Zurückverweisung - Schätzungsbefugnis nicht dargelegt
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache des Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Vt***, ***Vt-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Zollamtes Österreich vom , Zahlen: ***1***, ***2*** und ***3***, betreffend Biersteuer beschlossen:
Die Bescheide vom , Zahlen: ***1***, ***2*** und ***3***27, und die Beschwerdevorentscheidungen vom , Zahlen: ***4***, ***5*** und ***6***, werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit den Bescheiden vom , Zahlen: ***1***, ***2*** und ***3***, setzte das Zollamt Österreich (belangte Behörde) dem Beschwerdeführer gegenüber die nach § 7 Abs. 1 Z 1 und § 8 Abs. 1 Z 1 Biersteuergesetz 1995 (BierStG) entstandene Biersteuer gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO für insgesamt 17,67 hl Bier betreffend den Zeitraum 2016 in der Höhe von 392,44 Euro, für insgesamt 17,7 hl Bier betreffend den Zeitraum 2018 in der Höhe von 391,62 und für insgesamt 11,55 hl Bier betreffend den Zeitraum "2016" (Berichtigung gemäß § 293 BAO vom dahingehend, dass die Steuerschuld betreffend den Zeitraum 2019 festgesetzt wird) in der Höhe von 256,02 Euro, fest. In den gleichlautenden Bescheidbegründungen wurde (zusammengefasst) ausgeführt, dass sich aufgrund der Feststellungen zur Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum bis und der in der Niederschrift vom angeführten Schlussfolgerung begründete Zweifel hinsichtlich der korrekten Angaben in den Sudberichten ergeben hätten, insbesondere in Hinblick auf die hohen Malzeinsatzmengen bei allen Bierprodukten sowie die Sudhausausbeute in Verbindung mit den Schwandmengen. Auch die während der Betriebsprüfung abgegebenen Stellungnahmen hätten zu keiner Aufklärung des Sachverhalts geführt. Daraus resultiere die entsprechende Produktionsmehrmenge. Die belangte Behörde habe dem Abgabepflichtigen in der Niederschrift über die Schlussbesprechung des Zollamtes Graz (nunmehr Zollamt Österreich) vom zu Zahl ***7*** die Gründe mitgeteilt, auf die es diese Entscheidung stütze und dem Abgabepflichtigen eine Frist von 30 Tagen zur Abgabe einer Stellungnahme ab Unterzeichnung der Niederschrift gewährt. Das geprüfte Unternehmen habe die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme genutzt. Eine ausreichende Aufklärung des Sachverhalts sei auch mit der Stellungnahme nicht gelungen.
Gegen diese Bescheide richtete sich die Beschwerde vom . Der Beschwerdeführer, vertreten durch die ***Vt***, brachte Folgendes vor:
"Die Bescheide über die Festsetzung der Biersteuer sind hinsichtlich der der Biersteuer zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage unrichtig, da die Bemessungsgrundlage auf einer Schätzung basiert. Es liegt jedoch gem. § 184 BAO keine Schätzungsbefugnis vor. Gemäß § 184 Abs. 1 und 2 BAO hat die Abgabenbehörde die Abgabe zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln kann. Insbesondere sind Abgaben zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen gibt oder weitere Auskünfte über für die Erhebung der Abgaben maßgeblichen Umstände verweigert.
Die Befugnis zur Schätzung beruht auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder der Berechnung der Besteuerungsgrundlagen. § 184 Abs. 3 BAO nennt einen Grund einer solchen Unmöglichkeit. Zu schätzen ist jedenfalls dann gem. § 184 Abs. 3 BAO wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Vorschriften zur führen hat, nicht führt oder nicht vorlegt.
Im gegenständlichen Fall hat unser Mandant Aufzeichnungen gem. § 38 BierStG geführt und diese auch dem Zollamt vorgelegt. Das Zollamt hat auch im Rahmen seiner Prüfung festgestellt, dass die Aufzeichnungen unseres Mandanten den im BierStG geforderten Aufzeichnungen entsprechen (vgl. Niederschrift Zollprüfung S. 6).
Die belangte Behörde kann aus den Aufzeichnungen unseres Klienten die hergestellte Biermenge entnehmen. Auch leistete unser Mandant im Rahmen der Zollprüfung ausreichend Auskunft über die für die Erhebung der Abgaben maßgeblichen Umstände.
