherapie angefallenen - weiteren Fahrtkosten durch die Leiden in den Bereichen der Hüftgelenke und Schulter bedingt waren.

III.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen.

Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall weder behauptet noch ergibt sich aus der Aktenlage, dass die Knieoperation lediglich an der Privatklinik_A möglich bzw. medizinisch bedingt war. Trotz ausdrücklichem Ersuchen des Finanzamtes Österreich vom , zu welchem die Abgabenbehörde - entgegen der Ansicht des steuerlichen Vertreters im Anbringen vom - nicht nur berechtigt, sondern gemäß § 265 Abs. 1 BAO auch angehalten war, hat der Beschwerdeführer keine feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteile dargelegt, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung an der Privatklinik_A eingetreten wären. Das Beschwerdevorbringen belegt keine medizinisch triftigen Gründe, die eine Behandlung lediglich an der Privatklinik_A begründen können.

Dem Schreiben von Arzt_C vom kann weder ein Bezug auf das streitgegenständliche Jahr 2020 entnommen werden noch, dass die hierin angeführten Medikamente von Arzt_C dem Beschwerdeführer tatsächlich verrechnet worden sind. Es konnte daher keine Feststellung getroffen werden, dass im Jahr 2020 die diesbezüglich begehrten Rezeptgebühren tatsächlich angefallen sind.

Der Beschwerdeführer hat trotz ausdrücklichem Ersuchen der Abgabenbehörde im Ergänzungsersuchen vom weder behauptet noch belegt, dass die begehrten Aufwendungen für Krücken und Artromot K, für den Arzt Arzt_D sowie für die - abgesehen von der Physiotherapie angefallenen - weiteren Fahrtkosten in Zusammenhang mit der vom Bundessozialamt im Gutachten vom festgestellten Behinderung in den Bereichen der Hüftgelenke und Schulter stehen, sodass dem Bundesfinanzgericht eine diesbezügliche Feststellung verwehrt war.

IV.) Rechtslage:
IV.A.) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (; ); es obliegt ihm, einen geeigneten Sachverhalt vorzutragen (). Er hat selbst negative Voraussetzungen darzulegen und nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen (; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 9).

IV.B.1.) Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 leg.cit.) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 leg.cit.) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, muss zwangsläufig erwachsen und muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung ist nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, Dr. X sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen näher geregelten Selbstbehalt übersteigt.

Solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (; ; ; ). Aufwendungen, die nachweislich durch eine Krankheit des Steuerpflichtigen verursacht werden, in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit stehen und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellen, stellen eine außergewöhnliche Belastung dar. Aufwendungen, die durch eine Krankheit des Steuerpflichtigen verursacht werden, sind außergewöhnlich und sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (; ; Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/ Wanke, Einkommensteuergesetz, § 34 Anm. 78). Die Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich bei Krankheitskosten aus der Tatsache der Krankheit (; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 42, 90).

Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können u.a. Aufwendungen im Sinne des § 35 EStG, die anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5 leg.cit.), sowie Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts abgezogen werden.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind (§ 34 Abs. 6 letzter Satz EStG).

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen u. a. durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm nach § 35 Abs. 1 EStG ein Freibetrag (§ 35 Abs. 3 EStG) zu.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stellen sind der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente gemäß § 11 Abs. 2 Opferfürsorgegesetz, BGBl Nr. 183/1947, die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern bzw. in allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (nunmehr Sozialministeriumservice); dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach § 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen zu erlassenen Bescheid zu bescheinigen.

Die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß eine Person behindert ist, ist nicht von der Abgabenbehörde, sondern bindend (-I/11) von einer anderen Stelle zu treffen (). Zuständig ist im Regelfall das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, nunmehr kurz "Sozialministeriumservice" (Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 35 Rz. 7). Der Entscheidung der Abgabenbehörde sind die jeweils vorliegenden Daten zugrunde zu legen ().

Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 55% bis 64% beträgt dieser Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG jährlich 486,00 €.

IV.B.2.) Der Steuerpflichtige hat die Wahl, entweder den Pauschbetrag nach § 35 Abs. 3 EStG oder die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung nach § 34 Abs. 6 EStG geltend zu machen. Die gleichzeitige Zuerkennung des Pauschbetrages und der tatsächlichen Kosten ist nicht zulässig (Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, Einkommensteuergesetz, § 35 Anm. 47). Es sind dann sämtliche Kosten (), und zwar aus allen Behinderungen, nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen (Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 35 Rz. 13).

