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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2023, RV/3100613/2022

Mangelnde Aktivlegitimation

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, vertreten durch die ***V***, ***Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Zurückweisung eines Rückzahlungsantrages, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte das ***Bf*** die Überweisung vom Finanzamt noch festzustellender Steuergutschriften betreffend ***1*** für die Jahre 2020 und 2021 auf ein näher bezeichnetes Bankkonto. Es habe aus Mitteln der Mindestsicherung die nicht gedeckten Pflegekosten getragen. 80 % des festzustellenden Steuerguthabens seien daher gemäß § 22 iVm § 43 Abs. 1 lit. a Tiroler Mindestsicherungsgesetz für die geleistete Mindestsicherung heranzuziehen. Es werde ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 324 ASVG (Legalzession) hingewiesen.

Das Finanzamt wies den Antrag mit dem an das ***2*** adressierten Bescheid vom als unzulässig zurück. Ein Abgabenguthaben im Sinne von § 215 Abs. 4 in Verbindung mit § 239 Abs. 1 BAO, welches mangels bisheriger Erklärung zur Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung überhaupt erst aufgrund einer postmortalen Antragstellung, beispielsweise durch einen gerichtlich dazu ermächtigten Verlassenschaftskurator oder erbantrittserklärten Erben, entstehen könne, könne schon mangels notwendiger zeitlicher Kongruenz mit der naturgemäß nur zu Lebzeiten des Verstorbenen bezogenen Mindestsicherung nicht von der in § 324 Abs. 3 ASVG angeordneten Legalzession umfasst sein. Ein solches - erst nach entsprechender Antragstellung durch einen dazu Ermächtigten und Durchführung der Veranlagung entstehendes - Guthaben falle somit zur Gänze unbelastet in den ruhenden Nachlass. Ein potentieller negativer Abgabenanspruch führe nicht automatisch zu tatsächlich zur Verfügung stehenden Mitteln zur Bedarfsdeckung. Vor der erforderlichen Antragstellung auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung kann über den daraus resultierenden Betrag rechtlich nicht wirksam verfügt werden. Eine mögliche Abgabengutschrift könne insbesondere unter Berücksichtigung der steuerrechtlichen Grundsätze auch kein Einkommen im Sinne des Sozialversicherungsrechts darstellen. Generell sei im Falle des Vorliegens eines unvertretenen ruhenden Nachlasses zur Stellung eines Rückzahlungsantrages im Sinne des § 239 Abs. 1 BAO grundsätzlich nur ein dazu ermächtigter und bestellter Verlassenschaftskurator oder ein erbantrittserklärter Erbe berechtigt. Daraus ergebe sich, dass das ***Bf*** zur Stellung eines Rückzahlungsantrages im Sinne des § 239 Abs 1 BAO im gegenständlichen Fall nicht legitimiert sei.

Dagegen erhob das ***Bf*** mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde.

Gemäß § 324 Abs. 3 ASVG gehe für die Zeit der Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den Träger der Sozialhilfe über, wenn ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einem Altenheim verpflegt werde. Dies gelte nach der Rechtsprechung des OGH auch für ein nachträglich hervorgekommenes, zeitlich kongruentes Einkommensteuerguthaben Demnach sei der Anspruch auf das Einkommensteuerguthaben bereits zu Lebzeiten im Rahmen der Legalzession nach § 324 Abs. 3 ASVG auf das ***Bf*** als Träger der Mindestsicherung übergegangen und ist somit die Anwendung des § 19 BAO als verfehlt zu erachten.

Der OGH habe in der ausführlich begründeten Entscheidung vom , 2 Ob 161/18t, ausgesprochen, dass ein Einkommensteuerguthaben grundsätzlich nicht als Vermögen iSd § 330a ASVG, sondern als Einkommen (dort iSd § 6 Abs 2 K-MSG) zu qualifizieren sei und der Anspruchsübergang nach der in § 324 Abs. 3 ASVG statuierten Legalzession zugunsten jenes Trägers, auf dessen Kosten der betreffende Pensions- oder Rentenberechtigte in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung "verpflegt" werde, unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erfolgt. Er finde grundsätzlich für jeden Monat, in dem die Unterbringung bzw. Pflege erfolgt sei, statt, weil die Leistung pro Kalendermonat gebühre, und betreffe zeitlich kongruente Leistungen, also solche, die von einem Träger für einen Zeitraum erbracht wurden, für den der Leistungsbezieher einen Anspruch auf Renten- oder Pensionsleistungen gehabt habe. Dem Pensionsberechtigten stehe für diese Zeit nur mehr der nicht vom Forderungsübergang erfasste Teil seines Anspruchs zu.

