Eigenantrag eines minderjährigen subsidiär Schutzberechtigten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Magistrat der Stadt Wien - Magistratsabteilung 11 - Amt für Jugend und Familie, Rößlergasse 15, 1230 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom stellte der die ***1*** Staatsbürgerschaft besitzende, in voller Obsorge der Stadt Wien, MA 11 Kinder- und Jugendhilfe befindliche minderjährige Bf. durch seinen Vormund einen auf § 6 Abs. 5 FLAG 1967 basierenden Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem Juli 2021.
Hierbei wurde der Antrag wie folgt begründet:
"Das antragstellende Kind befindet sich seit in einer Wohngemeinschaft der Volkshilfe Wien. Hierbei handelt es sich um eine spendenfinanzierte sozialpädagogische Einrichtung. Der Minderjährige befindet sich in dieser Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung. Der Stadt Wien entstehen dadurch Kosten von mindestens EUR 80,00 täglich."
Aus dem Inhalt des seitens der MA 11 beigelegtem mit datierten Pflegschaftsbeschluss geht hervor, dass die Grundversorgung des Bf. (Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung, Taschengeld bzw. notwendige Sach- und Geldleistungen, Beratung und Betreuung) durch die Grundversorgungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a B-VG gewährleistet ist.
Mit dem Hinweis, dass der Bf. ob seines Status als subsidiär Schutzberechtigter nach der Bestimmung des § 3 Abs. 4 FLAG 1967 nur dann einen Anspruch auf Familienbeihilfe habe, wenn er erwerbstätig sei und keine Leistungen aus der Grundversorgung beziehe, wurde der Antrag vom mit Bescheid vom abgewiesen.
In der Folge wurde- gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom eine Beschwerde nachstehenden Inhalts erhoben:
"Mit dem Abweisungsbescheid der obengenannten Behörde wurde der Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfeabgewiesen.
Begründet wurde die Entscheidung, da subsidiär Schutzberechtigte nur dann Anspruch auf die Familienbeihilfehaben, wenn sie arbeiten, und keine Leistung aus der Grundversorgungbeziehen.
Dazu ist wie folgt auszuführen:
Das Kind beantragte, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Wien, beim Finanzamt am die Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 5 FLAG. Das betreffende Kind befand sich ab in voller Erziehung der Stadt Wien, in einer Wohngemeinschaft der Volkshilfe Wien.
Hierbei handelt es sich um eine spendenfinanzierte Einrichtung. Da sich das Kind in Pflege und Erziehung der Stadt Wien befindet, ist für die Zuerkennung der Familienbeihilfe unerheblich ob der Minderjährige bzw. seine Eltern arbeiten.
Es müssen nach Ansicht der Wiener Kinder und Jugendhilfe Rechtsvertretung Bezirke 12,23 für die Zuerkennung der Familienbeihilfe ausschließlich die Voraussetzungen für den Eigenanspruch eines Minderjährigen auf die Zuerkennung der Familienbeihilfe gegeben sein. Das antragstellende Kind befindet sich in einer spendenfinanzierten sozialpädagogischen Einrichtung, im Rahmender vollen Erziehung. Es werden die, durch die Betreuung der Minderjährigen entstehenden Kosten, auch durch Spenden abgedeckt. Der Unterhalt wird somit nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder-und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfsgetragen.
Der Minderjährige hat demnach Eigenanspruch auf Familienbeihilfe.
Der Beschwerdeführer, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Wien (Regionalstelle Rechtsvertretung Bezirke 12,23), stellt daher den ANTRAG, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Familienbeihilfe gewährt wird."
In der Folge schloss sich das Finanzamt Österreich nämlichen Ausführungen nicht an und wies die Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom mit nachstehender Begründung ab:
"Gemäß § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat und können somit für sich selbst Familienbeihilfe beziehen.
Vollwaisen haben gemäß § 6 Abs. 1 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
Gemäß § 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind.
Begründet wurde dies in dem am eingebrachten Initiativantrag hinsichtlich der im gegenständlichen Fall relevanten Regelung des § 3 Abs. 4 FLAG folgendermaßen:
"Weiters soll künftig auch für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld eingeräumt werden, sofern diese auf Grund ihrer HiIfsbedürftigkeit nicht bereits Leistungen im Rahmen der Grundversorgung nach Maßgabe der Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern erhalten und durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Bereits nach der Rechtslage vor dem war als Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe das Vorliegen einer mindestens drei Monate dauernden legalen unselbständigen Erwerbstätigkeit vorgesehen. Diese Voraussetzung soll nunmehr durch die selbstständige Erwerbstätigkeit erweitert werden."
