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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.02.2023, RV/7100401/2023

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100401/2023-RS1
Werden im Nachlass gedeckte Begräbniskosten nicht vom Erben, sondern von einem Dritten getragen, um den letzten Wunsch des Verstorbenen zu erfüllen und bei gegebener Durchsetzbarkeit eines Regressanspruches keine Maßnahmen zur Wiedererlangung des Eigentums gesetzt, ist die Zwangsläufigkeit der Belastung zu verneinen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom
betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2021, die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß.

Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 Beschwerde ein, beantragte die Berücksichtigung von Begräbniskosten in Höhe von 8.887,62 € für das Begräbnis des am ****** verstorbenen AB als außergewöhnliche Belastung und übermittelte den Einantwortungsbeschluss und die Vermögensaufstellung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, die Begräbniskosten seien nicht berücksichtigt worden, weil sie aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu tragen seien.

Innerhalb offener Frist brachte der Beschwerdeführer am einen Vorlageantrag ein und führte darin aus, er habe die Begräbniskosten für AB (xxxxxx) bezahlt. Der Erbe, der die Aktiva erhalten habe, könne diese wegen seiner finanziellen Lage nicht bezahlen.

Die belangte Behörde ersuchte den Beschwerdeführer bekanntzugeben, aus welchen Gründen er die Bezahlung der Begräbniskosten als Nichterbe übernommen habe.

Mit Schreiben vom gab dieser bekannt, er habe mit AB seit 1983 im Haus gewohnt und seit 1995 dessen Pflege übernommen, da der Sohn dies nicht gewollt habe. Seit 2014 (Herzinfarkt und weitere Krankheiten) sei die Pflege immer intensiver geworden. Es sei der letzte Wunsch des Verstorbenen gewesen, der Beschwerdeführer möge die Begräbniskosten übernehmen da der Sohn diese wegen seiner beruflichen Selbständigkeit nicht tragen könne. Daher werde ersucht, dies im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung zu berücksichtigen.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und in der Stellungnahme nach Zitat der Bestimmung des § 34 Abs. 3 EStG 1988 ausgeführt, nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung würden Aufwendungen, die freiwillig geleistet würden oder die auf Tatsachen zurückzuführen seien, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt worden oder sonst die Folge eines Verhaltens seien, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen habe, keine außergewöhnliche Belastung bilden (vgl. ).

Nach Peyerl (in Jakom EStG, 15. Aufl. 2022, § 34, Rz 90 - Stichwort "Begräbniskosten") würden Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten (§ 549 ABGB) gehören, sie seien vorrangig aus vorhandenen Nachlassaktiva zu bestreiten. Sei kein ausreichender Nachlass vorhanden, würden grundsätzlich die Unterhaltsverpflichteten des Verstorbenen haften. Würden die Kosten von anderen Personen getragen, könne Erstattung verlangt werden (). Zu einer endgültigen Belastung komme es daher nicht, soweit Ansprüche gegen Personen durchsetzbar seien, die für die Begräbniskosten haften würden bzw. denen Nachlassaktiva zugekommen seien (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke EStG 16. EL § 34 Anm. 78 "Begräbniskosten"). Eine außergewöhnliche Belastung auf Grund sittlicher Verpflichtung zur Übernahme von Begräbniskosten sei nicht ausgeschlossen (BFH , III R 208/82, BStBl II 87, 715), allerdings auf Fälle nicht bestehender bzw. nicht durchsetzbarer Erstattungsansprüche beschränkt, zB bei Begräbniskosten für einen vermögenslosen Lebensgefährten oder für einen vermögenslosen ehemaligen Ehegatten (); siehe auch DKMZ/Doralt § 34 Rz 78, Pülzl RdW 99, 553 sowie ; ; ; ; , 84/14/0040; ; , RV/2100553/2016).

Aus der der Beschwerde beigelegten Vermögensaufstellung sei eindeutig ersichtlich, dass sich die Vermögensaktiva auf 11.012,95 € beliefen und die geltend gemachten Begräbniskosten von 8.887,62 € darin Deckung fänden. Die Ansprüche zur Abdeckung der Begräbniskosten müssten daher gegenüber dem Erben als Empfänger der Nachlassaktiva geltend gemacht werden, was im gegenständlichen Fall aber aus freiwilliger Entscheidung nicht erfolgt sei.

Die Abgabenbehörde beantrage daher die Abweisung der Beschwerde als unbegründet, da auf Grund freiwilliger Entscheidung keine Zwangsläufigkeit vorliege.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer trug die Begräbniskosten in Höhe von 8.887,62 € für das Begräbnis des am ****** verstorbenen AB. Er war diesem gegenüber nicht unterhaltspflichtig. Mit der Übernahme der Begräbniskosten erfüllte der Beschwerdeführer den letzten Wunsch des Verstorbenen.

Die Nachlassaktiva betrugen laut Einantwortungsbeschluss 11.012,95 €; sie wurden dem Sohn des Verstorbenen überlassen.

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen, die Angaben des Beschwerdeführers und ist insoweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

1. Die Aufwendungen müssen außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie müssen zwangsläufig sein (Abs. 3).

3. Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 549 ABGB gehören die dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig aus den Aktiva des Nachlasses zu tragen (vgl. hiezu Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.), ABGB³, § 549 Rz 3).

