Vorliegen ausländischer Einkünfte; Maßnahmen zur Feststellung einer Zustelladresse
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2015 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde die BF zur Einkommensteuer 2015 veranlagt, wobei als Einkunftsquellen ein inländischer Pensionsbezug i.H.v. 17.228,88 €, deutsche Pensionseinkünfte i.H.v. 2.320,88 € sowie Zinserträge, auf die der besondere Steuersatz von 25 % nicht anwendbar ist i.H.v. 10.079,70 € angeführt wurden.
Gegen diesen Bescheid erhob die nicht vertretene BF fristgerecht Beschwerde, da ihr deutscher Einkommensteuerbescheid für 2015 noch nicht fertiggestellt sei und der Progressionsvorbehalt noch zu berücksichtigen sei.
Die BF legte in der Folge Unterlagen über einen deutschen Rentenbescheid vor. Mit Ergänzungsersuchen von forderte das FA die BF auf bis zum den deutschen Einkommensteuerbescheid für 2015 einzureichen. Weiters möge die BF eine Tätigkeitsbeschreibung der in Deutschland erzielten Einkünfte und eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die deutschen Einkünfte beibringen sowie die Adaption dieser Einkünfte auf das österreichische Steuerrecht vorzunehmen. Dies erfolgte nicht.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das FA den (inländischen) Einkommensteuerbescheid für 2015 ab und berücksichtigte zusätzlich zu den bisherigen Einkunftsquellen auch noch inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 62.320,24 €, die der BF als Tangente aus einer Kommanditgesellschaft zugeflossen seien.
Darauf beantragte die BF durch einen Steuerberater über Finanz Online fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und begründete dies im Wesentlichen damit, dass Verluste aus gewerblichen Aktivitäten in Deutschland noch nicht berücksichtigt werden könnten, da deutsche Steuerbescheide für 2015 noch nicht vorliegen würden. Eine Zustellvollmacht bestand nicht.
Mit Beschluss vom ersuchte das BFG die BF um Bekanntgabe, ob Sie im angeführten Beschwerdeverfahren noch vom gleichen steuerlichen Vertreter, dessen Vollmacht in den Akten das BFG aber auch in den Datenbanken der Finanzverwaltung nicht aufschien, vertreten werde. Zudem wurde die BF zur Vorlage der deutschen Steuerbescheide und gegebenenfalls die Berechnung der ausländischen Verluste samt vorzunehmender Anpassung an das österreichische Steuerrecht aufgefordert.
Dieser Beschluss konnte der BF nicht an ihre dem BFG bekannt gegebene Adresse zugestellt werden. Die BF hatte sich von dieser Adresse am abgemeldet. Eine neue Adresse in Österreich oder in Deutschland schien nicht auf und war auch in den Datenbanken der Finanzverwaltung nicht ausgewiesen.
In weiterer Folge versuchte der zuständige Richter am die Adresse der BF bei der Steuerberatungskanzlei zu erheben, die den Vorlageantrag eingebracht hatte. Nach Mitteilung, dass diese Kanzlei nicht mehr zur Vertretung berufen sei und Bekanntgabe der Steuerberatungskanzlei die in weiterer Folge die steuerlichen Agenden der BF vertreten habe, teilte auch diese Steuerberatungskanzlei mit, dass sie die BF als Person nicht mehr vertrete, sich der ehemalige Vertreter jedoch beim deutschen Steuerberater der BF um deren aktuelle Adresse bemühen werde. Nach nochmaliger Rückfrage am teilte der ehemalige Steuerberater mit, dass er vom Deutschen Steuerberater der BF noch keine Rückmeldung erhalten habe, er dies aber nochmals urgieren werde.
Nach Rückfrage des zuständigen Richters beim FA Österreich am konnte auch diese Behörde dem BFG keine aktuelle Adresse, sondern lediglich eine e-mail Adresse und eine MobiltelefonNr. bekanntgeben. Ein Anruf durch den Richter unter dieser Nummer blieb unbeantwortet, eine e-mail des Richters am an diese Adresse mit der Bitte um Bekanntgabe einer Zustelladresse blieb unbeantwortet.
Nachforschungen zu einer österreichischen Stiftung, bei der die BF lt. FA Daten als Begünstigte aufscheinen sollte, am führten weder in WiEReg noch unter der Firmenbuchnummer zu neuen Erkenntnissen, da diese Stiftung seit 2019 beendet wurde und als letzte Vorstände u.a. der deutsche und der österreichische Steuerberater aufschienen.
Mit Ladungen vom schrieb der Richter die beantragte mündliche Verhandlung aus und veranlasste die Ladung an die BF gemäß § 8 ZustellG im Akt zu hinterlegen.
Bei der am anberaumten mündlichen Verhandlung erschien für die BF niemand. Der Vertreter der belangten Behörde beantragte wie in der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht ausgeführt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das BFG legt seiner Entscheidung den folgenden Sachverhalt zugrunde, der sich aus den Akten des Beschwerdeverfahrens ergibt. Dies betrifft auch den Sachverhalt, welche Ermittlungshandlungen von Seiten des BFG gesetzt wurden, um eine Zustelladresse der BF zu ermitteln.
Die BF hatte im Jahr 2015 ihren Wohnsitz in Österreich, den sie mit ohne Bekanntgabe einer neuen Adresse aufgab. Die Nachforschungen beim Zentralen Melderegister, in den Datenbanken der Finanzverwaltung, im WiEReg und im Firmenbuch, bei den ehemaligen steuerlichen Vertretern und via Telefon bzw. e-mail führten bis zum zu keinem Ergebnis. Die BF nimmt auch nicht an finanzonline teil.
