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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2023, RV/5100083/2019

Kosten für die Besuchsfahrten ins Altersheim bzw. Pflegeheim - keine außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der elektronisch eingebrachten Arbeitnehmerveranlagung 2016 vom beantragte die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf.) unter anderem sonstige Werbungskosten iHv € 3.475,20, Begräbniskosten iHv € 2.850,00 sowie sonstige außergewöhnliche Belastungen iHv € 3.570,84.

Nach Durchführung eines Vorhalte-/Ergänzungsverfahrens erging am der Einkommensteuerbescheid 2016. Die obigen Ausgaben wurden mit folgender Begründung nicht berücksichtigt:

"Die Fahrten zur Betreuung der Mutter und des Bruders sind als übliche Fahrten zum Besuch naher Angehöriger einzustufen. Sie erwachsen aus der persönlichen Nahebeziehung sowie aus der sittlichen Verpflichtung zum Besuch und der Betreuung naher Angehöriger, erfüllen aber nicht die Kriterien der Außergewöhnlichkeit. Die Kosten fallen daher nicht zwangsläufig an und sind weder bei den zu pflegenden Angehörigen noch bei der Tochter bzw. Schwester steuerlich absetzbar.

Die Übersiedlungskosten stellen keine außergewöhnlichen Belastungen oder Sonderausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes dar. Wie bereits oben angeführt, erfüllt die Pflege von nahen Angehörigen nicht das Merkmal der Außergewöhnlichkeit.

Gemäß § 549 ABGB gehören Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlich-keiten. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten. Finden die Begräbniskosten in den vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, kommt die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. Insoweit fehlt es an der Zwangsläufigkeit. Wenn eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen steht und im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet, kann von einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht gesprochen werden (). Begräbniskosten, einschließlich der Errichtung eines Grabmals, sind daher insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie aus dem zu Verkehrswerten angesetzten Nachlassvermögen gedeckt werden können."

Mit Schreiben vom wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und wie folgt begründet:

"Fahrten zur Betreuung: Ich bin zu meiner Mutter 71 x nach ***1*** und zu meinem Bruder 23 x nach ***2*** gefahren. Für meine Pflege und Betreuung habe ich nichts in Rechnung gestellt und sehe dies als sittliche Verpflichtung an. Jedoch ist meiner Meinung nach nicht nachvollziehbar, dass man für nahe Angehörige die Fahrtaufwendungen nicht geltend machen kann. Diese Ansicht des Finanzamtes verstößt hier gegen den Gleichheitsgrundsatz. Als naher Angehöriger kann ich nicht schlechter gestellt werden als eine andere Person. Ich sehe meine Tätigkeit als Ehrenamt an und erspare damit der Öffentlichkeit und den Steuerzahlern sehr viele zusätzliche Unkosten, die aus Steuermitteln beglichen werden müssten.

Übersiedlung: Mein Gatte ist in Pflegestufe 4 und konnte in der alten Wohnung nicht mehr wohnen. Wir mussten uns daher auf Anraten unseres Arztes eine neue Wohnung suchen. Da wir in Salzburg keine bezahlbare Wohnung finden konnten, mussten wir uns im Raum ***4*** eine Wohnung nehmen. Krankheitskosten sind im Steuerrecht grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung einzustufen. Da, wie ich bereits angeführt habe, die Übersiedlung aus rein medizinischen Gründenerfolgte, ist es nicht nachvollziehbar, dass die Finanzbehörde die Übersiedlungskosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkennt, zumal mein Gatte in Pflegestufe 4 eingestuft ist."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und die Begräbniskosten nach dem Bruder antragsgemäß gewährt. Des weiteren wurde wie folgt begründet:

"Aus der vorgelegten Sachverhaltsdarstellung und den Unterlagen ist erkennbar, dass die Übersiedlung infolge der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Gatten zwangsläufig erfolgte. Die Fahrtkosten für 20 Fahrten zwischen ***5*** und ***4*** wurden in Hlöhe von 2.335,20 Euro als glaubhaft anerkannt. Nicht gewährt wurden die geleisteten Zahlungen an die Helfer, da kein belegmäßiger Nachweis erbracht werden konnte.

