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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2023, RV/2100774/2022

Kein Familienbeihilfenanspruch eines subsidiär Schutzberechtigten für seine Kinder, wenn keine Erwerbstätigkeit vorliegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***SenV***, die Richterin ***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** (***10***) vom betreffend Rückforderung Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag von 08/2020 bis 07/2021, SVNR ***8***, für die beiden Kinder ***1*** ***2*** und ***1*** ***3***, in Anwesenheit des Schriftführers ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Dem Beschwerdeführer (Bf.) wurde die mit beantragte Familienbeihilfe für seine beiden Kinder ab 08/2020 gewährt.
Er lebt mit seiner Gattin und den beiden Kindern in Österreich. Der ganzen Familie wurde der gültige Aufenthaltstitel als "subsidiär Schutzberechtigte" zuerkannt.

Im Zuge der Bearbeitung der Anspruchsüberprüfung der Familienbeihilfe durch das ***10*** wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer lediglich Leistungen des Arbeitsmarktservice (AMS) bezieht.
Die Familienbeihilfe wurde mit Rückforderungsbescheid vom für die Kinder ***2*** und ***3*** für den Zeitraum 08/2020 bis 07/2021 rückgefordert mit der Begründung:
"Ihnen wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Sie erhalten nur dann Familienbeihilfe, wenn Sie Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit erhalten und keine Leistung aus der Grundversorgung beziehen (§ 3 Abs. 4

Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Da Sie nur Arbeitslosengeldbezüge erhalten, ist die Familienbeihilfe für
***3*** und ***2*** rückzufordern."

Gegen diesen Bescheid wurde am das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Im Beschwerdeschreiben gab der Beschwerdeführer an, dass er sich seit bei der Firma ***4*** über die Stiftung ***6*** / ***7*** in einer Ausbildung zum ***9*** befinde, keine Leistungen aus der Grundversorgung und kein Arbeitslosengeld beziehe. Bei den bezogenen Leistungen des AMS handle es sich nicht um Arbeitslosengeld sondern um ein Schulungsgeld das er für die Ausbildung zum ***9*** bekomme.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen:
,Personen, denen der Status von subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, wird nur dann Familienbeihilfe gewährt, wenn Sie oder ein anderes Familienmitglied keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Grundversorgung haben und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch auf Familienbeihilfe besteht auch für jene Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Sie haben von - Leistungen des AMS für Ihre Arbeitsleistung erhalten. Die Kursteilnahme dient aber lediglich einem Wissens- und Bildungserwerb, durch den Sie erst eine Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt erreichen. Auch das AMS bezeichnet die ausbezahlten Leistungen als "Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes" und nicht als "Gehalt" oder "Arbeitslohn".
Folglich kann für
***2*** und ***3*** von 08/2020 - 07/2021 keine Familienbeihilfe gewährt werden.'

Im Vorlageantrag vom verweist der Beschwerdeführer auf sein Beschwerdevorbringen und gibt ergänzend an:
"Ich arbeite seit bei der Firma ***4*** in ***5*** als ***9***. Ich wurde dahingehend beraten, in der Zeit vom bis eine Lehre über das AMS und die Stiftung ***7*** als ***9*** zu machen um mit dem Abschluss der LAP ein gültiges österreichisches Dokument zu erlangen. Auf Grund meiner Qualifikation arbeite ich mittlerweile als Abteilungsleiter. Ich war von Beginn meiner Lehre bei der Firma ***4*** eine vollwertige Arbeitskraft und daher war mein Kursbesuch nicht für die Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt notwendig. Im Gegenteil, dadurch hatte ich sogar finanzielle Nachteile und es war außerordentlich schwierig meine Familie mit meinen zwei Kindern zu erhalten. Ich ersuche höflich meinen besonderen Fall nochmals zu prüfen und bitte um eine wohlwollende Entscheidung. Danke!

Ich beantrage die Entscheidung durch den Senat.
Weiters beantrage ich die Aussetzung der Einhebung des strittigen Betrages
."

