Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.02.2023, RV/7103874/2022

Festsetzung eines Säumniszuschlages bei verspätetem Zahlungserleichterungsansuchen, Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen des § 217 Abs. 5, 7 und 9 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache Bf vertreten durch StB über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabeordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde gegenüber der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge abgekürzt Bf) ein erster Säumniszuschlag betreffend die Umsatzsteuer 06/2022 iHv 2.519,96 Euro festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, da die Bf die Umsatzsteuer für Juni 2022 iHv 125.998,16 Euro nicht bis zum entrichtet habe.

Mit Eingabe vom erhob die Bf gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die Aufhebung des Bescheides. In eventu wurden die Nachsicht von der Festsetzung iSd Bestimmung des § 217 Abs. 7 Bundesabgabenordnung (BAO) sowie die Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 9 BAO beantragt. Weiters beantragte die beschwerdeführende Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Entscheidung durch den gesamten Senat

In der Begründung führte die steuerliche Vertretung der Bf dazu auszugsweise wie folgt aus:

"Ich habe nach Einbringung der Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2022, die aufgrund des Feiertages davor am fällig wurde, am 17. Juni (Anmerkung: gemeint offenbar 17. August) einen Antrag auf Stundung der Zahllast für Juni 2022 samt Aussetzung der Einhebung eingebracht. Ich habe diesen Antrag erst am 17. August eingebracht, um die Fälligkeit der Abgabe abzuwarten, um keine Zurückweisung meines Antrags wegen nicht bestehender Fälligkeit der Abgabe zu erhalten, wie mir dies bei einem früheren Antrag bereits passiert war.

Nach § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages dann nicht, wenn die Säumnis nicht mehr als 5 Tage gedauert hat und innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschulden rechtzeitig bezahlt wurden, was im vorliegenden Sachverhalt der Fall ist. Dass am 17.8. ein Antrag auf Stundung der Steuerschuld unter Aussetzung der Einhebung eingebracht wurde, steht meines Erachtens der Entrichtung der Steuerschuld gleich.

Auch § 217 Abs. 7 BAO wäre meines Erachtens in diesem Fall anzuwenden, da in der Einbringung erst am 17.9. (Anmerkung: gemeint offenbar 17.08.) kein grobes Verschulden zu erkennen ist. Die Wortfolge im zweiten Satz ist meines Erachtens exemplarisch und nicht als ausschließlicher Grund für eine Herabsetzung oder Nichtfestsetzung zu sehen. Der Säumniszuschlag ist daher unter Berücksichtigung dieser Bestimmung nicht festzusetzen oder zumindest unter Ausübung von Ermessen herabzusetzen. Ich stelle daher den Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO den Säumniszuschlag nicht festzusetzen oder zumindest herabzusetzen.

Weiters stelle ich den Antrag nach § 217 Abs. 9 BAO, die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung der zuerkannten Zahlungsfrist vorzunehmen, wonach durch die nachträgliche Verlängerung der Zahlungsfrist in Form des Bescheids vom über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen (Ratenzahlung) keine Säumnis entstanden ist.

Ich ersuche daher um Aufhebung des Bescheides vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages wegen rechtswidrigen Inhalts und unrichtiger Ermessensübung. In eventu stelle ich den Antrag nach § 217 Abs. 7 sowie nach § 217 Abs. 9 BAO aufNichtfestsetzung des Säumniszuschlages. Sollte dies nichtzutreffend sein, so ersuche ich Sie um Ermessensübung in Hinsicht darauf, dass kein grobes Verschulden vorlag, die vorliegende Verspätung nur sehr kurz ist und überdies um ein Zahlungsersuchen angesucht wurde, dem mit Bescheid vom über die Bewilligung einer Ratenzahlung bis auch stattgegeben wurde."

