zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2023, RV/7103370/2022

Keine Wiedereinsetzung, wenn Frist wegen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht versäumt wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Veronika Beatrice Weiß-Farahani, Judengasse 7, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO betreffend Frist zur Meldung gemäß § 5 WiEReG, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erinnerungsschreiben der Behörde vom wegen der noch nicht erfolgten, aber nach den Bestimmungen des § 5 WiEReG zu erstattenden Meldung, wurde die Bf. aufgefordert diese Meldung bis längstens nachzuholen.
Gleichzeitig wurde festgehalten, dass im Falle der Nichtbefolgung dieser Aufforderung eine Zwangsstrafe iHv Euro 1.000,00 gemäß § 111 BAO festgesetzt werden wird.
Innerhalb der gesetzten Nachfrist erfolgte keine Meldung, sodass mit Bescheid vom die angedrohte Zwangsstrafe iHv Euro 1.000,00 festgesetzt wurde. Gleichzeitig wurde die Bf. aufgefordert, die bisher unterlassene Meldung bis zum nachzuholen und für den Fall des Unterlassens der Meldung eine weitere Zwangsstrafe iHv Euro 4.000,00 angedroht.

Am brachte die Bf., deren steuerliche Vertretung, via FinanzOnline; einen Antrag auf Wiedereinsetzung gem. § 308 (1) BAO ein. Gleichzeitig erfolgte die Meldung zum Register der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend § 5 WiEReG.
Im Antrag war angeführt, dass die mit Erinnerungsschreiben vom vorgegebene Frist , zur Nachholung der Meldung, einem Mitarbeiter der Vertreterin der Bf. im NTCS eingetragen worden sei. Die Einhaltung der Fristen werde täglich durch das Sekretariat kontrolliert. Der sonst immer zuverlässige Mitarbeiter habe versehentlich die Frist auf "erledigt" gestellt. Bis zur Zustellung der Zwangsstrafe habe niemand mehr erkennen können, dass die Meldung unerledigt geblieben sei.

Unter Bezug auf die Bestimmung des § 308 BAO wurde ausgeführt, dass im konkreten Fall ein unvorhergesehenes Ereignis wegen der unabsichtlichen Änderung der Frist auf "erledigt" im NTCS bestanden habe. Dieses Verschulden des Kanzleibediensteten sei jedoch nur ein minderer Grad des Versehens. Die Vertreterin der Bf. komme gegenüber ihren Kanzleibediensteten im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips (Sekretariat kontrolliert die Fristen der Sachbearbeiter) ausreichend nach. Schließlich spreche dafür, dass ein solcher Fehler dem gegenständlichen Mitarbeiter noch nie passiert sei. Die Meldung sei bereits am nachgeholt worden. Es werde zur Bescheinigung Mag.M. als Zeuge genannt.

Mit Bescheid vom wies die Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung gem. § 308 BAO ab.
In der Begründung hielt die Behörde u.a. fest, dass Mag.M. Steuerberater, und als solcher, Mitglied der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, sei. Zum Zeitpunkt des gegenständlichen Antrages sei er, laut Angabe auf der homepage der steuerlichen Vertretung, seit 2006 in der Kanzlei tätig gewesen. Im Antrag sei vorgebracht worden, dass das Verschulden eines Kanzleiangestellten dann einen Wiedereinsetzungsgrund darstelle, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen sei. Maßgebend sei daher, ob dem Parteienvertreter ein grobes Auswahlverschulden, grobe Mängel der Kanzleiorganisation oder eine mangelhafte Überwachung und Kontrolle anzulasten sei. Im Antrag sei die Schlussfolgerung gezogen worden, dass dem Parteienvertreter im Ergebnis kein grobes Verschulden anzulasten sei, da er der Überwachungspflicht nachgekommen sei.
Diese Ausführungen setzten voraus, dass Mag.M. als "Kanzleibediensteter" im Sinne der Rechtsprechung des VwGH gelte. Es werde auf die Entscheidungen des und vom , 2008/12/0031 hingewiesen, worin sich der VwGH mit der Beurteilung des Verschuldens eines Substituten als Vertreter des bevollmächtigten Rechtsanwalts bzw. eines Rechtsanwaltanwärtes auseinanderzusetzen hatte. Zu prüfen war ob den bevollmächtigten Rechtsanwalt selbst ein Überwachungsverschulden getroffen hat und inwieweit dieses Verschulden dem Verschulden der Partei gleichzusetzen wäre.
Dies gelte für Mag.M., da er Steuerberater sei und sein Verschulden dem Verschulden der Bf. gleichzuhalten sei. Somit sei entscheidungswesentlich ob ihn selbst ein den minderen Grad des Verschuldens übersteigendes Verschulden getroffen habe.
Da das aktive Stellen einer Frist auf "erledigt", ohne vorherige Kontrolle, ob eine entsprechende Meldung gem. § 5 WiEReG erstattet worden sei, nicht bloß einen minderen Grad des Verschuldens darstelle, sei dieses Verschulden dem Verschulden der Bf. gleichzuhalten.
Es sei auch zu bedenken, dass mit die B.GmbH als unbeschränkt haftende Gesellschafterin ins Firmenbuch eingetragen worden war. Die Bf. habe dadurch ihre Meldebefreiung verloren. Änderungen der Angaben sind binnen vier Wochen nach Änderung zu übermitteln. Die Bf. wäre somit verpflichtet gewesen, die Eintragung bis vorzunehmen, d.h. mehr als sieben Monate vor Ergehen des Bescheides über die Festsetzung einer Zwangsstrafe.

