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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.01.2023, RV/7100094/2023

Hochrechnung von Einkünften außerhalb des Zeitraumes des Bezuges von Arbeitslosengeld und soweit sie mit den steuerfreien Leistungen in keinem Zusammenhang stehen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.

Die Einkommensteuer wird in Höhe von 1.443,00 € festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ( Bf.) bezog im streitgegenständlichen Jahr nichtselbständige Einkünfte von

1. ***2*** GmbH, in der Zeit vom 01.01. - in Höhe von 27.328,59 €;

2. ***2*** GmbH, in der Zeit vom 01.04. - in Höhe von 11.621,86 € und

3. ***3***, in der Zeit vom 21.05. - in Höhe von 3.507,93 €

Weiters bezog die Bf. gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG steuerfreies Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 01.01. bis in Höhe von 19.408,74 €.

Die belangte Behörde setzte im Einkommensteuerbescheid 2021 neben den oben dargestellten Einkünften das im Zeitraum 01.01. bis gem. § 3 Abs. 2 EStG 1988 bezogene steuerfreie Arbeitslosengeld in Höhe von 19.408,74 € als Einkünfte aufgrund der Kontrollrechnung an, und gelangte nach Abzug von Werbungskosten zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 61.280, 26 €.

Die Einkommenseuer wurde infolgedessen in Höhe von 8.855,00 € festgesetzt.

In den Begründungsausführungen verwies die belangte Behörde auf das bezogene steuerfreie Arbeitslosengeld und auf die im Einkommensteuergesetz dafür vorgesehenen zwei Berechnungsvarianten (§ 3 Abs. 2 EStG 1988).

Die im konkreten Fall günstigere Kontrollrechnung sei anzuwenden gewesen.

Bei der Umrechnungsvariante würden die steuerpflichtigen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umgerechnet und Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt werden. Dadurch ergebe sich ein Durchschnittssteuersatz, der auf das Einkommen anzuwenden gewesen wäre. Demgegenüber wären bei der Kontrollrechnung die steuerfreien Bezüge direkt dem steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet und besteuert worden.

Die Bf. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid Beschwerde, in welcher sie ausführte, dass ihr die Nachforderung zu hoch erscheint. Sie habe nach Lösung ihres Dienstverhältnisses am von ihrem ehemaligen Dienstgeber ***2*** GmbH in der Zeit vom bis monatliche Überbrückungszahlungen (Soziale Stellung am Lohnzettel: 8) sowie am eine Bonuszahlung für das Kalenderjahr 2020 (Soziale Stellung am Lohnzettel: 3) erhalten.

Diese Zahlungen hätten nach geltender Rechtslage keinen Einfluss auf den gleichzeitigen Bezug einer Arbeitslosenunterstützung. Der besondere Progressionsvorbehalt gem. § 3 Abs. 2 EStG 1988 bei Bezug von Arbeitslosengeld gelte nur für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die für das restliche Kalenderjahr bezogen worden sind. Für das gesamte Kalenderjahr 2021 wurden keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 bezogen. Ich beantrage daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuerlichen Bescheides ohne Anwendung des § 3 Abs. 2 EStG 1988.

Die belangte Behörde erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Aus den übermittelten Lohnzettel geht unstrittig hervor, dass die Bf. im Zeitraum bis Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von insgesamt 42.458,38 € bezogen hatte.

Überdies wurde an sie im Zeitraum bis ein steuerfreies Arbeitslosengeld in Höhe von 19. 408,74 € ausbezahlt.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 a-e EStG 1988 sind versicherungsmäßiges Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen, wie zB. das Weiterbildungsgeld im Rahmen einer Bildungskarenz oder einer Bildungsteilzeit (§ 26 Abs. 8 oder § 26a Abs. 5 AlVG) von der Einkommensteuer befreit.

§ 3 Abs. 2 EStG 1988, BGBl I 2020/99) legt in diesem Zusammenhang fest:

"Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5.Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde."

Vor diesem Hintergrund führte im Beschwerdefall der Bezug von einkommensteuerbefreiten Arbeitslosengeld des Arbeitsmarktservices Österreich im Jahre 2021 für die Dauer von 334 Tagen zu einer Hochrechnung im Sinne des § 3 Abs. 2 EStG 1988.

Das Ziel der Hochrechnung von Einkünften ist die Vermeidung überhöhter Nettoeinkommen auf Grund von Transferleistungen. Beabsichtigt ist die Vermeidung einer unverhältnismäßigen Absenkung der Steuerprogression durch die Miteinbeziehung der steuerfreien Bezüge in das Jahreseinkommen. Die Regelung ist verfassungskonform ().