Das Finanzamt als nunmehr belangte Behörde erledigte die Beschwerde mit der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom . In der Begründung hielt das Finanzamt nach Darstellung des Sachverhaltes und der Rechtslage wie folgt fest:

"Der Begriff der Säumnis iSd § 217 Abs. 5 BAO erfasst nur die verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie zB verspätete Zahlungserleichterungsansuchen.Außerdem wurde entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde, dass in den letzten 6 Monaten vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschulden rechtzeitig bezahlt wurden, bereits die Umsatzsteuer 03/2022 in Höhe von € 123.520,83, die am fällig war, nicht zur Gänze bis zum Fälligkeitstag entrichtet.

Da also die Umsatzsteuer 06/2022 in Höhe von € 125.998,16 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde, und das eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen für dieUmsatzsteuer 06/2022 um einen Tag zu spät eingebracht wurde, und dieBegünstigungsbestimmung des § 217 Abs. 5 BAO nicht zum Zuge kommt, war ein ersterSäumniszuschlag in Höhe von € 2.519,96 vorzuschreiben, und die Beschwerde war abzuweisen."

Mit Eingabe über FinanzOnline vom beantragte die Bf fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Im Vorlageantrag wurde zusammengefasst vorgebracht, dass in der Beschwerdevorentscheidung über die in der Beschwerde gestellten Anträge nach § 217 Abs. 7 und 9 BAO sowie in eventu über die Gründe für die Nichtanwendung einer ermessensgemäßen Minderung des Säumniszuschlages nicht abgesprochen und dies auch nicht begründet worden sei.

Die Abgaben in den letzten sechs Monaten - auch die Abgabe der Umsatzsteuer für März 2022 - seinen rechtzeitig überwiesen worden.

Der Argumentation, dass ein Fristverstoß durch eine verspätete Einbringung einer Zahlungserleichterung vorliegen würde und somit der Begriff der Säumnis nach § 217 Abs. 5 BAO nicht vorliegen und eine Anwendung der Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO nicht anwendbar sei, könne nicht gefolgt werden. Es liege kein "verspäteter Zahlungserleichterungsantrag" vor. Eine solche Rechtsfigur enthalte die BAO nicht. Für einen Zahlungserleichterungsantrag enthalte die BAO keine Frist; § 217 Abs. 5 BAO sei anzuwenden.

Über die gleichzeitig eingebrachten Anträge nach § 217 Abs. 7 und Abs. 9 BAO sei bisher nicht entschieden worden. Auch über die in der Bescheidbeschwerde argumentierte Ermessensübung sei nicht eingegangen und eine Ermessensübung nicht begründet worden.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und beantragte eine abweisende Erledigung.

Mit Eingabe vom übermittelte die steuerliche Vertretung der Bf dem Bundesfinanzgericht ein Nachsichtsersuchen gemäß § 236 BAO und verzichtete auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat. In inhaltlicher Hinsicht wurde ergänzend vorgebracht, dass zu berücksichtigen sei, dass der Antrag auf Zahlungserleichterung letztendlich genehmigt worden sei und auf die Fälligkeit der ursprünglichen Abgabe zurückwirke.

Zur Frage des Nichtvorliegens eines groben Verschuldens in der Verspätung der Antragseinbringung wurde ausgeführt, dass es sich in diesem Fall um ein Versehen und einen außerordentlichen Fehler eines ansonsten sehr verlässlichen Kanzleimitarbeiters gehandelt habe, der die Frist für die Einbringung der Zahlungserleichterung übersehen habe, was sonst nie vorkomme. Die Entdeckung des Fehlers sei sofort am nächsten Tag nach Fristablauf festgestellt und alles unternommen worden, um den Zahlungserleichterungsantrag so rasch als möglich einzubringen.

