Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2023, RV/7100839/2022

Frage der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung eines alleinstehenden Steuerpflichtigen an den Beschäftigungsort

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, Adr BF, Steuernummer: ***BF1StNr1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 zu Recht:

I)
Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO Folge gegeben. Der Einkommensteuerbescheid 2020 wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) beantragte in seiner am bei der belangten Behörde eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 Werbungskosten für beruflich veranlasste Familienheimfahrten und Kosten der doppelten Haushaltsführung.

Nach einem durchgeführten Vorhalteverfahren wurden von der belangten Behörde im Einkommensteuerbescheid 2020 vom die beantragten Werbungskosten nicht anerkannt, da dem BF eine Wohnsitzverlegung zugemutet werden könne.

Mit Schreiben vom brachte der BF eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 bei der belangten Behörde ein. Er sei seit kurzem geschieden und zahle Alimente. Es würden alle noch im gleichen Haushalt wohnen. Auch die Zahlungen für die Unterkunft in WI seien nicht berücksichtigt worden.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Es werde nicht in Zweifel gezogen, dass der BF bei seinen Aufenthalten in P im gemeinsamen "Familienhaus" wohne. Selbst wenn er dort seinen Hauptwohnsitz habe, handle es sich dabei jedoch nicht um einen Familienwohnsitz. Es handle sich bei den Aufenthalten im Haus, in dem auch die ehemalige Gattin und das Kind lebten, um Besuche des Kindes. Die Beibehaltung des Wohnsitzes an dem die Kinder leben würden, sei ausschließlich privat. Eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung sei nicht gegeben.

Mit Schreiben vom brachte der BF einen Vorlageantrag bei der belangten Behörde ein. Eine Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort sei nicht möglich, da das Haus in P im gemeinsamen Eigentum von seiner geschiedenen Frau und ihm sei. Er könne es nicht verkaufen und zugleich sei es der gemeinsame Wohnsitz von seinen Kindern und ihm (Familienwohnsitz).

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der BF aufgefordert, diverse Fragen hinsichtlich des in P gelegenen Wohnsitzes zu beantworten.

Mit am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Schreiben des BF wurde eine Stellungnahme samt einem Konvolut von Unterlagen an das Bundesfinanzgericht übermittelt.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde das Schreiben des BF samt vorgelegter Unterlagen der belangten Behörde zur Kenntnisnahme und Abgabe einer Stellungnahme übermittelt.

Mit am beim Bundesfinanzgericht elektronisch eingereichtem Schreiben wurde seitens der belangten Behörde ausgeführt, dass der Besitz eines Eigenheimes zu keiner Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Arbeitsort führe und die Beibehaltung des vom Beschäftigungsort weit entfernten Familienwohnsitzes daher als privat einzustufen sei.

Mit einem weiteren Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der BF aufgefordert, noch zusätzliche Fragen zu beantworten und ergänzende Unterlagen vorzulegen.

Mit Schreiben vom wurde die diesbezügliche Stellungnahme des BF samt einem Konvolut von Fotos an das Bundesfinanzgericht übermittelt.

Die Stellungnahme des BF wurde vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom an die belangte Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt.

Eine abschließende Replik der belangten Behörde wurde nicht erstattet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der BF war im Jahr 2020 in Österreich von 01.01. - bei der Fa. W und von 01.09. - bei der Fa. Z beschäftigt. Von 18.11. - bezog er Bezüge vom Arbeitsmarktservice Österreich.

Der BF war im Jahr 2020 in Österreich an der Adresse Adr BF wohnhaft und bezahlte im Jahr 2020 eine Miete inclusive Betriebskosten von brutto € 1.980,00.

Bei der Wohngelegenheit an der Adresse Adr BF handelt es sich um ein Zimmer, das der BF und eine zweite Person gemeinsam bewohnen.

Der BF, seine geschiedene Gattin MT und der minderjährige Sohn des BF, MZT sind in P an der Adresse BF-P wohnhaft.

Der BF und seine geschiedene Gattin MT sind je zur Hälfte Eigentümer der in P, BF-P, gelegenen Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Wohnhaus.