Begräbniskosten können nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung darstellen, als sie nicht durch das zum Verkehrswert bewertete Nachlassvermögen gedeckt sind. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 549 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach "zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten (Nachlassverbindlichkeiten) auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis gehören". Die Begräbniskosten gehören daher zu den sogenannten bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten. Diese werden vom Gesetz so behandelt, als ob sie vom Erblasser selbst zu tragen wären. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten, dh. die Kosten des Begräbnisses sind von der Verlassenschaft zu tragen, der Besteller der Leistung hat ein Regressrecht gegen die Verlassenschaft (vgl. Manz-Kommentar zum ABGB, Dittrich-Tades, § 549). Finden die Begräbniskosten in den vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, kommt eine Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht und es fehlt insoweit an der Zwangsläufigkeit (Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 34 Rz 90 Begräbniskosten).

Werden die solchermaßen im Nachlass abgedeckten, angemessenen und notwendigen Begräbniskosten nicht von dem im Verlassenschaftsverfahren zu Tage getretenen, in den Nachlass eingesetzten Erben, sondern - wie im vorliegenden Fall - von einer dritten Personen übernommen, so kann dieser, bei einem entsprechend vorhandenem und verwertbaren Nachlassvermögen den Erben bzw. denjenigen gegenüber, denen allenfalls der Nachlass an Zahlungsstatt überlassen wurde, deren Rückerstattung verlangen (; ).

Da ein mit einer entsprechenden Belastung des eigenen Einkommens verbundener tatsächlich abzugsfähiger "Aufwand" nach § 34 EStG 1988 nur dann vorliegt, wenn demjenigen, der die Kosten (vorläufig) übernommen hat, im Sinne einer vom Gesetz her geforderten endgültigen Belastung der eigenen Einkommenssphäre zwangsläufig (auch weiterhin) verbleiben (vorrangiges Belastungsprinzip laut ; -K/07; ), kommt es bei grundsätzlich gegebener Durchsetzbarkeit derartiger Ersatz- bzw. Regressansprüche auch dann, wenn vom bisherigen Kostenträger keinerlei Maßnahmen zur Wiedererlangung seines verlustig gegangenen Eigentums gesetzt wurden (vgl. ; bzw. ), bei ihm regelmäßig zu keiner zwangsläufigen (Mehr-)Belastung.

Eine derartige Zwangsläufigkeit der Mehraufwendungen bestünde in solchen Fällen lediglich dann, wenn der Verzicht auf die Geltendmachung entsprechender Ersatz- bzw. Regressforderungen gegenüber den vorhandenen, zur Zahlung Verpflichteten nicht auf einen freien Willensentschluss des Kostenträgers zurückginge, sondern die Gründe für einen derartigen Verzicht sich aus einer gegenüber den Zahlungsverpflichteten bestehenden (rechtlichen oder sittlichen) Pflichtenlage des Kostenübernehmers ergeben würden.

Letzteres wäre bei einer nicht bloß freiwillig eingegangenen, sich aus einer gesetzlichen Regelung, einer vertraglichen Bindung, einem Verwaltungsakt oder einem Urteil ergebenden Rechtspflicht einer endgültigen Kostentragung bzw. bei einer entsprechenden, aus dem anerkannten Normenkreis der Sittlichkeit entspringenden Pflicht gegenüber dem nach der allgemeinen Rechtslage zur Zahlung Verpflichteten der Fall (Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 34 Rz 43f).

Für den Anlassfall konnte anhand der Aktenlage davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer die streitverfangenen Begräbniskosten nicht nur vorweg, dh. vor Abschluss des gerichtlichen Verlassenschaftsverfahrens, sondern auch endgültig (aus seinem Einkommen) entrichtet hat und in weiterer Folge (nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens) auf die Geltendmachung einer Regressforderung gegenüber dem Sohn des Verstorbenen verzichtet hat.

Schon aus dem Erbschaftsantritt wären beim Sohn des Verstorbenen Eigenmittel vorhanden gewesen, um die Begräbniskosten zu bestreiten. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, von ihm übernommenen Begräbniskosten stellen insofern keine zwangsläufige Mehrbelastung dar, als in Ermangelung einer feststellbaren Verpflichtung der Beschwerdeführer aus freien Stücken auf einen ihm von Gesetzes wegen zustehenden Regressanspruch verzichtet hat.

Dass die Tragung der Begräbniskosten durch den Beschwerdeführer in Erfüllung des letzten Wunsches des Verstorbenen erfolgte und dieser gegenüber dem Sohn des Verstorbenen auf seinen Regressanspruch verzichtete, spricht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts für eine "freiwillige Aufwandstragung bzw. -übernahme" mit der Folge, dass es an der für eine außergewöhnliche Belastung notwendigen "Zwangsläufigkeit" des geltend gemachten Aufwandes mangelt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass Begräbniskosten vorrangig aus den Nachlassaktiva zu bestreiten sind und eine zwangsläufige Belastung iSd § 34 insbesondere dann nicht gegeben ist, wenn vom Abgabepflichtigen aus freien Stücken auf einen entsprechenden Ersatzanspruch gegenüber Dritten verzichtet wird, ergibt sich schon aus den gesetzlichen Bestimmungen sowie aus der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es war daher die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Wien, am

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