Der angefochtene Bescheid entspreche auch nicht dem Zweck eines Zahlungserleichterungsantrages, der eine wirtschaftlich sinnvolle Erstreckung einer Zahlungsfrist bewirken solle und damit dem Steuerpflichtigen seine Wirtschaftlichkeits- und Liquiditätsrechnung erleichtern solle. Für die Zahlungserleichterung seien insofern Stundungszinsen zu bezahlen, die den wirtschaftlichen Nachteil für die Finanzverwaltung ausgleichen würden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat mit der elektronisch übermittelten Umsatzsteuervoranmeldung vom für den Zeitraum Juni 2022 eine Zahllast iHv 125.998,19 Euro bekanntgegeben. Die Zahlung dieser Abgabenschuldigkeit war am fällig und wurde nicht fristgerecht entrichtet. Innerhalb der letzten sechs Monate vor dieser Säumnis wurden alle Abgabenschuldigkeiten fristgerecht entrichtet.

Mit elektronischer Eingabe vom beantragte die Bf die Verschiebung der Zahlung auf das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft, konkret bis zum .

Dieses Ersuchen um Zahlungserleichterung wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, dass in der sofortigen vollen Entrichtung von selbst zu berechnenden bzw einzubehaltenden und abzuführenden Abgaben keine erhebliche Härte zu erblicken sei.

Mit Eingabe vom ersuchte die Bf um Genehmigung einer Ratenzahlung zur Erstattung der offenen Abgabenschuldigkeiten und verwies diesbezüglich auf eine angespannte Liquiditätssituation wegen der Corona-Pandemie.

Dieses Ansuchen um Zahlungserleichterung wurde mit Bescheid des Finanzamtes vom positiv erledigt und die Entrichtung des Abgabenrückstandes iHv 125.998,16 Euro (entspricht der Zahllast laut Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2022) in sechs Ratenzahlungen bewilligt.

Am erging der angefochtene Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages iZm der Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2022.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf die vorgelegten Aktenteile sowie die Einsichtnahme des Richters in den elektronischen Steuerakt.

Zur Angabe der belangten Behörde, wonach die Umsatzsteuer für März 2022 iHv 123.520,83 Euro nicht fristgerecht entrichtet worden sei, ist festzuhalten, dass die Bf am einen Betrag von 123.520,80 Euro an die Abgabenverwaltung überwiesen hat. Der offene Saldo iHv 3 Cent (!) ist nach Ansicht des Richters auf ein Versehen zurückzuführen und betragsmäßig irrelevant.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall gelangen die folgenden rechtliche Bestimmungen zur Anwendung:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,

c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Gemäß § 217 Abs. 9 BAO hat im Fall der nachträglichen rückwirkenden Zuerkennung oder Verlängerung von Zahlungsfristen die Berechnung der Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen unter rückwirkender Berücksichtigung der zuerkannten oder verlängerten Zahlungsfrist zu erfolgen.

Gemäß § 230 Abs. 3 BAO dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden, sofern ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht wurde; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.

Nach §§ 217 Abs. 4 lit. b iVm 230 Abs. 3 BAO verhindern zeitgerechte Ansuchen um Zahlungserleichterungen die Verwirkung von Säumniszuschlägen. Dies gilt sowohl für den ersten als auch für den zweiten und dritten Säumniszuschlag. Zeitgerecht (iSd § 230 Abs. 3 BAO) ist ein solches Ansuchen, wenn es vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist (zB spätestens am Fälligkeitstag) oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes (iSd § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO) eingebracht wird (Ritz, BAO6, § 217 Tz 18f).

Wie die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom zutreffend ausgeführt hat, wurde das Ansuchen um Zahlungserleichterung vom nicht zeitgerecht, dh nicht vor bzw spätestens am Fälligkeitstag der Umsatzsteuer 06/2022 per , eingebracht.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst der Begriff der Säumnis iSd § 221 Abs. 1 erster Satz BAO (nunmehr § 217 Abs. 1 BAO) nur die verspätete Tilgung, nicht aber Fristverstöße anderer Art wie zB verspätete Zahlungserleichterungsansuchen, verspätete Abgabe von Erklärungen usw (). Dieser Rechtsansicht folgt auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (zB , mwN). Da die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO (ausnahmsweise Säumnis) nur die verspätete Tilgung von Abgabenschuldigkeiten erfasst, wurde der strittige Säumniszuschlag grundsätzlich zu Recht verwirkt.

