Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.01.2023, RV/7103435/2022

Annahme einer bestimmten Vertragsdauer bei einem Pachtvertrag über Geschäftsflächen trotz Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG. Einzelne im Vertrag vereinbarte Kündigungsrechte stehen der Beurteilung des Vertrages als einen auf bestimmte Dauer abgeschlossenen, nicht im Wege. Die Option auf Verlängerung der vereinbarten Bestanddauer ist als gebührenrechtlich nicht beachtliche Bedingung zu behandeln.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid gemäß § 200 Abs. 2 BAO des ***FA*** vom , St.Nr. ***2***, betreffend Gebühren für einen Bestandvertrag mit ***3***. zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Am schlossen die ***Bf1*** und ***4*** einen Bestandvertrag über das Bestandobjekt ***5***, mit einer Fläche inklusive Nebenräumlichkeiten von ca. 471 m2, im Fachmarktzentrum ***6*** ab.

Gemäß Punkt II des Vertrages wird das Bestandverhältnis auf die Dauer von 7 Jahren (in Worten: sieben Jahre) fest abgeschlossen und endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, nach Ablauf dieses Zeitraums. Die Bestandnehmerin (BN) hat weiters die Option, das Bestandverhältnis für die Dauer von weiteren 5 Jahren unter denselben Konditionen zu verlängern. Die Ausübung dieses Optionsrechtes ist der BG mindestens 6 Monate vor Ablauf der Bestandfrist schriftlich mitzuteilen.

Insbesondere wurde beurkundet:

"I.

Bestandobjekt

Der Bestandgegenstand ist Teil eines Verbundes von Geschäftsflächen, welcher von der Qualität des Warenangebotes her als Fachmarktzentrum "FMZ" bezeichnet wird. Die Geschäftslokale des FMZ werden nach einem bestimmten Branchen- und Betriebstypenmix situiert, wobei es Zielsetzung ist, durch gezielte Auswahl der BN, ein hohes Niveau des Warenangebotes, der Präsentation und Auslagengestaltung sowie der Personal- und Serviceleistung, laufend aufrecht zu erhalten….

Die BG gibt im FMZ im Grundbuch ***7*** auf der Liegenschaft mit der Grundstücksnummer ***8*** an die BN in Bestand und diese nimmt ein Geschäftslokal in diesem FMZ mit der Bezeichnung ***5*** mit einer Fläche inklusive Nebenräumlichkeiten von ca. 471m2 (laut beiliegendem Grundrissplan)und welches gemäß der Beilage b) Bau-undAusstattungsbeschreibung ausgestattet ist, zum Verwendungszweck für den Betrieb einesEinzelhandels mit Schuhen, Taschen, Handtaschen, Furnituren, Accessoires, imNebensortiment Sonder- und Aktionsartikel wie z.B. Sporttextilien, Geschenkartikel gemäßdem ***9*** unter der Bezeichnung "***10***" in Bestand.

Die vorhandenen Kundenparkplätze werden gemeinsam genutzt und während der Geschäftszeiten im FMZ keinesfalls Vertragsgegenstand eines gesonderten Bestandvertrages.…

II.

Laufzeit des Bestandvertrages/Ordentliche und außerordentliche Kündigung

Das Bestandverhältnis beginnt mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe des Bestandgegenstandes an die BN. Die Übergabe in der vereinbarten Ausstattung erfolgtmindestens vier Wochen vor der geplanten Eröffnung des Geschäftslokals der BN. DerÜbergabetermin ist der BN von der BG mindestens zwei Wochen im Voraus schriftlichmitzuteilen. Eine Übergabe zwischen 15. Oktober und 31. Januar sowie zwischen 15. Aprilbis 15. Juli eines jeden Jahres ist ausgeschlossen. Erfolgt die Übergabe nicht spätestens biszum ***11*** aus einem von der BN nicht zu vertretenden Grund, so ist die BN berechtigt,nicht aber verpflichtet, fristlos von diesem Bestandvertrag zurückzutreten.

Das Bestandverhältnis wird auf die Dauer von 7 Jahren (in Worten: sieben Jahre) fest abgeschlossen und endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, nach Ablauf dieses Zeitraums. Die BN ist jedoch berechtigt, durch einseitige Erklärung die Bestandzeit um weitere 5 Jahre unter denselben Konditionen zu verlängern. Die Ausübung dieses Optionsrechtes ist der BG mindestens 6 Monate (in Worten: sechs Monate) vor Ablauf der Bestandfrist schriftlich mitzuteilen.