Ergänzend zu § 35 EStG 1988 wurde die Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl II 430/2010, erlassen.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen u.a. durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat.
Eine Behinderung liegt nach § 1 Abs. 2 der Verordnung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 der Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen (§ 1 Abs. 3 der Verordnung).
Nach § 4 der Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Werden die Pauschbeträge nach Abs. 3 beansprucht, können im Zusammenhang mit der Behinderung nur die in der Verordnung angeführten Aufwendungen zusätzlich (und nur in der dort jeweils vorgesehenen Höhe) geltend gemacht werden (vgl § 2 VO betreffend Krankendiätverpflegung, § 3 VO betreffend Kfz- bzw. Taxikosten, § 4 VO betreffend Hilfsmittel und Heilbehandlung). Werden an Stelle der Pauschbeträge nach Abs. 3 und der allfälligen Beträge nach §§ 2-4 der VO die tatsächlichen Kosten geltend gemacht, sind die Mehrkosten auf Grund sämtlicher Behinderungen nachzuweisen. In diesem Fall sind daher auch allfällige Mehraufwendungen für Krankendiätverpflegung nur in tatsächlich angefallener Höhe zu berücksichtigen (Wiesner/ Grabner/Knechtl/ Wanke, Einkommensteuergesetz, § 35 Anm. 49f).

Hat der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Behindertenfreibetrag iSd § 35 EStG, ist zu unterscheiden:
• Krankheitskosten in Zusammenhang mit der Behinderung (zB Aufwendungen für Bewegungstherapie eines Gehbehinderten) können mit Ausnahme der in § 4 der VO BGBl 1996/303 genannten Behindertenbehelfe und Kosten der Heilbehandlung nicht neben den Freibeträgen gemäß § 35 EStG geltend gemacht werden. Sollen die tatsächlich angefallenen Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, müssen sämtliche Kosten nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden, ein Selbstbehalt ist diesfalls nicht zu tragen.
• Krankheitskosten, die mit der Behinderung nicht im Zusammenhang stehen (zB Zahnersatz eines Blinden), können nach Abzug des Selbstbehalts neben den Freibeträgen iSd § 35 EStG abgezogen werden (Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, Einkommensteuergesetz, § 34 Anm. 78).

IV.B.3.) Das österreichische Einkommensteuergesetz unterscheidet zwischen den Begriffen Behinderung und Krankheit und grenzt im Rahmen der Bestimmungen über außergewöhnliche Belastungen geistige und körperliche Behinderungen, für welche eine zumindest 25%ige Minderung der Erwerbsfähigkeit amtlich bescheinigt wurde bzw. aufgrund welcher pflegebedingte Geldleistungen bezogen werden, von den übrigen Behinderungen und von Krankheiten ohne Bezug zu einer Behinderung ab. Nur für die beiden zuerst genannten Gruppen gelten die besonderen Bestimmungen der § 34 Abs. 6 EStG 1988 (Anerkennung der Kosten ohne Anrechnung auf einen Selbstbehalt) und § 35 EStG 1988 über die Berücksichtigung von Kosten einer Behinderung.
Es bedarf eines unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Kosten mit der Behinderung, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu Grunde liegt (). Soweit er nicht offensichtlich ist, wie zB bei der Bewegungstherapie eines Gehbehinderten, ist er zumindest glaubhaft zu machen (-G/03). Die Aufwendungen müssen zwangsläufig erwachsen ( Privatchauffeur). Kosten, die der Behandlung anderer Krankheiten dienen (; ; ; ), können nur als zusätzliche außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt berücksichtigt werden (; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 35 Rz. 13).
Ausschließlich jene Kosten, die durch eine Behinderung im Ausmaß einer festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25% bedingt sind, sind als tatsächliche Kosten aus dem Titel der Behinderung anstelle des Behindertenfreibetrages ohne Abzug des Selbstbehaltes zu qualifizieren. Sofern Krankheitskosten nicht im Zusammenhang mit einer Behinderung im Ausmaß von mindestens 25% stehen, unterliegen sie den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG, sodass der vom Steuerpflichtigen zu tragende Selbstbehalt abzuziehen ist. Auch Krankheitskosten, die auf eine Erkrankung zurückgehen, die in keinem Zusammenhang mit einer Behinderung steht, können nur nach den allgemeinen Regeln des § 34 EStG geltend gemacht werden, also durch Kürzung um den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG (; ; ). Die (tatsächlichen) Kosten einer Behinderung können nach § 34 EStG geltend gemacht werden, wenn der Grad der Behinderung weniger als 25% beträgt (; Doralt in Doralt/ Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, § 35 Rz. 8; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 35 Rz. 13).