Via FinanzOnline wurde am Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid erhoben. Zur Klarstellung des Sachverhalts wurde u.a. angeführt, dass sich der Mitarbeiter, während er seine Fristen im Fristverwaltungsprogramm von BMD NTCS bearbeitet habe, verklickt habe. Damit sei die Frist für die WiEReG-Meldung auf "erledigt" gestellt und dem Mitarbeiter nicht mehr angezeigt worden. Er sei vom Programm auch nicht mehr daran erinnert worden. Hierbei handle es sich nicht um eine mangelhafte Prüfung, sondern um einen physisch fehlerhaften Vorgang (Tippfehler, verklicken, Erwischen einer falschen Zeile). Nachdem die Fristverwaltung so gestaltet sei, dass eine einmal auf "erledigt" gestellte Frist verschwinde, wäre auch eine Nachkontrolle nicht möglich gewesen. Das Programm selbst sei ja bereits die Kontrolle.
Zur Materiellen Rechtswidrigkeit wurde zum Argument der belangten Behörde, wonach die Meldung über den Gesellschafterwechsel binnen vier Wochen zu melden gewesen wäre, angeführt, dass die Behörde dabei die damals geltenden COVID-19 Fristerstreckungen und Strafaussetzungen missachte. Auch diese Änderungsmeldung wäre davon umfasst gewesen, sodass bei wirksamer Wiedereinsetzung, die von der Behörde aufgezeigte Fristversäumnis nicht ausschlaggebend gewesen wäre.
Die Behörde habe den Sachverhalt mangelhaft festgestellt. Es werde die Wiedereinsetzung aufgrund des groben Verschuldens, weil der Mitarbeiter der Bf. genauer hätte prüfen müssen, verneint. Hätte die Behörde nachgefragt und weitere Fakten gesammelt, hätte sie zum Schluss kommen müssen, dass das Versehen nicht in einer mangelhaften Prüfung, sondern in einem Verklicken bestanden habe, also ein physischer Vorgang, ähnlich einem Tippfehler, vorgelegen sei. Die Beweiswürdigung der Behörde sei mangelhaft und es lägen wesentliche Verfahrensverstöße vor.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Nach Darlegung der gesetzlichen Bestimmung und des Vorbringens der Bf. führte die Behörde in der Begründung u.a. aus.
Wenn vorgebracht werde, dass sich Mag.M. verklickt habe und er dies konkret wusste, so stelle sich die Frage, warum er die fehlerhafte Eingabe nicht sofort korrigiert habe. Sei man jedoch erst nach der Verhängung der Zwangsstrafe darauf gekommen, dass die Frist auf "erledigt" gestellt worden sei, so könne es sich bei der Behauptung, dass man sich einfach verklickt hätte, nur um eine Mutmaßung handeln.
Nach der Rechtsprechung des VwGH (, 0736) trifft den Parteienvertreter ein Verschulden an der Versäumung einer Frist, wenn er die im Verkehr mit Behörden und Gerichten für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Nach , ist kein minderer Grad des Versehens, wenn der Fristenvormerk darin besteht, dass sich nach Fristen geordnete Schriftstücke in einer Mappe befinden, ohne dass eine Kontrolle stattfindet, ob und wodurch eine Erledigung dieser Schriftstücke erfolgte, insbesondere ohne Vermerk, dass ein Schriftstück vor Erledigung entnommen wurde.