Ungeachtet der vereinbarten Vertragsdauer kann die BG den Vertrag mit sofortiger Wirkung auflösen (außerordentliche Kündigung), wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt, und zwar insbesondere, wenn

  • 1. die BN ihren finanziellen Verpflichtungen aus diesem Vertrag innerhalb von acht Wochen nach Fälligkeit trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer vierzehntägigen Nachfrist nicht nachgekommen ist,

  • 2. die BN trotz schriftlicher Mahnung vom Bestandobjekt einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht und trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer 6-tägigen Nachfrist (sechs Werktage, wobei Samstage als Werktage gelten) dieser erheblich nachteilige Gebrauch nicht beendet ist,

  • 3. über das Vermögen der BN ein Insolvenzverfahren eröffnet wird oder dessen Eröffnung mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde,

  • 4. die BN rechtskräftige behördliche Auflagen oder gesetzliche Bestimmungen nicht einhält, behördliche Ersatzvornahmen behindert oder vereitelt, oder verhängte Verwaltungsstrafen aus und im Zusammenhang mit diesem Bestandvertrag bzw., dem Betrieb des Geschäftslokals nicht fristgerecht bezahlt und trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer 14-tägigen Nachfrist diese Sachverhalte nicht beseitigt sind,

  • 5. die BN sonst eine Verpflichtung aus diesem Vertrag trotz Mahnung mittels eingeschriebenem Brief in gröblicher Weise verletzt (insbesondere einseitige Änderung des Verwendungszweckes) und trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer 6-tägigen Nachfrist (sechs Werktage, wobei Samstage als Werktage gelten) die gröbliche Verletzung der Verpflichtung aus diesem Vertrag nicht beendet ist,

  • 6. die BN die unter § IX vereinbarte Betriebspflicht trotzMahnung mittels eingeschriebenem Brief nicht einhält.

  • Bei außerordentlicher Kündigung durch die BG, die von der BN zu vertreten ist, haftet die BN für Schäden, welche die BG durch die vorzeitige Beendigung des Bestandverhältnisses erleidet. Die BG wird ihrer Schadensminderungspflicht nachkommen.

  • Wird nach dem Ablauf der Bestandzeit der Gebrauch des Bestandgenstandes von der BNfortgesetzt, so verlängert sich das Pachtverhältnis auch dann nicht, wenn die BG dem nichtwiederspricht.

Unbeschadet der vereinbarten befristeten Bestanddauer ist die BG berechtigt, das Bestandverhältnis bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe gemäß S 30 Abs 2 MRG unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Quartalsletzten vorzeitig aufzulösen, wobei eine Kündigung aufgrund eines von der BN gesetzten Kündigungsgrundes erst nach erfolgloser Mahnung und Setzung einer angemessenen Nachfrist von mindestens 14 Tagen zulässig ist.

Die BN kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und unbeschadet allfälliger weiterer in diesem Bestandvertrag geregelter Auflösungsrechte den Bestandvertrag mit sofortiger Wirkung unter anderem auflösen, wenn

1. bei Übergabe des Bestandgegenstandes, die Fläche des Bestandgegenstandes um mehr als 5% von der in diesem Bestandvertrag festgehaltenen Fläche abweicht…

2. die BG den Bestandgegenstand im vertraglich vereinbarten Umfang nicht bis spätestens ***11*** an die BN übergeben hat,…

3. zumindest einer der ***12*** im FMZ (Baustufe I) vertreten ist,

4. über einen Zeitraum von mehr als sechs (6) aufeinander folgenden Monaten weniger als 70% der vermietbaren Fläche des FMZ vermietet sind;

5. während der ersten fünf Jahre der Bestandzeit zumindest einer der Handelsmieter ***13*** länger als 6 (sechs) aufeinander folgende Monate im FMZ nicht vertreten ist.

  • Die BN erhält nach Ablauf von 3 Jahren nach Übergabe ein Sonderkündigungsrecht, dass mit einer Frist von 6 Monaten schriftlich auszuüben ist, falls der Bruttojahresumsatz des 3. Bestandjahres unter dem Betrag von € 850.000,00 liegt….

III.

Bestandzins

In den ersten beiden Bestandjahren zahlt die. BN von Ihrem, im Geschäftslokal jährlich erzielten Nettoumsatz einen reinen Umsatzbestandzins. Der Umsatzbestandzins beträgt…

Die BN leistet eine monatliche Vorauszahlung in Höhe von € 10 pro m2 (in Worten: zehn Euro pro Quadratmeter) Nutzfläche des Geschäftslokals auf einen (allfälligen) Umsatzbestandzins zuzüglich - unter den Voraussetzungen des Art. V. - Betriebs- und Nebenkosten sowie die jeweils geltende gesetzliche Umsatzsteuer.

