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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2023, RV/2101395/2019

Verwaltungspraktikum ist keine Berufsausbildung iSd FLAG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für ***1***, geb. xx.xx.1995, für den Zeitraum April 2019 bis August 2019, SV-Nr. ***2***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe stellte das Finanzamt fest, dass die im Spruch genannte Tochter der Beschwerdeführerin lt. vorgelegtem Sponsionsbescheid vom das Masterstudium "Global Studies" an der Universität bereits am abgeschlossen hat

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 für den Zeitraum April 2019 bis August 2019 Familienbeihilfe in Höhe von 825,50 € sowie iVm § 33 Abs. 3 EStG 1988 Kinderabsetzbeträge in Höhe von 292,00 €, gesamt 1117,50 €, für die Tochter zurück. In der Begründung wurde unter Verweis auf § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 ausgeführt, dass die Tochter der Bf. lt. vorgelegtem Sponsionsbescheid ihr Studium am abgeschlossen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die Beschwerde und brachte in der Begründung vor, dass als anspruchsbegründend die Zeit der Berufsfortbildung ihrer Tochter gelte und legte den Ausbildungsvertrag vom über das Verwaltungspraktikum gemäß Abschnitt Ia des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG) der Tochter beim Bundesministerium für ***3*** im Zeitraum vom bis vor. Zur Zeit sei ihre Tochter beim AMS arbeitssuchend gemeldet.
Im genannten Ausbildungsvertrag wurde insbesonders vereinbart:
"Entlohnungsgruppe v1 (€ 1.359,45 in den ersten 3 Monaten, € 2 718,90 in den darauffolgenden Monaten)
Auf dieses Ausbildungsverhältnis finden die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86, und seiner Durchführungsverordnungen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung, […]"

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 und nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den Zeitraum des Verwaltungspraktikums der Tochter beim Bundesministerium für ***3*** kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, da Ausbildungsphasen oder die Grundausbildung von öffentlich Bediensteten als Berufsausübung qualifiziert werden.

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag), verwies auf die Ausführungen in der Beschwerde und ergänzte, dass die Ausbildung ihrer Tochter im Rahmen eines Verwaltungspraktikums nicht als Ausbildung gewertet werde.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in der Stellungnahme des Vorlageberichts aus:
"Die gesetzlichen Bestimmungen zum Verwaltungspraktikum sind in den §§ 36a ff VBG 1948 geregelt. Aus diesen Bestimmungen lässt sich nicht ableiten, dass mit dem Praktikum eine Ausbildung für einen selbständigen Beruf verbunden wäre. Vielmehr ist es eine Einschulung am Arbeitsplatz mit einer maximalen Gesamtdauer von 12 Monaten.
Ein Praktikum wäre nur dann eine Berufsausbildung, wenn die Ausbildung unabdingbare Voraussetzung für eine spätere Aufnahme darstellt. Dies ist gegenständlich nicht der Fall.
Damit liegen aber die Voraussetzungen für eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht vor (vgl. ; RV/0479W/12 oder -G/09)
."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 idgF steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen ().
Im Einzelnen hat der VwGH zu diesem Begriff in seiner (ständigen) Rechtsprechung zB folgende Kriterien entwickelt (s für viele zB ; , 2009/15/0089; , 2008/13/0015; , Ra 2018/16/0203):
- Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen.
- Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 35).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 87/13/0135, ausgeführt, dass im Falle so genannter Praktika weder dem Umstand des Vorliegens eines arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisses noch der Art und Höhe der dem Praktikanten gewährten Entschädigung Bedeutung für die Frage des Vorliegens einer Berufsausbildung zukommt. Vielmehr ist entscheidend auf den Inhalt der Tätigkeit abzustellen.

