TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2023, RV/4100166/2018

Mantelkauf

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. N.R1, die Richterin Mag.a M.M sowie die fachkundigen Laienrichter N.R2 und Mag. N.N.R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom und die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom , jeweils des Finanzamtes Spittal Villach (nunmehr: Finanzamt Österreich), betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2016 in der, in Anwesenheit der Schriftführerin FOI A.D, durchgeführten Sitzung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

I.
Die Firma ***Bf1*** (im Folgenden: Bf.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Gegenstand des Unternehmens war der Handel (Groß- und Einzelhandel). Die Bf. belieferte vorwiegend die Gastronomie.

Eröffnung - Insolvenzverfahren am :

Mit Beschluss des Landesgerichtes Stadt vom , AZ ***2***- 3, wurde über die GmbH das Konkursverfahren eröffnet und die GmbH am aufgelöst. Die GmbH hat im Konkursverfahren 2008 ihre Betriebs- und Geschäftsausstattung verkauft und wurde ab August 2008 geschlossen (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung, Tz.4). Nach Beschluss eines 20%-tigen Zwangsausgleiches wurde der Konkurs am aufgehoben. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen.

M.K fungierte bis zur Konkurseröffnung alleine als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer. Nach Aufhebung des Konkursverfahrens () war er bis als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen. Er war bis als Gesellschafter mit D.Pl mit je 50% Geschäftsanteilen an der GmbH beteiligt (Firmenbuch).

Geschäftsanschrift:
Die GmbH verlegte ihren Sitz von Stadt in die BStr. 8/II in V.

Entwicklung der GmbH:

Am wurde der leitende Angestellte G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.

Gesellschafter bis 2015:

Im Jahr 2008 waren M.K als Gesellschafter und D.Pl als Gesellschafterin zu je 50% an der GmbH beteiligt.

Gesellschafter: von bis Stammkapital übernommen von
M.K 50% (a.)
D.Pl 50% (b.)
G. F. 50% M.K (a.)
A.M. 50% D.Pl (b.)
B.D.C 50% G. F.
L F. 50% A.M.

I.
Betriebsprüfungsbericht vom , Arbeitsbogen zur Betriebsprüfung, ABNr.Nummer, für die Jahre 2011, 2012 und 2013:

Im Jahr 2015 fand im Unternehmen der GmbH eine Außenprüfung der Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 statt. Zur Ausgangssituation stellte die Prüferin fest, dass der ursprüngliche Geschäftsführer M.K am einen Antrag auf Herabsetzung der KÖSt-Vorauszahlungen für das Jahr 2009 mit der Begründung "da die Firma wegen Konkurs seit geschlossen ist" gestellt hat.

Die Gruppo Wi. F. war Gläubigerin im Konkursverfahren. Per wurde in der Bilanz ein Jahresfehlbetrag iHv Euro -121.341,76 ausgewiesen.

Für das Jahr 2009 stellte die Prüferin fest, dass im Unternehmen
- keine Dienstnehmer beschäftigt gewesen sind,
- eine Geschäftstätigkeit nicht stattgefunden hat und
- der Überschuss lt. Jahresabschluss sich lediglich durch den Sanierungsgewinn errechnet hat.

Ab dem Jahr 2010 wurden "Leistungserlöse Ausland" erzielt und ein Jahresüberschuss iHv Euro 11.846,00 ausgewiesen.

Unternehmensgegenstand:

Das Unternehmen hat bis 2008 Umsätze aus dem Handel (vorwiegend Belieferung der Gastronomie) erzielt. Der Betrieb Handel wurde im Juni 2008 eingestellt. Die Prüferin stellte dazu fest, dass sich der Betriebsgegenstand vom Handel auf die "Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen und Marketing" für die F.-Gruppe geändert hat und eine neue wirtschaftliche Einheit geschaffen wurde.

Die Prüferin gelangte zur Erkenntnis, dass ein Mantelkauftatbestand im Sinne des § 8 Abs. 4 KStG vorliegt, und begründete das Vorliegen des Tatbestandes eines Mantelkaufes im Betriebsprüfungsbericht vom , Tz. 4, wie folgt:

1. Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage ab 2009:

Mit Notariatsakt vom 24. und haben die beiden Gesellschafter hinsichtlich ihrer Geschäftsanteile zwei "Abtretungsanbote" (Notariatsakte) zum Abtretungspreis iHv Euro 1,00 gestellt, und zwar:

a. D.Pl als 50% Gesellschafterin an G. F. oder ein Unternehmen der F.-Gruppe
b. M.K als 50% Gesellschafter an G. F..

G. F. nahm am das Angebot des M.K an.

Am vereinbarte die Gesellschafterin D.Pl mit A.M. die Übernahme zu gleichen Konditionen (Anteilsverkauf um Euro 1,00).

Die Prüferin stellte dazu fest, dass sich die Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren wesentlich verändert hat.

2. Änderung der organistorischen Struktur:

Der bisherige selbständig vetretungsbefugte Geschäftsführer M.K wurde am als Geschäftsführer abberufen. In der Zeit vom bis gab es keinen Geschäftsführer. Ab wurde G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.

Ab wurde G. F. zum selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der GmbH bestellt. Er war seit der Annahme des Abtretungsanbotes am Gesellschafter und hielt 50% der Gesellschaftsanteile.