Ihnen wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Gemäß dem Sozialversicherungsdatenauszug haben Sie im Abweisungszeitraum keine berufliche Tätigkeit ausgeübt.
Die Bestimmungen des § 3 FLAG 1967 ergänzen jene des § 2 und des § 6 FLAG 1967 hinsichtlich des Anspruches ausländischer Staatsbürger.
Wären für den Eigenbezug lediglich die Bestimmungen des § 6 FLAG 1967 ausschlaggebend (wie in der Beschwerdeschrift ausgeführt), würde es zu einer Ungleichbehandlung von Kindern mit einer Drittstaatsangehörigkeit kommen, da beim Anspruch eines Elternteils die Familienbeihilfe wegen fehlender Erwerbstätigkeit abzulehnen, bei einem Eigenanspruch des Kindes diese jedoch zu gewähren wäre.
Da gemäß § 3 Abs. 4 FLAG 1967 ein Anspruch auf Familienbeihilfe nur bei unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit besteht, muss Ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden."
Gegen die am zugestellte BVE wurde mit Eingabe vom ein Vorlageantrag nachstehenden Inhalts eingebracht:
"Als Begründung für die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe, bzw. für die Abweisung der Beschwerde wurde angeführt, subsidiär Schutzberechtigte nur dann Anspruch auf die Familienbeihilfe haben, wenn sie arbeiten, und keine Leistung aus der Grundversorgung beziehen.
Dazu ist wie folgt auszuführen:
Gemäß § 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Das Kind beantragte, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Wien, beim Finanzamt im November 2021 die Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 5 FLAG. Das betreffende Kind befand sich ab in voller Erziehung der Stadt Wien, in einer Wohngemeinschaft der Volkshilfe Wien. Hierbei handelt es sich um eine spendenfinanzierte Einrichtung.
Da sich das Kind in Pflege und Erziehung der Stadt Wien befindet, ist für die Zuerkennung der Familienbeihilfe unerheblich ob der Minderjährige bzw. seine Eltern arbeiten.
Es müssen nach Ansicht der Wiener Kinder und Jugendhilfe Rechtsvertretung Bezirke 12,23 für die Zuerkennung der Familienbeihilfe ausschließlich die Voraussetzungen für den Eigenanspruch eines Minderjährigen auf die Zuerkennung der Familienbeihilfe gegeben sein.
Das antragstellende Kind befindet sich in einer spendenfinanzierten sozialpädagogischen Einrichtung, im Rahmen der vollen Erziehung. Es werden die, durch die Betreuung der Minderjährigen entstehenden Kosten, großteils durch Spenden abgedeckt. Der Unterhalt wird somit nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs getragen.
Der Minderjährige hat demnach Eigenanspruch auf Familienbeihilfe.
Der Beschwerdeführer, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Wien (Regionalstelle Rechts Vertretung Bezirke 12,23), stellt daher den ANTRAG, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Familienbeihilfe gewährt wird."
In der Folge wurde der Bf.- unter Hinweis auf die in Richtung des Beziehens von Leistungen aus der Grundversorgung - Ausführungen des Gerichtsbeschlusses vermittels Vorhaltes der belangten Behörde vom ersucht bis zum einen entsprechenden Nachweis betreffend den Erhalt derartiger Leistungen ab dem Juli 2021 vorzulegen.
Mit Eingabe vom wurde der Vorhalt seitens der Vertretung des Bf. wie folgt beantwortet:
"Es wird mitgeteilt, dass die Grundversorgungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern derzeit nicht vorgelegt werden kann.
Wir weisen jedoch darauf hin, dass die Vorlage dieser Vereinbarung in keinem Zusammenhang zu der Gewährung der Familienbeihilfe (§ 6 Abs. 5 FLAG) steht."
