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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.03.2023, RV/2100884/2022

Beihilfenschädlicher Studienwechsel und Rückforderung der Familienbeihilfe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2100884/2022-RS2
Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen.
Folgerechtssätze
RV/2100884/2022-RS1
wie RV/7102584/2022-RS2
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen, Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge.
RV/2100884/2022-RS2
wie RV/7102584/2022-RS3
Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist.
RV/2100884/2022-RS3
wie RV/7102584/2022-RS4
Ein dem Anspruch auf Familienbeihilfe entgegenstehender Studienwechsel liegt grundsätzlich vor, wenn das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester gewechselt wird (§ 17 Abs. 1 Z 2 StudFG). Wird nach dem dritten inskribierten Semester das Studium gewechselt, liegt gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG ein günstiger Studienerfolg nicht vor. Das bedeutet, dass gemäß § 2 FLAG 1967 i. V. m. § 17 Abs. 3 StudFG im neuen Studium grundsätzlich für so viele Semester des neuen Studiums keine Familienbeihilfe auszuzahlen ist, wie das zu spät gewechselte Studium gedauert hat.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für 10/2018 - 2/2020, SVNR Bf. ***1***, für das Kind ***2***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Von der Beschwerdeführerin (Bf.) wurde mit Bescheid vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Tochter für den Zeitraum 10/2018 - 2/2020 zurückgefordert, weil die Tochter ihr Erststudium nach dem 4. Semester gewechselt hat.

Dagegen brachte sie Beschwerde vom ein, legte zahlreiche Bestätigungen der Universität vor und führte (wohl deren Tochter) aus:
"Im Wintersemester 2016 bis Ende des Sommersemester 2018 habe ich das Studium ***3*** belegt. Die notwendige ECTS-Anzahl für die Familienbeihilfe wurde immer erreicht und auch immer fristgerecht eingereicht. Aus dem ***3***studium konnte ich mir für mein jetziges Studium ***4*** insgesamt 12 ECTS anrechnen lassen. Der Wechsel wurde bekanntgegeben. Aufgrund einer versäumten Anmeldefrist für das Studium ***4*** studierte ich daraufhin ***5*** mit Schwerpunkt ***4*** vom Wintersemester 2018 bis Ende Sommersemester 2019. In diesem Studium absolvierte ich nur Prüfungen, die für mein jetziges Studium ***4*** relevant sind. Insgesamt habe ich Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS abgelegt und diese für mein derzeitiges Studium anrechnen lassen können. Auch dieser Studienwechsel wurde bekanntgegeben. Auf Nachfrage des Finanzamtes im August 2020 wurden alle Dokumente überbracht. Unter anderem auch die Anrechnungen meiner abgelegten Prüfungen für mein derzeitiges Studium, welche insgesamt 28 ECTS betragen.