Grundsätzlich sind durch die Krankheit verursachte Kosten vom erkrankten Ehepartner selbst zu tragen. Werden Krankheitskosten für den erkrankten Ehepartner gezahlt, stellen sie beim zahlenden Ehepartner insoweit eine außergewöhnliche Belastung dar, als diese Aufwendungen das Einkommen des erkrankten Ehepartners derart belasten würden, dass das steuerliche Existenzminimum gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 (11.000 Euro jährlich) unterschritten würde. Die anerkannten Übersiedlungskosten von 2.335,20 Euro wurden dementsprechend um jenes Einkommen des Gatten gekürzt, welches 11.000 Euro übersteigt: 1.761,56 Euro (Einkommen laut Einkommensteuerbescheid vom : 12.761,56 Euro).

Hinsichtlich der Fahrtkosten zur Betreuung der Mutter und des Bruders war Ihre Beschwerde abzuweisen. […]

Aufwendungen für Besuche von nahen Angehörigen sind in der Regel nicht außergewöhnlich. Dies giltauch dann, wenn Angehörige erkrankt bzw. pflegebedürftig sind und Fahrten in kürzeren zeitlichenAbständen oder über größere Entfernungen erfolgen. Einer Vielzahl von Abgabepflichtigen erwachsendadurch Fahrtkosten, dass sie sich um ihre nächsten Angehörigen kümmern und sie besuchen. Dies giltim Besonderen für die Betreuung alters- oder krankheitsbedingter Personen. Fahrtkosten, die durchregelmäßige Besuche von Angehörigen und für verschiedene Besorgungen für diese erwachsen,erfüllen nicht das Merkmal der "Außergewöhnlichkeit". Solange die freiwillig (wie von Ihnen bezeichnet:ehrenamtliche) Betreuungstätigkeit nicht außergewöhnliche Kosten fordert, liegt keine abzugsfähigeBelastung vor.

Auch das Merkmal der "Zwangsläufigkeit" liegt nicht vor, da Sie aus freien Stücken auf eine Abgeltungder angefallenen Fahrtkosten verzichtet haben. Wie bereits angeführt, sind durch die Krankheit (oderPflege) verursachte Kosten vom Erkrankten (Gepflegten) selbst zu tragen. Sowohl der Bruder als auchdie Mutter haben Pflegegeld erhalten, die Mutter hat auch über ausreichend eigenes Einkommenverfügt. Das Pflegegeld dient der Deckung von pflegebedingten Mehraufwendungen und der Sicherungeiner notwendigen Pflege. Durch den Verzicht auf eine Abgeltung Ihrer Kosten, welche durch denPflegebedarf angefallen sind, ist das Merkmal der "Zwangsläufigkeit" nicht erfüllt."

Im Vorlageantrag vom , eingelangt am wird die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

Ergänzend wurde vorgebracht:

"Mein Gatte ist in der Pflegestufe 4 eingestuft. Er braucht Unterstützung bei der Erledigung des täglichen Bedarfs. Die Übersiedlung nach ***4*** erfolgte aus zwei Gründen. Einerseits war ein barrierefreier kurzer Zugang zur Wohnung nötig, andererseits haben die guten Luftdruckwerte in ***4*** eine erleichternde Auswirkung auf die Atmung meines Mannes. Er konnte sich jedoch weder körperlich noch finanziell an der Übersiedlung beteiligen. Die Umzugskosten wurden nur mit 573,64.- Euro berücksichtigt sind, wobei die Kosten für die Helfer gestrichen wurden. Meine Tätigkeit als pflegende Angehörige umfasst nicht nur die in der SV-Liste angegebenen Leistungen, sondern benötige ich auch für den Transport meines Gatten ein Fahrzeug, in dem ein 40L-Flüssigsauerstoff-Container und auch ein Rollstuhl mitgeführt werden kann. Dies sind Erschwernisse und Belastungen, die steuerlich bisher noch nicht berücksichtigt sind.Dieses Fahrzeug ist so ausgestattet, dass ich auch die Übersiedlung durchführen konnte. Die Übersiedlungskosten wurden willkürlich zusätzlich um 1761,56.- Euro aus dem Einkommen meines Mannes gekürzt. Dessen Einkommensbescheid, Eingang , ist ebenfalls mittels Vorlageantrag beim Bundesfinanzgericht anhängig. Weiters wurden die Umzugskosten um die Kosten der Helfer widerrechtlich gekürzt."

Die Bf. beantragte die gesamten Übersiedlungskosten iHv € 3.475,20 und die Besuchsfahren zu Mutter und Bruder iHv € 3.570,84 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Erstmals im Vorlageantrag wurde auch die Berücksichtigung einer KfZ-Pauschale beantragt.

Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Mutter der Bf. war im Jahr 2016 im Bezirksseniorenheim ***3*** untergebracht. Der Bruder der Bf. war bis zu seinem Ableben im Jahr 2016 im Bezirksseniorenheim ***2*** untergebracht.

Die Bf. fuhr im Jahr 2016 71 mal zu ihrer Mutter nach ***1*** und 23 mal zu ihrem Bruder nach ***2***. Die Bf. beantragte die Besuchs- und Pflegefahrten im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen zu berücksichtigen.

Bis hatte die Bf. und ihr Gatte den gemeldeten Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adr1***. Auf Grund der Notwendigkeit eines barrierefreien Wohnungszuganges und der guten Luftdruckwerte in ***4*** kam es zum Umzug nach ***4*** (***Adr2***). Die Übersiedlung war aus medizinischen Gründen notwendig.

An Kosten für die Übersiedlung wurden € 3.475,20 geltend gemacht. Diese setzen sich wie folgt zusammen: 20 x Fahrt ***5***-***4***-***5*** - 278 km x 0,42 € = 2.335,20 € zuzüglich 114 Stunden Helfer x 10 € = € 1.140,00.

Der Gatte der Bf. hat auf Grund einer Lungenerkrankung Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 4 und erzielte im Streitjahr 2016 Pensionseinkünfte in Höhe von € 12.761,56. Er hatte im Streitjahr 2016 kein eigenes KfZ.

2. Beweiswürdigung

Die belangte Behörde hat die Übersiedlungskosten dem Grunde nach anerkannt, jedoch um die Kosten für die Helfer (mangels belegmäßigem Nachweis) gekürzt.

Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung. Sie hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand (zB ; , 2006/15/0125) und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (; , 97/13/0051; , 2006/15/0125). Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich (). Die Glaubhaftmachung setzt die schlüssige Behauptung der maßgeblichen Umstände durch die Abgabepflichtige voraus ().

Das Bundesfinanzgericht erachtet es als glaubwürdig und der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend, dass ein Umzug mit einer erheblichen Kraftanstrengung verbunden ist. Die Bf. gibt im Antwortschreiben an, dass ein Umzugsunternehmen nicht leistbar gewesen sei und der Gatte auf Grund seiner Erkrankung beim Umzug nicht helfen konnte. Dass der Umzug von der Bf. nicht alleine bewältigt werden konnte ist glaubwürdig. Die Kosten für die Helfer wurden in beantragter Höhe anerkannt.

Aus den Datenbanken der Finanzverwaltung ist ersichtlich, dass der Gatte der Bf. im Streitjahr kein eigenes Kfz besaß bzw auf ihn angemeldet war.

Im Übrigen sind die obigen Sachverhaltsfeststellungen aktenkundig bzw ergeben sich diese aus den glaubwürdigen, nicht der Aktenlage widersprechenden Ausführungen der Bf., denen auch von der belangten Behörde nicht widersprochen wurde.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Nach § 34 Abs 1 Satz 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach § 34 Abs 4 Satz 1 EStG 1988 wesentlich, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 iVm Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Erwägungen

Besuchsfahrten

Strittig ist im Beschwerdefall, ob die "Besuchs- und Pflegefahrten" zur im Bezirksseniorenheim ***1*** befindlichen Mutter bzw. zum im Bezirksseniorenheim ***2*** untergebrachten Bruder der Bf. als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sind oder nicht.

Aufwendungen für Besuche von nahen Angehörigen sowie für sonstige Formen der Kontaktpflege (Telefongespräche) sind idR nicht außergewöhnlich. Das gilt auch, wenn Angehörige erkrankt bzw pflegebedürftig sind und Fahrten in kürzeren zeitlichen Abständen oder über größere Entfernungen erfolgen (; , RV/2100814/2012; , RV/5100970/2013; , RV/1100309/2014 mwN zu Besuchen der pflegebedürftigen, altersdementen Mutter).

Fahrtkosten, die ihre Ursache in der Betreuung eines betagten Elternteils haben, etwa anlässlich der Begleitung bei Spaziergängen, verschiedenen Besorgungen oder Arztbesuchen, mangelt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am Merkmal der Außergewöhnlichkeit (vgl. ; ; Fuchs in Doralt et al, EStG21, § 34 Tz 78, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort: Fahrtkosten).