Die Prüferin stellte dazu fest, dass die Änderung der organisatorischen Struktur bzw. der Vertretungsorgane (Geschäftsführung) im Jahr 2009 in einem inneren Zusammenhang mit der Änderung der Gesellschafterstruktur im Zeitraum 2009 bis 2011 steht.

3. Änderung der wirtschaftlichen Struktur:

Unter Hinweis auf die bisherige dargestellte Ausgangssituation liegt nach Ansicht der Prüferin eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse aus folgenden Gründen vor:

a.) Beendigung des Betriebes "Handel" per Juni 2008 - Verkauf der Betriebs- und Geschäftsausstattung,
b.) Schaffung einer neuen wirtschaftlichen Einheit ab 2010 in Form von "Durchführung von Beratungsleistungen".

Demnach erbrachte die Gesellschaft ab 2010 Beratungsleistungen im Bereich Marketing, Markteinführung von Weinen der F.-Gruppe aus Land.

Die Prüferin stellte fest, dass infolge Vorliegens eines Mantelkaufbestandes im Sinne des § 8 Abs. 4 KStG keine Möglichkeit bestehe, für die bis 2008 entstandenen Verluste den Verlustvortrag in den Folgejahren zuzulassen. Ab Beginn des Prüfungszeitraumes werde kein Verlustabzug anerkannt.

Steuerliche Folgen:
Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Verluste, wie folgend dargestellt, nicht an:

2011 2012 2013 2014

€ -669.550,30 € -602.093,40 € -471.400,78

Das Finanzamt nahm die Verfahren zur Festsetzung der Körperschaftsteuer 2011, 2012, 2013 wieder auf und setzte mit Bescheiden vom die Körperschaftsteuer iHv

2011: € 1.748,00 bisher: € 1.748,00
2012: € 39.521,00 bisher: € 1.749,00
2013: € 60.464,00 bisher: € 1.125,00 fest.

Die Körperschaftsteuerveranlagung 2014 erfolgte mit Bescheid vom :

2014: € 25.385,00 bisher: € 1.437,00.

II.
Beschwerden vom gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2011, 2012 und 2013:

Im Beschwerdeschriftsatz vom wendete die Bf. gegen die Feststellung in Tz 4 des Prüfberichtes und die Versagung von Verlustvorträgen in den Jahren 2011 bis 2013 wegen Vorliegens eines Mantelkauftatbestandes ein, dass der Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zustehe, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf).

Gemäß RZ 993 der Körperschaftsteuerrichtlinien müssen die wesentlichen Änderungen der Strukturen der Körperschaft (organisatorisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich) kumulativ innerhalb eines kurzen Zeitraumes (ca. 1 Jahr) für die Annahme eines Mantelkaufes vorliegen (RZ 998). Ein Jahr ist demnach ein Indiz für das Vorliegen eines Mantelkaufes.

Diese kumulativen Änderungen der wesentlichen Strukturen der Körperschaft innerhalb eines kurzen Zeitraumes, nämlich innerhalb eines Jahres, liegen aus Sicht der Bf. nicht vor.

a.) Gesellschafterstruktur:
Die Änderungen der Gesellschafterstruktur erfolgten innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren, nämlich durch den Erwerb der Gesellschaftsanteile durch G. F. von M.K am und den Erwerb der Anteile der D.Pl durch A.M. am .

b.) Geschäftsführung:
Nach Abberufung des Geschäftsführers M.K am sei G.P am zum neuen Geschäftsführer bestellt worden. Dieser war bereits zuvor maßgeblich als leitender Angestellter im Unternehmen tätig. Er hat diese Leitungsfunktionen noch drei Jahre lang bis , auch nach dem Einstieg des G. F. als weiteren selbständig vertretungebefugter Geschäftsführer am , der die Anteile von M.K am übernommen hat, ausgeübt.

c.) Betätigungsfelder:
Das Unternehmen hat bis Mitte 2008 Umsätze aus dem Handel erzielt. Der im Mai 2008 eröffnete Konkurs wurde im Dezember 2008 aufgehoben. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen. Ab 2010 wurde die Tätigkeit im Handel vorerst beschränkt auf die Markterschließung für die Gruppo Wi. F. fortgesetzt. Der nicht gewinnbringende und letztlich die Verluste verursachende Handel mit vorwiegendem Verkauf an Gastronomiebetriebe wurde eingestellt und durch erfolgversprechendere Dienstleistungen im Handel (Marktvorbereitung und Markterschließung für die Gruppo Wi. F.) ersetzt; die Tätigkeit selbst ist jedoch im Handel geblieben.

Eine wesentliche Änderung liege nach RZ 997 KStR vor, wenn sich mehr als 75% der Vorstruktur ändert. Dies treffe auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. So habe G. F. die 50% Anteile des M.K am erworben. D.Pl ihre Anteile jedoch erst zwei Jahre später () an A.M. verkauft. Diese Änderungen erfolgten somit außerhalb des geforderten kurzen Zeitraumes.

Das Betätigungsfeld sei der Handel geblieben. So wurde zwar der nicht gewinnbringende und letztendlich den Verlust verursachenden Handel vorerst eingestellt und durch die erfolgsversprechenderen Dienstleistungen im Handel ersetzt, die Tätigkeit sei jedoch im Handel geblieben.

Schließlich gehe das Verlustvortragsrecht auch dann nicht verloren, wenn die erheblichen Strukturänderungen zum Zwecke der Verbesserung oder Rationalisierung der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept der übernehmenden Körperschaft erfolgen.

