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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2023, RV/3100312/2022

Operationskosten im Ausland als agB

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, Anschrift_A vertreten durch Steuerberater_A, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2020, Steuernummer Zahl_1 , zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Verfahrensgang:
In der am elektronisch eingereichten Abgabenerklärung für das Jahr 2020 begehrte der Beschwerdeführer ua. die steuerliche Berücksichtigung von Krankheitskosten im Gesamtbetrag von Zahl_2 € als außergewöhnliche Belastung. Über Vorhalte der Abgabenbehörde vom 7. Mai und führte der Steuerpflichtige unter Beilage einer Krankheitskostenaufstellung, der Jahresübersichten 2019 bis 2021 der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Tirol, von verschiedenen Rechnungen für ärztliche Leistungen des Institutes_A, der Klinik_A, der Ärztin_A, der Ärztin_B, des Labors_A sowie der Bezeichnung_A ua. aus, seine Gattin_Name sei an Krebs erkrankt. Da sie selbst kein Einkommen habe, würden die Krankheitskosten von ihm geltend gemacht werden. Sie SVS habe einen Teil der Kosten übernommen; die Erstattung sei von den angefallenen Krankheitskosten abgezogen worden. Es gäbe keine private Krankenversicherung. Die Behandlung sei im Ausland erfolgt, da sie umgehend behandelt werden haben müssen. Im Vertragsspital in Österreich hätte eine Behandlung erst nach drei Wochen Wartezeit erfolgen können, was aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums der Krankheit zu spät gewesen wäre. Daher hätte man sich für die Behandlung im Krankenhaus_A entschieden, da dort eine solche sofort möglich gewesen sei (siehe die elektronisch eingereichten Vorlagebeantwortungen vom 10. Mai und ).

Das Finanzamt Österreich erkannte im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 (mit Ausfertigungsdatum ) lediglich Krankheitskosten im gekürzten Betrag von Zahl_3 € als außergewöhnliche Belastung an, da eine Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, nur dann gegeben sei, wenn diese aus triftigen medizinischen Gründen erfolgt seien. Es sei nicht nachgewiesen worden (z.B. durch ein ärztliches Attest), dass die Behandlung in einem Vertragskrankenhaus in Österreich nicht zeitgerecht erfolgt wäre bzw. welche konkreten medizinischen Nachteile durch die Nichtinanspruchnahme der Behandlung im Ausland erfolgt wären. Bloße Wünsche und Vorstellungen des Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe dar ( GZ. RV/7100964/2020). Daher könnten die Kosten für die Behandlungen im Krankenhaus_A (abzüglich Rückerstattung Krankenkasse) nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Die hiergegen fristgerecht elektronisch eingereichte Beschwerde vom begründete der Beschwerdeführer unter Beilage einer vom Krankenhaus_A ausgestellten "Dringlichkeitsbescheinigung" vom ua. damit, seine Ehegattin habe eine umgehende Behandlung und Operation benötigt, um eine Chance gegen ihre Krebserkrankung zu haben. Diese Behandlung sei ihr im Krankenhaus_B nicht umgehend zugestanden, daher habe sie sich im Krankenhaus_A behandeln und operieren lassen. Es werde um Anerkennung der in Deutschland angefallenen Krankheitskosten ersucht.

Über Vorhalt der Abgabenbehörde vom 10. Jänner und auf Vorlage ua. des Befundes und Arztbriefes vom Krankenhaus_B sowie der Fragebeantwortung, warum man nicht in ein anderes Spital in Österreich, zB in die Krankenhaus_C, ausgewichen sei, führte der Beschwerdeführer ua. im E-Mail vom sowie in den Vorbringen vom 17. Februar und ergänzend aus, die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, Frau_Name, sei 2019/2020 an Darmkrebs erkrankt. Im Jahr 2019/2020 hätten beide in Ort_A gewohnt. Aufgrund von Überlastung im Krankenhaus_B hätte Frau_Name in Ort_B erst einen Termin in vier Wochen für die Operation bekommen. Die lebensnotwendige Behandlung von Frau_Name im Krankenhaus_B sei daher nicht umgehend durchführbar gewesen, weshalb sie in das Krankenhaus_A ausweichen habe müssen. Dort sei sie sofort operiert worden. Ohne die Behandlung wäre Frau_Name vermutlich gestorben. Trotz mehrmaliger Versuche habe man vom Krankenhaus_B keine schriftliche Bestätigung, sondern nur die Patientenaufklärung "Gastroskopie-Koloskopie" vom erhalten. Frau_Name sei aufgrund der Entfernung ins Krankenhaus_A ausgewichen. Da der Beschwerdeführer neben seinem Vollzeitjob die Vermietung alleine zu betreuen habe, wäre es ihm unzumutbar gewesen, auch noch regelmäßig in die Krankenhaus_C zu fahren.

