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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.02.2023, RV/7100196/2021

Festsetzung von Gebühren für Amtshandlung des Vollstreckungsverfahrens

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr: Finanzamtes Österreich ) vom betreffend Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Sachverhalt

Über den Beschwerdeführer (Bf.) wurde am HG Wien zum Aktenzeichen ***Az*** ein Konkursverfahren geführt. In diesem Konkursverfahren wurde von der belangten Behörde, dem (damaligen) Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf am unter Anschluss eines entsprechenden Rückstandsausweises eine Abgabenschuld von 20.943,90 Euro als Insolvenzforderung angemeldet. Der Konkurs wurde nach Verteilung an die Massegläubiger mit Beschluss vom aufgehoben, mit wurde die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig. Im Konkursverfahren kam kein Zahlungsplan zustande.

Mit Rückstandsausweis vom erklärte die belangte Behörde gegenüber dem Bf. diverse, im Rückstandsausweis in Bezeichnung, Zeitraum und Höhe einzeln angeführte Abgaben in Höhe von gesamt 20.943,89 Euro für vollstreckbar. Aufgrund dieses Rückstandsausweises erließ die belangte Behörde den Vollstreckungsauftrag vom .

Am fand eine Amtshandlung des Vollstreckungsverfahrens beim Bf. an seiner Wohnadresse in ***Adr*** statt. Diese Amtshandlung verlief erfolglos, da vom Vollstreckungsorgan niemand angetroffen wurde. Am selben Tag erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen, mit dem eine Pfändungsgebühr in Höhe von 1% von 20.943,89 Euro, somit 209,44 Euro, sowie Auslagenersätze von 0,68 Euro, gesamt somit 210,12 Euro festgesetzt wurden.

Am wurde die Vollstreckungshandlung vom Vollstreckungsorgan in einem entsprechenden elektronischen Aktenvermerk dokumentiert und die postalische Übermittlung des Vollstreckungsauftrags an den Bf. veranlasst.

Der Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen wurde vom Bf. mit per Fax eingebrachter fristgerechter Beschwerde vom angefochten. In dieser Beschwerde wird zusammengefasst ausgeführt, der Bf. habe keinen dem Vollstreckungsauftrag zugrundeliegenden Bescheid über die Grundforderung von 20.943,89 Euro erhalten. Ein Vollstreckungsauftrag könne nur aufgrund eines rechtskräftigen Bescheides erfolgen. Weiters habe der Bf. keine Kenntnis von einer Amtshandlung am . Darüber hinaus müsse das Finanzamt bereits "aufgrund der Aufnahme einer Forderung von 19.837,60 €" in das Gläubigerverzeichnis im Konkursverfahren gegen den Bf. befriedigt worden sein. Es bestehe somit der Verdacht eines Doppelinkassos.

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. In dieser wurde begründend ausgeführt, dass die Abgabenschuld von 20.943,90 Euro beim Handelsgericht Wien im Konkurs ***Az*** b angemeldet, der Konkurs am nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden sei und es mangels Zustandekommens eines Zahlungsplanes auch keine Restlöschung gebe. Die angemeldeten Forderungen seien daher wieder zur Gänze vollstreckbar.

Mit per Fax eingebrachtem Anbringen vom beantragte der Bf. fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

2. Beweiswürdigung

Einzig die Sachverhaltsfrage, ob am vom Finanzamt eine Amtshandlung des Vollstreckungsverfahrens durchgeführt wurde, ist strittig.

Am ersuchte das Bundesfinanzgericht das (nunmehrige) Finanzamt Österreich um Übermittlung der Dokumentation der Amtshandlung vom ; weiters wurde ersucht, aufzuklären, ob im Konkursverfahren 19.837,60 Euro (wie laut dem der Beschwerde beigelegten Gläubigerverzeichnis) oder 20.943,90 Euro (wie laut Vorlagebericht) als Insolvenzforderung angemeldet wurden.