Gemäß seinen Aufzeichnungen erzielte unser Mandant eine Sudhausausbeute von 55,45%. Diese Sudhausausbeute entspricht entgegen der Ansicht des Zollamtes der üblicherweise erzielten Sudhausausbeute von vergleichbaren kleinen Brauereien, deren Sudhausausbeute zwischen 50% und 60% liegt. Vergleichbare kleine Brauereien mit Sudhausausbeuten von 50% bis 60% geben zwischen 20 kg und 25 kg Malz pro Hl Ausschlagmenge hinzu. Auch unser Mandant gibt pro Hl Ausschlagmenge 20 kg bis 22 kg Malz hinzu.
In der Anlage übermitteln wir Ihnen eine Aufstellung der Sudhausausbeuten und Malzeinsatzmengen von verschiedenen kleinen Brauereien, welche mit unserem Mandanten vergleichbar sind. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden die Namen der Brauereien geschwärzt. Diese Brauereien verwenden ähnlich Maschinen wie unser Mandant.
Die Sudhausausbeute des Mandanten liegt im Rahmen der für Kleinbrauereien üblichen Bandbreite. Auch die Malzeinsatzmenge des Mandanten zeigt, dass die Brauerei in derselben Bandbreite liegt, wie vergleichbare Brauereien.
Generell kann bei kleinen Brauereien davon ausgegangen werden, dass die Ausbeute geringer ist, als bei industriellen Brauereien.
Gemäß der Bescheid-Begründung wird die Sudhausausbeute unseres Mandanten mit "üblicherweise" erzielten Sudhausausbeuten von kleinen Brauereien verglichen. Jedoch handelt es sich bei den vom Zollamt vorgelegten Sudhausausbeuten keinesfalls um Brauereien, die jener unseres Mandanten entsprechen. Das Zollamt hat die Herkunft oder die getroffenen Annahmen der in der Bescheid-Begründung erwähnten Daten nicht näher erläutert. Die vom Zollamt vorgebrachten Sudhausausbeuten von bis zu 78% entsprechen Sudhausausbeuten von großen industriellen Brauereien, die eine wesentlich aufwendigere Ausstattung haben. Kleine Brauereien, wie jene unseres Mandanten, haben eine wesentlich einfachere Produktionsausstattung und haben nicht die gleichen Voraussetzungen für die Herstellung von Bieren, wie große Brauereinen, die eine wesentlich höhere Sudhausausbeute erzielen. Kleine Brauereien, wie jene unseres Mandaten, besitzen keine Whirlpools, sondern Absetzbecken, wodurch die Heißtrudabscheidung in der Anlage verbleibt. Dies trägt auch zum Unterschied zwischen den Sudhausausbeuten zwischen kleinen und großen Brauereien bei.
In der Bescheid-Begründung wird vom Zollamt auch angeführt, dass verglichen mit der Sudhausausbeute der Malzeinsatz überhöht ist. Die Vergleichswerte, die vom Zollamt verwendet wurden, stammen jedoch von großen Brauereien, die nicht vergleichbar sind mit kleinen Brauereien. Wie in der Anlage übermittelten Aufstellung zu entnehmen ist, beträgt der Malzeinsatz auch bei vergleichbaren kleinen Brauereien zwischen 20 kg bis 25 kg Malz pro Hl Ausschlagmenge.
Der höhere Einsatz von Malz pro Hl Ausschlagmenge im Vergleich zu großen Brauereien, die industrielle Anlagen verwenden, ergibt sich aus verschiedenen Faktoren.
Zum einen haben die Schrottmühlen Auswirkung auf den Malzverbrauch. Unser Mandant verwendet in seiner Hausbrauerei eine Getreidemühle mit zwei Walzen. Mit dieser werden die Körner nur leicht gebrochen, um die Kapillarwirkung zu erhalten. In einer industriellen Brauerei werden die Körner mit Schrottmühlen mit bis zu acht Walzen geschrotet, um die Spelzen vorab auszusieben. Dadurch können die restlichen Fraktionen feiner ausgemahlen werden, und die Spelzen werden später wieder zugefügt, dies führt zu einer höheren Ausbeute.