IV.B.4.) Unabhängig von der Zuordnung der geltend gemachten Kosten zu einer Behinderung bzw. zu allgemeinen Krankheitskosten ist zufolge § 34 Abs. 1 Z 2 EStG weitere Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, dass es sich um solche handelt, die für eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erforderlich sind. Nicht jede auf ärztliches Anraten oder aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt nämlich zu einer außergewöhnlichen Belastung. Nur Maßnahmen, die unmittelbar zur Heilung oder Linderung gesundheitlicher Beeinträchtigungen nachweislich notwendig sind, werden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als zwangsläufig erachtet (; ).
Wie auch der VwGH in , 2003/13/0064, ausgeführt hat, ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (). Individuelle Betrachtungsweise ist erforderlich (), wenngleich das Merkmal selbst nach objektiven Kriterien zu prüfen ist (Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 38). Bloße Wünsche und Vorstellungen sowie allgemein gehaltene Befürchtungen reichen grundsätzlich nicht aus (; ; ; ; ; ). Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (; ).

Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in seiner Judikatur weiters nur die typischerweise mit einer Heilbehandlung verbundenen Kosten als zwangsläufig an. Aufwendungen, die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielen, sind davon nicht erfasst, selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf einer konkreten Krankheit positiv auswirken kann (; ; ; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 90).

Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die durchgeführten Maßnahmen unter Anleitung einer fachkundigen Person - dh eines Arztes oder Therapeuten - eindeutig die Bedeutung und Wirkung der therapeutischen Behandlung des spezifischen Krankheitsbildes haben und die Wirkung der Behandlung auf das Leiden geprüft werden kann (; ; BFH , III R 67/96). Auch nach der Rechtsprechung des OGH können nur Maßnahmen unter ärztlicher Aufsicht, die durch speziell geschultes Personal erbracht werden, den therapeutischen Zweck gewährleisten bzw. medizinisch unerwünschte Nebenwirkungen hintanhalten und somit die Qualifikation als "Heilmittel" oder "Heilbehandlung" für sich in Anspruch nehmen ().

Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens handelt es sich bei den Ausgaben für eine Fußpflege um Aufwendungen, die ihrer Art nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mehrheitlich von Gesunden verausgabt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten oder ihr Wohlbefinden zu steigern. Zudem ist in einem Fußpflegestudio in aller Regel kein ärztliches bzw. medizinisch geschultes Personal tätig. Gerade aus diesem Grund fordern Lehre und Rechtsprechung als Nachweis für die Anerkennung der entsprechenden Aufwendungen jedenfalls eine ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit - im Weiteren die Zwangsläufigkeit - der betreffenden Maßnahme klar ergibt und die noch vor Beginn der Behandlungsleistungen zu erfolgen hat ().

Liegt eine Krankheit vor, sind Aufwendungen für Medikamente abzugsfähig (Arzneimittel, § 1 Arzneimittelgesetz) einschließlich ärztlich verordneter homöopathischer Präparate, auch wenn diese in der EU noch nicht zugelassen sind (FG München, , 1 K 4737/00; Quantschnigg/Schuch, § 34 Tz. 38; Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, Einkommensteuergesetz, § 34 Anm. 78; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 90). Werden Medikamente zur Heilung oder Linderung einer Krankheit sowie Heil- oder Pflegebehelfe ärztlich verschrieben, sind die Aufwendungen nach Verwaltungspraxis jedenfalls als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wobei es sich um eine Verschreibung und nicht um eine bloße Empfehlung handeln muss (Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, Einkommensteuergesetz, § 34 Anm. 78). Abzugsfähig sind weiters auch die Aufwendungen für Arzt und Krankenhaus, für Heilbehelfe (Zahnersatz, Hörgeräte, Prothesen, Gehbehelfe, Bruchbänder, Spezialbett), die Fahrtkosten für Fahrten zum Arzt bzw. ins Spital oder zu sonstigen Behandlungen () oder für eine Heilkur und Rehabilitationskosten (; ; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 90; Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, Einkommensteuergesetz, § 34 Anm. 78).