Auch wenn im Fall der Bf. die Fristenvormerkung durch ein Programm erfolgt sei, wurde nichts zu einem üblichen Vermerk vorgebracht, wodurch eine Erledigung erfolgt ist. Es sei nur vorgebracht worden, dass die Löschung der Frist durch einen einzigen "Verklicker" erfolgt sei.

Einen möglichen Wiedereinsetzungsgrund bildet eine Fehlausweisung der Fristvormerkung in einem EDV-mäßig geführten Fristenbuch bei Anwendung eines gut eingeführten Programmes, wenn die Partei nach Umständen des Einzelfalles diese unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Von einem Rechtsanwalt, der eine EDV-unterstützte Fristenverwaltung unterhält, wird zu verlangen sein, dass er, nachdem er kontrolliert hat, ob Fristbeginn, Art der Frist und Fristdauer richtig eingetragen sind, besondere Vorkehrungen für die Art der Friststreichung vorgesehen hat ( u.a.).
Auch daraus sei abzuleiten, dass hinsichtlich der Verschuldensfrage von einer Steuerberatung verlangt werden könne, dass bei einer EDV-unterstützten Fristverwaltung sich eine Frist nicht nur durch ein einfaches Anklicken austragen lässt, sondern auch ein Vermerk, wodurch die Erledigung erfolgt sei, als Kontrolle zumutbar sei.
Da das aktive Stellen einer Frist auf "erledigt", ohne die vorherige Kontrolle, ob eine entsprechende Meldung gem. § 5 WiEReG bereits erstattet worden sei, nicht bloß einen minderen Grad des Verschuldens darstelle, sei dieses Verschulden der Bf. gleichzuhalten.

Am wurde der Vorlageantrag gem. § 264 (1) BAO eingebracht.
Ergänzend zur Beschwerde werde vorgebracht, dass die Fristenverwaltung über BMD NTCS erfolgt. Auf das beigebrachte Manuskript dazu wird verwiesen. Die Fristenverwaltung ermögliche die Registrierung und das Finden von Fristen, damit eine lückenlose Kontrolle der verschiedenen Fristentermine erfolgen könne. In der Fristenliste werden sämtliche offenen Fristen angezeigt. Eine Frist könne man markieren und per Rechtsklick auf "erledigt" stellen. Insofern sei der angegebene Sachverhalt zu korrigieren, da die falsche Frist markiert worden sei und in der Folge die falsche Frist auf "erledigt" gestellt worden sei.
Die zitierte Rechtsprechung zum Rechtsanwalt sei in Bezug auf die EDV-unterstützte Fristenverwaltung nicht einschlägig. Im Vergleich zum Rechtsanwalt sei in der Fristenverwaltung der Steuerberater im BMD jede erdenkliche Frist enthalten. Es seien wesentlich mehr und unbedeutendere Fristen abzuarbeiten (Bescheidkontrolle, EVZ etc.). Die Fristen der Steuerberater seien in der Ausnahme harte Fallfristen. Bei Rechtsanwälten gebe es quantitativ in der Regel wesentlich weniger Fristen, dafür seien diese umso wichtiger. Schon aus diesem Grund könne ein Verklicken bei einem Steuerberater in der Fristenverwaltung als mindereres Versehen gewertet werden, als bei einem Rechtsanwalt. Es bedürfe auch nicht besonderer Vorkehrungen für die Art der Fristenstreichung, abgesehen von einem gut geführten EDV-Programm. Dass die EDV-geführte Fristenliste gut geführt sei, ergebe sich auch daraus, dass es sehr selten vorkomme, dass eine Frist tatsächlich übersehen werde.

Dem Vorlageantrag lag das erwähnte Manuskript, ein Auszug aus dem CRM-Büro- und Dokumentenmanagement zum Menüpunkt Fristen, insgesamt 29 Seiten, bei.

Die Behörde übermittelte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht (BFG).