Vom Finanzamt wurde dem Bundesfinanzgericht ein elektronischer Aktenvermerk vom über die Amtshandlung übermittelt und klargestellt, dass am jedenfalls eine Anmeldung einer Forderung von 20.943,90 Euro beim Handelsgericht Wien erfolgt sei; warum im Anmeldeverzeichnis ein niedrigerer Betrag aufscheine, sei nicht erklärlich, aber letztlich ohne Auswirkung, da es ohnehin zu keiner Quotenausschüttung gekommen sei.

Der vom Vollstrecker nach den Formvorschriften des § 89 BAO angelegte Aktenvermerk stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine öffentliche Urkunde dar (). Deren Beweiskraft ist gemäß § 168 BAO nach § 292 ZPO zu beurteilen. Öffentliche Urkunden begründen nach dieser Vorschrift den vollen Beweis dessen, was darin amtlich verfügt oder von der Urkundsperson bezeugt wird.

Wenngleich die Beweiskraft von Aktenvermerken, da sie durch die Behörde ohne Mitwirkung anderer Personen errichtet werden, geringer anzusehen ist als die von Niederschriften (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 89 Rz 1), gab es für das erkennende Gericht keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, dass die Amtshandlung, die zur Erlassung des angefochtenen Bescheides geführt hat, stattgefunden hat. Die weiteren, unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vom Finanzamt übermittelten Verwaltungsakt, sodass das Bundesfinanzgericht den oben geschilderten Sachverhalt gemäß § 167 BAO als erwiesen annehmen werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung

a.Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

§ 4 AbgEO lautet: "Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht."

§ 5 AbgEO lautet:

"(1) Vollstreckungsbehörde ist jene Abgabenbehörde, der die Einhebung der Abgabe obliegt. Sie kann jedoch, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, der Kostenersparnis sowie der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens gelegen ist, auch eine andere Abgabenbehörde oder das Amt für Betrugsbekämpfung um Durchführung der Vollstreckung ersuchen.

(2) Die Abgabenbehörde hat die Vollstreckung von Amts wegen einzuleiten und durchzuführen; sie bedient sich hiebei der Vollstrecker.

(3) Die Vollstrecker haben sich zu Beginn der Amtshandlung (vor Durchführung der erteilten Aufträge) unaufgefordert über ihre Person auszuweisen und eine Ausfertigung des Auftrages der Abgabenbehörde auf Durchführung der Vollstreckung (Vollstreckungsauftrag) auszuhändigen.

(4) Die Vollstrecker sind berechtigt, die durch die Vollstreckung zu erzwingenden Zahlungen und sonstigen Leistungen entgegenzunehmen; sie haben deren Empfang zu bestätigen."

§ 26 AbgEO Abs. 1-5 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 2014/105 lautet:

"(1) Der Abgabenschuldner hat für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:

a) Die Pfändungsgebühr anläßlich einer Pfändung im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1% vom abgenommenen Geldbetrag.

b) Die Versteigerungsgebühr anläßlich einer Versteigerung (eines Verkaufes) im Ausmaß von 1 1/2% vom einzubringenden Abgabenbetrag.

Das Mindestmaß dieser Gebühren beträgt 10 Euro.

(2) Die im Abs. 1 genannten Gebühren sind auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.

(3) Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Zu diesen zählen auch die Entlohnung der bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens verwendeten Hilfspersonen, wie Schätzleute und Verwahrer, ferner bei Durchführung der Versteigerung durch einen Versteigerer dessen Kosten sowie die Kosten der Überstellung.

(5) Gebühren und Auslagenersätze werden mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).

Daraus folgt für den Beschwerdefall:

Ein entsprechender Rückstandsausweis, wonach der Bf. einen vollstreckbaren Betrag von 20.943,89 Euro schuldet, wurde unstrittig am ausgestellt. Dieser Rückstandsausweis (und nicht, wie vom Bf. angenommen, ein Grundlagenbescheid) bildet den Titel für das abgabenbehördliche Exekutionsverfahren. Dieser Rückstandsausweis enthält auch alle in § 229 BAO geforderten Merkmale. Beim Rückstandsausweis handelt es sich zwar um eine öffentliche Urkunde, aber um keinen Bescheid, weshalb er auch nicht bekanntgegeben werden muss und nicht mit Beschwerde angefochten werden kann (siehe Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 229 Rz 1 ff. mit Nachweisen aus der VwGH-Judikatur).