Beantragt werde, die mit Bescheid festgesetzten und bis einschließlich 2010 nicht verbrauchten Verlustvorträge in Höhe von € 669.550,30 in den Körperschaftsteuerbescheiden 2011 bis 2013 in dem gesetzlich vorgesehenen Ausmaß von 75% der jeweiligen ausgewiesenen körperschaftsteuerlichen Gewinne der Jahre 2011 bis 2013 zu berücksichtigen und die Körperschaftsteuervorauszahlung für das Jahr 2016 und die Folgejahre von € 68.928,00 unter Berücksichtigung der bestehenden Verlustvorträge um 75% auf € 17.232,00 herabzusetzen.

In der Beschwerde wurden die Änderungen der Gesellschafterstruktur und Geschäftsführung 2009 bis 2015 gut übersichtlich graphisch in Form einer Tabelle dargestellt.

In der graphischen Darstellung der Betätigungsfelder ergibt sich im Jahr 2008 der Handel; für 2009 keine Betätigung und ab 2010 die Erbringung von Beratungsleistungen in der EU und im Drittland.

III.
Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015, den Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid 2018 vom und
Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2016 vom :

In der Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom und den Körperschaftsteuerbescheid 2015 verwies die Bf. auf das Verfahren zu den Körperschaftsteuerbescheiden 2011 bis 2013 beim BFG und die Beschwerde.

Die noch nicht berücksichtigten offenen Verlustvorträge zum betragen demnach
€- 286.729,12.
Beantragt wurde im Körperschaftsteuerbescheid 2015 die geltend gemachten Verluste im Ausmaß von 75% des körperschafsteuerpflichtigen ausgewiesenen Gewinnes von Euro 196.019,05, somit Euro 147.014 ,29 anzuerkennen.

Zum Körperschafsteuervorauszahlungsbescheid 2018 in Höhe von Euro 55.865,00 beantragte die Bf. die Herabsetzung auf Euro 25.000,00 , da das voraussichtliche Jahresergebnis 2018 nicht über Euro 100.000,00 liegen werde.

Beschwerde vom betreffend Körperschaftsteuer 2016:

In der Beschwerde verwies die Bf. wiederum auf den Beschwerdeschriftsatz vom - betreffend die Jahre 2011, 2012 und 2013 -, die Gegenäußerung vom und führte begründend aus, dass die Voraussetzungen für einen Mantelkauf innerhalb eines kurzen Zeitraumes nicht vorliegen würden.

Beantragt wurde, die festgesetzten und bis 2010 nicht verbrauchten Verlustvorträge in Höhe von Euro 669.550,30 die für das Jahr 2016 noch mit restlichen Euro - 63.558,98 offen aushaften, im Körperschaftsteuerbescheid 2016 zu berücksichtigen.

IV.
Beschwerdevorentscheidungen vom und über die Beschwerden vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom und den Körperschaftsteuerbescheid 2016 vom und den Körperschaftsteuervoraus -zahlungsbescheid 2018:

Das Finanzamt wies mit den Beschwerdevorentscheidungen die Beschwerden gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2015 bis 2016 mitsamt Vorauszahlungsbescheid 2018 als unbegründet ab und führte zu den strukturellen Veränderungen aus, dass sich organisatorisch infolge Abberufung des bisherigen alleinigen Geschäftsführers M.K am und Bestellung des G.P zum neuen Geschäftsführer am eine Veränderung in organisatorischer Hinsicht ergeben hat.

In wirtschaftlicher Hinsicht habe die GmbH infolge Eröffnung des Konkursverfahrens den Handel eingestellt. Im Jahr 2009 habe keine unternehmerische Betätigung stattgefunden. Mit der Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen für die F. Gruppe, habe die GmbH ein neues Betätigungsfeld erschlossen. Durch die Einstellung des bisherigen Betriebes und Betätigung in einem Bereich für die Folgeeigentümer sei eine neue wirtschaftliche Einheit geschaffen und die alte betriebliche Betätigung aufgegeben worden.

VI.
Vorlageanträge:

Die Bf. beantragte mit Vorlageanträgen vom und die Vorlage der Beschwerden gegen die Bescheide 2015 und 2016 an das Bundesfinanzgericht, und verwies begründend auf die Beschwerde vom und die Gegenäußerung vom .

Beantragt werde gemäß § 272 Abs. 2 lit b. BAO eine Entscheidung durch den Senat.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen des Mantelkauftatbestandes - nämlich eine wesentliche Änderung der organisatorischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur - innerhalb eines kurzen Zeitraumes nicht vorliegen. Beantragt werde, die bescheidmäßig festgesetzten und bis einschließlich 2010 nicht verbrauchten Verlustvorträge in Höhe von € 669.550,30, in dem gesetzlich vorgesehenen Ausmaß von 75% der jeweiligen ausgewiesenen körperschaftsteuerlichen Gewinne zu berücksichtigen.

VII.
Das Finanzamt legte die Akten dem BFG zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerden.

Im Erörterungstermin am hielt die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen aufrecht und ergänzte dies dahingehend, dass die Firma F. Spa in Land einer abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen worden sei. Dabei wurden die Ausgaben/Zahlungen in den Jahren 2015 bis 2017 an die Bf. nicht anerkannt, weil es sich dabei nach Ansicht der Steuerbehörden in Land um Aufwendungen innerhalb der Firmengruppe handelt. Der steuerliche Vertreter beabsichtige nunmehr für die Jahre 2015 bis 2017 ein Verständigungsverfahren zwischen beiden Staaten beim Finanzamt anzuregen.