Das BFG konnte aus dem mit dem Vorlageantrag beigebrachten Manuskript "Fristen" aufgrund der enthaltenen Angaben u.a. Folgendes feststellen.
Der Bereich "Fristen" bietet einen Überblick und Details über die erfassten Fristen, je nach Eingaben in den Einstiegsfeldern, und über eine Vielzahl von Funktionen. Entsprechende Einstellungen und Auswahlen sind möglich. Fristen können verteilt werden (einzelne Personen, Bearbeitungsgruppe). Zu Fristen können Details angezeigt werden; im Verteilungsbereich kann eingeblendet werden, bei wem Fristen erledigt bzw. noch offen sind. Es gibt eine sogenannte "Combobox" die die Möglichkeit bietet, Fristen anhand des Friststatus zu selektieren. Standardmäßig stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung: "Offene Fristen, Erledigte Fristen, Überfällige Fristen, Noch nicht fällige Fristen, Fristen in Vorwarnung, Delegierte Fristen, Alle Fristen". Über den Parameter "Anzeige Fristen" kann gesteuert werden mit welchem Friststatus die Fristverwaltung gestartet werden soll. Man kann wählen, ob standardmäßig die offenen Fristen oder Alle Fristen zu sehen sind. Weiters sind die angezeigten Fristen in unterschiedlichen Farben dargestellt, sodass erkennbar ist wie das Fristdatum zum heutigen Datum im Verhältnis steht, d.h. ob gleich, kleiner oder größer als das heutige Datum. Mit der Funktion "Erledigt" kann eine Frist als "erledigt" gekennzeichnet werden, sie ist dann nicht mehr als "offen" sichtbar. Fristen können mit einem Bearbeitungsschutz hinterlegt sein, der vorher Abfragen auslöst. Für den Nutzer des Programmes besteht die Möglichkeit verschiedentliche Benachrichtigungen auszulösen über Neuanlage, Bearbeiten bzw. Löschen von Fristen durch Mitarbeiter.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Verschuldens handelt.

Das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG, BGBl I 2017/136, ist auf die in § 1 Abs. 2 WiEReG genannten Rechtsträger anzuwenden.
Abs. 2 lautet auszugsweise - Rechtsträger im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die folgenden Gesellschaften und sonstigen juristischen Personen mit Sitz im Inland sowie Trusts und trustähnliche Vereinbarungen nach Maßgabe von Z 17 und 18 sowie meldepflichtige ausländische Rechtsträger nach Maßgabe von Z 19:
1. offene Gesellschaften

Nach § 2 WiEReG sind Wirtschaftliche Eigentümer alle natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein Rechtsträger letztlich steht; hierzu gehört zumindest folgender Personenkreis:
1. Bei Gesellschaften insbesondere bei Rechtsträgern gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 bis 11, 13 und 14

a) alle natürlichen Personen, die direkt oder indirekt einen ausreichenden Anteil von Aktien oder Stimmrechten (einschließlich in Form von Inhaberaktien) halten, ausreichend an der Gesellschaft beteiligt sind (einschließlich in Form eines Geschäfts- oder Kapitalanteils) oder die Kontrolle auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausüben. ….

Gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG haben die Rechtsträger die konkret angeführten Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich, als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde, zu melden.

Der Rechtsträger hat die Daten binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister zu übermitteln.
Änderungen der Angaben sind binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung zu übermitteln.

Eine Befreiung von der Meldepflicht gem. § 6 Abs. 1 WiEReG für Offene Gesellschaften besteht nur dann, wenn alle Gesellschafter natürliche Personen sind.

Gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG kann die Abgabenbehörde, wenn die Meldung nach § 5 WiEReG nicht oder nicht vollständig erstattet wird, die Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen.

In § 19 Abs. 7 WiEReG ist bestimmt, dass die in § 18 Abs. 3 und 4 idF BGBl I 2020/23 enthaltenen Bestimmungen (insbesondere angeordnete allgemeine Unterbrechung von Fristen) mit Ablauf des außer Kraft treten (BGBl I 2021/25).

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine am ins Firmenbuch eingetragene Offene Gesellschaft. Am wurde infolge eines Gesellschafterwechsels im Firmenbuch als neue Gesellschafterin mit einem Anteil von 50% die B.GmbH eingetragen.