Auch das Maischverfahren hat Einfluss auf die Ausbeute und den Malzeinsatz. Die Brauerei unseres Mandanten verwendet ein Standard-Maisch-Verfahren als Infusionsverfahren mit ansteigendem Temperaturverlauf. Aufgrund der technischen Gegebenheiten im Betriebsablauf und in der Betriebsstruktur der Brauerei ist eine Konditionierung des Malzes durch Vorweichen oder Verlängerung des Brauvorganges nicht möglich. Zu Letzt hat auch der Läuterprozess Auswirkungen auf den Malzverbrauch. In seinem Arbeitsprozess hat unser Mandant, wie für kleine Brauereien üblich, nicht die Möglichkeit den Zuckergehalt des Nachgusses soweit zu senken, um zu einem möglichst exakt freien Glattwasser wie in einer industriellen Brauerei zu kommen. Der Würzegehalt des Nachgusses beträgt zwischen 5-6° plato. Der Biertreber wird mit dem vorhandenen Restextrakt verworfen, da ein nochmaliges Auswaschen technologisch aus Zeit- und Verfahrensgründen nicht möglich ist und eine weitere Auswaschung auch nicht als Hauptguss für einen folgenden Sud genommen werden könnte, da nur ein Sud pro Tag hergestellt werden kann. Eine mögliche Auswaschung der Treber über Nacht kann aus hygienischen Gründen nicht durchgeführt werden, da die Gefahr einer Kontamination durch Milchsäurebakterien besteht.
Darüber hinaus wurde die bestehende Brauanlage als eine Kombinationsbrauanlage (Maischepfanne und Sudpfanne sind die gleichen Gefäße) konzipiert und daher ist diese mit der gegebenen Spezifikation von 450 Liter aus Kapazitätsgründen nicht geeignet, eine zusätzliche Flüssigkeitsmenge durch Läuterung aufzunehmen, da eine höhere Füllmenge ein Überkochen beim Hopfenkochen verursachen würde.
All diese Faktoren tragen zu einem technologisch bedingtem höheren Malzeinsatz bei.
Wie schon in der Bescheid-Begründung richtig angeführt, haben kleine Brauereien, wie auch unser Mandant Schrotmühlen mit zwei Walzen. In seiner Bescheid-Begründung führt das Zollamt an "Wäre die Ausbeute so gering, wie vom Unternehmen beschrieben, wären solche Schrotmühle wohl unverkäuflich und der Austausch bestehender Mühlen würde sich innerhalb kürzester Zeit rechnen." Dazu dürfen wir anmerken, dass der Zeitpunkt des Austausches von Maschinen Sache des Unternehmens ist. Der Kauf neuer Maschinen benötigt ausreichende finanzielle Mittel und die Beurteilung, ob ein Austausch wirtschaftlich und geboten ist und ob ausreichende finanzielle Mittel auch dafür freigesetzt werden können, obliegt rein dem Unternehmer. Die Feststellung des Zollamtes, dass die Maschinen aufgrund der Ausbeute unverkäuflich sind und auszutauschen sind, rechtfertigt keine Annahme, dass die Aufzeichnungen unseres Mandanten über die Sudhausausbeute falsch sind. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass kleine Brauereien Schrotmühlen mit 2 Walzen verwenden und wie bereits oben erläutert eine Sudhausausbeute von 50% bis 60% erzielen.
Unser Mandant hat wahrheitsgemäße Aufzeichnungen über die Sude, den Bierverkauf, die produzierte Biermenge und eine Liste über den Eigenverbrauch und den Verkostungen dem Zollamt vorgelegt. Außerdem hat unser Mandant ausreichende Auskunft über die Aufzeichnungen gegeben.
Die in den vorgelegten Aufzeichnungen enthaltenen Werte entsprechen Werten, welche typisch für kleine Brauereien sind. Aufgrund der Tatsache, dass die Werte korrekt und wahrheitsgemäß aufgezeichnet wurden, die Werte den Werten von anderen vergleichbaren kleinen Brauereien entsprechen und unser Mandant ausreichend Aufklärung über maßgeblichen Umstände geleistet hat, liegt keine Schätzbefugnis von Seiten des Zollamtes vor.