VIII.
Projektbericht vom :

Mit Schriftsatz vom übermittelte die Bf. einen "Projektbericht". Demnach habe der nunmehrige Gesellschafter L F. die Geschäftsanteile (100%) erworben, um Produkte in Österreich zu verkaufen und Projekte zu entwickeln. Schließlich importiere man die Produkte seit 1976 und vertreibt die GmbH die Waren schon seit 1976. Nach den finanziellen Problemen habe die Familie F. Anteile an der GmbH erworben, die Konkursquote berichtigt und das Unternehmen neu aufgestellt.

Anfänglich habe man Marketingaktivitäten, Beratungsleistungen in Drittländern erbracht und Vertriebsstrukturen neu aufgebaut.

Nunmehr in Phase 2 habe man mit der Produktentwicklung am Markt begonnen und Kunden (Abnehmer) gewonnen. Die Bf. habe sich entschlossen die Waren des neuen Jahrgangs 2015 in Österreich zu vertreiben. Ab Mai 2016 werde die Bf. wiederum mit dem Vertrieb der Waren beginnen. Die ausgewählten Kunden sind nationale Verteiler bis zum Lebensmittelhändler LMH hin. Für das Jahr 2016 könne man ein Volumen iHv bis zu Euro 50.000,00 bestätigen.

Die Strukurveränderungen sind zum Zwecke der Verbesserung oder Rationalisierung der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept der übernommenen Körperschaft erfolgt. Der Tätigkeitsbereich der GmbH ist nachweislich der Handel geblieben.

IX.
Erörterungstermin am :

Im Erörterungsgespäch brachte die Bf. vor, dass die F. Spa in Land einer Steuerprüfung unterzogen worden sei und die Betriebsausgaben der F. Gruppe an die Bf. nicht anerkannt worden wurden. In Land ist es zu Nachzahlungen an Körperschaftsteuer und einer damit verbundenen Sanktion gekommen.

Man werde ein Verständigungsverfahren anstrengen, welchen Staat das Besteuerungsrecht tatsächlich zustehe.

Erhebungen beim Finanzamt ergaben, dass bislang ein Verständigungsverfahren beim Finanzamt nicht anhängig ist.

X.
Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis vom , GZl. RV/4100256/2017, die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013 und die Beschwerde vom betreffend Körperschaftsteuer 2014 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

VI. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die GmbH wurde im Jahr 1990 mit Gesellschaftsvertrag errichtet und betrieb einen Handel (Groß- und Einzelhandel). Die GmbH belieferte vorwiegend Gastronomiebetriebe.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Stadt vom , AZ ***2***- 3, wurde über die GmbH das Konkursverfahren eröffnet und die GmbH aufgelöst. Das Konkursverfahren wurde nach Erfüllung eines 20%-tigen Zwangsausgleiches am aufgehoben.

Die Gruppo Wi. F. belieferte die Bf. seit Errichtung der Gesellschaft und war Gläubiger im Konkursverfahren. Im Jahr 2008 verfügte die GmbH über vier Mitarbeiter. Nach Beendigung des Konkursverfahrens waren keine Mitarbeiter mehr angestellt (Auszug Firmenbuch, Jahresabschluss). Im Zuge der Konkurseröffnung hat die GmbH ihre Betriebs- und Geschäftsausstattung verkauft und den Handel eingestellt.

Die GmbH erbrachte ab 2010 Beratungsleistungen und Marketingleistungen für die Gruppo Wi. F. im internationalen Handel. Es wurden Produktpräsentationen auf internationaler Ebene (Europa, Afrika, Asien) organisiert und durchgeführt, um die Produkte einem internationalen größeren Kundenkreis gegenüber bekannt zu machen.

M.K wurde am als Geschäftsführer abberufen. Am wurde der bisherige leitende Angestellte G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt. Die Veränderungen der Gesellschafterstruktur von 2008 bis 2014 sind auf Seite 2 ausführlich dargestellt.
L F. fungiert seit als Alleingesellschafter. In der GmbH gab es folgende Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen auf entgeltlicher Grundlage ab 2009:

Mit Notariatsakt vom 24. und haben die Gesellschafter hinsichtlich ihrer Geschäftsanteile zwei "Abtretungsanbote" (Notariatsakt) zum Abtretungspreis iHv Euro 1,00 gestellt:
a. D.Pl als 50% Gesellschafterin an G. F. oder ein Unternehmen der F. - Gruppe
b. M.K als 50% Gesellschafter an G. F..

G. F. nahm am das Angebot an und übernahm 50% der Gesellschaftsanteile.
Am vereinbarte die Anbotstellerin D.Pl mit A.M. die Übernahme zu gleichen Konditionen (Anteilsverkauf um Euro 1,00). Die Abtretungsanbote über 100% der Gesellschaftsanteile (Notariatsakte) sind nahezu zeitgleich bereits am 24. und errichtet worden.

Der Wille, die Geschäftsanteile zu 100% abzutreten hat im November 2008 vor Aufhebung des Konkursverfahrens bestanden.