Im Fall des Vorliegens bestimmter steuerfreier Bezüge, die nur für einen Teil des Kalenderjahrs bezogen werden, findet eine Hochrechnung der restlichen Einkünfte statt (vgl. Jakom/ Laudacher EStG 2016, § 3 Rz 120, 122).

Umzurechnen sind daher nur die laufenden Einkünfte und dies nur insoweit, als sie nicht während des Zeitraumes des Bezuges von Transferleistungen (im konkreten Fall: Arbeitslosengeld im Zeitraum bis ) bezogen worden sind.

Wie die belangte Behörde zutreffend in ihrer als Beilage zum Vorlagebericht ausgewiesenen ergänzenden Berechnung vom und der Gegenüberstellung von der Hochrechnung und der Kontrollrechnung darstellte, sind zum einen nur die außerhalb des Zeitraumes des Bezuges der Transferleistungen erhaltenen steuerpflichtigen nicht selbständigen Einkünfte auf das Kalenderjahr hochzurechnen. Zum anderen darf die nach dieser Methode ermittelte Steuer aber nicht höher sein als jene Steuer, die sich ergäbe, wenn das Arbeitslosengeld steuerpflichtig wäre. Nach , sind ganzjährige Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit nicht in die Hochrechnung einzubeziehen, wenn sie mit dem steuerfreien Bezug in keinem Zusammenhang stehen.

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass die ganzjährig bezogenen Zahlungen der ***2*** GmbH als nicht selbständige Einkünfte sowie die geringfügigen Einkünfte von ***3***, soweit sie bis zum November 2021 zusätzlich zum Arbeitslosengeld ausbezahlt wurden, nicht in die Hochrechnung einzubeziehen sind.

Lediglich die nach einer Dienstnehmerauskunft AJ-Web in Höhe von 475,86 € für den Monat Dezember 2021 erhaltenen steuerpflichtigen Einkünfte von ***3*** wurden außerhalb des Zeitraumes des Bezuges des Arbeitslosengeldes bezogen und sind hochzurechnen.

Aus der von der belangten Behörde dargelegten Hochrechnung ergibt sich eine Einkommensteuernachforderung in Höhe von 1.443,00 € während die Kontrollrechnung zu einer Nachforderung in Höhe von 8.855,00 € führte, weshalb nach dem für diese Fälle geltenden Günstigkeitsvergleich die Einkommensteuer für das Streitjahr in Höhe von 1.443,00 € festzusetzen war.

Die Einkommensteuer 2021 errechnete sich nach dem folgenden Vergleich von Hochrechnung und Kontrollrechnung entsprechend der für die Bf. günstigere Variante in Höhe von 1.442,69 €.


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Hochrechnung
Ek. aus nicht selbständiger Tätigkeit lt. Lohnzettel
42.458,38 €
Werbungskosten ohne Pauschbetrag
-454,86 €
Hochzurechnende Einkünfte
-475,86 €
Einkünfte ohne Umrechnung
41.527,66 €
Hochgerechnete Einkünfte:
475,86/(365-335)*365=5602,86774193541
5.602,86 €
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
Einkünfte ohne Umrechnung
41.527,66 €
Außergewöhnliche Belastung
-1.761,14 €
Selbstbehalt
1.761,14 €
BMG für den Durchschnittssteuersatz
46.998,52 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
12.669,38 €
-400,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
12.269,38 €
Ermittlung Prozentsatz für die Hochrechnung:
12.269,38*100/46.953,52=26,09065305
26,1058859
Gem. § 33 EStG 1988: 26,11% von41.871,52 (=42.458,38 €-454,86-132,00)
26,11% von 41.871,52=
10.932,65 €
Steuer sonstige Bezüge KZ 220
246,45 €
Einkommensteuer
11.179,10 €
Anrechenbare Lohnsteuer
-9.736,41 €
1.442,69 €
Rundung (§39 Abs. 3 EStG)
0,31 €
Festgesetzte Einkommensteuer
1.443,00 €
Kontrollrechnung
Einkünfte aus n.s. Arbeit
42.458,38 €
Progressionseinkünfte
19.408,74 €
Werbungskosten ohne Pauschbetrag
-454,86 €
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
61.280,26 €
-1.761,14 €
1.761,14 €
Einkommen
61.280,26 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge nach § 33 EStG
18.744,52 €
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
18.344,52 €
Steuer sonstige Bezüge KZ 220
246,45 €
Einkommensteuer
18.590,97 €
Anrechenbare Lohnsteuer
-9.736,41 €
Festgesetzte Einkommensteuer
8.854,56 €

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da die Hochrechnung jenes Teiles der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit außerhalb des Bezugszeitraumes des Arbeitslosengelds aus § 3 Abs. 2 EStG 1988 hervorgeht und im Sinne der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen worden ist. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100094.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at