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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.01.2023, RV/3100015/2023

Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bei ständig im Ausland lebenden Kindern

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit elektronisch eingebrachter Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beantragte der Beschwerdeführer (in Folge kurz: Bf) die Berücksichtigung des Unterhaltabsetzbetrages für die Kinder ***1 und 2*** sowie des ganzen Familienbonus Plus für ***1***.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Österreich die Einkommensteuer iHv - € 282,- fest und führte begründend aus, der Familienbonus Plus sowie der Unterhaltsabsetzbetrag könne nicht berücksichtigt werden, da für die Kinder des Bf keine Familienbeihilfe bezogen werde.

Mit rechtzeitig am eingebrachter Beschwerde brachte der Bf anspruchsbegründend vor, dass es in Deutschland keine Familienbeihilfe gebe, stattdessen werde Kindergeld von der Kindesmutter bezogen. Seiner Unterhaltsverpflichtung sei der Bf nachgekommen.

In weiterer Folge wurde der Bf vom Finanzamt Österreich mit Vorhalt vom aufgefordert, Unterlagen betreffend die Meldung der Kinder in Deutschland sowie die Unterhaltsvereinbarung vorzulegen.

Mit Eingabe vom übermittelte der Bf zwei Schreiben des Landratsamtes ***Ort*** sowie einen Kontoauszug der Kindesmutter.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da ein lückenloser Zahlungsnachweis des Unterhaltes nicht vorgelegt worden sei.

Schließlich brachte der Bf fristgerecht am einen Vorlageantrag ein und führte ergänzend aus, er habe mit seiner ehemaligen Partnerin eine Vereinbarung getroffen, wonach er für die Kinder ***1 und 2*** jeweils € ***€***,- pro Monat an Unterhalt zahle. Der Eingabe war eine Vereinbarung über den Unterhalt sowie ein Schreiben der Kindesmutter, welche bestätigt, dass der Unterhalt in vorgebrachter Höhe bezahlt werde, beigelegt.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf ist in Österreich wohnhaft und nicht selbständig beschäftigt. Die Kinder des Bf leben bei der ehemaligen Partnerin des Bf in Deutschland. ***1*** wurde am ***Datum***, ***2*** am ***Datum2*** geboren.

Der Bf leistete den gesetzlichen Unterhalt iHv € ***€€***,- pro Monat für beide Kinder. Das Kindergeld wird in Deutschland von der Kindesmutter bezogen. In Österreich wurde weder vom Bf noch von der Kindesmutter Familienbeihilfe beantragt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt steht zwischen den Verfahrensparteien außer Streit. Das Bundesfinanzgericht kann sich dieser Ansicht bedenkenlos anschließen, zumal die Leistung des Unterhaltes auch durch eine Bestätigung der Kindesmutter zweifelsfrei bestätigt worden ist.

Hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit des vorbezeichneten Dokuments hat das Bundesfinanzgericht keine Zweifel.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 33 Abs 2 EStG 1988 sind von dem sich nach Abs. 1 leg cit ergebenden Betrag Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.

2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.

Gemäß § 33 Abs 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro […]

2. […]

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen: Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht: Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag

Gemäß § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird. Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Gemäß § 2 Abs 2 zweiter Satz FLAG 1967 hat eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist (vgl. , mit Hinweis auf ).

Gemäß § 4 Abs 1 FLAG 1967 haben Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gemäß § 4 Abs 2 FLAG 1967 erhalten österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs 1 oder gemäß § 5 Abs 5 vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

Nach der höchstgerichtlichen Judikatur können Antragstellende auf Familienbonus Plus jedenfalls auch in ihrem Einkommensteuerverfahren nachweisen, dass alle inhaltlichen Voraussetzungen für einen Familienbeihilfen- bzw Ausgleichsanspruch erfüllt sind, auch wenn die Differenzzahlung iSd § 4 Abs 2 FLAG 1967 "betragsmäßig Null" ist ().

Der Bf erfüllt dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Gewährung eines Ausgleichsanspruches iSd FLAG und in Folge daher auch für den Familienbonus Plus für den im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 17jährigen Sohn ***1***. Da auch die Kindesmutter keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt hat, war der Familienbonus Plus beim Bf in voller Höhe von € 1.500,- zu berücksichtigen.

Ebenso wurde festgestellt, dass der gesetzliche Unterhalt für beide Kinder vom Bf bezahlt wurde und die Kinder nicht mit dem Bf im gemeinsamen Haushalt leben. Auch wird dem Bf keine Familienbeihilfe gewährt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 liegen im Beschwerdefall daher vor, somit auch der Unterhaltsabsetzbetrag iHv € 876,- (€ 29,20 x 12 für das erste,€ 43,80 x 12 für das zweite Kind) zu berücksichtigen ist.

Von einer Indexierung der Absetzbeträge war aufgrund der EuGH Judikatur Abstand zu nehmen ().

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die zu beurteilende Rechtsfrage im Sinne der Entscheidung des , entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen. Im Übrigen wird auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100015.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at