Da im gegenständlichen Fall für den Verstorbenen die ungedeckten Heimkosten vom ***Bf*** als Träger der Mindestsicherung getragen worden seien, sei der Anspruch auf 80% des Einkommensteuerguthabens nach der in § 324 Abs. 3 ASVG statuierten Legalzession auf das ***Bf*** ex lege übergegangen.

Nach Rechtsprechung des OGH falle dieser im Wege der Legalzession an den Sozialhilfeträger übergegangene Teil des Steuerguthabens ebenso wie der entsprechende Anteil an den zugrundeliegenden Pensionsansprüchen selbst nicht in den Nachlass. Der Sozialhilfeträger habe vielmehr - in sinngemäßer Anwendung des § 44 IO - ein "Aussonderungsrecht". Da dieser Teil des Steuerguthabens von vornherein nicht in den Nachlass falle, könne er bei der Überlassung an Zahlungs statt nicht als Aktivum an die Gläubiger verteilt werden. Der OGH hat in seiner Entscheidung zu Zl. 2 Ob 128/19s ausgesprochen, dass Aussonderungsansprüche nicht vom Verlassenschaftsgericht zu befriedigen seien, sondern dass eine Einziehung der auf den Sozialhilfeträger übergangenen Steuerguthaben durch den Sozialhilfeträger selbst zu erfolgen habe. Die Aktivlegitimation des ***Bf*** habe aufgrund des oben Geschilderten in gegenständlicher Angelegenheit somit vorgelegen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I.

Im Beschwerdefall ist der an das ***2*** adressierte angefochtene Bescheid so zu deuten, dass dieser an das ***Bf*** ergangen ist. Zweifelhafte Angaben beim Bescheidadressaten sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) durch Auslegung zu erschließen. Im Beschwerdefall wollte das Finanzamt zweifelslos die bescheidmäßige Erledigung des als Antrag auf Rückzahlung (noch zu beziffernder) Steuergutschriften an das ***Bf*** als Träger der Sozialhilfe richten. Es ist daher bloß von einem Fehler in der Bezeichnung auszugehen, zumal das ***Bf*** selber davon ausgegangen ist, Bescheidadressat zu sein und eine Beschwerde erhoben hat (vgl. hierzu auch ).

Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Zur Antragstellung ist somit der Abgabepflichtige berechtigt, auf dessen Namen das Abgabenkonto lautet (vgl. ). Im Falle des Todes wird die Verlassenschaft bis zur Einantwortung der Erbschaft durch die erbserklärten Erben bzw. erforderlichenfalls durch einen vom Gericht bestellten Verlassenschaftskurator vertreten.

Die Abgabenbehörde hat grundsätzlich über den Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint, somit nicht über später entstandene Guthaben (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 239 Tz 15 mwH).

Das ***Bf*** ist weder Abgabepflichtiger, noch Vertreter der Verlassenschaft. Dem ***Bf***, welches den Rückzahlungsantrag im eigenen Namen gestellt hat, kommt somit im Beschwerdefall zur Stellung eines Rückzahlungsantrages keine Aktivlegitimation zu.

Die Berufung auf die in § 324 Abs. 3 ASVG geregelte Legalzession geht im Beschwerdefall allein schon deshalb ins Leere, weil eine Abtretung eines Rückzahlungsanspruches ein vorhandenes Guthaben voraussetzt, auf dem Abgabenkonto im Zeitpunkt des Antrages ein solches jedoch nicht vorhanden war.

Die Zurückweisung des Rückzahlungsantrages mit Erledigung vom erfolgte daher zu Recht.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage der Aktivlegitimation betreffend die Rückzahlung von Guthaben ist durch die Rechtsprechung ausreichend geklärt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Die (ordentliche) Revision war deshalb als unzulässig zu erklären.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage der Aktivlegitimation betreffend die Rückzahlung von Abgabenguthaben ist durch die Rechtsprechung ausreichend geklärt. Davon ist das Bundesfinanzgericht auch nicht abgewichen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100613.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at