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt, der sich aus den Akten der Behörde, den Ausführungen im Antrag der Bf. vom , der Beschwerde vom sowie dem Vorlageantrag vom ergab, stellte sich wie folgt dar:

Mit Erinnerungsschreiben der Behörde vom wurde die Bf. aufgefordert bis längstens die gem. § 5 WiEReg zu erstattende Meldung nachzuholen.
Mit Bescheid vom wurde die im Erinnerungsschreiben angedrohte Zwangsstrafe gem. § 111 BAO iHv Euro 1.000,00 festgesetzt.
Am stellte die Bf. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO und holte gleichzeitig die erforderliche Meldung zum Register der wirtschaftlichen Eigentümer nach.
Die Vertretung der Bf. führte im Verfahren aus, dass die Frist deshalb versäumt worden war, weil ein Kanzleibediensteter unabsichtlich die Frist vom im Fristverwaltungsprogramm auf "erledigt" gestellt hatte. Die Frist wurde dann im Programm nicht mehr als "offen" angezeigt und erfolgte keine Erinnerung mehr durch das Programm. Eine Nachkontrolle war nicht möglich, da das Programm selbst die Kontrolle wäre. Besondere Vorkehrungen für die Art der Fristenstreichung wären nicht erforderlich, wenn ein gut geführtes EDV-Programm besteht.
Das Verschulden des Kanzleibediensteten stellte jedoch nach Ansicht der Vertretung nur einen minderen Grad des Versehens dar und hindere nicht die Wiedereinsetzung.

Durch das BFG wurde festgestellt, dass die formellen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung iSd § 308 Abs. 3 BAO (rechtzeitiger Antrag, Nachholung der versäumten Handlung) gegeben waren.
Um die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, waren die inhaltlichen Voraussetzungen zu prüfen, somit ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis die Fristversäumnis ausgelöst hatte und ob im Falle des Verschuldens von einem minderen Grad des Versehens auszugehen war.

Zur zu erstattenden Meldung gem. § 5 WiEReg war festzustellen, dass die Bf. durch die Änderung in der Gesellschafterstruktur zum die Befreiung von der Meldepflicht (§ 6 WiEReG) verloren hatte. Diese Änderung war nach den gesetzlichen Bestimmungen binnen einer Frist von vier Wochen zu melden; daher grundsätzlich bereits bis Ende Mai 2021. Die Unterlassung der Meldung löste jedoch keine unmittelbare Rechtsfolge aus.
Das Argument der Bf., dass gem. der COVID-19 Fristerstreckungen schon diese Frist nicht gegolten hätte, ging ins Leere. Wie in § 19 Abs. 7 WiEReG bestimmt ist, war die allgemeine Unterbrechung von Fristen bereits mit Ablauf des außer Kraft getreten.

Dreieinhalb Monate nach dem Eintritt des fristauslösenden Ereignisses erging das Erinnerungsschreiben der Behörde am . Die nunmehr behördlich mit gesetzte Frist zur Erstattung der Meldung wurde seitens der Bf. versäumt.
Diese Fristversäumnis, die die Bf. erst infolge der gem. § 111 BAO am festgesetzten Zwangsstrafe erkannte, d.h. fünf Monate nach Ergehen des Erinnerungsschreibens der Behörde, bildete die Grundlage für den hier gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung.

Nach Ritz/Koran, BAO7, § 308, Rz 9 ff und der dort angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist ein Ereignis dann unvorhergesehen, wenn die Partei es nicht einberechnet hat und den Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte.
Der Begriff des "minderen Grads des Versehens" iSd § 308 Abs. 1 BAO ist leichter Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB gleichzusetzen. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. An rechtskundige Parteienvertreter ist hiebei ein strengerer Maßstab anzulegen als an am Verfahren beteiligte, rechtsunkundige Parteien (vgl. ; , Ra2017/06/0026). Die Einhaltung der Rechtsmittelfrist erfordert von der Partei und ihrem Vertreter größtmögliche Sorgfalt. Dabei muss sich nach ständiger Rechtsprechung des VwGH der Vertretene das Verschulden seines Vertreters zurechnen lassen ().
Nach der Rechtsprechung ist das Verschulden von Kanzleiangestellten berufsmäßiger Parteienvertreter dann nicht schädlich, wenn den Parteienvertreter selbst kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft. Das wäre dann der Fall, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleibediensteten nachgekommen ist. Ein Parteienvertreter hat durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl. ).