Abgesehen von der fehlenden Schätzberechtigung der belangten Behörde, ist auch die Durchführung der Schätzung von Seiten des Zollamtes fehlerhaft. Das Zollamt stützt die Schätzung auf Werte, ohne deren Herkunft oder die getroffenen Annahmen offen zu legen. Die von der belangten Behörde im Rahmen der Schätzung angenommenen Werte entsprechen in keiner Weise Werten von mit der gegenständlichen Brauerei vergleichbaren Brauereien."
Die belangte Behörde hat mit den jeweils am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen zu Zahl ***4*** für das Kalenderjahr 2016, zu Zahl ***5*** für das Kalenderjahr 2018 und zu Zahl ***6*** für das Kalenderjahr 2019 die Beschwerden abgewiesen. Zusammengefasst sei festgestellt worden, dass bei den Sudvorgängen für die Bierproduktion rund 30 % mehr Malz pro Hektoliter Ausschlagmenge eingesetzt worden sei als üblich. Es ergebe sich somit eine Differenz und müssten nach dem Brauvorgang bei allen vom Beschwerdeführer erzeugten Biersorten aufgrund der laut Aufzeichnungen eingesetzten Mengen an Malz eine deutlich höhere Grädigkeit (in Grad Plato) des erzeugten Bieres (Steuerklasse) oder eine deutlich höhere Menge an erzeugtem Bier (Steuerbemessungsgrundlage) mit der erklärten Grädigkeit vorliegen. Bei formell ordnungsgemäßer Buchführung sei eine Schätzung dann zulässig, wenn sich zweifelsfrei ergebe, dass das ausgewiesene Ergebnis den Tatsachen nicht entsprechen könne. Eine Schätzung mit Hilfe einer Nachkalkulation sei dann gerechtfertigt, wenn es erhebliche Unterschiede zwischen dem erklärten und dem kalkulatorischen Ergebnis gebe. Der Beschwerdeführer habe zwar alle Sudprotokolle für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vorlegen können und erfüllten die Aufzeichnungen auch die Erfordernisse des § 38 BierStG, jedoch lägen noch kalkulatorische Differenzen vor, welche trotz der umfassenden Stellungnahmen des Abgabepflichtigen nicht aufgeklärt hätten werden können. Daher habe eine Nachkalkulation der Abgabenhöhe im Sinne des § 184 BAO durchgeführt werden müssen. Hinsichtlich der Auswirkungen der technischen Gegebenheiten in der Brauerei des Beschwerdeführers auf die Malzeinsatzmengen bzw. auf die Sudhausausbeute sei seitens der belangten Behörde die Technische Untersuchungsanstalt in Wien beigezogen worden. Die Technische Untersuchungsanstalt habe in ihrer Stellungnahme vom , GZ: ***8***, ausgeführt, dass sich die Sudhausausbeute in der Literatur auf 75-80% belaufe. In den Standardwerken werde hierbei lediglich Bezug auf den Malzanteil des Ausgangsgetreides genommen, wohingegen eine Abhängigkeit der Sudhausausbeute von der Anlage nicht beschrieben werde. Die Sudhausausbeute gebe an, wie viel Prozent der Schüttungsmenge als Extraktmenge in der Ausschlagwürze vorhanden sei. Die für die Schätzung herangezogenen Werte würden für Großbrauereien ebenso wie für kleine Brauereien wie die des Beschwerdeführers gelten. Dies liege daran, dass die Sudhausausbeute immer zwischen 75 und 80% liege und nur nie 100% betragen könne, weil rund ein Viertel der Schüttungsmasse aus unlöslichen Trebern bestehe. Das Korn müsse immer größenunabhängig von der Mühle gebrochen werden und werde anschließend durch das Auskochen egal in welcher Pfannengröße immer ungefähr gleich viel ausgelaugt. Dies hänge dann vom Spelzanteil (also auch von der Getreidesorte), nicht aber von der technischen Ausführung der Mühle ab. Insofern könne hier nicht zwischen kleinen und großen Brauereien differenziert werden. Laut der Technischen Untersuchungsanstalt seien die seitens des Zollamtes Österreich geschätzten Werte realistisch und rechnerisch richtig. Die Berechnungen der Technischen Untersuchungsanstalt würden belegen, dass eine so niedrige Sudhausausbeute auch zwingend einen wesentlich niedrigeren Stammwürzegehalt bedeute. Diese Diskrepanz bestehe in jedem Fall und lege nahe, dass entweder der Stammwürzegehalt oder die Sudhausausbeute falsch seien.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom , die Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Festsetzungen der Biersteuer dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Betreffend die Beschwerdegründe verwies der Beschwerdeführer auf die Ausführungen in der Beschwerde.
