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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.02.2023, RV/7100141/2023

Zurücknahmeerklärung einer Beschwerde mangels Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in den Beschwerdesachen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Wolfgang Sepp Kleinfercher, Kienmayergasse 47 Tür 5-5A, 1140 Wien, betreffend die Beschwerden, jeweils vom gegen Bescheide des Finanzamtes Österreich, jeweils vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 beschlossen:

I.I. Die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

I.II. Der Vorlageantrag vom gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2020 vom wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Schreiben vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) aufgefordert, bis spätestens eine Einkommensteuererklärung für die Jahre 2019 und 2020 abzugeben, weil er zum Beispiel gleichzeitig bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei oder mehrere Pensionen oder Krankengeld, Rehabilitationsgeld, eine Entschädigung vom Bundesheer, Auszahlungen von der Bauarbeiterurlaubskasse oder vom Insolvenz-Entgelt-Fonds erhalten habe.

Mit Eingabe vom ersuchte der Bf. die Frist bis zu verlängern, da er noch Zeit benötige, um weitere Unterlagen zusammenzustellen.

Mit Einkommensteuerbescheiden, jeweils vom wurde der Bf. für die Jahre 2019 und 2020 gemäß § 42 EStG 1988 (Pflichtveranlagung) aufgrund der dem Finanzamt vorliegenden Lohnzettel veranlagt.

Gegen diese Bescheide erhob der Bf. innerhalb offener Frist am Beschwerde und beantragte, dass nach Übermittlung der Unterlagen Werbungskosten und Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom erteilte die Abgabenbehörde für die Jahre 2019 und 2020 einen Mängelbehebungsauftrag und wies den Bf. auf das Fehlen von Inhaltserfordernissen gemäß § 250 Abs. 1 BAO einer Beschwerde hin.

Demnach fehlten folgende Inhaltserfordernisse:

"…

-) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird,

-) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden,

-) eine Begründung

Die angeführten Mängel sind beim Finanzamt Österreich gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben.

Bei Versäumung dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen."

Mit Eingabe vom ersuchte der Bf. die Frist für die Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages bis zu verlängern.

Mit Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 262 BAO, jeweils vom wurden die Beschwerden vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020, jeweils vom mangels Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages als für zurückgenommen erklärt.

Mit Eingabe vom stellte der Bf. einen Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2019 gegen die Beschwerdevorentscheidung vom , übermittelte Belege und ersuchte um Bearbeitung der Beschwerde.

Mit Eingabe vom stellte der Bf. einen Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2020 gegen die Beschwerdevorentscheidung vom .

Rechtliche Beurteilung:

1. Einkommensteuer 2019

Nach § 250 Abs. 1 BAO hat eine Bescheidbeschwerde zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d) eine Begründung.

Eine Beschwerde gegen einen Bescheid einer Abgabenbehörde ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1 BAO.

§ 85 Abs. 2 BAO besagt: "Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass ein Beschwerdeantrag die Behörde in die Lage versetzen soll, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit der Beschwerdeführer dem Bescheid anlastet (; ; ). Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, muss somit einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben (; ), wobei sich die Bestimmtheit aus der Beschwerde ergeben muss (zB ). Es muss sich der Beschwerde, allenfalls im Zusammenhang mit dem bekämpften Bescheid oder mit anderen aktenkundigen Erklärungen des Abgabepflichtigen entnehmen lassen, welchen normativen Inhalt die von ihm angestrebte Beschwerdevorentscheidung bzw das von ihm angestrebte Erkenntnis haben soll (; ). Die beantragten Änderungen sind konkret zu bezeichnen, es sind konkrete Beträge zu nennen ().

Entspricht eine Bescheidbeschwerde nicht den in § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen, ist die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 2 BAO verpflichtet, dem Abgabepflichtigen unter Setzung einer Frist die Behebung der Mängel aufzutragen (vgl. , und ).

Die Beschwerdebegehren, jeweils wortident für die Jahre 2019 und 2020 enthielt lediglich die Bezeichnung der Bescheide gegen die sich die Eingaben richteten und dass die Frist nicht eingehalten werden konnte.

Es fehlten somit die Erklärungen gemäß § 250 Abs. 1 BAO, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden, welche Änderungen beantragt werden sowie die Begründung.

Den Beschwerden, jeweils vom mangelte es somit an den Inhaltserfordernissen der Punkte b) bis d), weshalb der Bf. vom Finanzamt mit Bescheid vom aufgefordert wurde, die angeführten Mängel bis zum zu beheben. Hingewiesen wurde in diesem Bescheid, dass bei Versäumung dieser Frist das Anbringen als zurückgenommen gilt.

Der Bf. beantwortete den Mängelbehebungsauftrag nicht innerhalb der festgesetzten Frist (), er ließ die Frist ungenützt verstreichen.

Nach Ablauf der Frist beantragte der Bf. mit Eingabe vom eine Fristverlängerung zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages. Am wurden mit Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2019 und 2020 die Beschwerden mangels fristgerechter Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages als zurückgenommen erklärt.

Wird einem Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Beschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge kann daher auch durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (vgl. ).

Das Finanzamt hat daher zu Recht die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO als zurückgenommen erklärt. Durch die rechtzeitige Einbringung des Vorlageantrages gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO). Hat der Bf. einem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes nicht (fristgerecht) entsprochen und wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als zurückgenommen erklärt, so hat das Bundesfinanzgericht nach Stellung eines Vorlageantrages, die Beschwerde mit Beschluss gemäß § 278 Abs 1 lit b BAO als zurückgenommen zu erklären (Ritz, BAO6, § 85 Rz 18).

Die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden (I.I.).

2. Einkommensteuer 2020

Gemäß § 243 BAO sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nichts anderes bestimmt ist.

Gemäß § 245 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Beschwerde zwingend mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss zurückzuweisen, wenn diese nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) sinngemäß auf Vorlageanträge anzuwenden.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt dem Verwaltungsgericht die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge.

Die Beschwerdevorentscheidung betreffend 2020 wurde am in die Databox zugestellt.

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen (§ 98 Abs. 2 BAO).

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. Ritz, BAO6, § 98 Tz 4, mit zahlreichen Judikaturnachweisen, darunter ).

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (Ritz, BAO6, § 98 Tz 4 und die dort angeführte Judikatur). Irrelevant ist auch das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung (). Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter.

Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde dem Bf. am selben Tag elektronisch in die Databox des Bf. zugestellt. Dass der Bf. wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, wurde nicht behauptet, ebenso wenig wurde den Ausführungen des Finanzamtes im Vorlageantrag zur Verspätung entgegengetreten. Somit endete der einmonatige Fristenlauf des § 264 Abs. 1 BAO am (Freitag).

Der Vorlageantrag vom gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2020 vom wird daher gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden (I.II.).

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Die Rechtsfolge bei versäumter Frist ergibt sich zwingend aus den Gesetz, sodass eine eindeutige Rechtslage vorliegt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 42 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 264 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100141.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at