Beim Vollstreckungsauftrag im Sinne des § 5 Abs. 3 AbgEO handelt es sich um einen behördeninternen, nicht normativen Rechtsakt, dessen Rechtsnatur sich auch durch Aushändigung (bzw. postalische Übermittlung) an die Partei nicht ändert (siehe Liebeg, AbgEO, 2. Aufl., § 5 Rz 8 mit Nachweisen aus der VwGH-Rechtsprechung).

Nach herrschender Auffassung handelt es sich bei der Pfändungsgebühr um eine reine Amtshandlungsgebühr, die wegen der der Behörde auflaufenden Kosten erhoben wird. Sie ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch dann zu entrichten, wenn die durchgeführte Amtshandlung zu keiner Pfändung führte, da keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden oder der Schuldner - wie im vorliegenden Fall - nicht angetroffen wurde. Handlungen, die sich von vornherein als objektiv ungeeignet darstellen, begründen allerdings keine Kostenpflicht (, ). Die Gebührenpflicht entfällt auch dann, wenn sich die Exekution im Nachhinein als unzulässig erweist, weil bei ihrer Durchführung oder Fortsetzung ein Einstellungsgrund iS des § 16 AbgEO nicht beachtet wurde.

Nach den Feststellungen des Gerichts ist es am zu einer Amtshandlung des Vollstreckungsverfahrens gekommen, die letztlich aufgrund der Abwesenheit des Bf. nicht zu einer Pfändung führte. Indizien dafür, dass die Handlung objektiv ungeeignet gewesen wäre oder dass sie sich im Nachhinein als unzulässig erwiesen hätte, sind nicht erkennbar und wurden vom Bf. ebenfalls nicht ins Treffen geführt.

Wenn der Bf. meint, keinen dem Vollstreckungsauftrag zugrundeliegenden Bescheid über die Grundforderung von 20.943,89 Euro erhalten zu haben, so ist er darauf hinzuweisen, dass der Rückstand nicht durch einen einzelnen Bescheid, sondern in verschiedenen Bescheiden zu unterschiedlichen Abgabenarten entstanden ist, wobei die einzelnen Abgabenschuldigkeiten im Rückstandsausweis auch genannt wurden. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Rückstandsausweises ist jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen: Einwendungen, wonach der Exekutionstitel aus Gründen, die bereits im Zeitpunkt seiner Ausfertigung vorgelegen sind, zu Unrecht ausgestellt worden wäre, sind nicht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren, sondern in einem Verfahren nach § 13 AbgEO zu behandeln. Keinesfalls können derartige Einwendungen die mit Beginn der Vollstreckungsmaßnahmen fällig gewordenen Gebühren und Auslagenersätze berühren ().

Wenn der Bf. in seiner Beschwerde angibt, dass das Finanzamt bereits aufgrund des Gläubigerverzeichnisses vom vom Handelsgericht entschädigt worden sei, ist er darauf hinzuweisen, dass eine solche Schuldbefreiung durch Aufnahme einer Forderung in das Gläubigerverzeichnis nicht erfolgt. Angemerkt wird, dass gemäß § 60 IO Insolvenzgläubiger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre unberichtigten Forderungen auf das zur freien Verfügung bleibende oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erworbene Vermögen des Schuldners geltend machen können.

Zusammengefasst ist die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Auch die Höhe der Gebühren und Auslagenersätze ist für das erkennende Gericht nachvollziehbar bzw. ergibt sie sich unmittelbar aus dem Gesetz. Aus diesem Grund ist die Beschwerde abzuweisen.

b.Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100196.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at