Änderung der organistorischen Struktur:

Ab wurde Herr G.P zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt. Am wurde G. F. - er ist seit der Annahme des Abtretungsanbotes des M.K am 50% Gesellschafter - ebenfalls zum selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer bestellt.

Änderung der wirtschaftlichen Struktur:

Die GmbH beendete im Zuge des Konkursverfahrens den Handel, verkaufte die Betriebs- und Geschäftsausstattung, verlegte den Firmensitz und beschäftigte keine Mitarbeiter mehr. Im Jahr 2010 wurde eine neue wirtschaftliche Einheit geschaffen und Dienst-, Beratungs- und Marketingleistungen für die Gruppo Wi. F. erbracht ("Durchführung von Beratungsleistungen"). Demnach hat die Gesellschaft ab 2010 Beratungsleistungen im Bereich Marketing, Markteinführung von Weinen der Produktion erbracht.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der vorliegenden Sachlage,
-dem Arbeitsbogen,
-dem Betriebsprüfungsbericht mit den Feststellungen in Tz.4 "Mantelkauf",
-dem Firmenbuchauszug,
-dem Beschwerdevorbringen in den Schriftsätzen vom , Nummer. Jänner 2018 und mitsamt der ausführlichen graphischen Darstellung der Veränderungen in der Geschäftsführung, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur,
-der Stellungnahme der Prüferin zur Beschwerde gegen die Bescheide v. ,
-dem vorgelegten Projektbericht im Jahr 2016,
-der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin vom ,
-den korrespondierenden Vorlageanträgen,
- dem Protokoll über den Erörterungstermin beim BFG.

Am wurde ergänzend ein Projektbericht vorgelegt, aus welchem sich ergibt, dass die GmbH nunmehr in Phase zwei ab 2016 wiederum die Waren der Firma F. in Österreich vertreibe und bereits mehrere Kundenkontakte herstellen habe können. So habe man auch einen Kundenkontakt zur Firma LMH herstellen können. Für 2016 werde ein Umsatzvolumen im Handel im Ausmaß von bis zu € 50.000,00 angestrebt.

Der Sachverhalt steht unstrittig fest. Strittig sind die damit verbundenen Rechtsfolgen, nämlich ob ein Mantelkauf im Sinne des § 8 Abs. 4 lit 2 KöStG vorliegt und damit die Versagung des Verlustabzuges einhergeht. Die unterschiedlichen Schlussfolgerungen der Parteien sind Ausdruck unterschiedlicher Rechtsansichten bezüglich der Tatbestandsmerkmale des Verlustabzugs bzw Mantelkaufes.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 8 Abs. 4 Z. 2 KStG 1988 sind folgende Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen:

Als Sonderausgaben sind gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden. Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln.

Vortragsfähige Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 können gemäß § 2 Abs. 2b Z. 2 EStG 1988 nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden (Vortragsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Vortragsgrenze abzuziehen. Dies gilt auch für Verluste im Sinne des § 117 Abs. 7 zweiter Satz insoweit, als diese Verluste wegen der Vortragsgrenze nicht abgezogen werden können. Gemäß § 18 Abs 6 EStG sind als Sonderausgaben Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug).

Gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit a und b KStG 1988 ist der Verlustabzug iSd § 18 Abs 6 EStG 1988 als Sonderausgabe abzugsfähig. Gemäß § 8 Abs. 4 Z 2 lit c KStG 1988 steht der Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). Diese Versagung des Verlustabzugs gilt dann nicht, wenn diese Änderungen zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen.

Mantelkauf ist der Erwerb der Anteile an einer nicht (mehr) wirtschaftlich tätigen und/oder vermögenslosen Gesellschaft, sodass bildlich gesprochen nur (noch) ein - funktionsloser - "Gesellschaftsmantel" vorliegt. Eine derartige Gesellschaft wird daher auch als "leere Hülse" (; Lassacher, Auswirkungen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf den Mantelkauf, SWK 18/2016, 840) bezeichnet. Der Begriff "Mantelkauf" wird im KStG als Sammelbezeichnung verwendet, dessen Anwendungsbereich über den "klassischen" Mantelkauf iSd Erwerbs (nahezu) sämtlicher Gesellschaftsanteile einer abwicklungsreifen Gesellschaft hinausgeht.

Ansatzpunkt für die gesetzliche Umschreibung des Mantelkaufes ist der Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft. Der durch die Rechtsfolge des Unterganges des Verlustvortragsrechtes geprägte Mantelkaufstatbestand liegt diesbezüglich beim kumulativen Auftreten einer gesamthaften wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen der Körperschaft sowie auf Gesellschafterebene innerhalb eines überschaubar kurzen Zeitraumes vor, sofern nicht bestimmte Ausnahmetatbestände, wie etwa die Erhaltung von Arbeitsplätzen, vorliegen.

Eine gesamthafte Strukturänderung liegt jedenfalls vor, wenn der Unternehmensgegenstand iZm der Veräußerung der Gesellschaftsanteile eine vollkommene Änderung erfährt und auch Name, Sitz und Geschäftsanschrift sowie Gesellschaftsorgane geändert werden ().

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die GmbH wurde im Zuge des Insolvenzverfahrens 2008 aufgelöst und verfügte über kein Vermögen und keine Mitarbeiter mehr. Dementsprechend wurde ab August 2008 keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt. Ab dem Jahr 2010 wurde eine neue Tätigkeit, nämlich die Erbringung von Beratungsleistungen und Marketingleistungen, für die F. Gruppe aufgenommen. Der Sitz der Gesellschaft wurde an die Kanzleiadresse des steuerlichen Vertreters verlegt.