Daraufhin wurde die Beihilfe für weitere 2 Jahre bewilligt. Die Studienerfolgsnachweise wurden immer pünktlich eingereicht und seitens der Behörde kamen im Wintersemester 2018 und August 2020 keine Einsprüche auf ein fehlerhaftes Verhalten meinerseits. Ich beziehe keine weiteren Leistungen vom Staat und bin seit mittlerweile über 4 Jahrenehrenamtlich beim Roten Kreuz ***8*** Stadt als Rettungssanitäterin im Rettungsdienst tätig und habe mittlerweile über 1800 Stunden geleistet, um meinen Teil an die Gesellschaft zurückzugeben. Damit möchte ich darlegen, dass ich ein ordentlicher Bürger bin und es nicht in Ordnung ist, einen Fehler auszubaden der offensichtlich seitens der Behörde gemacht wurde - und das im Jahr 2018. Nach über 3 Jahren und einer Bewilligung in der Zwischenzeit später, in der die Behörde alle Dokumente erhalten hatte, ist es äußerst unfair die Forderungen erst jetzt zu stellen. Hätten Sie mich damals darauf aufmerksam gemacht, dass der Studienwechsel oder die Studiendauer nicht zulässig waren und ich dadurch keine Beihilfe beziehen kann, wäre ich damit einverstanden gewesen und hätte es akzeptiert.
Nachdem Sie in der Zwischenzeit meinen Fall wieder überprüft hatten und mir daraufhin die Beihilfe für weitere 2 Jahre genehmigt haben, bin ich mir keiner weiteren Schuld bewusst. Sie müssen auch mich verstehen, dass ich es nicht ganz einsehe in so kurzer Zeit einen derartig hohen Betrag zurückzuzahlen. Da ich mich noch mitten in meinem Vollzeit Studium befinde, ist es für mich nicht möglich nebenher auch noch Vollzeit zu arbeiten. Dementsprechend sehe ich derzeit keine Möglichkeit so viel Geld zu verdienen, um mir etwas auf die Seite zu legen. Einer der Werte meiner Erziehung war und ist es, mich nicht zu verschulden. Daher wiederstrebt es mir mich aufgrund eines Fehlers, der seitens des Finanzamtes begangen wurde, zu verschulden!"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen und begründend ausgeführt:
"Die Familienbeihilfe steht unter folgenden Voraussetzungen zu:
• Das Studium wurde nicht mehr als zwei Mal gewechselt
• Das Studium wurde vor dem 3. gemeldeten Semester gewechselt
Rechtshinweis: § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG 1967) in Verbindung mit
§ 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG).

Bei einem Studienwechsel nach dem 3. gemeldeten Semester steht Familienbeihilfe dann zu, wenn die absolvierten Semester aus dem Vorstudium zur Gänze angerechnet wurden (§ 17 Studienförderungsgesetz 1992).

Wenn ein Studienwechsel zu einem Wegfall der Familienbeihilfe führt, besteht erst wieder Anspruch, wenn im neuen Studium so viele Semester absolviert wurden wie im vorigen (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992).
Das Studium
***6*** Bachelor ***3*** war von -, also 4 Semester gemeldet. Ab erfolgte der Wechsel auf ***7*** Bachelor ***5.1***.

Aufgrund der angeführten gesetzlichen Bestimmungen handelt es sich dabei um einen schädlichen Studienwechsel, der ab WS 2018/19 (dh. ab 10/2018) eine "Stehzeit", dh. Zeit ohne Anspruch auf Familienbeihilfe von 4 Semestern zur Folge gehabt hätte. Aufgrund der angerechneten Prüfungen aus dem Studium ***3*** im Wert von 12 ECTS verminderte sich die Stehzeit auf 3 Semester (pro angefangene 30 ECTS-Punkte vermindert sich die Stehzeit um 1 Semester). Dh. für die Zeit von 10/2018 bis 2/2020 bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Rückforderung für die bereits ausbezahlten Beträge war bei der Erledigung im Dezember 2020 aufgrund der Covid-Bestimmungen VORLÄUFIG nicht durchzuführen. Das bedeutet jedoch lediglich, dass die Rückforderung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurde. Die von Ihnen angesprochene Weiterverlängerung war kein Fehler der Behörde, sondern erfolgte zu Recht, nachdem Ihre Tochter weiterhin studiert."

Die Bf. brachte mit einen Vorlageantrag ein ohne weiteres neues Vorbringen, welcher dem BFG zur Entscheidung vorgelegt wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.) studierte ab dem Wintersemester 2016/2017 bis zum Sommersemester 2018 ***3***, somit insgesamt 4 Semester.
Im Wintersemester 2018/2019 begann sie das Bachelorstudium ***5*** mit Schwerpunkt ***4***, welches sie nach dem Sommersemester 2019 abgebrochen hat.
Seit dem Wintersemester 2019/2020 studiert die Tochter der Bf. ***4***.
Ihr wurden aus dem ***3***studium Prüfungen im Umfang von 12 ECTS und aus dem Studium ***5*** (alle abgelegten) Prüfungen im Umfang von 16 ECTS für das ***9***sstudium angerechnet, also insgesamt 28 ECTS.
Die Studienwechsel hat die Bf. dem FAÖ angezeigt.
Der Bf. wurde für ihre Tochter (auch) im Zeitraum Oktober 2018 bis Februar 2020 Familienbeihilfe gewährt, die mit Bescheid vom zurückgefordert wurde.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist insoweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
.... ….
(10. Satz) Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305,angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß. …. ….

Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich gemäß § 2 Abs. 9 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 28/2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
…. .…
Folgende Regelungen des § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG 1992) idF BGBl. I Nr. 54/2016 (Studienwechsel) sind für den vorliegenden Fall von Bedeutung:
"§ 17 Abs. 1: Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Abs. 2: Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,
5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

Abs. 3: Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) Familienbeihilfe gewährt wird, steht gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 letzter Satz auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist im beschwerdegegenständlichen Fall, ob nach dem Studienwechsel für die Tochter der Bezug der Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen (für den Rückforderungszeitraum) zusteht.
Nicht strittig ist, dass die Tochter nach dem vierten Semester ihr Erststudium gewechselt hat, für welches sie aufgrund des Vorliegens eines günstigen Studienerfolges auch Familienbeihilfe bezog.

Nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung haben u.a. Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die sich in Berufsausbildung befinden, wobei auch ein Studium - bei entsprechendem Studienerfolg - als Berufsausbildung den Familienbeihilfenanspruch begründet.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe, dh. das Vorliegen einer Berufsausbildung ist bei einem Studienwechsel nur gegeben, wenn ein nach § 17 StudFG günstiger Studienerfolg vorliegt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel iSd § 17 StudFG vor, wenn die Studierende das von ihr begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt ( mwN).

Nachdem feststeht, dass bei der Tochter der Bf. ein Studienwechsel vorliegt, ist § 17 StudFG anzuwenden.

Mit dem Verweis in § 2 Abs. 1 lit. b (10. Satz) FLAG 1967 ist der Begriff "günstiger Studienerfolg" auch für die Beurteilung, ob eine Berufsausbildung vorliegt, maßgeblich.
Kein günstiger Studienerfolg und damit ein - für den Anspruch auf Familienbeihilfe - "schädlicher" Studienwechsel liegt nach § 17 Abs. 1 Z 1 bis 3 StudFG vor, wenn
Z 1: das Studium öfter als zweimal gewechselt wird oder
Z 2: das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester gewechselt wird oder
Z 3: nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium kein günstiger Studienerfolg nachgewiesen wird, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2000/13/0103, Rechtssatz Nr. 3, festhält, lässt sich die Rechtsansicht, die Regelung der Vorschrift des § 17 Abs. 1 Z 3 Studienförderungsgesetz 1992, nach welcher der Nachweis eines günstigen Studienerfolges im neuen Studium (einen günstigen Studienerfolg erweise und deshalb) zum Wiederaufleben des Anspruches auf Familienbeihilfe führe, mit dem Wortlaut der Vorschrift des § 17 Abs. 1 Studienförderungsgesetz 1992 im Kontext seiner Regelungen nicht in Einklang bringen. Sämtliche einen günstigen Studienerfolg ausschließenden Tatbestandsmerkmale der drei Ziffern dieser Norm werden durch das Bindewort "oder" verbunden, was für sich schon dafür spricht, jeden dieser "drei Tatbestände" als selbstständiges Ausschlussmerkmal normiert zu verstehen. Eine Erstreckung des letzten Halbsatzes der Bestimmung des § 17 Abs. 1 Z 3 ("bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium") über den Ausschlusstatbestand des § 17 Abs. 1 Z 3 Studienförderungsgesetz 1992 hinaus auch auf die Z 2 (und diesfalls konsequenterweise wohl auch auf die Z 1) der Norm würde die Ausschlusstatbestände der Z 1 und 2 jeglichen normativen Inhaltes berauben. Sollte nämlich der Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium schlechthin schon als günstiger Studienerfolg nach einem Studienwechsel gelten, dann wäre es bedeutungslos, wenn das Studium öfter als zweimal oder nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt worden wäre.