Im gegenständlichen Verfahren wurde in den Schriftsätzen argumentiert, dass einem Kanzleiangestellten, einem Mitarbeiter der Vertreterin der Bf., die Frist zur Nachholung der Meldung eingetragen (Anmerkung des BFG: im elektronischen Fristenverwaltungsprogramm der Vertreterin) worden war. Das unvorhergesehene Ereignis habe nach den Ausführungen in den Schriftsätzen darin bestanden, dass sich der Mitarbeiter "verklickt" hatte und dadurch die Frist für die WiEReG-Meldung auf "erledigt" gestellt worden war. Durch das Programm wurde die Frist nicht mehr als "offen" angezeigt und erfolgte dann keine Erinnerung mehr. Darin wurde keine mangelhafte Prüfung gesehen, sondern wurde von einem physisch fehlerhaften Vorgang, einem Tippfehler, ausgegangen. Es wurde auch vorgebracht, dass es sich um das Erwischen einer falschen Zeile gehandelt hatte. Im Vorlageantrag wurde dann der selbst angegebene Sachverhalt korrigiert. Es war die falsche Frist markiert und in der Folge die falsche Frist auf "erledigt" gestellt worden.

Wie schon die Behörde in der Beschwerdevorentscheidung festhielt, und in der Folge unwidersprochen blieb, handelte es sich bei dem Mitarbeiter, Mag.M., um einen Steuerberater und Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Als rechtskundiger Vertreter konnte von diesem im Hinblick auf die Einhaltung von Fristen und Terminen im Umgang mit Behörden jedenfalls eine entsprechende Sorgfalt erwartet werden.

Um dem Wiedereinsetzungsantrag zum Erfolg zu verhelfen, war iSd § 308 BAO durch die Bf. glaubhaft zu machen, dass die Versäumung der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verursacht worden war.

Die Bf. sah dieses Ereignis im "Verklicken" des Bearbeiters bei Bearbeitung der Frist zur Meldung gem. § 5 WiEReg. Gegenständlich war davon auszugehen, dass der qualifizierte Mitarbeiter eigenverantwortlich gehandelt hatte und dass das Bearbeiten einer Frist im Fristenverwaltungsprogramm mit dem Wissen um die Folgen der "Erledigung" der Frist erfolgte. D.h. es war als ihm bekannt vorauszusetzen, dass eine durch Anklicken erledigte Frist nicht mehr als offen angezeigt wurde und keine weitere Information zur Frist erfolgte. Die tatsächliche Durchführung der Meldung war keine Voraussetzung um die Frist als "erledigt" zu kennzeichnen. Die Folgen waren demnach weder als unvorhersehbar, noch bei entsprechend angewandter Sorgfalt im Bearbeitungsfall, als unabwendbares Ereignis zu beurteilen.
Das Argument in der Beschwerde, dass im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips eine Kontrolle der/des Kanzleibediensteten erfolgt wäre, kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen, da nach Angabe der Vertreterin der Bf., das "Anklicken" allein schon den Status der Frist veränderte. Dass eine weitere Aktion oder ein Eingreifen einer zweiten Person iS einer "Freigabe" in diesem Fall vorgesehen gewesen war bzw. dies erfolgt war, wurde nicht vorgebracht. Damit fehlte jedoch das Kontrollelement.

Wie das Gericht bei Einsichtnahme in das vorgelegte Manuskript zur Fristenverwaltung feststellen konnte, enthielt der Bereich "Fristen" u.a. eine Vielzahl von Funktionen, Einstellungen und Auswahlen. So z.B. Funktionen zur Verteilung der Fristen auf einzelne Personen oder Personengruppen; Möglichkeiten zur Anzeige von Details zu den Fristen. U.a. war es möglich einzublenden bei wem Fristen erledigt oder noch offen sind; die Fristen nach Friststatus zu selektieren; Benachrichtigungen über die Be- und Verarbeitung von Fristen zu erhalten. Es wäre auch möglich gewesen zu wählen, mit welchem Status die Fristverwaltung gestartet werden soll. D.h. ob man nur offene Fristen oder alle Fristen und damit auch erledigte Fristen, angezeigt bekommen soll.
Demzufolge hätte, entgegen der Angabe im Rechtsmittel, dass eine erledigte Frist nicht mehr ersichtlich wäre, je nach Einstellungsmodus ein Überblick über sämtliche Fristen erfolgen können. Weiters war enthalten, dass Fristen mit einem Bearbeitungsschutz hinterlegt werden konnten, sodass vor Bearbeitung eine Abfrage ausgelöst werden kann.