Zu den Tatbestandsmerkmalen des Mantelkaufs hält das BFG fest:

Änderung der Gesellschafterstruktur:

Im vorliegenden Sachverhalt haben die beiden Gesellschafter im Konkursverfahren ( - ) mit Notariatsakten vom 24. und die Abtretung der Gesellschaftsanteile um den Kaufpreis iHv € 1,00 an G. F. oder ein Unternehmen der F.-Gruppe angeboten.
Am nahm G. F. das Angebot an und erwarb 50 % der Anteile. Am erwarb A.M. die weiteren 50% Anteile. Schließlich erwarb 2014 L F. sämtliche Anteile an der GmbH (Alleingesellschafter, Firmenbuch).

Die Bf. bringt dazu vor, dass von einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur nur dann auszugehen ist, wenn sich mehr als 75% der Vorstruktur ändere. Die Änderung der Gesellschafterstruktur ist im konkreten Fall außerhalb des kurzen Zeitraumes von einem Jahr erfolgt.

Soweit die Bf. meint, die Änderung der Gesellschafterstruktur sei in einem kurzen Zeitraum (1 Jahr) betrachtet, lediglich im Ausmaß von 50% erfolgt und gehe die Verwaltungspraxis von einer wesentlichen Änderung der Gesellschaftsstruktur erst ab einem Ausmaß von mindestens 75% der Gesellschaftsanteile aus, ist zu berücksichtigen, dass dieses Kriterium als Richtschnur dienen kann.

Es besteht für den erkennenden Senat kein Zweifel daran, dass der Wille der Gesellschafter im Jahr 2008 darauf ausgerichtet gewesen ist, sämtliche Anteile an die Gebrüder F. bzw. ein Unternehmen der Gruppo - F. abzutreten.

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass die Fa. F. Spa Gläubigerin im Konkursverfahren im Jahr 2008 war und die Finanzierung des Zwangsausgleiches ermöglicht hat. Bereits im November 2008 war der Wille darauf ausgerichtet, sämtlich Anteile an G. F. oder an ein Unternehmen der F. - Gruppe entgeltlich abzutreten. Der erkennende Senat geht davon aus, dass eine wesentliche Änderung der Gesellschaftsstruktur herbeigeführt wurde und diese gesellschaftlichen Änderungen in einem inneren Zusammenhang mit den Veränderungen der organisatorischen bzw. wirtschaftlichen Strukturen stehen.

Zur Änderung der organisatorischen Struktur:

Eine (vollständige bzw weitgehende) Änderung der organisatorischen Struktur einer Körperschaft liegt bei einer Änderung - dh einem Austausch - im Bereich der willensbildenden Organe, dh Leitungs- und Verwaltungsorgane einer Körperschaft (zB gesetzliche Vertreter wie Geschäftsführer oder Vorstand bzw Aufsichtsrat) vor. Ein Austausch von Gesellschaftsorganen in einem Umfang, der eine Änderung der Willensbildung im Ausmaß von 75 % darstellt, ist jedenfalls als wesentliche Änderung zu werten.

Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls mit im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile (50% durch G. F. am ) G.P zum neuen Geschäftsführer bestellt worden, der offenbar auch tatsächlich die Geschäfte weitergeführt hat.
Laut Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der GmbH beschlossen, nachdem zuvor die GmbH infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst und der wirtschaftliche Betrieb eingestellt worden ist (Auszug Firmenbuch).

Am wurde der neue Gesellschafter G. F. zum weiteren selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.

Der Wechsel der Geschäftsführung steht zweifelos in einem inneren Zusammenhang mit den Änderungen im Bereich der Gesellschafterstruktur.

Die Bf verweist in diesem Zusammenhang in der Beschwerde darauf, dass der neue Geschäftsführer G.P bereits zuvor als leitender Angestellte im Verkauf tätig war und de facto eine Leitungsfunktion im Unternehmen ausgeübt hat.

Durch die Neubesetzung der Geschäftsführung in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Übernahme von Gesellschaftsanteilen des Gesellschafters und Geschäftsführers G. F. erfolgte die wesentliche Änderung der Identität im Bereich der organisatorischen und gesellschaftlichen Struktur.

Der erkennende Senat geht davon aus, dass eine wesentliche Änderung in den organisatorischen Strukturen erfolgte, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Wechsel der Gesellschafter steht. Schließlich war die Absicht von Beginn an (Abtretungsanbote im November 2008) darauf ausgerichtet, G. F. bzw. ein Unternehmen der F.-Gruppe als Gesellschafter zu einzusetzen.

Davon abgesehen knüpft die gesetzliche Bestimmung die Folge einer Änderung der organisatorischen Struktur ausschließlich an den objektiven Umstand des Austauschs der Geschäftsführung an, misst aber den hiefür maßgeblichen Gründen (zB Insolvenz) keine Bedeutung bei.

Zur Änderung der wirtschaftlichen Struktur:

Das Tatbestandselement der Änderung der wirtschaftlichen Struktur betrifft die faktische wirtschaftliche Tätigkeit einer Körperschaft. Darunter ist der tatsächlich verfolgte Unternehmenszweck und nicht der davon allenfalls abweichende satzungsmäßige Unternehmensgegenstand zu verstehen. Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit (bezogen auf sämtliche bisherigen Tätigkeitsbereiche) der Körperschaft verloren geht.