Die gesetzlichen Bestimmungen zum Verwaltungspraktikum, geregelt im Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG), §§ 36a ff, BGBl. Nr. 86/1948 idF BGBl. Nr. 32/2019 lauten:
Abschnitt Ia
Verwaltungspraktikum
Allgemeines
§ 36a.
(1) Um Personen die Möglichkeit einzuräumen, ihre Berufsvorbildung oder Schulbildung durch eine entsprechende praktische Tätigkeit in der Bundesverwaltung zu ergänzen und zu vertiefen und auf diese Weise die Verwendungen im Bundesdienst kennen zu lernen, kann mit ihnen ein Ausbildungsverhältnis als Verwaltungspraktikant (Verwaltungspraktikum) begründet werden. Durch das Eingehen dieses Ausbildungsverhältnisses wird kein Dienstverhältnis begründet. Der Zugang zum Verwaltungspraktikum ist mit nachstehender Vorbildung möglich:
1. Abschluss eines Universitätsstudiums,
2. Abschluss einer Fachhochschule,
3. Abschluss einer höheren Schule (Reife- und Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung),
4. Abschluss einer mittleren Schule,
5. Lehrabschluss nach dem Berufsausbildungsgesetz oder
6. beendete Schulpflicht.
(2) Das Verwaltungspraktikum umfasst eine Einführung in die einschlägige Verwaltungstätigkeit, nach Möglichkeit eine ergänzende kursmäßige Ausbildung sowie die praktische Erprobung auf mindestens einem Arbeitsplatz. Übersteigt die Dauer eines Verwaltungspraktikums den Zeitraum von drei Monaten, hat die Erprobung nach Möglichkeit auf mindestens zwei Arbeitsplätzen stattzufinden. Das Verwaltungspraktikum endet spätestens nach einer Gesamtdauer von zwölf Monaten.
(3) Auf Verwaltungspraktikanten ist, soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, der Abschnitt I mit Ausnahme von § 4 Abs. 4, §§ 6 bis 6b, § 7a, §§ 8a bis 15a, § 17, § 19, § 20, soweit er sich auf die §§ 49 bis 50e BDG 1979 bezieht, §§ 20a bis 23, § 24 Abs. 2, 3 und 9, § 24a, §§ 25 bis 27c, § 27e Abs. 2 und 4, § 27f, § 28b, §§ 29 bis 29k, § 29o, § 30, §§ 32 bis 33a und § 36 anzuwenden. § 18 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Monatsentgelts der Ausbildungsbeitrag tritt.