Die Bf hat in ihrer Beschwerde vom weiters vorgebracht, dass in der Einbringung des Zahlungserleichterungsersuchens vom kein grobes Verschulden zu erkennen sei. Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde dazu ergänzt, dass es sich um ein Versehen und einen außerordentlichen Fehler eines ansonsten sehr verlässlichen Kanzleimitarbeiters gehandelt habe.

Da Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO grundsätzlich unbefristet sind und auch - wie im vorliegenden Fall - in einer Beschwerde oder erst im Vorlageantrag betreffend den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden können (vgl Ritz, BAO6, § 217 Tz 65f), war über den Antrag der Bf wie folgt abzusprechen.

Wie bereits oben ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach entschieden, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs. 5 BAO die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nur dann und insoweit nicht entsteht, als die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt. Damit ist unmissverständlich die Säumnis bei der Entrichtung der Abgaben und nicht eine "Säumnis" beim Einbringen eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, damit dieses etwa die in § 230 Abs. 3 BAO normierten Wirkungen entfaltet, erfasst (vgl bspw ).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kann dem Begriff "Säumnis" in der Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO keine andere Bedeutung als im Abs. 7 derselben Bestimmung beigemessen werden. Somit liegt im gegenständlichen Fall gar kein unter die Begünstigung des § 217 Abs. 7 BAO fallender Sachverhalt vor, da diese Bestimmung eben nur bei einer verspäteten Tilgung, nicht jedoch bei Fristverstößen anderer Art wie verspätete Zahlungserleichterungsansuchen zur Anwendung gelangt.

Eine Prüfung, aus welchen Gründen das Ansuchen um Zahlungserleichterung - wie hier um einen Tag - verspätet eingebracht worden ist und ob die fristgerechte Antragstellung gegebenenfalls nur aus leichter Fahrlässigkeit unterlassen worden ist, konnte daher unterbleiben.

Zum Vorbringen der Bf, wonach dem Ersuchen um Zahlungserleichterung vom und der stattgebenden Erledigung vom eine Rückwirkung iSd Bestimmung des § 217 Abs. 9 BAO zukommt, ist sachverhaltsmäßig darauf hinzuweisen, dass die Ratenzahlung zeitlich vor der Verhängung des Säumniszuschlages bewilligt worden ist.

Die Frage, ob die Stattgabe eines verspäteten Zahlungserleichterungsansuchens eine rückwirkende Zuerkennung oder Verlängerung von Zahlungsfristen bewirkt, wird von der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes () und der Rechtsansicht des BMF (RAE Rz 991f) verneint. Den parlamentarischen Materialien (311 der Beilagen XXI. GP) ist dazu zu entnehmen, dass keine rückwirkende Zuerkennung einer Zahlungsfrist etwa (dann) vorliegt, wenn einem nicht zeitgerecht (nach Verwirklichung von Säumniszuschlägen) eingebrachten Ansuchen zum Zahlungserleichterungen entsprochen wird. Dieser Rechtsansicht schließt sich der erkennende Richter im vorliegenden Fall an.

Zum eingebrachten Nachsichtsersuchen gemäß § 236 BAO ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass diesbezüglich die Abgabenbehörde erstinstanzlich entscheidungsbefugt und auch verpflichtet ist.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit erkennbar gibt es zur Rechtsfrage der rückwirkenden Zuerkennung einer Zahlungsfrist iSd Bestimmung des § 217 Abs. 9 BAO im Fall der Bewilligung einer Ratenzahlung vor Verhängung eines Säumniszuschlages keine höchstgerichtliche Rechtsprechung. Die ordentliche Revision ist daher zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103874.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at