Die BF bezog im Jahr 2015 Einkünfte i.H.v. 17.228,88 € von der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt. Daneben bezog sie eine deutsche Rente i.H.v. 2.320,88 € und Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht dem besonderen Steuersatz von 25 % unterliegen i.H.v. 10.970,70 €. Daneben bezog die BF als eingeantwortete Erbin nach ihrem Ehegatten, der Gesellschafter einer inländischen KG gewesen war, Einkünfte aus dieser Kommanditbeteiligung i.H.v. 62.320,24 €.
Weitere Einkünfte aus Deutschland hat die BF für das Jahr 2015 nicht bekannt gegeben.
2. Beweiswürdigung
Die Aufgabe des Wohnsitzes ohne Information des BFG im offenen Verfahren ergibt sich aus dem ZMR und den Akten des Beschwerdeverfahrens. Die oben angeführten erfolglosen Ermittlungsschritte des BFG ergeben sich aus den in den Akten des BFG erliegenden Unterlagen.
Die in der Sachverhaltsdarstellung angesprochenen Einkünfte wurden von der BF bekanntgegeben. Die Tangente als Kommanditistin nach ihrem verstorbenen Gatten wurde vom zuständigen FA übermittelt. Sie ist dem Grunde und der Höhe nach unbestritten.
Strittig war und ist, welche Einkünfte bzw. welche Verluste die BF in Deutschland neben der bereits bekannt gegebenen Witwenrente bezogen hat, die gegebenenfalls für den Progressionsvorbehalt heranzuziehen wären.
Die BF hat jedoch diesen deutschen Einkommensteuerbescheid für 2015 im gesamten Verfahren nicht vorgelegt, die zusätzlichen Einkünfte bzw. die daraus resultierenden Verluste im Jahr 2015 hat Sie lediglich im Vorlageantrag behauptet. Da für diese Verluste keinerlei Beweise vorliegen, ist das BFG davon ausgegangen, dass im Jahr 2015 keine derartigen Einkünfte bzw. zumindest nach österreichischem Steuerrecht keine derartigen Verluste vorgelegen sind.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 8 Abs. 1 ZustellG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
Gemäß § 8 Abs. 2 ZustellG ist wenn diese Mitteilung unterlassen wird, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
Eine Hinterlegung gemäß § 8 Abs. 2 ZustellG ist nur rechtmäßig, wenn die Behörde eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten feststellen kann. Ob eine solche Feststellung ohne Schwierigkeiten möglich ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen ( , 0099).
Zu den zumutbaren Ermittlungen gehören insbesondere … Abfragen beim Zentralen Melderegister nach § 158 Abs 4 BAO sowie bei einer vertretenen Partei) die Anfrage an den Parteienvertreter ( Stumvoll in Fasching/Konecny 3, II/2, § 8 ZustG Rz 8).
Eine elektronische Zustellung ( Thienel/Zeleny Verwaltungs¬verfahren 20, ZustG, § 8 Anm 9) war im gegenständlichen Fall nicht möglich..
Aufgrund der erfolglosen Abfragen im ZMR, in den Datenbanken der Finanzverwaltung, im WiEReg, im Firmenbuch und den erfolglosen Nachfragen bei den ehemaligen steuerlichen Vertretern in Österreich und dem steuerlichen Vertreter in Deutschland, sowie der erfolglosen Versuche die BF auf telefonischem Wege bzw. per e-mail zu erreichen, war eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festzustellen und die Ladung für die mündliche Verhandlung daher nach § 8 Abs. 2 ZustellG zu hinterlegen.
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Die BF hatte im Jahr 2015 in Österreich einen Wohnsitz. Sie bezog Einkünfte aus mehreren inländischen Quellen und einer ausländischen (deutschen) Quelle.
Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrags nach § 105.
Gemäß Art. 18 Abs. 2 des DBA zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland dürfen Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der Sozialversicherung des anderen Vertragsstaates erhält, nur im anderen Staat besteuert werden.
Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. a des DBA zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland wird zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person die Steuer wie folgt festgesetzt: Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben B und C diese Einkünfte oder dieses Vermögen aus der Besteuerung aus.
Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d des DBA zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland dürfen Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, gleichwohl in der Republik Österreich auf bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.
Gemäß § 2 Abs. 8 Z 1 und Z 2 EStG gilt soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, dass für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen des EStG 1988 maßgebend sind. Der Gewinn ist nach der Gewinnermittlungsart zu ermitteln, die sich ergäbe, wenn der Betrieb im Inland gelegen wäre.
Gemäß § 2 Abs. 8 Z. 3 EStG 1988 sind im Ausland nicht berücksichtigte Verluste bei der Ermittlung des Einkommens höchstens in Höhe der nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verluste des betreffenden Wirtschaftsjahres anzusetzen.
Da die BF im Jahre 2015 den Mittelpunkt der Lebensinteressen unbestritten in Österreich gehabt hat, hat das FA zu Recht bei der Bemessung der Einkommensteuer für 2015 neben den inländischen Einkünften (Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 62.320,24 €, Pensionsbezug i.H.v. 17.228,88 € sowie Zinserträge, auf die der besondere Steuersatz von 25 % nicht anwendbar ist i.H.v. 10.079,70 €) die deutschen Pensionseinkünfte i.H.v. 2.320,88 € zum Progressionsvorbehalt herangezogen und die Steuer der genannten inländischen Einkünfte mit dem sich daraus ergebenden Durchschnittsteuersatz versteuert.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid war daher unter Berücksichtigung der vom FA in der Beschwerdevorentscheidung angesetzten Einkünfte aus der Kommanditbeteiligung abzuändern.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, ob ausländische Einkünfte vorliegen und wie hoch diese Einkünfte nach österreichisches Steuerrecht sind, ist eine Sachverhaltsfrage. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 8 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100321.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at