Zur Klarstellung wird festgehalten, dass die BN bis zu einem jährlichen Bruttoumsatz von ***14*** keinen Bestandzins sowie bis zu einem jährlichen Bruttoumsatz von ***15*** keine Betriebs-und Nebenkosten zu leisten hat und dementsprechend die bereits geleisteten Vorauszahlungen auf den Bestandzins sowie auf die Betriebs- und Nebenkosten nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres Innerhalb von 4 Wochen komplett zurückzuerstatten der BN sind.…

Ab dem dritten Bestandjahr zahlt die BN von ihrem im Geschäftslokal jährlich erzielten Nettoumsatz einen Umsatzbestandzins wie folgt….

V.

Betriebskosten

Die BN hat sämtliche mit dem Betrieb ihres Bestandobjekts verbundenen Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und Verwaltungskosten anteilig zu tragen. Betriebskosten sind sämtliche Kosten, die mit dem Betrieb, der Pflege, der technischen Wartung, Instandhaltung und Verwaltung des Objekts und der dazugehörigen Außenanlagen verbunden sind. Die Kosten für eine Generalsanierung des FMZ sowie der Behebung ernster Schäden der Gebäudesubstanz (ua Schäden an tragenden Teilen, Feuchtigkeitsschäden in Wänden und Estrich, an Strom- und Wasserleitungen, am Dach oder Außenmauern) werden ausschließlich von der BG getragen.

Frühestens mit Erreichen eines Jahresbruttoumsatzes von zumindest ***16*** beteiligt sich die BN anteilig an den hier angeführten Kosten. Die BN erklärt sich bereits mit vertragskonformer Übergabe des Bestandgegenstandes ein monatliches Akonto in Höhe von € 1,75(in Worten einen Euro und fünfundsiebzig Cent) zuzüglich der gesetzlichenMehrwertsteuer für die Bestandfläche zu leisten. Dieses Akonto ist zusammen mit demmonatlichen Bestandzins zu bezahlen. Die BG hat das Recht, die Höhe der monatlichen Akonti den, tatsächlichen anfallenden Kosten nach erfolgter Jahresabrechnung anzupassen.Die BG wird diese Akonti jährlich abrechnen. …

VIII.

Unterbestandrecht

Die gänzliche oder teilweise, entgeltliche oder unentgeltliche Untervermietung, Unterverpachtung, in welcher Form auch immer, an Dritte ist der BN ohne vorherigeschriftlicher Zustimmung der BG nicht gestattet dies mit Ausnahme einer Untervermietung /Unterverpachtung innerhalb des ***17***.

Die gänzliche oder teilweise Weitergabe des Bestandsgegenstandes an Dritte in welcher Form auch immer ist ohne vorherige schriftlicher Zustimmung der BG unzulässig.

…"

Mit Bescheid vom wurde die Gebühr idHv. € 2.570,80 vorläufig festgesetzt. Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde um detaillierte Aufschlüsselung des tatsächlich bezahlten Pachtentgelts inkl. Umsatzpacht, Entgelt für das Lager sowie der Betriebs-, Heiz- u. Verwaltungskosten jeweils zuzügl. USt. von Beginn (genaues Datum) bis gebeten. Nach Vorhaltsbeantwortung durch die Partei wurde mit Bescheid vom die Gebühr idHv. € 9.797,46 endgültig festgesetzt, was eine Nachforderung von € 7.226,66 ergab. Die Gebühr wurde vom 12-fachen Jahreswert berechnet, der bestimmten Dauer von 7 Jahren wurde der vom Optionsrecht umfasste Zeitraum hinzugerechnet.

Dagegen wurde Beschwerde eingebracht. Die Bf wendet ein, dem mit vorliegender Beschwerde bekämpften Gebührenbescheid, sei zur Berechnung der Rechtsgeschäftsgebühr unrichtigerweise der zwölffache Jahreswert der vertraglich vereinbarten Zahlungen zugrunde gelegt worden. Richtigerweise wäre von einem aus gebührenrechtlicher Sicht unbefristeten Vertragsverhältnis auszugehen und somit die Gebühr auf Grundlage des dreifachen Jahreswertes zu berechnen.

Der gegenständliche Bestandvertrag sei als unbefristet anzusehen, weil die Parteien die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit für die Bestandgeberin bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 MRG vereinbart hätten.

Grundsätzlich stehe es den Vertragsparteien im Sinne der Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen. Maßgeblich für die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer sei u.a., dass keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten vorliege, was laut herrschender Judikatur (insbesondere ) etwa bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG gegeben sei (BFG, RV/7102166/2012). Nach der Judikatur des VwGH könne nur dann von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten gesprochen werden, wenn nicht alle denkmöglichen im § 30 Abs. 2 genannten Kündigungsgründe vereinbart würden (vgl. BFG, RV/5100753/2013).