IV.B.5.) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein (; ). Eine Voraussetzung der Art, dass Aufwendungen nur zwangsläufig sind, soweit sie "den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen" (§ 33 Abs. 2 dEStG), ist im österreichischen Einkommensteuergesetz nicht verankert (), doch muss das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein (; ; Zorn in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 20 Rz. 4). Inwieweit eine Aufwendung notwendig und angemessen ist, ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern nach objektiven Umständen zu entscheiden (; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 46). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 34 EStG 1988 Tz. 35; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 90).

Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (). Die Beweislast hierfür trägt der Steuerpflichtige (; ; Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 34 EStG 1988 Tz. 35). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes stellt eine kürzere Wartezeit auf einen Operationstermin für sich alleine noch keinen triftigen medizinischen Grund für eine Behandlung in einem Privatspital dar (;
; ; ).

IV.C.) Für den Zeitpunkt des Abzuges gilt das Abflussprinzip (§ 19 Abs. 2 EStG; ; ; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 16).

Gemäß § 19 Abs. 2 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

V.) Erwägungen:
Das Sozialministeriumservice hat dem Beschwerdeführer, der nach der vorliegenden Aktenlage kein Pflegegeld bezogen hat, eine Gesamtbehinderung von 60% bescheinigt; der festgestellten Behinderung laut dem Ergebnis der durchgeführten Begutachtung liegen nachfolgende Teilbehinderungen zugrunde, deren Behinderungsgrad eigenständig zu werten ist: Funktionseinschränkungen des Hüftgelenks - untere Extremitäten mittleren Grades beidseitig im Ausmaß von 50%, Funktionseinschränkungen der Schulter - obere Extremitäten schweren Grades beidseitig im Ausmaß von 50%, Funktionseinschränkungen des Kniegelenks - untere Extremitäten geringen Grades einseitig im Ausmaß von 20% sowie mäßige Hypertonie im Ausmaß von 20% (siehe Sachverständigengutachten vom ).

Vor dem Hintergrund der im vorigen dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass nur die auf das Leiden in den Bereichen der Hüftgelenke und Schulter rückführbaren Kosten bei Vorliegen von Zwangsläufigkeit ohne Anrechnung auf den Selbstbehalt abgezogen werden können, weil nur betreffend diese Gesundheitsbeeinträchtigungen eine über 25% liegende Minderung der Erwerbsfähigkeit bescheinigt worden ist. Kosten, die der Behandlung anderer Krankheiten dienen, können hingegen nur als zusätzliche außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt Berücksichtigung finden. Dies auch nur, soweit sie zwangsläufig erwachsen sind.

Für die Beurteilung des Rechtscharakters der vom Beschwerdeführer aufgewendeten Kosten gilt es daher zu unterscheiden zwischen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Behinderung stehen, und Aufwendungen, die nicht durch eine Behinderung verursacht sind. Dabei muss der Zusammenhang zwischen Krankheit/Behinderung und Krankheitskosten eindeutig hervorgehen.

V.A.) Die Abgabenbehörde erkannte in der Beschwerdevorentscheidung vom die Behandlungskosten betreffend Unternehmen_B (in Höhe von Zahlen_5 €) samt den hiermit verbundenen Fahrtkosten (in Höhe von Zahl_6 €) als durch die Behinderung bedingte außergewöhnliche Belastungen (dh. ohne Ansatz eines Selbstbehaltes) an. Das Bundesfinanzgericht erhebt aufgrund der vorliegenden Aktenlage hiergegen keine Einwendungen, weshalb diese Beurteilung in die Entscheidung übernommen wird.