Rechte des Verwaltungspraktikanten
§ 36b.
(1) Der Verwaltungspraktikantin oder dem Verwaltungspraktikanten gebührt für die Dauer der ordnungsgemäßen Teilnahme am Verwaltungspraktikum ein monatlicher Ausbildungsbeitrag. Dieser beträgt in den ersten drei Monaten als Verwaltungspraktikantin oder Verwaltungspraktikant 50% und in darüber hinausgehenden Zeiträumen 100% des Monatsentgelts einer Vertragsbediensteten oder eines Vertragsbediensteten während der Ausbildungsphase (§ 72 Abs. 1) der Entlohnungsgruppe v1, v2, v3 oder v4, jeweils Entlohnungsstufe 1. Die Zuordnung ist bei entsprechender Verwendung folgendermaßen vorzunehmen:
1. Absolventinnen und Absolventen eines Diplom-, Bachelor-, Master- oder Doktoratsstudiums gemäß § 87 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 und Absolventinnen und Absolventen eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges, Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges gemäß § 6 Abs. 2 des Fachhochschul-Studiengesetzes zur Entlohnungsgruppe v1,
2. Absolventinnen und Absolventen einer höheren Schule (Reife- und Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung) zur Entlohnungsgruppe v2,
3. Absolventinnen und Absolventen einer mittleren Schule oder nach Erlernung eines Lehrberufes zur Entlohnungsgruppe v3 und
4. sonstige Verwaltungspraktikantinnen und Verwaltungspraktikanten zur Entlohnungsgruppe v4.
(2) Außer dem monatlichen Ausbildungsbeitrag gebührt dem Verwaltungspraktikanten für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung in der Höhe von 50% des Ausbildungsbeitrages, der ihm für den Monat der Auszahlung zusteht. Steht der Verwaltungspraktikant während des Kalendervierteljahres, für das die Sonderzahlung gebührt, nicht ununterbrochen im Genuss des vollen Ausbildungsbeitrages, so gebührt ihm als Sonderzahlung nur der entsprechende Teil. Als Monat der Auszahlung gilt bei Beendigung des Verwaltungspraktikums jedenfalls der Monat des Ausscheidens.
(3) Gebührt der Ausbildungsbeitrag nur für einen Teil des Monats oder ändert sich im Lauf des Monats die Höhe des Ausbildungsbeitrags, so entfällt auf jeden Kalendertag der verhältnismäßige Teil des monatlichen Ausbildungsbeitrages.
(4) Hinsichtlich der Ansprüche bei Verhinderung an der Teilnahme durch Unfall oder Krankheit ist § 24 Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Anspruch auf den Ausbildungsbeitrag nach Abs. 1 bis zur Dauer von höchstens 28 Kalendertagen besteht.
(4a) Dem Verwaltungspraktikanten gebührt ein Fahrtkostenzuschuss nach Maßgabe des § 20b GehG. Der Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss kann immer nur für Zeiträume bestehen, für die ein Ausbildungsbeitrag gebührt.
(5) Für Verwaltungspraktikanten gilt die Reisegebührenvorschrift 1955 nach Maßgabe der für Vertragsbedienstete der Gebührenstufe 1 geltenden Bestimmungen.
(6) Der Verwaltungspraktikant hat für ein Verwaltungspraktikum in der Dauer von zwölf Monaten Anspruch auf Freistellung im Ausmaß von 200 Stunden, wobei in den ersten sechs Monaten des Verwaltungspraktikums der Verbrauch des Freistellungsanspruches 16 Stunden für jeden begonnenen Kalendermonat nicht übersteigen darf. § 27e Abs. 1 und 3 und §§ 27g bis 28 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Erholungsurlaubes der Freistellungsanspruch tritt.
(7) Aus wichtigen persönlichen Gründen kann dem Verwaltungspraktikanten über das im Abs. 6 angeführte Ausmaß hinaus eine dem Anlass angemessene Freistellung bis zu drei Arbeitstagen gewährt werden.

Beendigung des Verwaltungspraktikums
§ 36c.
(1) Das Verwaltungspraktikum endet
1. durch Tod,
2. durch einverständliche Lösung,
3. durch vorzeitige Auflösung,
4. durch Zeitablauf,
5. durch schriftliche Erklärung des Verwaltungspraktikanten,
6. durch schriftliche Erklärung des Leiters der Dienststelle aus den in § 32 Abs. 2 Z 1, 2, 3, 5 oder 6 genannten Gründen oder
7. während der Probezeit (§ 4 Abs. 2 Z 4) jederzeit durch Erklärung des Leiters der Dienststelle oder des Verwaltungspraktikanten.
(2) Eine schriftliche Erklärung gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 beendet das Verwaltungspraktikum vorzeitig. Die Erklärung ist spätestens zehn Arbeitstage vor der beabsichtigten Beendigung des Verwaltungspraktikums bekannt zu geben.

Soziale Absicherung
§ 36d.
(1) Verwaltungspraktikanten sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach Maßgabe des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes pflichtversichert sowie in der Arbeitslosenversicherung auf Grund des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609, versichert, und sie sind in Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung Dienstnehmern gleichgestellt (§ 1 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977). Die nach diesen Vorschriften dem Dienstgeber obliegenden Aufgaben hat der Bund wahrzunehmen.
(2) Die §§ 3 bis 9 des Mutterschutzgesetzes 1979 gelten für Verwaltungspraktikantinnen sinngemäß.
(3) Verwaltungspraktikantinnen gebührt für die Zeit, während der sie in sinngemäßer Anwendung des § 3 Abs. 1 bis 3 und § 5 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes 1979 am Verwaltungspraktikum nicht teilnehmen können, kein Ausbildungsbeitrag, wenn die laufenden Barleistungen des Sozialversicherungsträgers für diese Zeit die Höhe des vollen Ausbildungsbeitrages erreichen; ist dies nicht der Fall, so gebührt ihnen eine Ergänzung auf den vollen Ausbildungsbeitrag.