Gemäß Punkt II. neunter Absatz des Vertrages seien, inter alia, sämtliche denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden. Da also der VwGH zur Annahme eines unbefristeten Vertrages bereits die Vereinbarung der denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG als ausreichend erachte, sei es völlig unerheblich, wie viele der in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründe auf den gegenständlichen Vertrag theoretisch anwendbar seien. Ausschlaggebend sei, dass von den theoretisch auf den gegenständlichen Vertrag anwendbaren Kündigungsgründen des § 30 Abs. 2 MRG auch alle vertraglich vereinbart und nicht etwa abbedungen seien. Das vom Finanzamt ins Treffen geführte Erfordernis eines "schrankenlosen Kündigungsrechts" bestehe nicht.

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstelle, sei eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden müsse (; ; ). Bei der Vereinbarung des Kündigungsrechts gemäß § 30 MRG (anders als bei vertraglich vereinbarten Kündigungsgründen bzw. sog "ausdrücklich bezeichnete Einzelfälle oder "Sonderkündigungsfälle") entfalle diese Einzelfallprüfung allerdings.

Ohne Zweifel ergebe sich aus der Judikatur des VwGH, dass bereits die bloße Vereinbarung aller denkmöglichen, im Einzelfall nicht zu prüfenden, Kündigungsgründe des MRG als ausreichend anzusehen sei. Es sei daher nicht darauf abzustellen, wie wahrscheinlich es sei, dass einer der gesetzlichen Gründe tatsächlich auch eintrete.

Die Auflösungsmöglichkeiten des Vermieters gem. § 30 Abs. 2 MRG qualifizierten den gegenständlichen Vertrag nach ständiger Rechtsprechung des VwGH als unbefristet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit folgender Begründung ab:

"Begründung:

Lt. Pkt. II des Vertrages wird der Vertrag auf die Dauer von 7 Jahren abgeschlossen. Der Bestandnehmer erhält außerdem die Option auf Verlängerung um 5 Jahre. Weiters sind im Pkt. IIdes Vertrages bestimmte Kündigungsgründe vereinbart, die den Vermieter zur sofortigen(außerordentlichen) Kündigung berechtigen. Lt. Pkt II 6) des Vertrages ist der Bestandgeberberechtigt, das Bestandverhältnis bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe gem. § 30 Abs. 2MRG aufzulösen.

Für die Festsetzung der Gebühren ist gem. § 17 Abs. 1 GebG der Inhalt der über dasRechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Demnach sind für diegebührenrechtliche Beurteilung der vereinbarten Laufzeit ausschließlich die beurkundetenKündigungsmöglichkeiten maßgeblich.

Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechts einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt gem. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlungaußer Betracht. Somit haben die vereinbarten außerordentlichen Kündigungsgründe auch keinenEinfluss auf die gebührenrechtliche Beurteilung. Die Option auf Verlängerung stellt eine bedingteVerlängerung dar, die gem. § 26 GebG gebührenrechtlich sofort zu berücksichtigen ist.

Bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 MRG ist nach ständiger Rechtsprechung nachGewicht und Wahrscheinlichkeit zu prüfen, inwiefern die Kündigungsgründe schlagend werdenkönnen und somit ob gebührenrechtlich ein Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Zeitvorliegt.

Bei genauerer Betrachtung der Kündigungsgründe des § 30 MRG stellt sich dar, dass die Ziffern2, 4, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15 u 16 des § 30 Abs. 2 MRG schon von vornherein ausscheiden,da es sich bei dem Mietgegenstand um kein Objekt entsprechend dieser Gesetzesstellen handelt.

Bei den übrigen Kündigungsgründen handelt es sich um nahezu idente Gründe, die auch alsaußerordentliche Kündigungsgründe im Vertrag vereinbart wurden und auch um Gründe, deren auslösendes Moment in der Sphäre des Bestandnehmers zu finden ist. Es liegt also nicht imBelieben des Bestandgebers eine jederzeitige Kündigung zu bewirken. Der Bestandgeber hatsomit kein uneingeschränktes Kündigungsrecht.

Aus all diesen Umständen wird der Schluss gezogen, dass unter Abwägung von Gewicht undWahrscheinlichkeit, gebührenrechtlich ein Vertrag auf bestimmte Zeit und unbestimmte Zeitvorliegt.

Die Beschwerde war daher abzuweisen."

Mit Schreiben vom wurde Vorlageantrag eingebracht.