Als Ergebnis ergänzender Ermittlungen der belangten Behörde beim Fonds Soziales Wien (E-Mail vom ) bezog der Bf. von vorgenannter Einrichtung vom an bis laufend nachweislich - direkt an dessen Wohneinrichtung überwiesene -, im Wesentlichen auf Tragung Kosten der Unterbringung, der Bezahlung der Krankenversicherung sowie der Hingabe von Taschengeld basierende Grundversorgungsleistungen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender unstrittige Sachverhalt steht fest:
Der am 2011 geborene Bf. ist ***2*** Staatsbürger
Mit Bescheid des BFA vom , wurde dem Bf. gemäß § 8 Absatz 4 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, mit Gültigkeit ab dem die befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (subsidiäre Schutzberechtigung).
Der Bf. bezieht seit dem Leistungen aus der Grundversorgung und befindet sich in Betreuung der MA 11 (volle Obsorge).
Der Bf. ist nicht erwerbstätig.
Rechtliche Beurteilung:
§ 2 FLAG 1967 legt die allgemeinen und die besonderen Voraussetzungen fest, unter denen jemand Anspruch auf Familienbeihilfe hat.
§ 3 FLAG 1967 stellt ergänzend für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, weitere besondere Voraussetzungen auf.
Gemäß § 6 Abs. 1 FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.
Der Eigenanspruch besteht für minderjährige (§ 6 Abs 1 FLAG 1967) und volljährige Vollwaisen sowie für (ebenfalls minderjährige oder volljährige) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die aus diesem Grund den Vollwaisen gleichgestellt sind (§ 6 Abs 5 FLAG 1967). Voraussetzung für den Eigenanspruch ist es, dass keiner anderen Person für das Kind Familienbeihilfe zu gewähren ist (Lenneis/Wanke /Hrsg., FLAG, 2. Aufl. 2020, § 6 Rz. 2ff.).
§ 3 FLAG 1967 lautet:
"(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach § 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, NAG, BGBl. I Nr 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes (AsylG 2005), BGBl. I Nr 100/2005 idF BGBl. I Nr 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach § 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
(5) …"
§ 3 Abs. 4 FLAG 1967 betrifft subsidiär Schutzberechtigte als Anspruchsberechtigte iSd Abs 1 leg cit oder Anspruchsvermittelnde iSd Abs. 2 leg cit., allerdings hinsichtlich des Anspruchs auf Familienbeihilfe nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen (Lenneis/Wanke/Hrsg., FLAG, 2. Aufl. 2020, § 3 Rz. 3).
Im Falle des Bf steht außer Streit, dass ihm die Stellung eines Vollwaisen iSd § 6 Abs. 5 FLAG 1967 - die ihm grundsätzlich einen Eigenanspruch vermittelt - zukommt. Ebenso unstrittig ist er aber ein subsidiär Schutzberechtigter, weshalb für die Beurteilung seines Anspruches auf Familienbeihilfe die in § 3 Abs. 4 FLAG 1967 normierte gesetzliche Regelung heranzuziehen ist.
Der erste Satz des Abs. 4 leg cit. spricht klar aus, dass subsidiär schutzberechtigte Personen als selbst Anspruchsberechtigte - wie im Fall des Bf. - dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, "sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind".
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach dem Gesetzeswortlaut nicht, wenn (und solange) der Antragsteller Leistungen aus der Grundversorgung erhält (Lenneis/Wanke/Hrsg., FLAG, 2. Aufl. 2020, § 3 Rz. 281 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall bezieht der Bf. seit Juli 2021 Leistungen aus der Grundversorgung und befindet sich in Betreuung der MA 11. Der Unterhalt für den Bf wird von der öffentlichen Hand getragen (auch seit der Unterbringung in einer Wohngemeinschaft der Volkshilfe Wien zumindest überwiegend).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass in Konstellationen, bei denen der typische Unterhalt der Kinder durch die öffentliche Hand abgedeckt ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. In diesem Zusammenhang hat das Höchstgericht u.a. ausdrücklich auf die Bestimmung des § 3 Abs. 4 FLAG 1967 Bezug genommen. Dadurch, dass der Gesetzgeber den Nichtbezug von Leistungen aus der Grundversorgung als Voraussetzung für die Zuerkennung von Familienbeihilfe normiere, drücke er aus, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließe (vgl. , ).
Zweite Voraussetzung ist das Vorliegen einer nichtselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit.