Diese Änderung kann auch dann eintreten, wenn sich nur eines der genannten Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert. Besonderes Gewicht ist dabei auf jenes Strukturmerkmal zu legen, das diesbezüglich identitätsstiftend wirkt.

Mantelkauf ist der Erwerb der Anteile an einer nicht (mehr) wirtschaftlich tätigen und/oder vermögenslosen Gesellschaft, sodass bildlich gesprochen nur (noch) ein funktionsloser "Gesellschaftsmantel" vorliegt. Der Begriff Mantelkauf ist im KStG eine Sammelbezeichnung, dessen Anwendungsbereich über den "klassischen" Mantelkauf iSd Erwerbs (nahezu) sämtlicher Gesellschaftsanteile einer abwicklungsreifen Gesellschaft hinausgeht.

Ansatzpunkt ist der Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft. Der durch die Rechtsfolge des Unterganges des Verlustvortragsrechtes geprägte Mantelkaufstatbestand liegt beim kumulativen Auftreten einer gesamthaften wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen der Körperschaft sowie auf Gesellschafterebene innerhalb eines überschaubar kurzen Zeitraumes vor.

Bei einer Änderung des Unternehmensgegenstandes muss sich dieser, um Mantelkauf annehmen zu können, in wesentlichem Umfang in Form eines Wechsel oder einer Erweiterung des Unternehmensgegenstandes ändern.

Im vorliegenden Sachverhalt wurde der Handel eingestellt, die Betriebs- und Geschäftsausstattung verkauft. Die GmbH war vermögenslos.

Erst nachdem die GmbH ihren einzigen Geschäftsführer am abberufen und einen neuen Geschäftsführer am bestellt hat, beschloss die Generalversammlung die Fortsetzung der Gesellschaft. Im Jahr 2009 fand keine Geschäftstätigkeit statt (Gegenäußerung, Tabelle).

Erst im Jahr 2010 nahm die GmbH ihr neues Betätigungsfeld Beratungs-, Dienstleistungen und Marketing für Produkte der Familie F. wieder auf. Es wurden Dienstleistungen in der Europäischen Union, den Ländern am Balkan, in Russland, in Shanghai und Afrika (Kenya) erbracht und Werbeveranstaltungen, Schaltung von Inseraten, etc. organisiert. Dabei war der Fokus nicht mehr auf den Handel im Inland gerichtet, sondern primär auf internationale Markterschließung im Drittland. Die Tätigkeit hat sich geändert.

Dieser Wandel im Tätigkeitsbereich der GmbH stellt sich aus der Sicht des erkennenden Senates als wesentliche Veränderung in der wirtschaftlichen Struktur dar, zumal sich das Unternehmen vom Handel (Belieferung der Gastronomie) getrennt hat, im Jahr 2009 nahezu keine Geschäftstätigkeit entwickelt und ab dem Jahr 2010 Beratungsleistungen im Handel in der EU und im Drittland erbracht hat.
Diese Veränderungen waren wesentlich und stehen unzweifelhaft bei objektiver Betrachtung auch mit den Veränderungen im gesellschaftlichen Bereich im inneren Zusammenhang. Schließlich war die F.-Gruppe ein wesentlicher Gläubiger im Konkursverfahren und hat diese den Zwangsausgleich finanziert.

Den Wechsel des Unternehmensgegenstandes im Jahre 2010 hat die belangte Behörde insbesondere in der Beschwerdevorentscheidung zusammengefasst damit begründet, dass die Bf in ihrem bisherigen Geschäftsfeld nicht mehr tätig ist. Das Unternehmen Handel wurde eingestellt, weil es nur noch Verluste verursacht hat.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht der belangten Behörde an. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob, wie dies bei der Bf. früher der Fall war, Lieferungen bzw sonstige Leistungen im Handel durch Einsatz von Arbeitskräften und mittels Vermittlung von Kaufabschlüssen im Inland gegenüber einer Vielzahl von Kunden erbracht werden, oder ob Beratungs-, Dienstleistungen im Marketingbereich für einen Produzenten in Drittländern erbracht werden. Die Tätigkeit vom Verkauf weg hin zum Marketing für die F.-Gruppe stellt aus der Sicht des erkennenden Senates eine neue wirtschaftliche Betätigung dar, sodass nunmehr die Identität der GmbH hinsichtlich ihrer Betätigung eine andere ist.

Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass die Bf seit 2016 wiederum versucht, Waren der Firma F. im Inland zu vertreiben. Es handelt sich bei diesem Geschäft um die Schaffung einer weiteren wirtschaftlichen Einheit, die mit der Geschäftstätigkeit (Beratung, Marketing) in den Jahren 2010 bis 2015 nicht in Zusammenhang steht.

Die Änderungen der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen stehen mit den wesentlichen Änderungen der Gesellschaftsstruktur im unmittelbaren Zusammenhang. Der Handel wurde eingestellt und Arbeitsplätze nicht erhalten. Der Sitz der GmbH wurde an die Adresse des steuerlichen Vertreters verlegt. Der Betrieb (Arbeitnehmer, Büro, Lager, etc.) für den Handel verschiedener Produzenten hat nicht mehr bestanden. Daran vermag auch das Vorbringen nichts zu ändern, dass man weiterhin in der Branche tätig sei.