Die Bf. bezieht sich in ihrer ergänzenden Argumentation insbesondere auf Punkt II. des Vertrages und wiederholt im Wesentlichen die Argumentation der Beschwerde.

Der gegenständliche Bestandvertrag sei als unbefristet anzusehen, weil die Parteien die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit für die Bestandgeberin bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 MRG vereinbart hätten.

Grundsätzlich stehe es den Vertragsparteien im Sinne der Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen. Maßgeblich für die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer sei u.a., dass keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten vorliege, was laut herrschender Judikatur (insbesondere ) etwa bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG gegeben sei (BFG, RV/7102166/2012). Nach der Judikatur des VwGH könne nur dann von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten gesprochen werden, wenn nicht alle denkmöglichen im § 30 Abs. 2 genannten Kündigungsgründe vereinbart würden (vgl. BFG, RV/5100753/2013).

Gemäß Punkt II. neunter Absatz des Vertrages seien, inter alia, sämtliche denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden. Da also der VwGH zur Annahme eines unbefristeten Vertrages bereits die Vereinbarung der denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG als ausreichend erachte, sei es völlig unerheblich, wie viele der in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründe auf den gegenständlichen Vertrag theoretisch anwendbar seien. Ausschlaggebend sei, dass von den theoretisch auf den gegenständlichen Vertrag anwendbaren Kündigungsgründen des § 30 Abs. 2 MRG auch alle vertraglich vereinbart und nicht etwa abbedungen seien. Das vom Finanzamt ins Treffen geführte Erfordernis eines "schrankenlosen Kündigungsrechts" bestehe nicht.

Bei der Vereinbarung des Kündigungsrechts gemäß § 30 MRG (anders als bei vertraglich vereinbarten Kündigungsgründen bzw. sog "ausdrücklich bezeichnete Einzelfälle oder "Sonderkündigungsfälle") entfalle die Einzelfallprüfung.

In der Entscheidung 90/15/0034 gehe der VwGH aufgrund eines Präsentationsrechtes des Mieters von einem unbefristeten Vertrag aus. Genau diese Vertragsauflösungsmöglichkeit ("Sonderkündigungsfall") werde einer Prüfung der Realisierbarkeit nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit unterzogen und eine klare Trennung zu den Kündigungsgründen des § 30 Abs. 2 MRG vorgenommen. Wenn schon die Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG - unter Berücksichtigung der Herausforderungen des aufkündigenden Vermieters bei der erfolgreichen Durchsetzung seiner Anliegen - die Annahme eines unbefristeten Vertrages rechtfertigt, so müsse es umso mehr für die Vereinbarung eines Präsentationsrechts ("argumentum a maiori ad minus") gelten.

Ohne Zweifel ergebe sich aus der Judikatur des VwGH, dass bereits die bloße Vereinbarung aller denkmöglichen, im Einzelfall nicht zu prüfenden Kündigungsgründe des MRG als ausreichend anzusehen sei. Es sei daher nicht darauf abzustellen, wie wahrscheinlich es sei, dass einer der gesetzlichen Gründe tatsächlich auch eintrete.

Bei den Kündigungsgründen gemäß § 30 Abs. 2 MRG handle es sich um eine bloß demonstrative Aufzählung. Den Vertragsparteien stehe es frei, zusätzliche Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 Z 13 MRG vorzusehen. Dabei überlasse es der Gesetzgeber den Vertragsparteien, die wichtigen und bedeutsamen Kündigungsgründe zu definieren (z.B. Kündigungsrecht der Bestandgeberin im Falle der Verletzung der Betriebspflicht durch die Bestandnehmerin gemäß Punkt II. sechster Absatz Ziffer 6. des Vertrages). Ein Kündigungsgrund könne jedoch auch aufgrund der Generalklausel gem. § 30 Abs. 1 MRG verwirklicht sein, soweit keine der Spezialtatbestände des § 30 Abs. 2 MRG vorlägen.

Diese habe nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG zu ersetzen, sondern diene dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber an Gewicht den Kündigungsgründen des § 30 Abs. 2 MRG gleichwertige Sachverhalte zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0070192).

Die Auflösungsmöglichkeiten des Vermieters gem. § 30 Abs. 2 MRG qualifizierten den gegenständlichen Vertrag nach ständiger Rechtsprechung des VwGH als unbefristet.

II. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die auf elektronischem Wege vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes.

III. Rechtliche Beurteilung

1.Rechtsgrundlagen

§ 17 Abs. 1 GebG lautet: Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

§ 17 Abs. 2 GebG lautet: Wenn aus der Urkunde die Art und Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird bis zum Gegenbeweise der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

§ 26 GebG lautet: Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind.