Das Finanzamt Österreich wies mit Beschwerdevorentscheidung vom in Verbindung mit der händischen Bescheidbegründung vom selben Tag die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte die Abgabenbehörde hierzu aus, die Dringlichkeit der Operation werde nicht in Frage gestellt. Grundsätzlich handle es sich aber bei der Wahl des Krankenhauses und des Arztes um eine freiwillige Entscheidung, die nach der Rechtslage keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen begründe; außer es würden triftige medizinische Gründe vorliegen. Die triftigen medizinischen Gründe müssten in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl. ; ; ). Die Beweislast hierfür trage stets der Steuerpflichtige (vgl. ; und Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Rz. 35). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein (vgl. ; ). Ein Nachweis über die generelle Notwendigkeit der Operation reiche nicht aus, es werde eine unmissverständliche Bestätigung eines Arztes gefordert, aus der hervorgehe, warum die Behandlung ausschließlich in der betreffenden Klinik möglich gewesen sei; weiters auch, dass ein zeitnaher Operationstermin in einem öffentlichen Krankenhaus in Österreich nicht möglich gewesen wäre (vgl ). Diese Bestätigung sei trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vorgelegt worden. Es wäre jedenfalls zumutbar gewesen, die Befunde und Arztbriefe des Krankenhauses_B vorzulegen, um die Angaben zumindest glaubhaft zu machen. Die Einsicht des Patienten in seine Befundunterlagen sei gesetzlich geregelt. Es sei nicht glaubhaft und widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei Anforderung der Befunde vom Krankenhaus nur die Einverständniserklärung einer Untersuchung übermittelt werde. Die Angaben, dass Frau_Name auf Grund der geringeren Entfernung zum Krankenhaus_A nicht an die Krankenhaus_C ausgewichen sei, stelle keinen triftigen medizinischen Grund (konkrete Gefahr von Komplikationen medizinischer Art) dar, zumal es im Bezirk_A und auch in anderen Regionen in Tirol sehr viele Patienten und deren Angehörige gebe, die die weite Anfahrt nach Ort_C in Kauf nehmen müssten um sich dort behandeln zu lassen.

Der Beschwerdeführer begehrte mit Eingabe vom fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Die Operation und die Behandlung sei im deutschen Krankenhaus_A (grenznah zum österreichischen Wohnort des Steuerpflichtigen) erfolgt, da im Krankenhaus_B keine umgehende Behandlung stattfinden habe können. Auch wenn die Behandlung in Deutschland stattgefunden habe, handle es sich um eine enorme finanzielle Belastung. Der Steuerpflichtige habe sich bei der Wahl des Krankenhauses keine Gedanken gemacht, ob eine Absetzbarkeit der Krankheitskosten in Frage gestellt werden könne, man habe einfach schnell eine Anstalt in der Nähe finden müssen, die die Operation zeitnah durchführen habe können. Die geforderte Bestätigung vom Krankenhaus_B darüber, dass die Behandlung nicht umgehend durchgeführt werden habe können, könne aus dem einfachen Grund nicht vorgelegt werden, weil sich das Krankenhaus_B aus Haftungsgründen nicht bereit erkläre, eine solche Bestätigung auszustellen. Der Vorwurf, es sei keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen gegeben, sei absolut haltlos, da es sich um eine akute Krebserkrankung handle, die umgehend operiert werden habe müssen. Es werde daher um Anerkennung der Krankheitskosten ersucht.

2.) Sachverhalt:
Name ist Lebensgefährtin des Beschwerdeführers. Beide sind in Anschrift_A Österreich, wohnhaft.

Name erkrankte im Jahr 2019 an Darmkrebs. Nach einer Darmspiegelung im Krankenhaus_B (siehe die Dokumentierte Patientenaufklärung "Gastroskopie und Koloskopie" vom ) wurden in Folge die weiteren erforderlichen Behandlungen (einschließlich Operationen) jedoch nicht in Österreich, sondern im Krankenhaus_A bzw. an den Klinik_A, Deutschland, vorgenommen (siehe die vorgelegten Rechnungen vom 14. Jänner, 12. Februar und , aus welchen sich ärztliche Untersuchungen und Beratungen ab sowie Klinikaufenthalte vom 17. bis sowie vom 20. bis ausschließlich in Deutschland ergeben).