Die belangte Behörde legte mit Vorlagebericht vom die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Der Beschwerdeführer betreibt eine Hausbrauerei. Die Bewilligung zur Führung eines Bierherstellungsbetriebs wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid am , Zahl: ***9***, erteilt.
In den verfahrensgegenständlichen Jahren 2016, 2018 und 2019 hat der Beschwerdeführer für das in seinem Betrieb hergestellte Bier Aufzeichnungen (Sudberichte) erstellt. Aus diesen Aufzeichnungen sind neben der Sudnummer der jeweilige Beginn des Sudvorganges, die Sorten (Pils, STD, Black und Red ***10***), der Stammwürzegehalt in Grad Plato (tatsächlich und gerundet), die Menge und Sorte des Malzeinsatzes sowie Hopfen/BW, die Zugabe von Hefe und das Ergebnis der Jodprobe ersichtlich. Anstatt der Ausschlagmenge in Liter wurden die "Pfannevoll"-Mengen ausgewiesen. Um auf die Ausschlagmenge zu kommen, wurden von diesen Mengen 10 Liter in Abzug gebracht. Schließlich ist die gesamte hergestellte Menge an Bier, sowohl in Litern als auch nach Art und Anzahl der Gebinde, angegeben.
Die in den Sudberichten angeführten Malzeinsatzmengen sind über die verfahrensgegenständlichen Jahre hindurch gleichbleibend bei rund 20 kg (ausgenommen Black und Red ***10*** mit rund 22 kg) je Hektoliter Ausschlagmenge. Nach Ansicht der belangten Behörde erfüllten die vom Beschwerdeführer geführten Aufzeichnungen die Erfordernisse des § 38 BierStG, jedoch seien kalkulatorische Differenzen vorgelegen.
Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die Ausnahmebestimmung des § 278 Abs. 1 BAO erfordert, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte im Hinblick auf die Zielsetzungen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bezeichnet und beurteilt sowie die Frage beantwortet, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit des Verfahrens oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre ().
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BierStG entsteht die Steuerschuld durch Überführung des Bieres in den steuerrechtlich freien Verkehr durch die Wegbringung aus einem Steuerlager, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren anschließt, oder durch die Entnahme zum Verbrauch in einem Steuerlager.
§ 184 BAO lautet:
"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."
Schätzen ist ein Akt der Feststellung tatsächlicher Gegebenheiten und Verhältnisse, die trotz Bemühens der Behörde um Aufklärung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermittelt werden können. Die Befugnis zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen. Wie sich aus der Verwendung des Ausdrucks "soweit" in der Bestimmung des § 184 Abs. 1 BAO ableiten lässt, beschränkt das Gesetz die Möglichkeit der Schätzung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips ().
Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, aufgrund der von ihm geführten Aufzeichnungen sei eine Schätzungsbefugnis nicht vorgelegen. Die Sudhausausbeute entspreche entgegen der Ansicht der belangten Behörde der üblicherweise erzielten Sudhausausbeute von vergleichbaren kleinen Brauereien. Deren Sudhausausbeute liege zwischen 50 und 60%. Vergleichbare kleine Brauereien mit diesen Sudhausausbeuten gäben zwischen 20 kg und 25 kg Malz pro Hektoliter Ausschlagmenge hinzu; der Beschwerdeführer habe pro Hektoliter Ausschlagmenge 20 bis 22 kg Malz hinzugegeben.
Die belangte Behörde ging hingegen davon aus, dass - obwohl "die Aufzeichnungen auch die Erfordernisse des § 38 BierStG" erfüllten - kalkulatorische Differenzen vorgelegen seien. Für ein 11grädiges Bier sei üblicherweise ein Malzeinsatz von ca. 15 kg pro Hektoliter Ausschlagmenge und für ein 12grädiges Bier ein Malzeinsatz von ca. 16 kg pro Hektoliter Ausschlagmenge notwendig. Die Technische Untersuchungsanstalt habe diese Ansicht in ihrer Stellungnahme gestützt, wonach zwischen kleinen und großen Brauereien nicht zu unterscheiden sei und die vom Zollamt Österreich angeschätzten Werte realistisch und rechnerisch richtig seien.