V.B.) Im vorliegenden Fall verbleibt somit strittig, ob
1.) dem Grunde nach
1.a) der anlässlich einer Operation von der Versicherungsanstalt_A dem Beschwerdeführer verrechnete Selbstbehalt in Höhe von Zahl_3 €,
1.b) die Kosten für Fußpflege in Höhe von Zahl_12 € sowie
1.c) die vom Beschwerdeführer getragenen Kosten für Medikamente
als außergewöhnliche Belastungen uU bedingt durch die Behinderung zu qualifizieren sind, sowie
2.) die von der Abgabenbehörde bereits im bekämpften Bescheid als außergewöhnliche Belastung anerkannten Aufwendungen
2.a) für Krücken (Zahl_7 €) und Artromot K (Zahl_100 €),
2.b) für ärztliche Behandlungen durch Arzt_D (in Höhe von Zahl_8 € und Zahl_9 €) sowie
2.c) für Fahrten zu verschiedenen Ärzten (Kilometergeld in Summe von Zahl_11 €)
durch die Behinderung bedingt angefallen sind.

Ad V.B.1.a) Selbstbehalt Versicherungsanstalt_A:
Der Beschwerdeführer hat trotz ausdrücklicher Aufforderung durch die Abgabenbehörde keine konkret abzeichnende ernsthafte gesundheitliche Nachteile dargelegt, welche gedroht hätten, wenn der Abgabepflichtige nicht an der Privatklinik_A, sondern in einer öffentlichen Krankenanstalt operiert worden wäre. Nach der Aktenlage bestand für den Beschwerdeführer daher keine Notwendigkeit, an die Privatklinik_A auszuweichen, sodass die hiermit verbundenen höheren Aufwendungen, welche die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, nicht aus triftigen medizinischen Gründen getätigt wurden. Damit waren die strittigen Zahlungen nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig. Es wäre am Beschwerdeführer gewesen, die Notwendigkeit und damit Zwangsläufigkeit der Behandlungen an der Privatklinik_A nachzuweisen, was trotz Aufforderung durch die Abgabenbehörde unterblieb. Da die Ermittlungsmöglichkeiten der Abgabenbehörde und des Bundesfinanzgerichts dabei auch aufgrund diverser berufsrechtlicher Verschwiegenheitsverpflichtungen stark eingeschränkt sind, fällt das Fehlen dieser Nachweise in die Sphäre des Beschwerdeführers, der die daraus resultierenden Nachteile zu tragen hat.

Ad V.B.1.b) Kosten für Fußpflege:
Für eine steuerliche Anerkennung als Heilbehandlung bedarf es neben dem Nachweis der medizinischen Notwendigkeit auch der unter Anleitung einer fachkundigen Person, dh. eines Arztes oder eines Therapeuten, vorgenommenen therapeutischen Behandlung des spezifischen Krankheitsbildes.

Im vorliegenden Fall legte der Beschwerdeführer keine ärztliche Verordnung für eine Fußpflege vor; die Behandlungen erfolgten offensichtlich von keinem ärztlichen bzw. medizinisch geschulten Personal, da diese laut Kassenbelege in keinem medizinischen Institut, sondern in einem Kosmetiksalon vorgenommen wurden. Unter der Prämisse, dass es sich bei den Ausgaben für eine Fußpflege nach den Erfahrungen des täglichen Lebens um Aufwendungen handelt, die ihrer Art nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mehrheitlich von Gesunden verausgabt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten oder ihr Wohlbefinden zu steigern, und der Abgabepflichtige nicht einmal ein ärztliches Anraten hierzu behauptet hat, stellen die vom Abgabepflichtigen geltend gemachten Fußpflegekosten trotz vorliegender Beeinträchtigungen unter Notwendigkeit der Verhinderung von Folgeschäden keine ärztlichen Therapiekosten dar. Damit ist den Fußpflegekosten in Höhe von Zahl_12 € die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung im Sinn der §§ 34f EStG 1988 abzusprechen.

Ad V.B.1.c) Kosten für Medikamente:
Im bekämpften Bescheid fanden bis dato die vom Beschwerdeführer getragenen Rezeptgebühren keine steuerliche Berücksichtigung. Unter Bezugnahme auf die in den vorliegenden Aufstellungen der Apotheke_A und von Arzt_B ausgewiesenen Medikamente des Jahres 2020 besteht für das Bundesfinanzgericht - im Einklang mit der Abgabenbehörde (siehe Vorlagebericht vom ) - kein Zweifel hieran, dass diese durch die streitgegenständlichen Behinderungen bedingt verschrieben und vom Beschwerdeführer im Jahr 2020 die hiermit verbundenen Rezeptgebühren im Gesamtbetrag von Zahl_4 € getragen wurden. Diese Kosten finden somit als außergewöhnliche Belastung ohne Ansatz eines Selbstbehaltes steuerliche Anerkennung.