Die Klinik_A stellten Name für ihre Behandlungen samt Krankenhausaufenthalten (17. bis und 20. bis ) ua. einen Betrag von Zahl_4 € in Rechnung (siehe die Rechnungen vom 14. Jänner und ), für welchen von der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Tirol, SVS, ein Kostenersatz im Gesamtbetrag von Zahl_5 € vergütet wurde (siehe die Aufstellung "Mein Gesundheitskonto, Jahresübersicht 2020" der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Tirol vom ).
Die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Tirol tätigte darüber hinaus für die weiteren, vom Beschwerdeführer als Krankheitskosten für Name geltend gemachten Rechnungen für Heilbehandlungen Kostenersätze im Gesamtbetrag von Zahl_6 € (siehe die Aufstellungen der SVS "Mein Gesundheitskonto, Jahresübersicht 2020 und 2021" vom ).

Für das Bundesfinanzgericht steht sowohl die Dringlichkeit der erforderlichen Behandlungen und Operationen der Name (siehe ua. die Dringlichkeitsbescheinigung der Klinik_A vom ) als auch der - vom Beschwerdeführer unwidersprochene - Umstand, dass Krankenanstalten in Österreich, ua. auch das Krankenhaus_B, grundsätzlich in der Lage wären, diese entsprechenden medizinischen Maßnahmen vorzunehmen, fest. Es konnte aufgrund der Aktenlage jedoch nicht festgestellt werden, dass die erforderlichen ärztlichen Maßnahmen zur Behandlung von Name nicht umgehend in einem Vertragsspital in Österreich, insbesondere nicht im Krankenhaus_B erfolgen konnten, sodass diese aufgrund des fortgeschrittenen Krankheitsstadiums zu einer Behandlung an den Klinik_A, Deutschland, genötigt gewesen wäre.

Das Finanzamt Österreich versagte im bekämpften Bescheid den geltend gemachten Aufwendungen für die Behandlungen und Krankenhausaufenthalte in den Klinik_A die steuerliche Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen. Nach Berücksichtigung der von der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Tirol erbrachten Kostenvergütungen für die weiters begehrten Rechnungen für Heilbehandlungen brachte die Abgabenbehörde im strittigen Einkommensteuerbescheid 2020 die streitgegenständlichen Krankheitskosten für Name im Gesamtbetrag von Zahl_3 € in Ansatz (siehe die Berechnungen der Abgabenbehörde im Verbindung mit dem bekämpften Bescheid).

3.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der unstrittigen Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen.

Der Beschwerdeführer hat weder behauptet noch ergibt sich aus der Aktenlage, dass Name in keinem Vertragsspital in Österreich, insbesondere nicht im Krankenhaus_B, behandelt hätte werden können.

Das Beschwerdevorbringen, die erforderlichen ärztlichen Maßnahmen zur Behandlung von Name hätten nicht umgehend in einem Vertragsspital in Österreich, insbesondere nicht im Krankenhaus_B erfolgen können, sodass diese aufgrund des fortgeschrittenen Krankheitsstadiums zu einer Behandlung in den Klinik_A, Deutschland, genötigt gewesen wäre, wurde weder vom Beschwerdeführer durch weitere nachvollziehbare Ausführungen glaubhaft dargelegt noch ergibt sich dieses aus der vorliegenden Aktenlage. Trotz ausdrücklicher abgabenbehördlicher Aufforderung hat der Beschwerdeführer keinen diesbezüglichen Arztbrief oder Befund des Krankenhauses_B, sondern lediglich die Einverständniserklärung zur Gastroskopie und Koloskopie vom (Ambulanz) vorlegen können. Diese Untersuchung vom stellt laut Abrechnung der Sozialversicherungsanstalt jedoch auch die einzige ärztliche Leistung des Krankenhauses_B dar. Nach der vorliegenden Aktenlage nahm hingegen Name anstelle weiterer ärztlicher Gespräche oder Behandlungen in Österreich unverzüglich, nämlich bereits zwei Tage später, die ärztlichen Leistungen im Krankenhaus_A bzw. in den Klinik_A in Anspruch (siehe die Rechnung der Klinik_A vom , welche eine ärztliche (Erst)Beratung am sowie eine neuerlich vorgenommene Gastroskopie und Koloskopie am ausweist). Für das Bundesfinanzgericht steht damit außer Zweifel, dass Name unmittelbar bereits nach der Erstuntersuchung im Krankenhaus_B (am ) keine weiteren ärztlichen Maßnahmen in Österreich, sondern ausschließlich solche an den Klinik_A angestrebt hat.
Da das Ausweichen von Name auf eine deutsche Krankenanstalt umgehend nach der Untersuchung vom erfolgt ist, ohne dass zwischenzeitlich weitere ärztliche Gespräche im Krankenhaus_B vorgenommen wurden, kann hieraus für das Bundesfinanzgericht nicht abgeleitet werden, dass diese Entscheidung ausschließlich mit dem aus der medizinischen Notwendigkeit ergebenden Zeitdruck begründet war. Für das Bundesfinanzgericht ist daher das Beschwerdevorbringen nicht nachvollziehbar, dass die erforderlichen ärztlichen Behandlungen der Name zeitgerecht ausschließlich an den Klinik_A, Deutschland, möglich gewesen wären, da ihr eine unverzügliche medizinische Betreuung in Österreich verwehrt war. Die vorgebrachte diesbezügliche Wartezeit von drei bis vier Wochen in einem österreichischen Vertragsspital ist durch die vorliegende Aktenlage nicht belegt. Des Weiteren wurde weder behauptet noch ergibt sich dies aus der Aktenlage, dass Name sich bei weiteren österreichischen Vertragsspitälern um eine alsbaldige medizinische Behandlung bemüht hat. Der vorgebrachte Umstand, dass Name aufgrund der geringeren Entfernung zum Krankenhaus_A und nicht an die Krankenhaus_C ausgewichen sei, stellt keinen triftigen medizinischen Grund dar.