Den Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung, wonach bei formell ordnungsgemäßen Büchern eine Schätzung nur dann zulässig sei, wenn sich zweifelsfrei ergebe, dass das ausgewiesene Ergebnis nicht den Tatsachen entsprechen könne, ist zwar zuzustimmen, jedoch erfordert die von der belangten Behörde angesprochene Nachkalkulation, welche dartun soll, dass das Ergebnis, das sich aus einer formell richtig erscheinenden Buchführung ableitet, sachlich falsch ist und somit erst die Schätzungsbefugnis begründen soll, eine eindeutige Feststellung, dass das vom Abgabepflichtigen ausgewiesene Ergebnis ordnungsgemäßer Buchführung sachlich unrichtig ist. Eine derartige Kalkulation muss auf einwandfreien Grundlagen beruhen und sich mit allen Einwendungen des Abgabepflichtigen auseinandersetzen ().
Bei der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen ist das Parteiengehör zu wahren. Der Partei sind vor Bescheiderlassung die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzungsmethode und das Schätzungsergebnis zur Kenntnis zu bringen. Die Behörde hat auch auf alle substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen und sich damit auseinanderzusetzen, auch wenn die Richtigkeit der Behauptungen erst durch weitere Erhebungen geklärt werden muss (Ritz/Koran, BAO7, § 184 Rz 20).
All diesen Anforderungen hat die belangte Behörde nicht entsprochen. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer mit Schreiben vom lediglich aufgefordert, die Sud- und Abfüllprotokolle für die Jahre 2016, 2018 und 2019 vorzulegen. Dem ist der Beschwerdeführer nachgekommen. Betreffend die verfahrensgegenständlichen Jahre wurden keine weiteren Ermittlungsschritte vorgenommen. Denn die in den Bescheiden angesprochene Stellungnahme hat der Beschwerdeführer zum Ergebnis der Betriebsprüfung und somit für das hier nicht verfahrensgegenständliche Jahr 2017 abgegeben. Die belangte Behörde hat nicht belegt, dass die vom Beschwerdeführer geführten Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind, sie hatte lediglich "begründete Zweifel"; solche begründen noch keine Schätzungsbefugnis.
Der Verweis auf einen üblichen Malzeinsatz und der Bezug auf eine Stellungnahme der Technischen Untersuchungsanstalt stellen weder eine Nachkalkulation noch einen äußeren Betriebsvergleich dar. Auch wenn der übliche Malzeinsatz und die Ansicht der Technischen Untersuchungsanstalt ein Indiz gegen die sachliche Richtigkeit der vom Beschwerdeführer geführten Aufzeichnungen sein mögen, so wird für die Annahme einer Schätzungsbefugnis im Rahmen einer Betriebsprüfung oder Nachschau im Betrieb des Beschwerdeführers durch Einsicht in die Unterlagen und durch Überprüfung der Anlage zu ermitteln sein, ob die vom Beschwerdeführer geführten Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind. Bei einer Nachkalkulation werden nicht nur die vorhandenen Produktionseinrichtungen und deren Kapazitäten, sondern auch die sonstigen bei der Herstellung und dem Vertrieb von Bier benötigten Materialien und Gegenstände sowie alle damit verbundenen Arbeitsschritte Berücksichtigung finden müssen. So wird nicht nur abzuklären sein, ob die Herstellung der von der belangten Behörde angenommenen Mehrmenge überhaupt technisch möglich ist; dabei werden nicht nur die Anlage selbst, sondern zum Beispiel auch die vorhandenen Gär- und Abfüllkapazitäten zu berücksichtigen sein. Betreffend die Brauanlage beschreibt der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme an den Betriebsprüfer den "Arbeitsprozess mit der Brauanlage 450"; aus einer von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Betriebsbeschreibung lässt sich der Hinweis für eine Ausstattung mit einer Brauanlage 300 entnehmen. Im Hinblick auf die Angaben in den Sudberichten wird nicht nur die Kapazität der Brauanlage abzuklären sein, sondern auch zu prüfen sein, ob eine Herstellungsmenge, die höher ist als die maximale Füllmenge im Maischebottich (nach Angabe des Beschwerdeführers in der elektronischen Nachricht vom 455 Liter), möglich ist. So weisen einige Sudberichte eine höhere Abfüllmenge als 455 Liter aus (zum Beispiel Sudnummern 188, 190, 195, etc.). Bei einer Nachkalkulation wird durch Einsicht in die vom Beschwerdeführer geführten Unterlagen auch der Verbrauch anderer Materialien (zum Beispiel Gebinde, Etiketten, Wasser, Hopfen, etc.) Berücksichtigung finden müssen.