Die Betriebskosten für das Einfamilienhaus und die Grundsteuer werden vom BF getragen.

Im Scheidungsurteil des p. Bezirksgerichtes vom wurde bestimmt, dass die geschiedene Gattin MT berechtigt ist, nur die Räume im Erdgeschoß des Hauses (Küche, zwei Räume, Bad und Flur) zu nutzen. Der BF ist berechtigt, den ersten Stock des Hauses zu nutzen (vier Räume, Bad, Flur und Garderobe).

Die Ausübung der elterlichen Gewalt über das im Beschwerdezeitraum minderjährige Kind MZT und seinen Aufenthaltsort wurden vom p. Bezirksgericht der geschiedenen Gattin des BF, MT zugesprochen. In Fragen der Erziehung des MZT wurde dem BF vom p. Bezirksgericht das Recht auf Mitentscheidung zugesprochen. Die Fragen der Erziehung bzw Ausbildung des MZT werden vom BF mit seiner Gattin regelmäßig besprochen. Beide Elternteile wurden verpflichtet, den Unterhalt des MZT zu bestreiten.

Der Familienwohnsitz des BF liegt an der Adresse BF-P in P. Die Entfernung zwischen der Adresse in P und der Adresse am Beschäftigungsort WI beträgt 520 Kilometer. Der BF fuhr im streitgegenständlichen Jahr zweimal monatlich an seinen Wohnsitz nach P und wieder zurück an den Beschäftigungsort. Dem BF sind dadurch Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von € 11.356,80 (2 x 26 x 520 km = 27.040 km x 0,42) erwachsen.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus den vom BF bzw. der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung, dass es sich bei der Wohnadresse des BF in Österreich (Adr BF) nur um ein Zimmer handelt, welches er gemeinsam mit einer zweiten Person bewohnt, erschließt sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF im Schreiben vom , die für das Bundesfinanzgericht schon deshalb nicht anzuzweifeln sind, da der BF im Beschwerdejahr lediglich eine Miete inclusive Betriebskosten von brutto € 1.980,00 bezahlt hat.

Dass der BF im Beschwerdejahr für die Miete des Zimmers an der Adresse Adr BF einen Betrag von € 1.980,00 bezahlt hat, ergibt sich zweifelsfrei aus der vorgelegten Rechnung der Vermieterin und dem darauf enthaltenen Vermerk "Dankend erhalten". Aufgrund der geringen Miethöhe ist es für das Bundesfinanzgericht auch erwiesen, dass dieser Betrag von € 1.980,00 auf den BF alleine entfällt und nicht die Gesamtmiete für seinen Mitbewohner und ihn darstellt.

Dass die Entfernung zwischen dem Beschäftigungsort WI und dem Wohnsitz in P wie vom BF in seiner Aufstellung angegeben ca. 520 Kilometer (je nach Route) beträgt, ergibt sich aus einer vom Bundesfinanzgericht getätigten Google-Maps-Abfrage. Dass es sich bei den vom BF vorgelegten Abrechnungen um Betriebskostenabrechnungen und Vorschreibung Grundsteuer betreffend das Wohnhaus in P handelt, wurde vom Bundesfinanzgericht mittels der Übersetzungshilfe von Google überprüft.

Die Feststellung, dass der BF im Beschwerdejahr zweimal monatlich zu seinem Wohnsitz nach P und wieder zurückgefahren ist, gründet sich auf die vom BF diesbezüglich vorgelegten Aufstellungen und auf den Umstand, dass der BF in WI lediglich ein Zimmer gemeinsam mit einem Mitbewohner benutzen kann und er glaubhaft vorgebracht hat, dass er sich in P regelmäßig um die Erziehung seines minderjährigen Sohnes gekümmert hat.