4.) Rechtslage:
4a.) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (; ); es obliegt ihm, einen geeigneten Sachverhalt vorzutragen (). Er hat selbst negative Voraussetzungen darzulegen und nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen (; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 9).

4b.) Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss vor allem folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2 leg.cit.)
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3 leg.cit.)
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4 leg.cit.)
Gemäß Abs. 3 leg.cit. erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (; ; ; ). Die Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich bei Krankheitskosten aus der Tatsache der Krankheit (; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 42, 90).

Wie auch der VwGH in , 2003/13/0064, ausgeführt hat, ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (). Individuelle Betrachtungsweise ist erforderlich (), wenngleich das Merkmal selbst nach objektiven Kriterien zu prüfen ist (Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 38). Bloße Wünsche und Vorstellungen sowie allgemein gehaltene Befürchtungen reichen grundsätzlich nicht aus (; ; ; ; ; ). Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (; ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein (; ). Eine Voraussetzung der Art, dass Aufwendungen nur zwangsläufig sind, soweit sie "den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen" (§ 33 Abs. 2 dEStG), ist im österreichischen Einkommensteuergesetz nicht verankert (), doch muss das Merkmal der Zwangsläufigkeit auch der Höhe nach gegeben sein (; ; Zorn in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 20 Rz 4). Inwieweit eine Aufwendung notwendig und angemessen ist, ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern nach objektiven Umständen zu entscheiden (; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 46). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 34 EStG 1988 Tz 35; Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 34 Rz. 90).

Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (). Die Beweislast hierfür trägt der Steuerpflichtige (; ; Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar, § 34 EStG 1988 Tz 35). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes stellt eine kürzere Wartezeit auf einen Operationstermin für sich alleine noch keinen triftigen medizinischen Grund für eine Behandlung in einem Privatspital dar (;
; ; ).

5.) Erwägungen:
Strittig ist, ob die von den Klinik_A, Deutschland, erbrachten und in Rechnung gestellten ärztlichen Behandlungen der Name - nach Abzug der Kostenvergütungen durch die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Tirol - beim Abgabepflichtigen außergewöhnliche Belastungen begründen.

Der Beschwerdeführer konnte im vorliegenden Fall nicht glaubhaft machen, dass Name trotz der bestehenden Dringlichkeit die lebensnotwendigen Behandlungen und Operationen in einer öffentlichen Krankenanstalt in Österreich, insbesondere im Krankenhaus_B, nicht zeitgerecht, sondern erst nach einer Wartezeit von drei bis vier Wochen erhalten hätte. Es wurde kein Nachweis geführt, dass ein Verbleib im österreichischen Gesundheitssystem konkret abzeichnende ernsthafte gesundheitliche Nachteile für Name zur Folge gehabt hätte. Nach der Aktenlage bestand für Name keine Notwendigkeit, an das deutsche Krankenhaus_A auszuweichen, sodass die hiermit verbundenen höheren Aufwendungen, welche die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, nicht aus triftigen medizinischen Gründen getätigt wurden. Damit waren die strittigen Zahlungen nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig. Es wäre am Beschwerdeführer gewesen, die Notwendigkeit und damit Zwangsläufigkeit der Behandlungen im Krankenhaus_A nachzuweisen, was trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Abgabenbehörde unterblieb. Da die Ermittlungsmöglichkeiten der Abgabenbehörde und des Bundesfinanzgerichts dabei auch aufgrund diverser berufsrechtlicher Verschwiegenheitsverpflichtungen stark eingeschränkt sind, fällt das Fehlen dieser Nachweise in die Sphäre des Beschwerdeführers, der die daraus resultierenden Nachteile zu tragen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

6.) Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt, nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.
Triftige medizinische Gründe können zwar auch höhere Aufwendungen des Steuerpflichtigen als die von den Sozialversicherungsträgern finanzierten zwangsläufig erscheinen, ob solche triftigen Gründe vorliegen oder nicht, ist aber eine Frage der Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht berufen ist (). Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100312.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at