Bei einem etwaigen äußeren Betriebsvergleich ist auf die Ergebnisse vergleichbarer Betriebe abzustellen. Von allgemeinen Annahmen oder von "üblicherweise" eingesetzten Mengen lässt sich ein Rückschluss auf die tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb des Beschwerdeführers nicht ziehen (). Es wird also auf Art, Größe und Struktur des Vergleichsbetriebes zu achten sein und es werden die individuellen Verhältnisse im Betrieb des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sein. Dabei wird auch auf die unter Vorlage einer Aufstellung gemachten Vorbringen des Beschwerdeführers, der Malzeinsatz bei vergleichbaren Brauereien betrage auch zwischen 20 kg bis 25 kg Malz pro Hektorliter Ausschlagmenge, einzugehen sein (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 184 Rz 17); das hat die belangte Behörde unterlassen.
Die Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 278 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen (§ 20) des Bundesfinanzgerichtes (vgl. ). Die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde ist zweckmäßig, weil es die Kapazitäten des Bundesfinanzgerichtes übersteigt, erstmals den tatsächlichen Ablauf in der Brauerei zu ermitteln bzw. festzustellen, weshalb dieser Bierherstellungsbetrieb einen angenommenen erhöhten Anteil an Malz bei der Bierherstellung verwendet hat, zumal der Malzeinsatz über die Jahre hindurch konstant gleichgeblieben ist und die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Biersteuer nicht der Malzeinsatz, sondern das in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Bier ist. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass für die Klärung der Frage, ob überhaupt eine Schätzungsbefugnis vorliegt, und gegebenenfalls für die Ermittlung des Schätzungsergebnisses nicht nur ergänzende Ermittlungen vorzunehmen sind, sondern die Klärung der offenen Fragen durch die belangte Behörde durch eine Betriebsprüfung oder durch eine Nachschau viel rascher zum Ergebnis führen wird, als Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes und Aufträge durch das Bundesfinanzgericht. Dabei werden die offenen Fragen nur durch die Einsicht in die Buchhaltungsunterlagen, Produktionsunterlagen und den dazugehörenden Aufzeichnungen sowie durch Überprüfung der Arbeitsschritte möglich sein und nicht durch die Anforderung von näher genannten Unterlagen durch das Bundesfinanzgericht. Die ausständigen Ermittlungen können somit vom Bundesfinanzgericht selbst nicht rascher durchgeführt werden und würden bei Durchführung durch das Bundesfinanzgericht selbst auch nicht zu einer erheblichen Kostenersparnis führen. Nicht zuletzt kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass eine erstmalige Ermittlung maßgeblicher Sachverhaltsbereiche durch das Bundesfinanzgericht zu einer Verlagerung wesentlicher Verfahrensabschnitte an die Kontrollinstanz führt und damit die Gefahr einer Einschränkung jenes Rechtsschutzes birgt, welcher der Installierung des Bundesfinanzgerichts als Rechtsmitteleinrichtung zugrunde lag (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 278 Rz 5).
Dabei war auch zu berücksichtigen, dass Festsetzungsbescheide nach § 201 BAO die gesamte Abgabe festzusetzen und nicht bloß die Nachforderung zu enthalten haben, um welche sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist (). Bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Festsetzung der Biersteuer kann die belangte Behörde aufgrund der bei ihr abgegebenen Meldungen auch wesentlich rascher und einfacher die Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung der Abgaben ermitteln können als das Bundesfinanzgericht. Darüber hinaus wird die belangte Behörde den von ihr herangezogenen Wiederaufnahmegrund zu begründen haben.
Die angefochtenen Bescheide waren daher unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufzuheben. Durch die Aufhebung der angefochtenen Bescheide tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieser Bescheide befunden hat (§ 278 Abs. 3 BAO).
Gemäß Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.
Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 7 Abs. 1 Z 1 BierStG 2022, Biersteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 701/1994 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2200015.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at