Im Beschwerdefall wird deutlich, dass die Bf. durch die regelmäßigen Besuchsfahrten zu Mutter und Bruder bemüht war, ihnen Abwechslung zu bereiten sowie familiäre und soziale Zuwendung zu geben. Die Bf. wollte ihrer Mutter und ihrem Bruder beistehen und fühlte sich zu den Besuchen moralisch und sittlich verpflichtet. Es ist selbstredend, dass sich die familiären Besuche positiv auf den Gesundheits- und Gemütszustand von Mutter und Bruder auswirkten.

Die tägliche Pflege und Betreuung von Mutter und Bruder wird aber unbestrittenermaßen durch die Heimbetreiber besorgt.

Dass aber betagte in einem Alten- und Pflegeheim untergebrachte Menschen vielfach in ihrem Gesundheitszustand (zum Teil schwer) beeinträchtigt sind, ist an sich nicht außergewöhnlich, sondern entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Dass Kinder ihre betagten und gesundheitlich beeinträchtigen Eltern in regelmäßigen Abständen aufsuchen und ihnen im Alter beistehen, erweist sich sowohl aus rechtlichen (§ 137 ABGB) wie auch aus sittlichen Gründen als geboten. Dieser Beistand zeigt sich v.a. durch die Besuchsfahrten zur Mutter und den Besuchsfahrten zum Bruder. Dennoch fehlt den durch die Besuchsfahren verursachten Aufwendungen den Fahrtkosten das Merkmal der Außergewöhnlichkeit, weil derartige Kosten nämlich einer Vielzahl von Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen und sich damit einer steuerlichen Absetzbarkeit entziehen.

Übersiedlungskosten

Ein krankheitsbedingter Wohnungswechsel führt hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände der neuen Wohnung grundsätzlich zu einer Vermögensumschichtung und daher zu keiner außergewöhnlichen Belastung (UFS Wien , RV/1906-W/06). Allerdings können bestimmte Aufwendungen für einen aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen Wohnungswechsel zu einer außergewöhnlichen Belastung führen, wie verlorene Baukostenzuschüsse, Maklergebühren, Speditionskosten, Mehrkosten der neuen Wohnung (vgl UFS Wien , RV/3261-W/10; UFS Wien , RV/0283-W/10).

Die Übersiedlungskosten wurden dem Grund nach bereits von der belangten Behörde anerkannt, da die Übersiedlung infolge der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Gatten zwangsläufig erfolgte.

Grundsätzlich sind durch die Krankheit verursachte Kosten vom erkrankten Ehepartner selbst zu tragen. Werden Krankheitskosten für den erkrankten Ehepartner gezahlt, stellen sie beim zahlenden Ehepartner insoweit eine außergewöhnliche Belastung dar, als diese Aufwendungen das Einkommen des erkrankten Ehepartners derart belasten würden, dass das steuerliche Existenzminimum gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 (11.000 Euro jährlich) unterschritten würde. Die anerkannten Übersiedlungskosten von 3.475,20 Euro wurden dementsprechend um jenes Einkommen des Gatten gekürzt, welches 11.000 Euro übersteigt: 1.761,56 Euro (Einkommen laut Einkommensteuerbescheid vom : 12.761,56 Euro). Zur Anerkennung der Helferkosten siehe oben Punkt 2. Beweiswürdigung.

KfZ-Pauschale

Erstmals im Vorlageantrag beantragte die Bf. eine KfZ-Pauschale, da sie als pflegende Angehörige ihres Mannes ein Auto benötige, mit welchem ein 40L-Flüssigsauerstoff-Container und auch ein Rollstuhl mitgeführt werden könne. Sie habe dieses Auto auch für die Übersiedlung benötigt.

Dem ist einerseits entgegenzuhalten, dass für die Übersiedlung das amtliche km-Geld gewährt wurde, welches sämtliche KfZ-Kosten abdeckt.

Sollte der Antrag der Bf. auf § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen abzielen ist wie folgt auszuführen:

Nach § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 ist für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel aufgrund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen.

Es liegt kein eigenes Kraftfahrzeug iSd § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 vor, weshalb der beantragte Freibetrag nicht zusteht.

Steht das KfZ im Eigentum eines Familien- bzw Haushaltsangehörigen, kann der Pauschbetrag nicht angewendet werden (-K/09), auch nicht bei ausschließlicher Nutzung und voller Kostentragung ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100083.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at