Die Höhe der dem BF dadurch erwachsenen Aufwendungen für Familienheimfahrten errechnet sich aus einer Schätzung mit dem Ansatz des amtlichen Kilometergeldes.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der belangten Behörde mit Beschluss vom die Stellungnahme des BF vom zur Kenntnis übermittelt wurde und die belangte Behörde gleichzeitig aufgefordert worden war, dem Bundesfinanzgericht mitzuteilen, ob die vom BF geltend gemachten Werbungskosten für Familienheimfahrten der Höhe nach außer Streit gestellt werden können. Hinsichtlich der Höhe der vom BF geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten ist auszuführen, dass der BF in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2020 einen Betrag von € 918,00 angeführt, jedoch in der von der belangten Behörde übermittelten Vorhaltsbeantwortung (Eingangsdatum belangte Behörde ) Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von € 11.356,80 (52 x 520 km = 27.040 km x 0,42) geltend gemacht hat. Zu den Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung ist auszuführen, dass der BF in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung einen Betrag von € 1.800,00 (Kz 723) an Werbungskosten angeführt, er aber laut vorgelegter Rechnung samt Zahlungsbestätigung einen Betrag von € 1.980,00 bezahlt hat.

Seitens der belangten Behörde wurden in der Eingabe vom nur Ausführungen zum Scheidungsurteil vom (getrennte Haushalte, Obsorge für das minderjährige Kind obliegt der geschiedenen Gattin) getätigt und vorgebracht, dass eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Arbeitsort nicht gegeben sei und die Aufwendungen daher grundsätzlich nicht anzuerkennen seien. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten wurden - trotz Aufforderung - keine Aussagen getroffen.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der belangten Behörde die Eingabe des BF vom (samt Fotos) zur Kenntnis übermittelt.

Eine Stellungnahme der belangten Behörde wurde nicht erstattet.

Vor diesem Hintergrund können die unter Punkt 2 getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Gem. § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gem. § 20 Abs 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften ua die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufwendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Gem. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung der mit Familienheimfahrten verbundenen Aufwendungen wird aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. etwa , ).

Die Pendlerverordnung, BGBl II 2013/276 (idF BGBl II 2014/154 und BGBl II 2019/324) definiert in § 4 Abs 1 den Familienwohnsitz so, wie ihn die Verkehrsauffassung versteht (Ort, an dem ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen, zB Familie, Freundeskreis, und einen eigenen Hausstand hat), weshalb diese Umschreibung auch im Bereich der doppelten Haushaltsführung herangezogen werden darf. Die in § 4 Abs 2 zweiter Satz der Pendlerverordnung enthaltene Einschränkung ist hingegen nicht auf den Bereich der doppelten Haushaltsführung übertragbar, zumal sie Wohngemeinschaften und im Haus der Eltern wohnende Kinder generell vom Werbungkostenabzug ausschließen würde (vgl § 4 Tz 350). Werbungskosten aus dem Titel der doppelten Haushaltsführung hängen in rechtlicher Hinsicht nicht davon ab, ob Erfordernisse des § 4 der Pendlerverordnung erfüllt sind (vgl Doralt/​Kirchmayr/​Mayr/​Zorn, EStG22, § 16 Rz 201/5).

Auch ein alleinstehender Steuerpflichtiger ohne Kind kann einen primären Wohnsitz bzw "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Voraussetzung ist, dass der alleinstehende Steuerpflichtige an diesem Heimatort über einen Wohnsitz verfügt (zB auch im Haus der Eltern); der bloße Besuch der Eltern ist nicht als Familienheimfahrt zu werten. Unterhält der ledige Steuerpflichtige am Arbeitsort nur eine einfache Unterkunft, die dahingehend keinen Wohnsitz darstellt, als sie nicht geeignet ist, einem dauernden Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen (zB eine einem Burschenzimmer ähnliche Unterkunft) und behält er seinen Wohnsitz (Mittelpunkt der Lebensinteressen) im Haus der Eltern bei, dann sind die Aufwendungen für die Unterkunft am Arbeitsort Werbungskosten (vgl wiederum Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22, § 16 Rz 201/6 mit Verweis auf BMF, ÖStZ 1999, 438 (440)).

Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht, die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung kann ihre Ursachen dabei aber auch in der privaten Lebensführung haben (). Die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist auch für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen. Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraums abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen, wonach dem Steuerpflichtigen in aller Regel nach einer gewissen Zeit zumutbar ist, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (). Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hat der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchem Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten wird.

Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen liegt der Familienwohnsitz des BF in P so weit von seinem Beschäftigungsort entfernt, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht möglich ist.

Andere gewichtige Gründe für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes liegen beispielsweise vor, wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und eine (Mit-)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist (vgl zB ) oder wenn es sich um Alleinerzieher handelt, die auf die Unterstützung der Familie angewiesen sind (vgl. betreffend einen alleinerziehenden Witwer, der auf die Unterstützung seiner Familie hinsichtlich der Kindererziehung angewiesen war und diese nicht in fremde Obhut geben wollte).

Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Aufgabe des Familienwohnsitzes muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben. Eine persönliche Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reicht nicht aus (; ). Ein für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechender Grund kann sein, dass der Verkauf des Einfamilienhauses bzw der Wohnung am Familienwohnsitz aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu erheblichen Vermögenseinbußen führen würde und die Anschaffung einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort aus dem Erlös nicht möglich wäre (s aber -K/09; ; , RV/1101108/2015).

Festgestellt (siehe Punkt 2) wurde, dass der BF am Beschäftigungsort in WI über keine Wohnung verfügt, sondern gemeinsam mit einem Mitbewohner ein Zimmer bewohnt, sodass davon auszugehen ist, dass dieses "Zimmer" keinen Wohnsitz darstellt, da es nicht geeignet ist, einem dauernden Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen und als Mittelpunkt der Lebensinteressen für den BF zu dienen.

Aus den getroffenen Feststellungen, wonach der BF und seine geschiedene Gattin Frau MT je zur Hälfte Eigentümer der in P, BF-P, gelegenen Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Wohnhaus sind und das p. Bezirksgericht im Scheidungsurteil bestimmt hat, dass die geschiedene Gattin MT berechtigt ist, nur die Räume im Erdgeschoß des Hauses zu nutzen und der BF berechtigt ist, den ersten Stock des Hauses zu nutzen, ergibt sich weiters, dass ein Verkauf des Hauses aufgrund der Eigentumsverhältnisse und der Benutzungsregelungen durch den BF äußerst erschwert bzw wenn überhaupt nur unter erheblichen Vermögenseinbußen möglich und die Anschaffung einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort aus dem Veräußerungserlös ausgeschlossen wäre.

Ein weiterer gewichtiger Grund, der für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes spricht, liegt darin, dass das p. Bezirksgericht dem BF gemeinsam mit seiner geschiedenen Gattin in Fragen der Erziehung des minderjährigen Sohnes MZT die "elterliche Gewalt" zugesprochen hat und der BF diese Fragen gemeinsam mit seiner geschiedenen Gattin bespricht. Es handelt sich daher bei den "Familienheimfahrten" des BF nicht um bloße Besuchsfahrten, sondern kümmert sich der BF regelmäßig um die Erziehung seines minderjährigen Sohnes.

Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse erschließt sich für das Bundesfinanzgericht daher, dass die aufgezeigten Umstände von erheblichem objektivem Gewicht sind und eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Aufgabe des Familienwohnsitzes in P und der Verlegung des Wohnsitzes in den Nahebereich entgegensteht.

Wie bereits angeführt sind gem. § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 anzuerkennende Aufwendungen im Zusammenhang mit Familienheimfahrten mit dem höchsten Pendlerpauschale in Höhe von € 3.672,00 begrenzt.

Entsprechend den getroffenen Feststellungen sind daher ein Aufwand für doppelte Haushaltsführung in Höhe von € 1.980,00 und ein Aufwand für Familienheimfahrten in Höhe von € 3.672,00 als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gem. Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl mit vielen weiteren Nachweisen).

Zudem kommt einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet.

Die im Beschwerdefall vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG auf, weshalb gem. § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Beilage:

1 Berechnungsblatt

Linz, am

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