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht vom aus:
"Gem. § 3 Abs. 4 FLAG haben Personen, denen der Status von subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz2005 zuerkannt wurde, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus derGrundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch auf Familienbeihilfebesteht auch für jene Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

Der Bf. absolvierte in der Zeit bis über den Stiftungsträger ***6*** unddas AMS eine Ausbildung zum ***9***. Lt. Ausbildungsvereinbarung erfolgte die Entlohnungausschließlich über das AMS:
"Weiters nimmt der Stiftungsteilnehmer/die Stiftungsteilnehmerin zur Kenntnis, dass während der praktischen Ausbildung
1. kein Dienstverhältnis begründet wird;
2. kein wie immer gearteter Entgeltanspruch gegen den Ausbildungsbetrieb entsteht;
3. eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes bzw. ein Fortbezug des Arbeitslosengeldes/der
Notstandshilfe und gegebenenfalls eine Beihilfe zu den Kursnebenkosten gewährt wird und er/sie aus Mitteln derArbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsmarktförderung kranken- und unfallversichert ist...."

Auch im Hauptverband der Sozialversicherung scheinen im fraglichen Zeitraum ausschließlich AMS Bezüge aufund diese stellen keine unselbständige Erwerbstätigkeit im Sinne der angeführten FLAG Bestimmung dar.
Die Beschwerde wird mit dem Antrag auf Abweisung zur Entscheidung vorgelegt."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist afghanischer Staatsbürger und mit Schleppern mit seiner afghanischen Frau im Jahr 2015 in Österreich eingereist. Hier wurden die beiden Kinder geboren, für welche Familienbeihilfe bezogen wurde. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des BVwG vom dahingehend erledigt, als die ganze Familie den befristeten Aufenthaltstitel und Status "subsidiär Schutzberechtigte" für ein Jahr erhielt, welcher befristet verlängert wurde.
Dem Bf. wurde zunächst Familienbeihilfe von 8/2020 - 7/2021 gewährt.
Der Bf. absolvierte im Rahmen der Stiftung ***6*** / ***7*** Integrationsstiftung eine Ausbildung/Lehre zum ***9*** bei der Firma ***4*** in ***5***, beginnend mit und bekam dafür ein von der Stiftung finanziertes Schulungsgeld/Stipendium und vom AMS erhielt er eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes inklusive drei Familienzuschlägen für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum.
Aus der Grundversorgung wurde er entlassen.
Er besuchte die Landesberufsschule für den Lehrberuf ***9*** im Schuljahr 2020/2021.
Am legte er erfolgreich die Lehrabschlussprüfung als ***9*** ab.
Bei der Firma ***4*** machte er im Rahmen der Stiftungsausbildung ein Betriebspraktikum (laut Ausbildungsvertrag vom bis im Ausmaß von 40 Wochenstunden).
Die Ausbildungsvereinbarung im Rahmen einer Stiftung wurde am zwischen dem Bf. und der Firma ***4*** abgeschlossen.
Darin ist ua festgehalten:
"Liegt kein Ausbildungsverhältnis vor, ist die Stiftungsteilnahme zu beenden…
Weiters nimmt der Stiftungsteilnehmer/die Stiftungsteilnehmerin zur Kenntnis, dass während der praktischen Ausbildung
1. kein Dienstverhältnis begründet wird;
2. kein wie immer gearteter Entgeltanspruch gegen den Ausbildungsbetrieb entsteht;
3. eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes bzw. ein Fortbezug des Arbeitslosengeldes/der Notstandshilfe und gegebenenfalls eine Beihilfe zu den Kursnebenkosten gewährt wird und er/sie aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsmarktförderung kranken- und unfallversichert ist....

Der Ausbildungsbetrieb verpflichtet sich, …. ergänzend zur praktischen Ausbildung kein wie immer geartetes Beschäftigungsverhältnis (inkl. geringfügiger Beschäftigung mit dem Stiftungsteilnehmer zu begründen….
… das Arbeitsmarktservice für die Durchführung der praktischen Ausbildung keinerlei finanzielle Abgeltung leistet… "

Laut Auszug des Hauptverbandes der Sozialversicherung war der Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum und während der Absolvierung des Berufspraktikums, als arbeitssuchend gemeldet.

Mit bis laufend ist der Bf. als Arbeiter bei der Firma ***4*** gemeldet und erhält ab 12/2021 wieder Familienbeihilfe ausbezahlt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und den vorgelegten Verträgen und Bestätigungen.