Der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen und die Rechtsprechung des VwGH ist klar und eindeutig, auch für das BFG besteht kein Ermessen hinsichtlich einer Gewährung der Familienbeihilfe für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum (vgl. ; ).

Fehlt es somit an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Als Ergebnis der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen ist demnach festzuhalten:

Weil die Tochter das begonnene Studium an der Universität nach dem vierten Semester, ohne entsprechenden Abschluss abgebrochen hat, um ein neues Studium zu beginnen, ist nach den gesetzlichen Bestimmungen von einem insofern "schädlichen" Studienwechsel für den (nahtlosen) Weiterbezug der Familienbeihilfe auszugehen. Ein anschließender Weiterbezug wäre nur möglich, wenn die Tochter spätestens nach dem zweiten Semester gewechselt hätte (bzw. das gesamte Vorstudium auf das neue Studium anzurechnen gewesen wäre).

Die Konsequenz des verspäteten Wechsels ist, dass der Familienbeihilfenanspruch erst wieder besteht (auflebt), wenn die Tochter im neuen Studium so viele Semester zurückgelegt hat, wie sie in dem zu spät gewechselten Studium verbracht hat, also erst nach vier Semestern im neuen Studium (bzw. den neuen Studien, da sie ja zweimal wechselte).

Wird der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen, ist die Anzahl der anerkannten ECTS-Punkte aus den Vorstudien maßgeblich. Das Arbeitspensum eines Studienjahres ist nach § 54 Abs 2 UG 2002 für alle Bildungseinrichtungen und für alle Studien mit 60 ECTS-Punkten bemessen, daher ist pro Anerkennung von Vorstudienleistungen im Ausmaß von 30 ECTS-Punkten ein Semester zu berücksichtigen (bei Anerkennung von 1 bis 30 ECTS-Punkten ein Semester, bei Anerkennung von 31 bis 60 ECTS-Punkten zwei Semester usw). Wird mit dieser Anrechnung die Semesteranzahl der Vorstudien erreicht, wird vom Gesetzgeber damit unterstellt, dass für das nunmehr betriebene Studium der annähernd gleiche (Zeit)Aufwand erforderlich gewesen wäre (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 101) .
Weil der Tochter Lehrveranstaltungen idHv 28 ECTS angerechnet wurden, verkürzt sich die Wartezeit von vier auf drei Semester.
Ab dem Sommersemester 2020 steht der Familienbeihilfenbezug wieder zu, vorausgesetzt, dass bei der Tochter eine Berufsausbildung vorliegt.

Zum Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben:

Die Bf. wendet sich gegen die Rückforderung der Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag vor allem auch deshalb, weil sie dem Finanzamt gegenüber den Sachverhalt hinsichtlich der Studienwechsel der Tochter offenlegte und das Finanzamt trotzdem die Familienbeihilfe gewährt hatte, um diese schließlich wieder zurückzufordern.

Selbst wenn es aufgrund einer unrichtigen bzw. unvollständigen Würdigung des Sachverhaltes zu einer weiteren Auszahlung der Familienbeihilfe im Fall der Bf. gekommen ist, steht dies einer Rückforderung zu Unrecht gewährter Familienbeihilfe nicht entgegen.

Die Bf. bezieht sich hier auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Dabei handelt es sich um eine allgemeine, ungeschriebene Rechtsmaxime, die grundsätzlich auch im öffentlichen Recht zu beachten ist. Gemeint ist damit, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben.

Zu beachten ist jedoch auch das in Art. 18 Abs. 1 B-VG normierte Legalitätsprinzip:
"Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. ) ist das Legalitätsprinzip grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben. Im Erkenntnis des , wird unter Hinweis auf die Vorjudikatur festgestellt: "Vor dem Hintergrund des Art. 18 Abs. 1 B-VG kommt es der Vollziehung nicht zu, durch bloße Auskunftserteilung die Anordnungen des Gesetzgebers zu unterlaufen. Die Verbindlichkeit eines Gesetzes wird durch die Auskunftserteilung nicht in Wegfall gebracht. Der Grundsatz von Treu und Glauben kann somit nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Exekutive einen Vollzugsspielraum eingeräumt hat."