Das Programm enthielt somit eine Vielzahl an Kontrollmöglichkeiten. Inwieweit diese zum Tragen kamen, lag in der Entscheidung des Nutzers. Doch auch wenn eine Überwachung bzw. Kontrolle des Mitarbeiters möglich gewesen wäre, ging aus den Angaben in den Schriftsätzen hervor, dass in dem verwendeten Programm durch das einmalige "Anklicken" die Registrierung der Frist als "erledigt" ausgelöst wurde.

Zur Sorgfaltspflicht und im Hinblick auf den Grad des Versehens, war durch das Gericht festzuhalten, dass auch bei Verwendung einer EDV-gestützten Fristenverwaltung von einem Parteienvertreter zu erwarten war, dass Vorkehrungen bzw. Kontrollen bei Erledigung von Fristen und deren Streichung getroffen werden. Kontrollen, die Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach ausschließen sollen, haben auch dort stattzufinden, wo ein EDV-System zur Anwendung gelangt. Eine Fehlbedienung eines elektronischen Systems kann nicht ausgeschlossen werden. Auch die Löschung einer Frist muss ohne weiteres nachträglich erkennbar sein. Fehlt eine solche Kontrolle so stellt dies einen Organisationsmangel dar, der auch nicht als minderer Grad des Versehens qualifiziert werden kann (vgl. ; , Ra2017/06/0026).

Der Hinweis der Vertretung in der Beschwerde, dass die durch das Anklicken "erledigte" Frist nicht mehr im System aufgeschienen war und es dadurch zur Versäumung der Frist für die Meldung gem. WiEReG gekommen war, konnte daher dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht zum Erfolg verhelfen.
Widersprüchlich dazu war das Vorbringen im Vorlageantrag wonach die falsche Frist markiert worden sei und in der Folge die falsche Frist auf "erledigt" gestellt worden sei.
Folge man diesem Vorbringen, dann wäre gar nicht die bisher offene Frist zur Meldung gem. WiEReG bearbeitet worden, sondern eine andere Frist. Dies hätte aber dazu geführt, dass die für im Fristenvermerk eingetragene Frist nach wie vor als offen ersichtlich gewesen wäre.

Das Gericht kam zum Schluss, dass, aufgrund der fehlenden Kontrollmaßnahmen, die Vertretung der Bf. ihren Überwachungspflichten nicht entsprechend nachgekommen war. Daher war das Verschulden des Mitarbeiters schon aus diesem Grund einem Verschulden der Bf. gleichzuhalten.

Wenn weiters im Vorlageantrag, unter Verweis auf die VwGH-Rechtsprechung, die Meinung vertreten wurde, dass eine EDV-gestützte Fristenverwaltung eines Rechtsanwalts mit der Fristenverwaltung eines Steuerberaters nicht vergleichbar wäre, war auch diesem Argument nicht zu folgen. Unabhängig von der Beurteilung der Qualität der Fristen, die durch die Vertretung der Bf. im gegenständlichen Beschwerdefall als wichtigere (bei Rechtsanwälten) bzw. als unbedeutendere (bei Steuerberatern) Fristen bezeichnet wurden, war festzuhalten, dass für die korrekte Be- und Verarbeitung der Fristen in einer Kanzlei eines berufsmäßigen Parteienvertreters stets der Vertreter verantwortlich ist. Die Organisation der Kanzlei hat so zu erfolgen, dass die Erledigung von Fristen termingerecht sichergestellt ist. Fehlt es an der entsprechenden Kontrolle um Fristversäumnisse auszuschließen, liegt ein Verstoß des Vertreters gegen die ihm obliegende Sorgfaltspflicht vor.

Das Gericht kam zum Ergebnis, dass die eingetretene Fristversäumnis nicht durch ein dem Parteienvertreter zumutbares, der zu erwartenden Sorgfalt entsprechendes, Verhalten hintangehalten wurde. Es lag weder ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vor, noch war ein minderer Grad des Verschuldens gegeben.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher zu Recht durch die Behörde abgewiesen worden.

Die Entscheidung über die Beschwerde war wie im Spruch angeführt zu treffen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab (vgl. ; , Ra2017/06/0026; , 2007/15/0122).
Die Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103370.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at