3. Rechtliche Beurteilung

§ 3 FLAG 1967 lautet:

"(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach § 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, NAG, BGBl. I Nr 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes (AsylG 2005), BGBl. I Nr 100/2005 idF BGBl. I Nr 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach § 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten undunselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

(5) …"

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist, ob der Bf. als subsidiär Schutzberechtigter Anspruch auf Familienbeihilfe für seine Kinder hat für die Zeit, in der er im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses von einer Stiftung unterstützt eine Lehre mit Praktikum absolvierte. Dafür erhielt er Zahlungen vom AMS zur Deckung seines Lebensunterhaltes und ein Stipendium seitens der Stiftung.
Er erhielt damit zwar keine direkten Mittel aus der Grundversorgung nach § 3 Abs. 4 FLAG 1967 mehr, aber AMS-Zahlungen und Leistungen aus der Krankenversicherung.

Die zweite, kumulativ erforderliche Voraussetzung nach § 3 Abs. 4 FLAG 1967 ist das Vorliegen einer (hier) nichtselbständigen Erwerbstätigkeit.

Verwiesen wird idZ auch auf den Initiativantrag, auf welchen § 3 Abs. 4 FLAG 1967 zurückgeht (IA 62/A BlgNR 23. GP). Dazu wird ausgeführt:
"Weiters soll künftig auch für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld eingeräumt werden, sofern diese auf Grund ihrer Hilfsbedürftigkeit nicht bereits Leistungen im Rahmen der Grundversorgung nach Maßgabe der Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern erhalten und durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Bereits nach der Rechtslage vor dem war als Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe das Vorliegen einer mindestens drei Monate dauernden legalen unselbständigen Erwerbstätigkeit vorgesehen. Diese Voraussetzung soll nunmehr durch die selbstständige Erwerbstätigkeit erweitert werden."

Der Gesetzgeber wollte demnach die Leistung der Familienbeihilfe an subsidiär Schutzberechtigte, wenn diese nicht unter die Grundversorgung fallen, mit einer tatsächlichen selbständigen oder nichtselbständigen Erwerbstätigkeit verknüpfen. Wenn die subsidiär Schutzberechtigten "durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen", soll auch ein staatlicher Beitrag in Form der Familienbeihilfe erfolgen (vgl. ).

Es muss somit eine tatsächliche Erwerbstätigkeit vorliegen (vgl. ; ). Dass etwa durch Zuwendungen außerhalb der Grundversorgung anderweitig die Existenz gesichert wird, reicht nicht aus [; vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 3 Rz 275].
Ebensowenig erfüllen der Bezug von Arbeitslosengeld (auch Notstandshilfe) und Krankengeld wie der Erhalt von Beihilfen zur Deckung des Lebensunterhaltes und Beihilfen zu Kursnebenkosten durch das AMS die Voraussetzungen einer Erwerbstätigkeit iSd § 3 Abs. 4 FLAG 1967 (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 3 Rz 280 ):
Eine Ausbildung im Rahmen des AMS ist keine Erwerbstätigkeit (-I/10; ; ; -G/10; ; [Arbeitslosengeld, Beschwerde zu , abgelehnt]; ; ; ; ; ; ; ; ).
Ebenso ist ein Praktikum, bei welchem kein Arbeitslohn vereinbart, sondern eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung und ein Bildungsbonus bezogen wurde, keine Erwerbstätigkeit ().

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Arbeitslohn liegt dann vor, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (Doralt, EStG 12, § 25 Tz 12).
Nur dann ist die Voraussetzung, durch eigene Erwerbstätigkeit zum Lebensunterhalt beizutragen, als erfüllt anzusehen.

Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf die Judikatur in ähnlich gelagerten Fällen:
Nach , begründet die Facharbeiterintensivausbildung beim BFI Wien eines subsidiär Schutzberechtigten keine tatsächliche Erwerbstätigkeit. Die im Auftrag des AMS im Berufsausbildungszentrum des BFI durchgeführte Ausbildung begründet nämlich kein Dienstverhältnis mit Entgeltanspruch. Vielmehr wird der Bf. während der Ausbildung durch das AMS betreut und bezieht für diese Zeit Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe oder DLU (Deckung zum Lebensunterhalt). Damit erzielt der Bf. aber kein Erwerbseinkommen aus unselbständiger Tätigkeit, sondern erhält eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung.