§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG lautet: Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert 1. im allgemeinen 1 v.H. ….

§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG lautet: Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

2.Zu den Kündigungsgründen

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist.

Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben ().

Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , und ).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und 0112 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteiengewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich ().

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , mwN).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112; , ).

Das Bundesfinanzgericht hat sich erst jüngst mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt.

Siehe dazu ua die folgenden Erkenntnisse:

; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; , .

Die gegen die Entscheidungen , , , , sowie eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof ebenso zurückgewiesen (siehe , , , , und ) wie die gegen eingebracht ordentliche Revision (siehe ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Entscheidung eingebrachten Beschwerde abgelehnt (vgl. und E 1740/2017).

3.

Dem von der Bf. zitierten Erkenntnis lag ein zwischen zwei Gesellschaften auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Mietvertrag über die Anmietung von Geschäftsräumen zu Grunde. Der Mieter gab einen Kündigungsverzicht ab und der Vermieter konnte nur bei Vorliegen von wichtigen Gründen kündigen, darüber hinaus wurde dem Mieter ein als Weitergaberecht bezeichnetes Präsentationsrecht eingeräumt:

"4) WEITERGABERECHT

Die Vermieterin räumt der Mieterin das Recht ein, auch während der vereinbarten Mietdauer einen Nachfolgemieter namhaft zu machen. Sofern gegen diese Person des Nachfolgemieters keine willkürlichen Gründe entstehen und insbesondere die Bonität dieses Nachfolgemieters ausreichend gesichert ist, verpflichtet sich die Vermieterin mit diesem von der Mieterin genannten Nachfolgemieter einen Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen dieses Vertragesabzuschließen und endet in diesem Fall das gegenständliche Mietverhältnis durch einvernehmliche Auflösung. Die Kosten der Errichtung und Vergebührung eines derartigen Nachmietvertrages hat der Nachfolgemieter zu tragen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat hie zu ausgeführt, dass das im vorliegenden Fall durch Punkt 4 des Mietvertrages eingeräumte Recht des Mieters, eine Auflösung des Vertrages unter Umständen durchaus realistischerweise auch gegen den Willen des Vermieters durchzusetzen, im konkreten Fall nach dem Gewicht und der Wahrscheinlichkeit der Vertragsauflösungsmöglichkeit so beurteilt werden muss, dass damit wegen der Freiheit des Mieters zur Vertragsbeendigung insgesamt eine ungewisse Vertragsdauer anzunehmen ist.

Das Präsentationsrecht des Mieters verleihe nämlich dem vorliegenden Vertrag - insbesondere verglichen mit dem Fall der Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG (früher 19 Abs. 2 MG) - unter Bedachtnahme auf die Schwierigkeiten, die bekanntermaßen ein aufkündigender Vermieter bei der erfolgreichen Durchsetzung seines Anliegens habe, ein derartiges Maß an Ungewissheit hinsichtlich seiner Dauer, dass arg. a maiori ad minus im Sinne der schon oben zitierten hg. Judikatur (Erkenntnisse vom , Zl. 86/15/0102, und vom , Zl. 88/15/0040, sowie der dort zitierten hg. Vorjudikatur) hier ein Bestandvertrag vorliege, der von Anfang an von ungewisser Dauer sei. Der VwGH beurteilte das "Weitergaberecht" im zitierten Fall als Präsentationsrecht, denn durch die Einräumung eines Präsentationsrechtes kann der Mieter einen Dritten namhaft machen, mit dem der Vermieter den Vertrag abschließt, d.h. der Mieter kann jederzeit den Vertrag auflösen, wodurch ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliegt. (bestätigt durch ).

Bezogen auf den zitierten Fall konnte die Mieterin irgendeinen Nachfolgemieter namhaft machen, sofern die Bonität gesichert war, die Vermieterin verpflichtete sich, mit dem Nachfolgemieter einen Mietvertrag, der im Übrigen auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden war, zu den gleichen Bedingungen abzuschließen und es sollte in diesem Fall das Mietverhältnis mit der Mieterin durch einvernehmliche Auflösung enden.

Demgegenüber ist der BN im vorliegenden Bestandvertrag die gänzliche oder teilweise, entgeltliche oder unentgeltliche Untervermietung bzw. Unterverpachtung, in welcher Form auch immer, an Dritte ohne vorheriger schriftlicher Zustimmung des BG nicht gestattet. (Punkt VIII. 1. Absatz). Nicht von den obigen Verboten umfasst ist lediglich die Untervermietung/Unterverpachtung innerhalb des ***17***. Ebenso ist die gänzliche oder teilweise Weitergabe des Bestandsgegenstandes an Dritte in welcher Form auch immer ohne vorherige schriftlicher Zustimmung der BG unzulässig.