Aus den gesetzlichen Bestimmungen zum Verwaltungspraktikum lässt sich nicht ableiten, dass damit die Ausbildung für einen speziellen Beruf verbunden wäre.
In § 36a Abs. 1 VBG 1948 heißt es nämlich: "Um Personen die Möglichkeit einzuräumen, ihre Berufsvorbildung oder Schulbildung durch eine entsprechende praktische Tätigkeit in der Bundesverwaltung zu ergänzen und zu vertiefen und auf diese Weise die Verwendungen im Bundesdienst kennen zu lernen ...".

Ein Praktikum ließe sich nur dann unter den Begriff der Berufsausbildung iSd FLAG einordnen, wenn die Ausbildung zB. unabdingbare Voraussetzung für eine spätere Aufnahme darstellt. Dies ist im beschwerdegegenständlichen Fall zweifellos nicht der Fall, da die Bf. mitteilte, dass ihre Tochter nach Beendigung des Praktikums beim AMS arbeitslos gemeldet war.
Maximal ist für Absolventen eines Verwaltungspraktikums von einer Erhöhung der Aufnahmechancen in der Verwaltung auszugehen, wenn eine konkrete Planstelle ausgeschrieben wird oder frei wird und sich der Verwaltungspraktikant bisher bewährt hat. Aber auch Personen ohne Verwaltungspraktikum können sich um eine Planstelle bewerben und bei entsprechender Eignung eingestellt werden (vgl. mwH).

Dass mit der Absolvierung eines Verwaltungspraktikums eine Ausbildung und Erweiterung von Kenntnissen vorliegt, wie bei anderen Praktika in diversen Unternehmen auch, ist zweifellos zu bejahen. Diese Ausbildung ist aber weitestgehend auf die Vermittlung von Grundkenntnissen für die Zeit der Absolvierung des im vorliegenden Fall nur sechs Monate dauernden Praktikums ausgerichtet, ohne für einen speziellen Beruf auszubilden.

Damit erfüllt das Verwaltungspraktikum der Tochter der Beschwerdeführerin, das sich auf die praktische Erfahrung auf einem Arbeitsplatz oder auf verschiedenen Arbeitsplätzen in der Verwaltung beschränkt, die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht (vgl. , ; -G/09).

Aus § 26 Abs. 1 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat (vgl. etwa ; , 1019/77; , 2006/15/0076; , 2008/15/0323; , 2009/15/0089; , 2008/15/0329; , 2007/13/0120; , 2012/16/0047).
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von FB an (vgl. etwa ; , 98/13/0067), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; , 2005/13/0142); (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 12f).

Die Verpflichtung zur Rückerstattung zu Unrecht bezogener Beihilfen ist also von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Da ein Verwaltungspraktikum nach dem VBG - wie im hier zu beurteilenden Fall - angesichts der obzit. Rechtsprechung und entgegen dem Vorbringen der Bf. keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt, ist die Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für die Tochter der Beschwerdeführerin durch das Finanzamt nicht rechtswidrig.

Bezüglich der Kinderabsetzbeträge ist festzustellen, dass diese gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 dann gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige auch Familienbeihilfe bezieht. Der Kinderabsetzbetrag ist somit derart mit der Familienbeihilfe verknüpft, dass ein unrechtmäßiger Bezug der Familienbeihilfe auch den gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlten Kinderabsetzbetrag unrechtmäßig macht. Die Kinderabsetzbeträge waren somit zusammen mit der Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG zurückzufordern.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, weil der vorliegende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung beurteilt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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