Der Grundsatz von Treu und Glauben kann sich somit in jenen Bereichen auswirken, in welchen es auf Fragen der Billigkeit (wie in § 20 BAO oder bei der Wiederaufnahme des Verfahrens, § 303 BAO) ankommt (). Von Bedeutung ist dieser Grundsatz - im Rahmen einer vorzunehmenden Ermessensübung - dort, wo die Steuerpflichtige durch die Abgabenbehörde (auf Grund einer erteilten Auskunft) zu einem bestimmten Verhalten veranlasst wurde ().

Dass die Tochter aufgrund der fehlerhaften Vorgangsweise des Finanzamtes das Erststudium (verspätet) abbrach, ergibt sich nicht aus der Aktenlage bzw. wird auch von der Bf. nicht behauptet.

Dass aber die Bf. auf Grund des vom Finanzamt erzeugten Anscheins und der Weitergewährung davon ausging, ihr stünden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu, hindert eine Rückforderung nicht.

Wie der VwGH judiziert, normiert § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. mit Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung wie Erkenntnisse ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ).
Vgl. zur umfangreichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch die ausführlichen Hinweise von Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 Rz 12 ff mwN.

Aufgrund der sich aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergebenden objektiven Erstattungspflicht besteht für die Abgabenbehörde insofern kein Vollzugsspielraum. Nach der genannten Gesetzesstelle hat vielmehr derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. zB ; und und ; ).
Da im beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine den Familienbeihilfenanspruch begründende Berufsausbildung bei der Tochter der Bf. nach der Gesetzeslage gegeben ist und die Rückerstattungspflicht des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 - auch dem BFG - kein Ermessen einräumt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Hinweis:

Aufgrund der geltenden Gesetzeslage besteht materiell kein Anspruch auf Familienbeihilfe bei beschwerdegegenständlich gegebenem Sachverhalt.
Im Falle einer allenfalls gegebenen Unbilligkeit der Einhebung nach Lage des Falles steht der Bf. die Möglichkeit eines entsprechend begründeten Nachsichtsantrages gemäß § 236 BAO offen.

Es steht der Bf. frei, allenfalls beim Finanzamt einen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO einzubringen. Ein Nachsichtsverfahren ist ein von der Rückforderung getrenntes Verfahren. Die Gewährung einer Nachsicht liegt im Ermessen des Finanzamtes (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26, Rz 78).
Im Zuge eines Nachsichtsverfahrens ist das Vorliegen von persönlichen und sachlichen Unbilligkeitsgründen für die Einhebung einer Abgabe (bzw. hier: für eine Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen) seitens des Finanzamtes zu überprüfen.

Nach der Rechtsprechung kann eine sachliche Unbilligkeit vorliegen, wenn durch die Beihilfenbehörde der Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. ) dadurch verletzt wurde, dass der Nachsichtswerber auf ein unrichtiges Verhalten der Behörde, das eindeutig und unzweifelhaft für ihn zum Ausdruck kam, vertraut und danach disponiert hat (vgl. Wanke aaO, § 26 Rz 84 und ; ; und VO des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung iSd § 236 BAO, BGBl II 2005/435 idF BGBl II 2019/236).

Ein derartiges Verhalten der Behörde kann sich nicht nur aus telefonischen Rechtsauskünften, die in der Praxis schwer nachweisbar sind, sondern grundsätzlich auch aus Mitteilungen über den Familienbeihilfenbezug bei zuvor durch den Beihilfenbezieher vollständig offengelegtem Sachverhalt ergeben (vgl. ).

Über eine Nachsicht ist nicht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Rückforderungsbescheid vom BFG zu entscheiden. Das Nachsichtsverfahren ist ein eigenes Verwaltungsverfahren, welches das Finanzamt aufgrund eines entsprechenden Antrages gegebenenfalls zu entscheiden hat.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfolgen im beschwerdegegenständlichen Fall ergeben sich unmittelbar aus den anzuwendenen vom Wortlaut her eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen und wurde im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des VwGH gefolgt.
Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Graz, am

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