4.Erwägungen

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass zwischen den Vertragsparteien ein Bestandvertrag iSd §§ 1090 ff ABGB abgeschlossen wurde, welcher nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG der Gebühr unterliegt. Ebenso unstrittig ist die Höhe des durchschnittlichen jährlichen Entgelts samt Nebenkosten. Strittig ist lediglich die Vertragsdauer.

Maßgeblich ist der beurkundete Inhalt des Rechtsgeschäftes, wobei der Urkundeninhalt in einer Gesamtschau aller in der Urkunde enthaltenen Bestimmungen zu ermitteln ist (vgl. ; ). Die Bemessungsgrundlage der Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge setzt sich aus dem Entgelt und der Bestanddauer zusammen.

Der gegenständliche Pachtvertrag enthält in Punkt II. 5. Absatz die ausdrückliche Regelung, dass das Bestandverhältnis auf die Dauer von 7 Jahren (in Worten: sieben Jahre) fest abgeschlossen wird und nach Ablauf dieses Zeitraumes endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Die BN hat weiters die Option, das Bestandverhältnis einmalig für die Dauer von 5 Jahren zu den gleichen Konditionen wie in der Vorperiode zu verlängern. Die Ausübung dieses Optionsrechtes ist der BG spätestens 6 Monate vor Ablauf der Bestandfrist schriftlich mitzuteilen.

Weiters stellen die Parteien in Punkt II. ausdrücklich fest, dass die BG den Vertrag mit sofortiger Wirkung auflösen kann (außerordentliche Kündigung), wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt und zählt diese Gründe in Punkt II. 1-6 auf.

Nur die in diesem Pachtvertrag genannten wichtigen Gründe, berechtigen somit zur vorzeitigen und außerordentlichen Vertragsauflösung. Den Vertragsparteien stehen darüber hinaus keine Gründe zu, die zu einer außerordentlichen Vertragsauflösung berechtigten. Der Verpächter kann also den Pachtvertrag nicht nach Belieben kündigen, sondern nur dann, wenn sich der Pächter im Wesentlichen vertragswidrig verhält, die Pacht nicht zahlt, vom Pachtgegenstand erheblich nachteiligen Gebrauch macht usw. ("Verletzung von Vertragspflichten", außerordentliches Kündigungsrecht). Im Übrigen erhält die BN nach drei Jahren ein umsatzabhängiges Sonderkündigungsrecht.

Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs. 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Die Anführung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG in einem Vertrag bedeutet nicht, dass in allen Fällen unkritisch von einer unbestimmten Vertragsdauer auszugehen ist. So ist der gesamte Vertragsinhalt einer Einzelfallprüfung zu unterziehen, die ergeben kann, dass von den Vertragsparteien eine zeitlich konkret begrenzte Bestanddauer gewollt ist, die bei vertragsgetreuem Verhalten aller Wahrscheinlichkeit nach auch erreicht wird.

Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG (früher § 19 Abs. 2 MG) stellt keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall - laut Judikatur des VwGH - ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist. Das bedeutet, dass allerdings dann noch von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten die Rede ist, wenn nicht alle in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründe vereinbart werden. In einem solchen Fall ist dann von einem auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrag auszugehen, wenn die darin einzeln angeführten Kündigungsgründe nach ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit so bedeutend sind, dass sie dem erklärten Willen der Parteien, sich auf bestimmte Dauer zu binden, entgegenstehen (vgl. ).

Die unter Punkt II. des Vertrages für eine Auflösung aus wichtigem Grund für die Verpächterin genannten Gründe ergeben sich aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw. qualifiziertem Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, womit die Kündigungsrechte von der Verpächterin nicht nach Belieben ausgeübt werden können und vielmehr jeglichem Einfluss entzogen sind. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor.