Schließlich wurden Anteile einer GmbH gekauft, deren Unternehmen praktisch seit Mitte 2008 nicht mehr betrieben wurde und die auch über kein Vermögen (Betriebs-, Geschäftsausstattung, Lager) mehr verfügt hat. Dementsprechend verfügte das Unternehmen über keine Infrastruktur mehr.

Maßgebend für das Vorliegen eines Mantelkaufes und Versagen eines Verlustabzuges ist, dass zwischen den Zeitraum des Entstehens eines vortragsfähigen Verlustes (2008 und davor) und dem Zeitpunkt des Verlustabzuges 2015 bis 2016 es zum Verlust der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft gekommen ist.

Die wirtschaftliche Identität geht verloren, wenn wesentliche Änderungen der wirtschaftlichen und organisatorischen Struktur mit wesentlichen Änderungen der Gesellschafterstruktur einhergehen. Treten die Änderungen nicht innerhalb eines Jahres ein, so wird bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs zwischen den Etappen der Änderung von einem Mantelkauf auszugehen sein ().

So ist durch die Einstellung des Handels im Juni 2008 und Umstellung der GmbH im Jahr 2010 auf Beratungs-, Dienstleistungen und Marketing für die F. - Gruppe eine völlige Neuausrichtung der wirtschaftlichen Betätigung erfolgt, welche durch den Willen der F. -Gruppe geprägt worden ist.

Die zeitliche Abfolge, nämlich
-die Erstellung von Abtretungsangeboten im November 2008,
-die Einstellung jeglicher wirtschaftlichen Betätigung ab August 2008,
-die Abberufung des alleinigen Geschäftsführers M.K am ,
-die Bestellung eines neuen Geschäftsführers G.P mit ,
-die Abtretung von 50% Anteile an G. F. im April 2009 und dessen Bestellung zum Geschäftsführer im Juni 2009,
-die Aufnahme einer neuen unternehmerischen Tätigkeit im Dienstleistungsbereich 2010 lassen denklogisch darauf schließen, dass die wirtschaftliche Identität der GmbH vollständig verloren gegangen ist.

Damit mangelt es im Zeitraum 2008-2009 auch an einer Sanierung des Unternehmens und wurden Arbeitsplätze nicht erhalten.

Die Bf. meint im Projektbericht 2016, man beginne nunmehr wieder mit dem Handel, beliefere Lebensmittelhändler und strebe ein Volumen iHv Euro 50.000,00 an. Dies stellt wiederum ein neues Betätigungsfeld dar, welches sich von der ausgeübten Tätigkeit 2010 bis 2016 unterscheidet.

Soweit die Bf. meint, man befinde sich nunmehr in der Umstrukturierungsphase Teil 2 und werde ab 2016 nunmehr wieder Handel betrieben, gilt zu berücksichtigen, dass bereits die ursprünglich vorgenommenen Veränderungen zu einem vollständigen Wechsel in der Identität der GmbH geführt haben. Die wirtschaftliche Betätigung hat sich vom Handel (Belieferung der Gastronomie) hin zu einem reinen Dienstleistungsunternehmen verändert.

Damit ist jedoch auch der innere Zusammenhang zwischen den wesentlichen Änderungen in der organisatorischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur gegeben, sodass das Finanzamt aus der Sicht des Senates zu Recht vom Vorliegen eines Mantelkauftatbestandes ausgegangen ist.

Soweit die Bf. meint, es müsse sich innerhalb eines Jahres die Struktur um 75% verändern, um als wesentliche Änderung der gesellschaftlichen Struktur zu gelten, wird festgehalten, dass das Gesamtbildder Verhältnisse maßgebend ist. Durch die wesentlichen Veränderungen im organisatorischen und wirtschaftlichen Bereich vermag der Einwand der Bf. zu den gesellschaftlichen Veränderungen am Mantelkauf nichts zu ändern.

Im Jahr 2009 kam es zu einem vollständigen Wechsel in der Geschäftsführung, auch wenn der neue Geschäftsführer bereits früher im Unternehmen leitend gleich einem faktischen Geschäftsführer tätig gewesen ist.

Die Änderungen im Bereich der gesellschaftlichen Struktur sind zwar nicht innerhalb von einem Jahr eingetreten. Es besteht jedoch ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Änderungen, zumal diese im Bereich der gesellschaftlichen Struktur bereits im November 2008 geplant worden sind.

Schließlich wurden Anteile einer GmbH gekauft, die ab August 2008 keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausgeübt und über keine Betriebsausstattung, Warenlager verfügt hat.

Infolge kumulativen Vorliegens aller gesetzlichen Voraussetzungen, welche in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen, war somit bei gesamthafter Betrachtung vom Vorliegen eines Mantelkaufs auszugehen und waren die Beschwerden abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage aufgeworfen, der iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Primär war nämlich jene Frage von Relevanz, ob sachverhaltsmäßig die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mantelkaufes vorlagen, was insbesondere hinsichtlich der hiefür erforderlichen Änderung der gesellschaftlichen, organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur strittig war. Aus dem festgestellten, Sachverhalt ergab sich, dass eine Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen Struktur vor und nach der Veräußerung der Anteile der Bf nicht vorlag und somit die Voraussetzungen für einen Mantelkauf vorlagen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100166.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at