Dem Schreiben des Arzt_C vom kann hingegen kein im strittigen Jahr 2020 getätigter Aufwand des Beschwerdeführers für Medikamente entnommen werden, weshalb dem Begehren nicht gefolgt werden kann.

Ad V.B.2.) Der Beschwerdeführer kam dem Ersuchen der Abgabenbehörde vom nicht nach, einen etwaigen Zusammenhang der beantragten ärztlichen Honorare und Fahrtkosten zu diversen Ärzten und ins Krankenhaus mit den vom Sozialministeriumservice mit Gutachten vom festgestellten Behinderungen im Bereich der Hüfte und Schulter (beide im Ausmaß von je 50%) zu belegen. Da der Abgabepflichtige weder ausdrücklich behauptet und belegt hat, dass die strittigen Aufwendungen für die Krücken und Artromot K, für den Arzt Arzt_D sowie für die - abgesehen von der Physiotherapie angefallenen - weiteren Fahrten durch die Leiden in den Bereichen der Hüftgelenke und Schulter bedingt waren noch sich derartiges aus dem Beschwerdevorbringen oder der Aktenlage ableiten lässt, können diese auch nicht als durch eine Behinderung (im Grad von über 25%) bedingte Kosten qualifiziert werden.

Zudem ist festzuhalten, dass
ad V.B.2.a + c) der Beschwerdeführer sich im Jänner 2020 an der Privatklinik_A einer Knieoperation unterzog, in Folge welcher offensichtlich die Aufwendungen für Krücken (siehe die Rechnung des Privatkrankenhauses_A) und die Bewegungsschiene Artromot K (Mietzeitraum 24. Jänner bis laut Rechnung der Firma_A vom ) anfielen. Da diese Kosten sohin ausschließlich durch die Beschwerden am Knie begründet waren, dem Kniegelenk / den unteren Extremitäten laut Sachverständigengutachten jedoch lediglich ein Behinderungsgrad von 20% (sohin unter 25%) zukommt, können diese nur als zusätzliche außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt steuerliche Berücksichtigung finden. Dies gilt im Übrigen auch für die hiermit verbundenen, durch die Operation an der Privatklinik_A (Fahrten am 15. und ) sowie den anschließenden ärztlichen Folgebehandlungen durch Dr. X ("Knie-Kontrollen" und "Punktionen" am 3. März, 21. April, 13. Mai, 25. Mai, 27. Juli, 17. November und ) und Dr. Y ("Klammern entfernen" am ) angefallenen Fahrtkosten;
ad V.B.2.b + c) den Rechnungen des Arzt_D vom 25. Juni und keine Diagnose bzw. ärztliche Leistung entnommen werden kann, sodass diese Behandlungen samt den hiermit verbundenen Fahrtkosten keinem Leiden in den Bereichen der Hüftgelenke und Schulter zuzuordnen ist;
ad V.B.2.c) aufgrund des unterlassenen Beschwerdevorbringens die medizinische Bedingtheit für das MRD an der Privatklinik_A (am ) sowie für die Kontrollen von Dr. Y (am 2. März und ) fehlen und somit der vorliegenden Aktenlage wiederum kein etwaiger Zusammenhang dieser Maßnahmen mit den Behinderungen betreffend Hüftgelenk und Schulter zu entnehmen ist.

Ergänzend wird bemerkt, dass der Beschwerdeführer auch für den Fall, dass die von Dr. X ausgeführten Punktionen nicht durch die Knie-Operation bedingt waren, unterlassen hätte, den erforderlichen eindeutigen Konnex zu behaupten und zu belegen, sodass diese Aufwendungen auch dann lediglich unter Ansatz des Selbstbehaltes steuerliche Berücksichtigung finden könnten.

V.C.) Die außergewöhnlichen Belastungen berechnen sich demnach wie folgt:

[...]

Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

VI.) Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Beilage:Berechnungsblatt Einkommensteuer 2020

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise





















BFH , III R 67/96













-I/11

-G/03
















ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100685.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at