Verwiesen wird idZ auch auf den Initiativantrag, auf welchen § 3 Abs. 4 FLAG 1967 zurückgeht (IA 62/A BlgNR 23. GP). Dazu wird ausgeführt:
"Weiters soll künftig auch für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld eingeräumt werden, sofern diese auf Grund ihrer Hilfsbedürftigkeit nicht bereits Leistungen im Rahmen der Grundversorgung nach Maßgabe der Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern erhalten und durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Bereits nach der Rechtslage vor dem war als Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe das Vorliegen einer mindestens drei Monate dauernden legalen unselbständigen Erwerbstätigkeit vorgesehen. Diese Voraussetzung soll nunmehr durch die selbstständige Erwerbstätigkeit erweitert werden."
Der Gesetzgeber wollte daher die Leistung der Familienbeihilfe an subsidiär Schutzberechtigte, wenn diese nicht unter die Grundversorgung fallen, mit einer tatsächlichen selbständigen oder nichtselbständigen Erwerbstätigkeit verknüpfen. Wenn die subsidiär Schutzberechtigten "durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen", soll auch ein staatlicher Beitrag in Form der Familienbeihilfe erfolgen.
Der Bf. ist - schon in Anbetracht seines Alters - unstrittiger Maßen im Beschwerdezeitraum nicht erwerbstätig und bezieht seit dem auch Leistungen aus der Grundversorgung.
§ 3 Abs. 4 FLAG 1967 sieht daher für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, einen Anspruch auf Familienbeihilfe nur dann vor, wenn sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Beide im Gesetz genannten Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um den Anspruch auf Familienbeihilfe zu begründen. Liegt auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, so besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Im gegenständlichen Fall steht der Anspruchsberechtigung des Bf. auf Familienbeihilfe sowohl der seit Juli 2021 Platz greifende Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung die anschließende Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand als auch die mangelnde Erwerbstätigkeit (durchgehend) entgegen.
Zu beachten ist, dass die Norm des § 3 Abs. 4 FLAG 1967 als lex specialis für subsidiär Schutzberechtigte anwendbar ist und ergo dessen für diese Personengruppe weitere Voraussetzungen für einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe normiert.
"Der VwGH hat - aufbauend auf seiner bisherigen Rsp zu Fällen der Leistung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes ( und , 2007/13/0120) - zur Versagung von FB für ein in Strafhaft befindliches Kind u.a. ausgeführt, dass auch mit der Bestimmung des § 3 Abs. 4 der Gesetzgeber ausgedrückt habe, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf FB ausschließt. Dabei wurde auf die Wertungsentscheidung des § 3 Abs. 4 Bezug genommen, wonach der Anspruch auf FB von Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG 2005 zuerkannt wurde, voraussetzt, dass sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten. Es wurde darauf hingewiesen, dass darin der Gesetzgeber ausgedrückt habe, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf FB ausschließe. Damit kam der VwGH zum Ergebnis, dass in teleologischer Reduktion des § 2 Abs. 1 lit. a und b beiden genannten Sachverhaltsgestaltungen kein Anspruch auf FB gegeben ist (). Der VwGH hat diese Rsp mit dem Erk , in Bezug auf subsidiär schutzberechtigte Kinder fortgesetzt."
In Ansehung vorstehender Ausführungen geht sohin die Argumentation der gesetzlichen Vertretung des Bf., demgemäß der Antrag ausschließlich auf der Norm des § 6 Abs. 5 FLAG 1967 basiere und demzufolge unter Außerachtlassung bezogener Leistungen aus der Grundversorgung exklusiv dem Umstand, dass der Bf. in einer zum Teil spendenfinanzierten Wohngemeinschaft untergebracht ist, Beachtung zu schenken ist und demzufolge Familienbeihilfe zu gewähren ist, ins Leere.
Zum Streitzeitraum ist auszuführen, dass der Bf. beantragte, die Familienbeihilfe ab dem zu gewähren. Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ist ein zeitraumbezogener Abspruch. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes (wie im vorliegenden Fall) für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. in stRsp etwa ). Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. ). Laut Aktenlage ist dies zumindest bis zum Vorlageantrag (Juni 2022) nicht der Fall.
Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung geklärt sind, liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.
Es war daher wie im Spruch zu befinden.
Wien, am
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100155.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at