Nach , ist die Absolvierung eines Praktikums eines subsidiär Schutzberechtigten bei einer GmbH & Co KG und der begleitende Besuch fachspezifischer Kurse und der Berufsschule zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung keine tatsächliche Erwerbstätigkeit.
Auch in diesem Fall handelte es sich bei der Tätigkeit des Bf. nicht um ein reguläres Arbeits- oder Lehrverhältnis. Vielmehr absolvierte der Bf. als Stiftungsteilnehmer über eine Stiftung ein Praktikum mit dem Ziel, in ein konkretes Dienstverhältnis übernommen zu werden. Grundlage der Tätigkeit war nicht ein Dienstvertrag, sondern ein zwischen dem Bf., dem Unternehmen, der Arbeitsstiftung und dem AMS vereinbarter Bildungsplan. Der Bf. erhielt keinen Arbeitslohn, wie er wesentliches Merkmal einer unselbständigen Tätigkeit ist, sondern eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung und einen Bildungsbonus (vgl. weiters ).

Auch im gegenständlichen Fall liegt keine tatsächliche Erwerbstätigkeit iSd § 3 Abs. 4 FLAG 1967 vor.

Es wurde eine Ausbildungsvereinbarung abgeschlossen. Es handelt sich um keinen regulären Lehrvertrag, welcher mit einem Lehrbetrieb abgeschlossen wird und der als Arbeitsverhältnis gilt. Der Teilnehmer bekommt keine Lehrlingsentschädigung, sondern eine Ausbildungsbeihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts, welche nicht von einem Lehrbetrieb, sondern von der öffentlichen Hand (AMS und Stipendium von einer Stiftung) getragen wird.
Er ist aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsmarktförderung kranken- und unfallversichert (laut Ausbildungsvereinbarung)

Es handelt sich daher nach der Judikatur um kein Dienstverhältnis mit Entgeltanspruch (Arbeitslohn).
Die Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes (DLU) dient der Existenzsicherung während der Teilnahme an arbeitsmarktpolitisch sinnvollen beruflichen Aus- und Weiterbildungs-, Berufsorientierungs-, Arbeitserprobungs- und Arbeitstrainingsmaßnahmen, Maßnahmen der aktiven Arbeitssuche, am Unternehmensgründungsprogramm für Arbeitslose bzw. an einer Arbeitsstiftung. Sie wird u.a. gewährt für "Teilnehmerinnen/Teilnehmer an vorbereitenden Maßnahmen zur Aufnahme eines Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses gemäß … Berufsausbildungsgesetz." Dabei handelt es sich um keinen Arbeitslohn sondern um eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, um Mittel der öffentlichen Hand.

Daran kann auch nichts ändern, dass der Bf. auf Grund der erhaltenen Beihilfe keine Leistungen aus der Grundversorgung (mehr) erhält, da dafür andere Voraussetzungen als für den Bezug der Familienbeihilfe gelten.

Auch die vom Bf. aufgezeigten und unbestrittenen (weiteren) Merkmale seiner Tätigkeit, dass er nämlich praktische Arbeit geleistet hat, ändert nichts an der Beurteilung.
Auch im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses (wie einer Lehre) oder eines Praktikums wird im Betrieb anfallende Arbeit verrichtet.
Auch dass der Kursbesuch für die grundsätzliche Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt nicht notwendig gewesen wäre, ist hier nicht von Relevanz.
Das Bundesfinanzgericht zieht nicht in Zweifel, dass der Beschwerdeführer im Streitzeitraum für die Firma ***4*** tätig war. Es handelte sich jedoch hierbei nicht um ein reguläres Arbeits- oder Lehrverhältnis. Vielmehr absolvierte der Beschwerdeführer als Stiftungsteilnehmer über die Stiftung ***6*** / ***7*** ein Praktikum mit dem Ziel, einen in Österreich anerkannten Lehrabschluss und eine Höherqualifizierung zu erreichen, um in ein konkretes Dienstverhältnis übernommen zu werden.

Aus dem dargestellten Sachverhalt geht hervor, dass der Beschwerdeführer zwar tätig, aber nicht "erwerbstätig" iSd § 3 Abs. 4 FLAG 1967 war. Daher waren die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 4 FLAG 1967 für den Familienbeihilfenbezug eines subsidiär Schutzberechtigten im Streitzeitraum nicht gegeben und war die Rückforderung der bezogenen Beträge rechtens.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.
Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des FLAG 1967 anzuwenden.

Da der Bf. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge nach den gesetzlichen Bestimmungen zu Unrecht bezogen hat, hat das Finanzamt diese zu Recht zurückgefordert und war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung geklärt sind, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Graz, am

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