Wie das Finanzamt im Vorlagebericht zutreffend ausgeführt hat, setzen sämtliche Kündigungsgründe die Verletzung von Vertragspflichten durch die Bestandnehmerin voraus. Diese kann die Vertragsauflösung in den meisten Fällen verhindern, indem sie nach erfolgter Mahnung innerhalb der Nachfrist die Vertragsverletzung beendet. Die Bestandgeberin kann die Kündigungsrechte nicht nach Belieben ausüben, sie sind ihrem Einfluss gänzlich entzogen. Die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung für die Bestandgeberin ist in solchen Fällen keineswegs gewährleistet (Hinweis ; ; ; ). Die Vertragsauflösung wegen eines Kündigungsgrundes befreit außerdem nur die Bestandgeberin von ihren vertraglichen Pflichten, wegen der Schadenersatz- und Haftungspflichten für eine von ihr zu vertretende außerordentliche Kündigung ist die Bestandnehmerin weiterhin aus dem Vertrag verpflichtet (Punkt II.). Das Finanzamt hat insbesondere ausgeführt: "Im gegenständlichen Fall wird eine Geschäftsfläche in einem Einkaufszentrum in Bestand gegeben, die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG beziehen sich auf Wohnräume und sind daher nicht anwendbar. Eine Kündigung gem. Z 2, 11, 12, 14 und 15 ist wegen des gegebenen Sachverhalts nicht möglich. § 30 Z 13 sieht die Vereinbarung weiterer Umstände als Kündigungsgründe vor und ist kein eigener Kündigungsgrund. Eine Kündigung wegen Eigenbedarf nach § 30 Abs. 2 Z 9 MRG setzt nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes voraus, dass die juristische Person die vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes dringend benötigt und ist angesichts der geschäftlichen Tätigkeit der Bestandgeberin, Immobilien zu vermieten bzw. ein Einkaufszentrum zu betreiben, denkunmöglich. Lediglich die Kündigungsgründe der § 30 Z 1 (Mietzinsrückstand), Z 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch), Z 4 (bestimmte Fälle der Untervermietung) und Z 7 (keine regelmäßige Verwendung zu der im Vertrag bedungenen geschäftlichen Betätigung) können im vorliegenden Fall überhaupt zur Anwendung kommen. Der vertragliche Auflösungsgrund wegen Nichteinhaltung der Betriebspflicht umfasst auch Fälle des § 30 Abs. 2 Z 7 MRG (keine regelmäßige Verwendung zu der vertraglich bedungenen geschäftlichen Tätigkeit). Die Kündigungsgründe wegen Mietzinsrückstand (Z 1) und erheblich nachteiligen Gebrauchs (Z 2) sind mit den ersten zwei vertraglichen Kündigungsgründen (II.1 und II.2) ident. Lediglich der Kündigungsgrund wegen Untervermietung gem. § 30 Abs. 2 Z 4 MRG erweitert die vertraglichen Auflösungsmöglichkeiten, jedoch auch nur eingeschränkt (Punkt VIII. des Vertrages). Sämtliche Auflösungsgründe liegen in der Person der Bestandnehmerin, mit Ausnahme des Punkt II.3 (Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder Abweisung eines solchen mangels kostendeckenden Vermögens) handelt es sich um schwere Vertragsverletzungen. Die Kündigungsgründe liegen in der Sphäre der Bestandnehmerin und sind jeglichem Einfluss der Bestandgeberin entzogen. Die Bestandnehmerin kann die Auflösung verhindern, indem sie Vertragsverletzung beendet. Die Bestandgeberin kann den Vertrag nicht aus freier Entscheidung auflösen. Die anwendbaren Kündigungsgründe lassen eine frühzeitige Auflösung nur in begründeten Ausnahmefällen zu,…"

Gemäß § 26 GebG gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände die Vorschriften des Bewertungsgesetzes mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Vertragsverlängerungsoption nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer eines Vertrages verlängert (vgl. ).

Die Beifügung einer solchen Potestativbedingung bedeutet somit, dass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten Zeit und der vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (vgl. ). Die Bestandnehmerin kann den Vertrag durch schriftliche Erklärung zweimal um je fünf Jahre zu denselben Konditionen verlängern. Vertragsverlängerungsoptionen sind laut ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes wie Potestativbedingungen zu behandeln.

Nach dem Gesamtbild ist im gegenständlichen Fall somit gerade kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart worden und sind die, der Verpächterin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben ist. Im Gegenteil, wollten die Vertragsteile doch offensichtlich für eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein, was auch dem Bedürfnis nach wirtschaftlicher Sicherheit entspricht.

Dem Finanzamt ist weiters in seiner Beurteilung zu folgen, dass der bestimmten Vertragsdauer von sieben Jahren fünf Jahre für das Optionsrecht hinzuzurechnen und die Gebühr vom 12-fachen Jahreswert zu bemessen ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die ordentliche Revision nicht zulässig, weil durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, dass die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht entgegensteht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fallverschieden beantwortet werden muss (vgl. ua. ; ; ). Die Gewichtung und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der hier im konkreten Einzelfallvertraglich vereinbarten Kündigungsgründe ist eine Tatfrage.

Die gebührenrechtliche Behandlung einer Potestativbedingung, wonach die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten Zeit und der vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt, wurde bereits vom VwGH behandelt (vgl. ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise



















ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103435.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at